Harald Welzer und Günter Mey im Gespräch
Journal für Psychologie, 30(1), 111–130
https://doi.org/10.30820/0942-2285-2022-1-111 CC BY-NC-ND 4.0 www.journal-fuer-psychologie.deIn dem von Günter Mey geführten Interview lotet Harald Welzer angesichts der Debatten um gesellschaftlichen Wandel und Zukunftsfragen infolge der Klimakrise die Herausforderungen einer akademischen Psychologie aus. Dabei kartiert er Möglichkeiten und Grenzen sozialwissenschaftlicher Forschung, sowohl mit Blick auf die Wissenschaftsorganisation als auch hinsichtlich der Wissenschaftskommunikation, inklusive einer Einschätzung der Potenziale des Ansatzes der performativen Sozialwissenschaft. Harald Welzer plädiert mit seinen Ausführungen dafür, dass sich Universitäten und akademische Einrichtungen ungeachtet aller Versuchungen populärer Wissenschaftsauffassungen auf ihr Kerngeschäft eines auf der Freiheitsmaxime basierenden Forschungshabitus besinnen.
Schlüsselwörter: Akademische Psychologie, Interdisziplinarität, Gesellschaftsforschung, Wissenschaftskommunikation, Performative Sozialwissenschaft
Summary
»We don’t do shit!«
Harald Welzer and Günter Mey in Conversation
In the interview conducted by Günter Mey, Harald Welzer explores the challenges of academic psychology in light of current social debates and maps the possibilities and limits of science and research, both in terms of organization and science communication, including an assessment of the potential of the performative social science approach. Harald Welzer argues that universities and academic institutions should return to their core business of a research habitus based on the maxim of freedom, regardless of the temptations of popular views of science.
Keywords: Academic psychology, interdisciplinarity, social research, science communication, performative social science
Harald Welzer ist Mitbegründer und Leiter von Futurzwei. Stiftung Zukunftsfähigkeit, die sich Fragen der Transformationsgesellschaft widmet. Er studierte und promovierte 1988 an der Universität Hannover, habilitierte sich dort 1993 in Sozialpsychologie und 2001 in Soziologie. Während er das Center for Interdisciplinary Memory Research am Kulturwissenschaftlichen Institut Essen (KWI) leitete, hatte er eine Forschungsprofessur für Sozialpsychologie an der Universität Witten/Herdecke inne. Bis heute lehrt er an verschiedenen Universitäten, unter anderem in St. Gallen und an der ETH Zürich, und ist Direktor des Norbert-Elias-Center for Transformation Research an der Europa-Universität Flensburg.
Zu seinen frühen Arbeits- und Forschungsfeldern gehören neben seinen Studien zum Nationalsozialismus aus einer sozialpsychologischen Perspektive (Welzer 2005) insbesondere seine grundlagentheoretischen Werke zum autobiografischen Gedächtnis (Welzer 2002; Markowitsch und Welzer 2005). Seit mehr als zehn Jahren ist Harald Welzer vor allem aufgrund seiner Bücher zu Fragen von gesellschaftlichem Wandel (Welzer 2019), Fragen der Nachhaltigkeit infolge des Klimawandels (Leggewie und Welzer 2009; Welzer 2008, 2013, 2021) und damit verbundenen Plädoyers für veränderte Lebensformen bekannt. Er ist einer der wichtigsten Repräsentanten der Sozialwissenschaft, der weit über den Wissenschaftsbereich in der medialen Öffentlichkeit Gehör findet.
Das Interview wurde am 3. September 2021 online mit einem Konferenztool durchgeführt; es dauerte knapp zwei Stunden. Im Vorfeld wurden Harald Welzer per E-Mail die Themenbereiche benannt, die einzelnen Fragen dann aber im Gespräch selbst ad hoc gestellt. Der vorliegende Gesprächstext basiert auf einer Transkription, angefertigt von Franziska-Sophie Förster. Das Transkript wurde von beiden Gesprächspartnern überarbeitet und in der vorliegenden Artikelfassung autorisiert.
Günter Mey: Ich würde das Interview mit einer Frage in die Zukunft beginnen: Wie müssten vor dem Hintergrund Ihrer Auseinandersetzungen zu Fragen des Gesellschaftlichen und zur Nachhaltigkeit die besonderen Herausforderungen für Universitäten und Hochschuleinrichtungen beschrieben werden?
Harald Welzer: Das ist eine schwierige Frage, insbesondere für mich, weil ich nicht so der institutionelle Typ bin. In Gremien oder Beratungen erlebt man schon häufig, dass eine Erwartung an Problemlösungen vorherrscht und daran, die Fächer, die wir vertreten, wie Dienstleistungen zu definieren. Das gilt für alle im weitesten Sinne sozialwissenschaftlichen und geisteswissenschaftlichen Disziplinen, die mit dem Gesellschaftsmodell der Moderne großgeworden sind. Aber wir haben im 21. Jahrhundert eine verschobene Problemstellung. Ich sage es jetzt mal ein bisschen pauschal, aber ich glaube, dass all das, was an politischer Auseinandersetzung und an sozialwissenschaftlicher Analyse seit Ende des 19. Jahrhunderts und im Laufe des 20. Jahrhundert entstanden ist, sich immer um die soziale Frage zentriert hat. Das heißt um Klassenkämpfe, Auseinandersetzungen um Arbeit, Arbeitszeit, Arbeitsrecht, Sozialleistungen, Gesundheitsversorgung, Alter, Geschlecht etc. Das Problem des 21. Jahrhunderts ist zwar immer noch die soziale Frage, aber eben nicht mehr nur die soziale Frage. Jetzt haben wir eine veränderte Problemlage, weil die aktuelle politische Fragestellung in der Bewältigung der nicht mehr ignorierbaren Umwelt- und Klimaprobleme liegt, die wir mit diesen klassischen Aushandlungen um soziale Fragen nicht lösen können. Wir haben im Unterschied zu den politischen Kämpfen um die soziale Frage, in denen alle Akteure Menschen bzw. menschliche Gruppen waren, jetzt ein Gegenüber, mit dem wir nicht verhandeln können. Das verändert meines Erachtens die Problemstellung, und damit ist man jetzt auch als Sozialwissenschaftler*in, als Psychologe oder Psychologin, als Sozialpsychologe oder Sozialpsychologin mit neuen Fragestellungen konfrontiert. Und das ist eine große Frage, wie sich das im Curriculum oder auch in disziplinäre Fortschritte übersetzen lässt. Vom Ruf nach mehr Interdisziplinarität oder gar Transdisziplinarität halte ich überhaupt nichts. Das ist ein alter Hut und eher eine Schutzbehauptung dafür, dass man lieber so weitermachen möchte, wie man es immer gemacht hat, anstatt das epistemologische Kernverständnis des eigenen Faches zu problematisieren und auch zu modernisieren. So, das ist jetzt eine sehr große Antwort auf eine vergleichsweise einfache Frage, aber Sie werden es genauso erleben, wenn man in irgendwelchen Beratungen zu neuen Studiengängen oder neuen Advanced-Studies-Instituten sitzt, dass da die Beharrung auf den traditionellen Formen, in denen man lehrt und forscht, sehr stark ist, obwohl die Gegenstände, mit denen man heute konfrontiert ist, eigentlich sehr unkonventionelle Zugänge erfordern.
Günter Mey: Wenn Sie sagen, dass wir im Grunde immer angehalten sind, relativ einfach oder pragmatisch auch Lösungen anzubieten, wir aber gleichzeitig vor der Herausforderung stehen, ganz andere Probleme zu lösen und auch andere Fragen zu stellen sind, dann speziell nachgefragt: Was bedeutet dies für die akademische Psychologie? Wie müssten Universitäten und Hochschulen ausgerichtet werden, und zwar eingedenk all Ihrer angedeuteten Skepsis gegenüber Transdisziplinarität/Interdisziplinarität? Denn es gibt Bestrebungen in Richtung Third Mission (Henke et al. 2017), dass also Hochschulen neben ihren traditionellen Säulen von Lehre und Forschung auch interventionistisch – oder allgemeiner formuliert »nützlich« – sein sollten.
Harald Welzer: Ich bin in der Hinsicht total konservativ, also ganz klassischer Weberianer. Ich halte davon überhaupt nichts. Es gab die Kontroverse zwischen Uwe Schneidewind und dem damaligen DFG-Präsidenten Peter Strohschneider um diese Perspektive (Schneidewind und Singer-Brodowski 2014; Strohschneider 2014). Schneidewind vertrat die Ansicht, dass jemand, wenn er Transformationsforschung oder Klimafolgenforschung als Politikwissenschaftler*in oder Sozialwissenschaftler*in macht, dann auch notwendig in das Geschehen eingreifen müsste – also eine explizit normative Perspektive der Forschung. Strohschneider wies das zurück, weil damit die Empirie selbst auf dem Spiel stehe. Lustigerweise ist Uwe Schneidewind später von der Wissenschaft in die Politik gewechselt, hat also auf seine Weise Strohschneider recht gegeben. Die Debatte ist so alt wie der Werturteilsstreit und vor einem halben Jahrhundert hatten wir mit der Aktionsforschung auch dieselbe Thematik. Und da wäre ich total konventionell: Wenn ich als Sozialwissenschaftler ein Phänomen beschreiben und verstehen will, dann kann ich nicht in das Phänomen intervenieren, Punkt, Ende, aus. Und die Rolle des professionellen disziplinären Wissenschaftlers oder der Wissenschaftlerin ist eine andere als die des Aktivisten oder der Aktivistin. Das kann sich wechselseitig informieren, dagegen ist überhaupt nichts zu sagen. Aber es ist eine Verwechslung, wenn man diese Rollen miteinander verbindet, das schadet beiden Seiten.
Günter Mey: Das mag sein, aber wir haben es mittlerweile, wenn es um die Frage der Zukunft der Universitäten geht, mit ganz anderen Playern am Markt zu tun. Es gibt privatwirtschaftliche Unternehmungen, NGOs und andere, die alle auf dem gleichen Markt agieren, gar konkurrieren. Im Rahmen des letzten »Berliner Methodentreffen Qualitative Forschung« ging es mit Rainer Diaz-Bone (2021) genau um diese Frage, wie wir Universitäten ausrichten und was sie leisten sollen. Denn wir sind im ungeheuren Existenzkampf mit ganz vielen anderen Akteur*innen, die in diesem Feld sind. Daher würde mich interessieren, wenn Sie sagen, Sie seien und bleiben konservativ, wie Sie die Situation von gesellschaftlichen Herausforderungen einschätzen, mit all den Fragen hinsichtlich Demokratie, Gleichheit, Nachhaltigkeit, wo die NGOs und viele andere ebenfalls sehr aktiv mitwirken.
Harald Welzer: Also, wenn ich bei meinem Konservatismus bleibe, dann würde ich sagen, Universität definiert sich durch Freiheit, konstitutiv, das ist letztlich die Humboldt’sche Idee. Und diese Stärke kann kein konkurrierendes Feld für sich in Anspruch nehmen. Weil sie alle unter ganz anderen Vernutzungspräferenzen stehen. Das würde ich gerade für unsere Fächer aufrechterhalten. Wenn ich über Technik- und Naturwissenschaft spreche, sieht die Sache vielleicht anders aus. Wenn ich über unsere Fächer spreche, ist die größte Qualität, die sich – wenn es gut läuft – in den Ergebnissen niederschlägt, tatsächlich die Freiheit von Lehre und Forschung. Wir würden, wenn wir über wirklich wichtige disziplinäre Fortschritte sprechen, immer auf die Freiheit derjenigen, die sie hervorgebracht haben, Bezug nehmen müssen. Das ist durch Vorabfestlegungen und Zielvereinbarungen überhaupt nicht zu erreichen. Wissenschaft und Zielvereinbarung schließen sich inhaltlich aus. Wenn in unserer Forschung noch etwas herauskommt, dann kommt es durch Freiheit heraus. Daraus generieren sich neue Kompetenzen und das ist das Starke an der Universität in einem konservativen Sinn. Klar wissen wir, dass wir viel mehr unter dem Drittmitteldruck stehen, dass wir uns Verwertungskriterien unterwerfen bla, bla, bla. Das ist ein Sachverhalt, aber je stärker dieser Sachverhalt wirkt, desto steriler wird die Wissenschaft.
Günter Mey: Die Frage ist dann aber ernsthaft, wie den Freiheitsgedanken aufrechterhalten vor dem Hintergrund der Rahmenbedingungen, die wie beschrieben konträr dazu laufen, weil das Marktgesetzliche in das System eingeschrieben ist, und wo die anderen, außeruniversitären Akteure und Akteurinnen potenziell stärker arbeiten. Dies zeigt sich – auch wenn das nicht unsere Debatte ist – bei der Frage von Big Data, die von anderen gegebenenfalls teilweise besser (besser in Anführungszeichen) gelöst wird, weil sie ganz andere Zugriffe haben als wir mit unseren universitären Rahmungen. Deshalb finde ich es wichtig, diese Verschieberei auf diesem Markt zu beobachten. Denn, wenn wir uns – so sympathisch ich Ihre Markierung finde und letztlich teile – auf unsere Kernkompetenzen zurückziehen, bin ich mir nicht immer sicher, ob das System Universität überleben wird.
Harald Welzer: Da wäre ich auch nicht sicher. Aber das ist jetzt ein weites Feld. Was von dem Gesellschaftsverständnis und dem Werteverständnis aus der westlichen Nachkriegszeit wird denn überleben? Das ist eine ganz große Frage. Im Moment deutet leider vieles darauf hin, dass wir ein Auslaufmodell sind. Da ist dann ein emphatischer Begriff der Universität, wie ich ihn gerade vorgebracht habe, natürlich de facto gar nicht zu halten. Am Ende haben wir so ein paar Milliardärs-Institutionen oder die Silicon-Valley-Kids, die auf Waldorfschulen geschickt werden auf der einen Seite und die verwertungsorientierte Massenuni auf der anderen Seite.
Günter Mey: Nochmals zurück: Angesichts der veränderten Weltlagen mit ihren Krisen, Klima- und Nachhaltigkeitsdebatten sowie Demokratiefragen, was bedeutet es für Hochschulen, diese Themen ernst zu nehmen, weil die von außen auch mitgestellt werden. Wie kriegen wir eigentlich diese Themen in den Griff?
Harald Welzer: Für die Sozialpsychologie kann man es sehr konkret machen. Eine der aktuellen Fragen, die allerdings etwas künstlich verrätselt wird, ist ja, wie angesichts von eher abstrakten Notwendigkeiten wie denen des Klimawandels Handlungs- und Veränderungsbereitschaft gefördert oder generiert werden kann. Dies ist eine klassisch sozialpsychologische Frage, weil sie sich auf Potenziale richtet und wie sich diese entfalten lassen. Nun ist es aber so, dass wir durch diese Problemstellung des 21. Jahrhunderts Merkwürdigkeiten haben. Wenn ich eine Auseinandersetzung zwischen Kapital und Arbeit habe, dann findet die im selben Zeitfenster statt – also die Interessen der einen gegen die anderen geraten gleichzeitig in Auseinandersetzung und Aushandlung. Wenn ich nun eine naturwissenschaftlich beschreibbare Bedrohung mit einer spezifischen Zeitlichkeit habe, aber gleichzeitig eine ganz andere Zeitstruktur in den sozialen und politischen Prozessen, was ist das dann? Dann kommen jene, die anthropologisch argumentieren und sagen, darauf sind Menschen evolutionär nicht eingestellt usw. Und dann komme ich und sage, es gibt beschleunigte soziale Veränderungsprozesse, die können wir anhand von historischen Beispielen beschreiben. Die richten sich aber nicht nach naturwissenschaftlich festgestellten Notwendigkeiten, genauso wenig wie soziale Trägheit oder Veränderungsaversionen. Man sieht, da interveniert etwas in die Fragestellung unserer Disziplin, was wir so noch nicht kannten. Und an dem Unvermögen, bisher irgendetwas Adäquates dazu zu sagen, zeigt sich, dass es Notwendigkeiten gibt, anders über diese Sachen nachzudenken, vielleicht andere Forschungsdesigns zu entwickeln und eben auch andere Theorien zu denken.
Günter Mey: Als Zwischenfrage: Wie kam es eigentlich, dass Sie, nachdem Sie in den 1990er Jahren an Themen wie Holocaust gearbeitet haben, unter anderem mit ihrem viel beachteten Buch Opa war kein Nazi (Welzer et al. 2002), sich dann den Fragen nach gesellschaftlichen Veränderungsprozessen zugewendet haben?
Harald Welzer: Das ist ganz einfach zu beantworten. Ich habe in meinen Täterforschungen (Welzer 2005; Neitzel und Welzer 2011) gelernt, im Goffman’schen Sinne, dass es die Situationen sind, die Handlungen entfesseln, und nicht so sehr die Intentionen, die Menschen in diese Situationen hineintragen. Die für mich interessante Perspektive war, was sind denn dann eigentlich Potenziale, die sich in Sozialisationen und Formen des Zusammenlebens entwickeln, und unter welchen historischen und sozialen Bedingungen werden die aktiviert und entfaltet? Wenn ich einen totalitären Staat habe, dann werden diese Potenziale auf eine andere Art und Weise entfaltet, als wenn ich einen demokratischen Staat habe. Das ist für mich letztlich einfach die Brücke gewesen, das Thema zu wechseln. Hin zur Nachhaltigkeitstransformation, denn am Ende ist es genau dieselbe Fragestellung. Wie lassen sich Potenziale entfalten und welche Situationen müssen kreiert werden, damit Menschen die Möglichkeit haben, anders zu handeln, als sie bis dahin gehandelt haben? Dasselbe gilt eigentlich auch auf der Ebene der rapiden gesellschaftlichen Transformation. Ich kann die Periode von 1930 bis 1934 als Periode einer rapiden gesellschaftlichen Transformation beschreiben und kann dann gucken: Was waren denn die Bedingungsfaktoren für diese Transformation? Und kann dann schauen: Was sind die Potenziale für – normativ betrachtet – negative Transformationen dieser Art, auch in modernen Gesellschaften oder aber auch für positive oder notwendige Transformationen? Meine Forschungsthemen sehen nur unterschiedlich aus, sind aber im Kern dieselben. Das hat bei mir relativ lange gedauert, bis ich selber drauf gekommen bin.
Günter Mey: Was sind denn zentrale Rahmentheorien, zentrale Denkgebäude, die wir nicht einfach mit einem »Federstrich aus dem Kanon« rausnehmen? Denn ungeachtet, welchen gesellschaftlichen Herausforderungen oder welchen Themen wir uns stellen, ist es aus meiner Sicht zentral, dass Studierende oder wir im Austausch mit Studierenden oder in unserer Community daran arbeiten. Hintergrund meiner Frage ist natürlich, dass mit Ausnahme einzelner Universitätsorte – Hannover beispielsweise war aufgrund seiner Ausrichtung auf eine psychoanalytisch geprägte politische Psychologie immer anders »aufgestellt« als andere Universitäten, auch Berlin war lange Zeit aufgrund der Kritischen Psychologie, wie von Klaus Holzkamp an der Freien Universität begründet, anders – der Zustand der akademischen Psychologie generell betrachtet doch arg limitiert ist. Ich würde sagen, da ist wenig Goffman drin, vielleicht noch als historische Randnotiz, aber ich befürchte, nicht mal mehr das. Deshalb noch mal die Frage: Wenn ich über einen Zuschnitt von Psychologie in unserem eher sozialwissenschaftlichen Sinne denke, was sind aus Ihrer Sicht unsere zentralen Bastionen?
Harald Welzer: Schwierige Frage. Sie haben die Situation selbst auch schon beschrieben (Mey und Mruck 2020). Also so etwas wie eine interaktionistische Sozialpsychologie ist natürlich überhaupt nicht mehr prominent. Sie war auch nie besonders prominent. Sie hatten das Anselm-Strauss-Treffen in Magdeburg (Ohlbrecht et al. 2020). Oder man hat Hans-Georg Soeffner in Konstanz gehabt. Und man hat jetzt noch Jürgen Straub in Bochum (siehe das Gespräch mit Jürgen Straub in diesem Heft, 26–47). Aber das sind versprengte Mohikaner, wenn man so will, die letzten ihrer Art. Man kann es auch neutral formulieren: Da hat sich etwas nicht durchgesetzt gegenüber anderen theoretischen Ausrichtungen und methodischen Schulen. Jetzt geht auch der letzte psychoanalytische Lehrstuhl in Deutschland flöten, denn die Professur von Tilmann Habermas wird in dieser Form nicht wiederbesetzt werden. In meinem persönlichen Fall ist es auch so, dass ich immer randständig gewesen bin mit meinem Rekurs auf Goffman, Mead und Elias. Nur weil ich so eine öffentliche Figur bin, gibt es viele Journalist*innen, die glauben, Sozialpsychologie sei sowas Ähnliches wie das, was Welzer macht. Aber 90 Prozent der Kolleginnen und Kollegen sagen, der hat überhaupt keine Ahnung, was aus ihrer Perspektive auch stimmt.
Günter Mey: Das Interessante an der Situation ist ja, dass all die von Ihnen genannten Personen und vertretenen theoretischen Positionen gar nicht wirklich in der akademischen Psychologie an Universitäten lokalisiert sind, sondern in andere Fachbereiche »ausgelagert« wurden oder an den sogenannten Hochschulen für angewandte Wissenschaft stattfinden, wie in meinem Falle. Diese »Nester« haben natürlich mit dem Mainstream dann wirklich wenig zu tun. Die Frage ist aber: Braucht es – oder brauchen wir – diese »andere« Psychologie oder sagen wir einfach, dann werden aus diesen Nestern eben gute Antworten gegeben, in der und für die Sozialwissenschaft (und letztlich für die Gesellschaft), ohne weiter über die Disziplin Psychologie nachzudenken?
Harald Welzer: Ich habe eingangs schon angemerkt: Ich denke nicht in Institutionalisierungen. Meiner Erfahrung nach gilt und so habe ich auch meine Forschungsprojekte gemacht: Wenn man gegenstandsbezogen an einer Fragestellung arbeitet, sind die Fachzugehörigkeiten nicht so furchtbar interessant. Um die Frage zu beantworten, wie aus ganz normalen Menschen Massenmörder*innen werden, brauche ich zugleich eine historische, soziologische und psychologische Perspektive. Wenn ich mit den neurowissenschaftlichen Kolleg*innen in Bereich Gedächtnisforschung gearbeitet habe (Welzer und Markowitsch 2006), war mir die Schule, woher die kamen, relativ egal. Genauso wie es denen egal war, was ich eigentlich für ein Sozialpsychologe bin. Wenn man den Gegenstand präzise definiert und die methodischen Zugänge miteinander kombinieren kann, dann wird die Sache interessant. Insofern ist eigentlich Ihre Frage eine, die am Ende lautet: »Gibt es denn für die Exot*innen noch Platz oder verschwinden solche Zugänge restlos und niemand außer Wissenschaftshistoriker*innen weiß noch, dass es das mal gegeben hat?« Vermutlich ist das so. Umgekehrt sehen wir, etwa bei den Fragestellungen zur Renaissance des Rechtspopulismus, dass plötzlich Adorno wiederentdeckt und sogar wieder aufgelegt wird. Oder Hannah Arendt wird exhumiert. Insofern kann es dann schon passieren, dass wir bei einer veränderten und noch weiter verschärften Problemlage plötzlich eine Ulrich-Beck-Renaissance erleben werden. Oder eine von Gustav Jahoda, um in der Psychologie zu bleiben. Also zwei Dinge kann man vielleicht zur Beruhigung einführen. Der eine Punkt ist, dass disziplinäre Fortschritte fast immer hervorgerufen wurden von Leuten, die nicht aus der Disziplin kamen. Das zieht sich durch die Geschichte aller wissenschaftlichen Disziplinen. Der andere Punkt ist, dass es von außerhalb der Wissenschaft Anlässe gibt, etwas anderes wieder zu bergen, was lange vergessen wurde, und dann gibt es plötzlich Lehrveranstaltungen zu Die gesellschaftliche Konstruktion der Wirklichkeit von Berger und Luckmann (1970). Da gibt es Renaissancen und dann poppt vielleicht wieder etwas auf und andere Dinge geraten schneller in Vergessenheit und werden nie eine Renaissance erleben, weil sie zu ihrer Zeit ausschließlich zeitgenössisch waren und keine Metaebene erreicht haben. Aber ich wäre da Empiriker und würde einfach denken, das lässt sich nicht künstlich induzieren. Nehmen wir Hannover, weil Sie es angesprochen haben. Das Psychologische Institut in Hannover war ja lange Zeit ein Wissenschaftsmuseum, dass sich als Wissenschaft missverstand. Das war ja nicht ernst zu nehmen, was in dieser Lordsiegelbewahrer-Haltung hinsichtlich der Kritischen Theorie und der Kritischen Psychologie oder der analytischen Sozialpsychologie gemacht wurde. Das wurde museal vermittelt, und daraus resultierte Sterilität, besonders bei denen, die sich für besonders progressiv und kritisch hielten. Das hat sich inzwischen zum Glück erledigt, zur großen Trauer der damaligen Protagonist*innen – für die ist das alles Verrat, was da stattgefunden hat. Eine gewisse theoretische Sterilität zeigt sich in der Soziologie etwa durch dieses ewige Aufrufen von Foucault oder Luhmann. Und dann muss man erst mal 30 Seiten schreiben, was Foucault dazu gesagt hat, bevor man zu Stuhle kommt. Verstehen Sie, was ich meine? Da werden so museale Objekte vorgezeigt, an denen man sich scheinbar orientiert, und was am Ende dabei herauskommt, ist gar nichts Besonderes und schon gar nichts Zeitgenössisches und damit eben auch nix, was mir Aufschluss darüber gibt, wie ich Gegenwart verstehen kann, sowohl auf der individuellen wie auf der kollektiven Ebene. Das sind die negativen Seiten, die bei so einer Musealisierung passieren. Das hat sich besonders an der Systemtheorie gezeigt. Die ist auch nur ein »living museum«, im Wachkoma gehalten durch den Suhrkamp-Verlag und den Feuilletonchef der FAZ. Die Systemtheorie wird aussterben, weil die zweite Generation keine Schüler*innen hat. Ich vertraue darauf, dass durch intelligente jüngere Menschen Fortschritte in den Fächern einfach passieren und manche Bestände verschwinden oder eben dann wiederentdeckt werden, wenn die Zeit dafür da ist.
Günter Mey: Für die Kritische Psychologie oder für eine psychoanalytisch geprägte politische Psychologie hat es aber aus meiner Sicht auch damit zu, dass – aus welchen guten oder schlechten Gründen auch immer – die Nachfolger*innenstellen nicht mehr besetzt wurden, weil das System immer schneller ist und sich konfiguriert und damit nicht mehr durchlässig ist. Zwar hatte Ken Gergen (im Interview mit Mattes und Schraube 2004) einmal optimistisch gesagt, dass dieser alte Dinosaurier – er meinte damit die Mainstream-Psychologie – aussterben wird und eben die andere Psychologie kommt. Wie wir sehen, ist das leider nicht so, denn am Ende haben alle alternativen Psychologien den Dinosaurier nicht überwunden, vielleicht auch, weil all diese gesellschaftspolitischen, subjektwissenschaftlichen und geistes-/sozialwissenschaftlichen Entwürfe neben den Leitdisziplinen wie Soziologie oder Philosophie nicht bestehen können, kein eigenständiges Profil erlangen. Daher nochmals zu Ihrer am Anfang des Interviews getroffenen negativen Markierung gegenüber dem Inter- und Transdisziplinären: Aus eigener Erfahrung in solchen Projekten weiß ich, dass schlimmstenfalls ich dazu neige, eher mikrosoziologisch zu argumentieren, und die anderen ein bisschen anpsychologisieren. Am Ende die Gefahr besteht, dass eher ein Brei herauskommt statt ein wohlschmeckendes Gericht. Wie funktioniert vor dem Hintergrund Ihrer Erfahrungen und eigenen Arbeiten dann das Zusammengehen verschiedener Disziplinen, ohne dass wir ganze Studiengänge so multi-plural konfigurieren, wie es eben zuweilen nach der Bologna-Reform gemacht wurde und nicht unbedingt immer »der Sache« dienlich ist.
Harald Welzer: Also ich korrigiere mich in Bezug auf die Interdisziplinarität, das habe ich vorhin etwas flapsig gesagt, weil diese Sau so lange durchs akademische Dorf getrieben wird, sich aber genauso lange nichts an der Problematik geändert hat, dass junge Nachwuchsleute keine vernünftige Karriere interdisziplinär machen können. Das war das große Problem damals bei meinen Kooperationen mit den Neurowissenschaften. Da gab es etwa das ganz schlichte Problem, dass man nicht adäquat publizieren konnte. Für die Neuros war es schwer, mit irgendwelchen depperten Weich-Wissenschaftler*innen Papers in wichtigen Journalen angenommen zu kriegen und umgekehrt war es für uns immer ein großes Problem, dieses naturwissenschaftlich-medizinische Zeugs in unseren Journals unterzubringen. Das bedeutet für die Nachwuchswissenschaftler*innen, dass sie es sehr schwer hatten, mit diesen Sachen eine vernünftige Karriere zu machen. Das spricht nicht gegen die Interdisziplinarität, die ich befürworten würde, weil es Gegenstände gibt, die breitere Zugänge erfordern. Bei der Transdisziplinarität finde ich es wesentlich schwieriger, weil die Problemstellung noch mal verschärft ist. Wenn ich mit Menschen zusammenarbeite, die von Wissenschaft nichts verstehen (das ist jetzt nicht überheblich, sondern methodologisch gemeint, weil viele Leute überhaupt nicht verstehen, wie und auf welcher Basis wir Befunde und Wissen generieren), dann wird das Wischiwaschi. Am schlimmsten ist für mich Citizen Science. Das mag dort noch eine Bedeutung haben, wo man relevante Daten dadurch gewinnt, dass Leute Bienen zählen. Das meine ich überhaupt nicht despektierlich, sondern da macht es Sinn. Aber das ist so ähnlich, wie wenn ich auf der anderen Seite Big Data in Anspruch nehme, da habe ich eine Datenquelle, aber das heißt noch lange nicht, dass die Leute wissenschaftlich arbeiten. Das bedeutet auch nicht, dass ich über Wissenschaft aufkläre, weil da irgendjemand Bienen zählen kann. Das Gleiche sehe ich, wenn zum Beispiel in der Kunst »sozialwissenschaftlich« gearbeitet wird, indem, bevor man ein Bild malt, Erhebungen gemacht werden. Da kriege ich die totale Meise, weil das alles nur Dilettantismus ist und Sozialwissenschaftler*innen, die ordentlich ausgebildet sind, das viel besser können. Dafür brauche ich keine*n Konzept-Künstler*in. Da kommt nur schlechte Kunst dabei raus. Genau wie bei uns schlechte Wissenschaft rauskommt, wenn man Methoden nicht mehr so ernst nimmt. An dieser Stelle vielleicht eine Anmerkung zu den Veröffentlichungen, die ich in den letzten Jahren gemacht habe. Dies sind keine wissenschaftlichen Bücher, sondern ein Typus von Sachbuch, den ich als qualifizierte Erkenntnishilfe für den Alltag definieren würde (Welzer 2013, 2019, 2021). Daran würde ich niemals einen wissenschaftlichen Anspruch stellen, das ist keine Wissenschaft. Das ist Sachbuch, das ist Feuilleton, das ist irgendwas Intellektuelles, aber das sind keine wissenschaftlichen Bücher. Das letzte wissenschaftliche Buch, das ich gemacht habe, war das Soldaten-Buch (Neitzel und Welzer 2011), auf der Grundlage einer unfassbaren Stichprobe, 200.000 Seiten O-Ton-Transkript von Gesprächen deutscher Wehrmachtssoldaten. Eine richtig geile empirische Arbeit, danach habe ich kein wissenschaftliches Buch mehr geschrieben.
Günter Mey: Sie gehen sehr sichtbar in die Öffentlichkeit und beteiligen sich mit sehr verschiedenen Formaten und lassen sich nicht auf diese schnellen eineinhalb-minütigen Interview-Statements reduzieren. Sie nutzen Videoformate, im Fernsehen einstündige Talkformate und sind wiederkehrender Gast bei »Markus Lanz«. Ich unterstelle, auch um eine andere Form von Debatte anzuschieben: Müssten Universitäten und die darin stattfindende Forschung nicht viel mehr die Medien nutzen, um Debatten anzustoßen oder sich an den öffentlich laufenden Diskussionen zu beteiligen, und müssten wir daher nicht das Verhältnis von Psychologie als Wissenschaft und in Öffentlichkeit neu betrachten?
Harald Welzer: Es geht um die Frage der Vermittlung, sehr basal formuliert. Am Ende ist es die Frage der Vermittlung von theoretischen und empirischen Sachständen, von denen wir glauben, dass sie relevant sind. Je nach der politischen Fragestellung kann man die einbringen oder eben nicht einbringen, was auch eine Frage von Konjunkturen ist. Das ist also erst mal davon abhängig, was man erforscht oder erforscht hat, und dann ist es eine Frage, ob man Lust hat, diese Sachen an eine größere Öffentlichkeit – also über die Fachöffentlichkeit hinaus – zu bringen. Das muss man wollen. Viele sind völlig okay damit, wenn ihre Arbeit innerhalb ihrer Community für relevant gehalten oder für interessant befunden wird, und dagegen ist absolut nichts zu sagen. Ich habe für mich in Anspruch genommen, dass die Fragen, die ich bearbeite, immer eine außerwissenschaftliche Relevanz haben. Die große Herausforderung ist dann, das, was wir fachlich können, zu kommunizieren. Und zwar in einer Weise, dass es mehr ist, als ein*e Klempner*in in Bezug auf soziale Sachverhalte zu sagen hat. Das ist natürlich eine große Herausforderung, nur wenn das geht, dann kann man tatsächlich so etwas machen wie Gesellschaftsberatung, dann kann man Dinge erklären, die die*der Klempner*in nicht erklären kann. Also beispielsweise, wenn es um die in den letzten Jahren relevant gewordene Frage geht, warum die Leute die AfD wählen. Alltagspsychologisch gab es lange die Perspektive: Die irren sich, die werden von den Falschen verführt, die würden in Wirklichkeit etwas ganz anderes wählen, wenn sie diesem Irrtum nicht unterliegen würden. Oder als Alternativerklärung: Die sind eben Protestwähler. Aber das waren einfach Mythen, die politisch lange Zeit wirkungsvoll gewesen sind. Jemand, der eine fachliche Perspektive darauf hat, die ich an dieser Stelle für mich in Anspruch nehmen würde, würde völlig anders darauf antworten. Nämlich, dass es hier um die ernstzunehmende politische Entscheidung geht, eine gegenmenschliche Partei wählen zu wollen, weil diese Partei ein Angebot zur Gemeinschaftsbildung macht. Diese Wähler*innen stehen hinter der offerierten Ideologie und wissen, was sie tun. Es handelt sich also mitnichten um einen Irrtum, den man einfach beheben kann. An einer solchen Stelle wird eine Vermittlungstätigkeit meines Erachtens nach tatsächlich relevant, weil man in einem ganz klassischen Sinne aufklären kann. Und das habe ich in den letzten zwei Jahrzenten sehr häufig erlebt, dass man mit sozialwissenschaftlichen oder psychologischen Konzepten tatsächlich erhellende Effekte erzeugen kann.
Günter Mey: Es geht dann aber auch um eine Art Einmischung. Daran muss man auch Spaß haben. Ungeachtet dessen kann das auch nicht jede*r, solche Sachverhalte für die Öffentlichkeit runterbrechen und in der Ansprache auch die Übersetzung komplexer theoretischer Sachverhalte und dahinter liegender methodologischer Überlegungen leisten. Dabei wäre es aus meiner Sicht die Aufgabe von uns aus den Universitäten oder als Wissenschaftler*in, sich einzumischen. Eingangs hatte ich schon Third Mission als Aufgabe von Universitäten angesprochen, zuerst war es Thema von Hochschulen für angewandte Wissenschaften, sich vermehrt der Frage von Nützlichkeit zu stellen. So sinnvoll ich diese Akzentuierung auch finde und mich zum Teil daran beteilige (Mey 2022), ist daran problematisch, dass darüber mit verhandelt wird, ob wir Wissenschaft – in der Form, in der wir sie betreiben, so wie Sie es mit dem Aspekt von »Freiheit« sehr deutlich positioniert haben – überhaupt brauchen, wenn sie sich nicht unmittelbar gesellschaftlich relevant zeigt. Letztlich sind dies wenig verdeckte »Angriffe« auf den dann immer gerne als »Elfenbeinturm Wissenschaft« bezeichneten Sektor.
Harald Welzer: Ich würde die Frage für mich persönlich immer so beantworten, dass ich sehr dankbar bin – das hört sich jetzt kitschig an –, dass mir eine Gesellschaft die Möglichkeit gegeben hat, mich in der Weise zu entwickeln und Dinge zu lernen, wie ich es konnte. Daraus würde ich für mich persönlich eine Verantwortung ableiten, mit dem gelernten Zeug auch etwas zu machen, was der Gesellschaft dienlich ist. Ich würde aber, um jetzt mal ein entlegenes Fach wie die Papyrologie zu nehmen, wo es im deutschsprachigen Bereich etwa so sechs Protagonist*innen gibt, von denen nicht erwarten, sich zu politischen Fragen zu äußern. Jetzt könnte man sagen, wir hören im tagespolitischen Geschäft aber wenig aus der Papyrologie, wozu bezahlen wir die? Ich finde es super, dass es die gibt, aber ich würde von denen nicht erwarten, dass die sich jetzt dem Gebrauchszwang unterwerfen, dem ich mich gerne unterwerfe. Einfach weil das, was Sie oder ich tun, viel dichter an gesellschaftlichen Gegenwartsfragen angelagert ist als das, was in der Papyrologie gemacht wird. Das Gleiche gilt ja auch für unser Fächerspektrum, in dem es Dinge gibt, die im Verborgenen blühen und diese Form von Relevanz gar nicht für sich in Anspruch nehmen, die aber trotzdem total wichtig sind. Nehmen wir doch Fritz Schütze und das von ihm entwickelte narrative Interview (Schütze 1983). Das ist nun kein Ding, was jemals auf eine Titelseite kommt, eigentlich kommt es auf gar keine Seite von irgendeinem Massenmedium. Aber es ist für unsere Methodologie total wichtig (siehe auch das Gespräch mit Fritz Schütze in diesem Heft, 88–110). Deshalb würde ich Wissenschaft nicht permanent im Vermittlungszwang sehen.
Günter Mey: Nun leben wir aber unter dem Druck der Mediengesellschaft und in einer »Interview Society«. Einmal ungeachtet, ob wir uns nun um diese mediale Aufmerksamkeit kümmern wollen oder nicht, wäre es nicht dennoch zwingender, mehr über die Schnittstelle von Wissenschaft und Öffentlichkeit nachzudenken, und es auch zu einem zentralen Themenfeld an Universitäten und in der Ausbildung zu machen?
Harald Welzer: Nein. Wenn man sich diese nun auch Jahrzehnte alte Debatte um Kommunikation von Wissenschaft anschaut, ist es letztlich fürchterlich zu sehen, zu welchen Ergebnissen das geführt hat. Als der ganze Mist anfing mit der Wissenschaftskommunikation machte jede Universität eine große Stelle für Öffentlichkeitsarbeit auf und dann haben originellerweise alle ein Universitätsmagazin erfunden, das kein Schwein interessiert hat. Dann wurde man von der Redaktion ständig gefragt, ob man irgendeinen Artikel oder irgendein Forschungsergebnis hat, was in das blöde Magazin passt. Und dann wurde es dort mit der irrigen Erwartung gedruckt, dass es irgendwen außerhalb der Universität interessiert. Daran sieht man, dass man den Bedarf nicht künstlich generieren kann. Sondern den gibt es fallweise, so wie es jetzt in der Pandemie einen großen Bedarf an virologischem Wissen gibt. Den hat es vor zwei Jahren überhaupt nicht gegeben. Die handelnden Personen waren öffentlich inexistent, die kannte niemand. Wenn die Pandemie dann mal vorbei ist, sind die auch wieder weg. Genauso hat es wegen der bildgebenden Verfahren mal unglaubliches Interesse an den Neurowissenschaften gegeben. Wegen dem Rechtspopulismus gibt es plötzlich ein Interesse an Politikwissenschaft, oder wenn wir es mit Mobbing zu tun haben, gibt es plötzlich Interesse an Sozial- und Entwicklungspsychologie. Es ist konjunkturabhängig und dann macht es Sinn, wenn Leute gut erzählen können, worüber sie da arbeiten oder was Ergebnisse der Forschung sind. Aber das kann man nicht künstlich erzeugen.
Günter Mey: Das heißt, Sie sagen: Taktgebende sind eigentlich nicht wir, also wir können nicht ein Thema forcieren und als Institution bleibt uns nur, dass wir maximal ein spannendes Thema bearbeiten und bei Anfrage es nuancieren können.
Harald Welzer: Es kommt drauf an. Nehmen wir als Kardinalbeispiel Ulrich Beck. Ulrich Beck (1986) schreibt sein Buch Risikogesellschaft. Kurz vor Erscheinen geht das AKW in Tschernobyl hoch. Der absolute Supergau. Das war für Tschernobyl schlecht, für die Atomwirtschaft auch, aber für Ulrich Beck war es großartig. Plötzlich hatte man einen Begriff in der Öffentlichkeit, den ansonsten vielleicht nur wir als Sozialwissenschaftler*innen gekannt hätten. Auf einmal gibt es einen Begriff, der eine komplexe Situation wahnsinnig gut auf den Punkt bringt, und dann interessiert man sich auch dafür. Das ist das punktgenaue Beispiel für eine Konjunktur. Das Gleiche gilt vielleicht angesichts von Verschwörungsfantasien. Dann ist da plötzlich so jemand wie Gerd Gigerenzer interessant, der sich zu Fehldeutungen äußern kann (Gigerenzer 2016, 2021).
Günter Mey: Im Falle des von Marc Dietrich und mir durchgeführten DFG-Projekts zu Rassismusdiskursen im deutschsprachigen Hiphop1 – nebenbei, wir haben das Projekt vor dem Antisemitismus-Skandal um die Verleihung des Echo-Musikpreises an die Rapper Farid Bang und Kollegah eingereicht, nicht auszuschließen ist aber, dass sich dieser Eklat dann positiv auf die Begutachtung ausgewirkt hat – würde ich sagen, haben wir ein öffentliches Thema forschungsseitig aufgegriffen. Es gibt sehr viele Medienanfragen, da das Thema auch schon vorher medial Aufmerksamkeit fand. Für mich wäre dies ein Exempel eines Wechselspiels, ganz unabhängig von der Hochschulkommunikation. Die dortige Praxis, eine Pressemitteilung zu schreiben, diese dann über den IDW (Informationsdienst Wissenschaft) zu streuen, kann dabei helfen, aber die Presse greift auch nicht jedes Thema auf. Da Sie es immer viel strikter formulieren als ich, würde ich eher sagen, es gibt eben auch Zwischenräume. Daher als Rückfrage: Gibt es diese Art von Wechselbeziehung?
Harald Welzer: Ganz schwierig. Da liegt manchmal sowas in der Luft, denn es gibt auch das Phänomen, dass man superoriginell an etwas forscht, und man trifft plötzlich andere, die arbeiten komischerweise genau an demselben Ding. Also Ihr Thema mit dem Hiphop hat sicher auch damit zu tun, dass es eine Konjunktur von Hatespeech gibt. Das hat wiederum Verwandtschaft zu irgendwelchen Fake-Geschichten, das hat dann Verwandtschaft zu Mobbing etc. Da merkt man, da konturiert sich etwas, da liegt wirklich etwas in der Luft. Manchmal staunt man auch, wenn man meint, man hat jetzt was ganz Originelles entdeckt und beackert da ein wichtiges Feld – und zur selben Zeit haben es 20 andere Leute auch gemacht. Ich glaube, dass es tatsächlich so etwas wie eine Seismik gibt, da vibriert etwas, bevor es zur Eruption kommt. Wenn wir eine Sensibilität haben – als Gesellschaftsmitglieder und zugleich als Wissenschaftler*innen, die wir sind –, registriert man vielleicht diese seismischen Erscheinungen und denkt: »Wow, das könnte ein interessantes Thema sein.« Dann poppt dieses Thema an vielen Stellen plötzlich auf und man ist ganz erstaunt, dass man nicht der Einzige war.
Günter Mey: Inwieweit ist dies denn wiederum im Wissenschaftsbetrieb steuerbar?
Harald Welzer: Ich habe grundsätzlich etwas gegen die Steuerung von wissenschaftlichem Denken. Es ist klar, dass die DFG oder die Volkswagenstiftung über die Förderung Steuerung macht. Wir wissen aber auch, die sind immer hintendran. Wenn wirklich die Post abgeht, findet das jenseits dieser Institutionen statt, weil die natürlich immer ein Timelag haben. Wenn eine Gesellschaft großes Glück hat, dann gibt es pfiffige Forschungsgruppen, die erwischen einen Punkt. Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit, wie sie Wilhelm Heitmeyer (2002), übrigens als Erziehungswissenschaftler, gewissermaßen entdeckt hat. Erst später geht das Thema dann in die Förderprogramme ein. Aber das wirklich vernünftig zu steuern, das kann man nur durch sehr grundsätzliche Programme machen, wie dies Mariana Mazzucato in ihrem tollen Buch Das Kapital des Staates (Mazzucato 2014) über das Verhältnis von Innovation und Wachstum beschrieben hat.
Günter Mey: Vermutlich gibt es deshalb auch zunehmend neben den Universitäten und ihren jeweiligen Förderinstitutionen und Geldgebenden die anderen Player, die ich ansprach. Die sind teilweise einfach schneller, weil dort andere Marktgesetze gelten.
Harald Welzer: Das kann so sein, aber sind dann vielleicht umgekehrt auch viel kurzlebiger, was dabei dann rauskommt.
Günter Mey: Vielleicht kommt zudem auch noch hinzu, mit welcher Gründlichkeit, Seriosität und – wodurch wir uns als Academia auszeichnen – auf der Grundlage einer hoffentlich guten Ausbildung in Forschungsmethodologie. Aber ungeachtet dieser Vorzüge sind wir teilweise echt zu langsam, bis ein Förderungsprogramm aufgelegt ist. Übertrieben gesagt, bis eine Ausschreibung fertig ist, ist das Problem im Grunde nicht mehr existent.
Harald Welzer: Ich kann dazu ein einfaches Beispiel geben. Als wir damals dieses unglaubliche Datenmaterial von über 200.000 Transkriptseiten von Gesprächen mit deutschen Kriegsgefangenen hatten, gab es kein einschlägiges Förderprogramm. Dann sind wir nicht auf die großen Institutionen und Stiftungen zugegangen, sondern auf die Fritz Thyssen und die Gerda Henkel Stiftung, weil die beide Förderschwerpunkte zu historischen Themen hatten. Die haben das unbürokratisch und sehr schnell gemacht, und zwar in Kooperation. Über die Tanker der Wissenschaftsförderung hätte das nicht funktioniert. Als Reaktionsbildung fand ich die Initiative der Volkswagenstiftung, damals noch unter der Leitung von Wilhelm Krull, sehr gut, Förderlinien aufzumachen, die inhaltlich nicht festgelegt waren, sondern als Formate angeboten wurden: für junge Forschungsgruppen oder auch für die Senior Researcher, für das Opus Magnum. Ich fand das eine sehr sinnvolle Reaktion auf solche Problemlagen, dass man inhaltlich eben nicht alles steuern kann.
Günter Mey: Solche Förderformate eignen sich auch, um neue Felder zu erschließen. Eines, das mir reizvoll erscheint, ist, zu überlegen, ob nicht künstlerische Forschung vielmehr einzubeziehen wäre, nachdem in der Sozialwissenschaft und besonders in der Psychologie zunächst geisteswissenschaftliche Ansätze mit den entsprechenden jeweiligen methodologischen und theoretischen Rahmungen leitend waren, dann die naturwissenschaftliche Grundlegung erfolgte, inklusive der späteren Ausbreitung von Neuroscience, schließlich gab es die Entwicklung des sozialwissenschaftlichen Strangs inklusive der qualitativen und interpretativen Verfahren. Diese verschiedenen Strömungen existieren – wenn auch mit deutlich verschiedener Gewichtung innerhalb der Disziplin – heute nebeneinander. Meines Erachtens täten wir gut daran, zu überlegen, wie wir mehr von der Kunst profitieren könnten, ungeachtet der Skepsis, die Sie bereits zu solchen Fragen vorgebracht haben. Ich habe da andere Erfahrungen: in meinen Projekten (Mey 2020), oder auch bei Diskussionen, wie jene in Berlin im Deutschen Theater mit Recherchetheater-Akteur*innen, die wissen wollten, was qualitative Forschung ist und wie diese für die eigne Arbeit genutzt werden kann. Ich fand es sehr spannend zu sehen, wie die recherchieren, ihre Rechercheergebnisse aufbereiten und Narrative entwickeln für die Produktion. Ich weiß auch um die Vorbehalte. Ungeachtet dessen finde ich es lohnenswert, mehr über eine Verbindung von Kunst und Wissenschaft nachzudenken.
Harald Welzer: Das ist jetzt wieder ein weites Feld. Was ich vorhin meinte: Je mehr Bereiche des Kunstbetriebs auf Diskurs umgestellt haben, desto mehr Inanspruchnahme von sozialwissenschaftlichen Verfahren findet statt. Schlimm wird es aber immer, wenn Leute sich so etwas oberflächlich aneignen und dann irgendetwas machen, was wir eigentlich viel besser können, dann kommt schlechte Kunst dabei raus. Im Theater ist das häufig auch so. Theater ist teilweise schrecklich, weil es oft viel zu kurz verstandene Theorie ist. Das schließt nicht aus, dass es manchmal Gutes gibt, wie etwa Rimini Protokoll2. Solche Projekte mit künstlerischer Forschung sind aber nur deswegen cool, weil sie theatral einfach gut gemacht sind. Rimini Protokoll behauptet ja nicht, Wissenschaft zu sein. So wenig wie Milo Rau (z. B. 2017), wenn er seine Tribunale macht, behauptet: »Ich bin jetzt Gericht.« Das ist ja immer noch Theater und daraus schöpft sich auch eine andere als wissenschaftliche Potenz. Wenn es gut gemacht ist, ist es dann am Ende gut. Nur ist das meiste eben nicht gut gemacht, sondern bleibt auf einer oberflächlichen Ebene, hantiert mit irgendwelchen halbverdauten Begrifflichkeiten. Das ist dann so wie in schlechter Sozialwissenschaft und Kulturwissenschaft, in der eben erst mal »Foucault« gesagt wird, und alle nicken pflichtschuldig. Das soll dann schon reichen. In der Theaterszene gab es plötzlich diese »Immersion«, ohne dass irgendjemand wusste, was das sein sollte und wofür es gut ist. Wir haben immer solche Pseudowissenschaftlichkeit an vielen Stellen und Pseudowissenschaftlichkeit interessiert mich nicht. Ich habe selber zehn Jahre lang eine Galerie gehabt und ich finde Kunst gut und interessant. Aber genau deswegen, weil sie ein Erkenntnismittel eigener Art ist – und wir als Wissenschaftler*innen betreiben Erkenntnisgenerierung auf eine andere Art. Ich kenne nur ganz wenig Beispiele, wo das übereingeht.
Günter Mey: Ich würde natürlich umgekehrt sagen, wenn ich mir alle Forschung anschaue, gibt es doch ungeheuer viel langweilige, schlecht gemachte und vor allem schlecht geschriebene Forschung. Eine der wiederkehrenden Fragen in allen Workshops – die ich zu Grounded-Theory-Methodologie gebe – an mich ist, ob es denn eigentlich ein gutes Buch gibt, das ich empfehle. Ebenso wäre es für die qualitative Forschung insgesamt wichtig, dies wird immer wieder beim Berliner Methodentreffen3 vorgebracht – neben dem Legitimationsdiskurs und unserer Rhetorik, dass es qualitativer Forschungsmethoden bedarf, um gute Wissenschaft zu machen und gute Geschichten zu erzählen –, einmal anzuführen, wo eigentlich unsere guten Bücher sind, also solche, in denen echt etwas rausgekommen ist, und das auch noch sprachlich angemessen und interessant, spannend erzählt ist.
Harald Welzer: Darf ich jetzt mal rückfragen: Was würde in Ihrem Bücherregal stehen?
Günter Mey: Es sind dann sicher vor allem ethnografische Studien oder solche, wo ich sagen würde, die eröffnen ein Eintauchen in eine Welt und sind so geschrieben, dass sie das Phänomen fassbar machen, fesselnd, aber eben kein Roman. Mir scheint eines der zentralen Probleme zu sein, dass ich zwar einen Wissenschaftsbericht für die DFG schreiben kann, auch diesen als Buch veröffentliche, aber dann muss ich mir nicht einbilden, dass das Buch von irgendjemand anderem gelesen wird, außer von der DFG und dem sehr engen Feld der eigenen, meistens kleinen Community. Die Frage ist die der Übersetzung. Im Grunde müssten also immer zwei Bücher geschrieben werden. Und deshalb gibt es aus meiner Sicht so wenig spannende Bücher, weil das zweite Buch nie geschrieben wird. Im Grunde schreiben Sie die spannenden Bücher. Aber Sie markieren auch, dass die letzte wirkliche Studie lange zurückliegt. Und wenn es dann schon nicht in Personalunion gelingt, diese zwei Bücher zu schreiben, dann müssten wir uns eben das zweite Buch schreiben lassen. Das meine ich im Ernst. Denn performative Sozialwissenschaft verstehe ich nicht – oder sehr selten – als Forschung und Kunst in Personalunion, sondern als Zusammenarbeit mit Künstler*innen. Kunst und Wissenschaft im Dialog.
Harald Welzer: Wenn man auf die richtigen Leute trifft, die intelligent genug sind, die Sachen ernst zu nehmen und nicht beim »schlau sein, dabei sein« stehen bleiben. Häufig wird nicht weit genug gedacht, sondern es scheint bereits gut zu sein, wenn es sich gut anhört oder wenn man die richtigen Begriffe verwendet. Teilweise ist das wie beim Berater*innensprech, wo plötzlich alle »Am Ende des Tages« oder »Geld in die Hand nehmen« oder »Zur Wahrheit gehört aber auch« sagen. So reden in der Kunst plötzlich alle vom »Immersiven«, in der Soziologie von der »Singularität« und in der Politik von der »Vulnerabilität«. Was für die Kunst gilt, gilt auch für Kolleginnen und Kollegen in unseren Bereichen. Wenn es nicht selbst gedacht ist, sondern nur mitgeredet, dann bringt das nix. Dann ist es Scheiße. Und das war für mich immer so eine Maxime. Wir haben bei Futurzwei ein Leitbild, das heißt schlicht und ergreifend: »Scheiße machen wir nicht.« Und das ist, so wenig operationalisierbar es ist, ein absolut gutes Motto. Ich habe mir viel unnütze Arbeit erspart, indem ich irgendwann gesagt habe: »Scheiße machen wir nicht!« Punkt, Ende, aus.
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Günter Mey, Prof. Dr. habil., ist Professor für Entwicklungspsychologie an der Hochschule Magdeburg-Stendal und Privatdozent an der Kulturwissenschaftlichen Fakultät der Universität Bayreuth; neben Gastaufenthalten an der Universität Luzern (Schweiz) und Aalborg University (Dänemark) hat er Gastprofessuren an den österreichischen Universitäten Klagenfurt und Wien; zudem leitet er das Institut für Qualitative Forschung in der Internationalen Akademie Berlin, das jährlich die Berliner Methodentreffen Qualitative Forschung ausrichtet. Seine Arbeitsschwerpunkte sind qualitative Forschung, insbesondere Grounded-Theory-Methodologie, sowie Wissenschaftskommunikation und performative Sozialwissenschaft; seine inhaltlichen Themenfelder sind Biografie, Identität und Transgenerationalität.
Kontakt
Prof. Dr. habil. Günter Mey, Hochschule Magdeburg-Stendal, Angewandte Humanwissenschaften,
Osterburger Str. 25, 39576 Hansestadt Stendal;
E-Mail: guenter.mey@h2.de.