Janina Loh und Ralph Sichler im Gespräch
Journal für Psychologie, 30(1), 69–87
https://doi.org/10.30820/0942-2285-2022-1-69 CC BY-NC-ND 4.0 www.journal-fuer-psychologie.deTrans- und posthumanistisches Denken hat in den letzten Jahrzehnten an Bedeutung gewonnen. Die damit verbundenen Ansätze sind sehr vielfältig, im Zentrum steht eine wie auch immer zu realisierende Transformation der Idee des Menschen und seines Bezugs zur Welt. Das vorliegende Gespräch zwischen Janina Loh und Ralph Sichler ist in diesem gedanklichen Umfeld angesiedelt, wobei Lohs Philosophie sich vor allem aus dem Umkreis des kritisch-posthumanistischen Denkens speist. Der Gedankenaustausch lotet verschiedene Lesarten der Überwindung des traditionellen humanistischen Menschenbilds aus und behandelt mögliche Konsequenzen für die Theorie und Praxis der Psychologie.
Schlüsselwörter: Autonomie, Humanismus, kritischer Posthumanismus, Prozessontologie, Verantwortung, Verstehen
Summary
The Human or Posthuman in Psychology?
Janina Loh and Ralph Sichler in Conversation
Trans- and post-humanist thinking has gained significant weight in recent decades. The associated approaches are quite diverse, the focus is on a transformation of the idea of man and the associated relation to the world. The here presented conversation between Janina Loh und Ralph Sichler is located in this discourse, whereby Loh’s philosophy is nurtured primarily by critical-posthumanistic thinking. The exchange of ideas explores different ways of overcoming the traditional humanistic image of man and is concerned with conceivable consequences for the theory and practice of psychology.
Keywords: Autonomy, humanism, critical posthumanism, process ontology, responsibility, understanding
Janina Loh ist ausgebildete*r Philosoph*in mit Schwerpunkten in der Technikphilosophie und dem kritischen Posthumanismus. Loh hat an der Humboldt-Universität zu Berlin studiert und von 2009 bis 2013 im Rahmen des von der DFG finanzierten Graduiertenkollegs »Verfassung jenseits des Staates: Von der europäischen zur Globalen Rechtsgemeinschaft?« promoviert, betreut durch Volker Gerhardt und Rahel Jaeggi. Die Dissertation Verantwortung als Begriff, Fähigkeit, Aufgabe. Eine Drei-Ebenen-Analyse erschien 2014 unter dem Geburtsnamen (Janina Sombetzki) bei Springer VS.
Nach einem dreijährigen Postdoc-Aufenthalt an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (2013–2016) war Janina Loh als Universitätsassistent*in (Postdoc) im Bereich Technik- und Medienphilosophie an der Universität Wien (2016–2021). 2018 erschien von Loh die erste deutschsprachige Einführung in den Trans- und Posthumanismus (Junius, 3. Auflage 2020). Eine weitere Einführung in die Roboterethik (Suhrkamp) wurde 2019 veröffentlicht. Derzeit arbeitet Janina Loh an einem vierten Buch (in academic terms die Habilitationsschrift) zur »Inklusiven Ethik der Gefährt*innenschaft für die Wissensräume«. Seit dem 1. September 2021 hat Loh die Leitung der Stabsstelle Ethik bei der Stiftung Liebenau inne, die auch die Geschäftsführung des dortigen Ethikkomitees sowie des Kooperationskreises Ethik umfasst.
Zu Janina Lohs engeren Forschungsinteressen zählen neben der Verantwortung, dem Trans- und Posthumanismus (insbesondere kritischer Posthumanismus) und der Roboterethik auch das Werk Hannah Arendts, feministische Technikphilosophie, Polyamorie (und Poly-Ethik), Theorien der Urteilskraft sowie Ethik in den Wissenschaften.
Kontaktanschrift
Dr. Janina Loh, Stiftung Liebenau, Leitung Stabsstelle Ethik,
Siggenweilerstraße 11, D-88074 Meckenbeuren;
E-Mail: janina.loh@stiftung-liebenau.de
Der Kontakt zu Janina Loh entstand im Kontext einer Projektidee zum Thema »Verantwortung und Gewissen von Führungskräften in der Wirtschaft«. Janina Loh war durch Publikationen zum Begriff der Verantwortung und zur Angewandten Ethik bekannt geworden und arbeitete 2021 am Institut für Philosophie der Universität Wien. Aus dem Projekt wurde nichts, aber der Kontakt bestand. Als ich Janina Loh fragte, ob wir im Rahmen dieser Ausgabe des Journals für Psychologie ein Gespräch über die Bedeutung von Humanismus und Posthumanismus für die Psychologie führen wollen, erhielt ich rasch eine Zusage. Das Gespräch wurde am 18. Mai 2021 online geführt. Die Aufzeichnung wurde transkribiert und der Text anschließend schriftlich weiterbearbeitet.
Ralph Sichler: Wenn man die Psychologie als wissenschaftliche und praktische Disziplin betrachtet, so fällt auf, dass der Humanismus oder, etwas weniger abstrakt formuliert, humanistisches Denken dort eine bedeutende Rolle gespielt hat und immer noch spielt. Nicht nur in der sogenannten humanistischen Psychologie, sondern generell geht es meistens in der Praxis wie in der Wissenschaft um humane Ziele, also um Ziele, die auf eine Verbesserung der individuellen oder sozialen Lebenssituationen hinsteuern, oder anders formuliert: Die Psychologie möchte Menschen darin bestärken, ihr Leben so zu führen, dass der darin angelegte Entwurf auch gelingen möge. Das ist natürlich alles sehr vage ausgedrückt und auch erläuterungsbedürftig, das können wir in unserem Gespräch gerne noch konkretisieren, was es im Einzelnen heißen mag. Aber es geht um das Humane, um den Menschen und die grundlegende Lebenssituation, die conditio humana, und da würde mich die Sicht des kritischen Posthumanismus interessieren, wie dort das Humane verstanden wird. Oder wird dieser Begriff gar nicht mehr benötigt?
Janina Loh: Ich habe tatsächlich gar nichts dagegen, von dem Humanen zu sprechen. Der kritische Posthumanismus geht nicht automatisch davon aus, dass es das Humane nicht mehr gibt, also dass man es unterlässt, Menschen von Tieren, Pflanzen oder Maschinen zu unterscheiden. Durch den kritischen Posthumanismus werden die Grenzen, die zwischen unterschiedlichen Spezies bestehen, nicht einfach in Luft aufgelöst, sondern es geht vielmehr um ein kritisches Bewusstsein, eine Sensibilisierung für die Verantwortung, die wir tragen. Dadurch, dass wir solche Grenzen ziehen, übernehmen wir auch die Verantwortung für die damit verbundenen begrifflichen Definitionen. Da werden automatisch auch moralische Fragen mit auf den Plan gerufen, die vielleicht bei anderen Termini, die wir Menschen definieren, nicht so offenkundig sind. Deswegen hätte ich gegen eine, wie es gerade genannt wurde, humane Psychologie oder dem Humanen verpflichtete Psychologie erst einmal nichts einzuwenden, solange es nicht darum geht, im Rahmen dieser humanen Psychologie den Status des Menschen als besonders oder moralisch hervorgehoben zu bestimmen. Es mag vielleicht an irgendeiner Stelle in der humanen oder humanistischen Psychologie passieren, dass der Mensch einen besonderen Status aufweist, aber das ist sicherlich nicht ihr primäres Anliegen. Will meinen, ihr primäres Ziel liegt sicherlich nicht darin, die Sonderrolle des Menschen in den Fokus zu nehmen, sondern sie beschäftigt sich, so wie ich es verstehe, als Disziplin mit dem, was sie als menschlich begreift. Das finde ich unproblematisch.
Ralph Sichler: Wie viele andere Wissenschaften ist auch die Psychologie ein sehr heterogenes Fach. Das ist auch bei der Philosophie der Fall, wo sich ganz unterschiedliche Diskurse, Strömungen, Richtungen, Denkstile, Methoden und so weiter wiederfinden. Und etwas, das mir zu dem von dir Gesagten eingefallen ist, kann im Rahmen dessen, was Evolutionspsychologie genannt wird, betrachtet werden. Dies ist eine Richtung, die in der Psychologie sehr stark geworden ist. Dabei wird unter anderem auch das Phänomen des Mensch-Tier-Übergangs diskutiert. Wenn man sagt, da gibt es einen Übergang vom Menschen zum Tier, dann zieht man auf alle Fälle auch eine Grenze. Es gibt einen Unterschied. Mensch-Tier-Übergang könnte insbesondere auch bedeuten, dass es eine Höherentwicklung zum Menschen einschließt. Wenn ich es richtig verstanden habe, wird dabei mit unterstellt, dass der Mensch Fähigkeiten hat, die Tiere nicht besitzen. Dies gilt vor allem für den kognitiven Bereich.
Auch in der Philosophie hat man ebenfalls viele Ansätze, die in diese Richtung gehen. Was ist die Psyche? Ihre Dreiteilung ist schon von Aristoteles her festgelegt, und auch er hat einen Seelenanteil, nämlich den dritten und höchsten, die Fähigkeit zur Vernunft, ausschließlich der Gattung Mensch zugeschrieben. Und diese Fähigkeit kommt den Tieren eben nicht zu. Sie haben zwar auch eine Seele, wie auch die Pflanzen, aber es sind, so wie ich es verstanden habe, mindere Vermögen.
Genau das finde ich dann schon spannend, weil ich denke, es werden diese Unterschiede gemacht. Wie du ganz richtig auch aus meiner Sicht festgestellt hast, man macht damit nicht nur einfach einen faktischen Unterschied. Das hat normative Implikationen, das geht bis ins Moralische hinein, indem man zum Beispiel ableiten kann, der Mensch könne über seine Mitgeschöpfe auch herrschen, darüber verfügen, was mit ihnen passiert, sie sich zunutze machen – was wiederum verständlich ist, wenn man sich die Geschichte der Menschheit einschließlich des Mensch-Tier-Verhältnisses anschaut. Ohne das Sich-zunutze-Machen von anderen Geschöpfen hätte sich der Mensch auch nicht so weiterentwickeln können. Also es hat immer zwei Seiten, die man da in Betracht ziehen muss.
Janina Loh: Mindestens zwei Seiten würde ich sagen. Wie gesagt, ich glaube nicht, dass das Problem darin liegt, dass wir grundsätzlich Grenzen definieren und unterschiedliche Spezies bestimmen: Das ist ein Tier, das ist eine Pflanze und das ist ein Mensch. Und das ist auch ein häufiger Vorwurf, der gegen den kritischen Posthumanismus vorgebracht wird, dass er nämlich eine Art Tabula rasa durchführen will, dass er, da er alle Kategorien hochgradig problematisch findet, mit allen Definitionen ein Ende machen möchte und diese über Bord werfen will. Das ist Quatsch. Solche Vorwürfe gehen auch häufig in Richtung Poststrukturalismus, dekonstruktivistische Theorie, Kritische Theorie. Da der kritische Posthumanismus auch an diese Traditionen anschließt, verwundert es nicht, dass da ähnliche Vorwürfe laut werden. Und es tun sich auch kritische Posthumanist*innen nicht unbedingt einen Gefallen mit der Sprache, die sie wählen. Wenn wir etwa Texte von Donna Haraway (2003, 2016), Rosa Braidotti (2014) oder Karen Barad (2015) lesen, stellen viele fest, dass diese nicht unbedingt intuitiv verständlich sind. Der ganze Ton ist sehr akademisch, das klingt für manche vielleicht auch arrogant und bedrohlich.
Aber der Punkt ist, dass es vor allen Dingen darum geht, die moralischen Implikationen in Begriffsdefinitionen herauszufiltern. Zu verstehen, dass jede Begriffsdefinition, und damit jede Spezies-Definition und jede Grenze, die wir zwischen Spezies ziehen, auch eine moralische Dimension hat. Wir können uns nicht quasi moralfrei äußern. Aber was wir können, ist, uns dieser moralischen Implikationen bewusst zu werden und dann vielleicht auch zu überlegen, ob die eine oder andere Grenzziehung, die wir vorgenommen haben, nun wirklich so sinnvoll ist. Oder ob man sie nicht anders ziehen sollte. Natürlich unbenommen, dass wir dann für diese neue Grenzziehung wiederum Verantwortung tragen und sie vielleicht auch nach einer gewissen Zeit wieder über den Haufen werfen müssen (Penley und Ross 1991, 4). Begriffliche Definitionen sind nichts von Natur Gegebenes, sondern von Menschen gemacht. Und da menschliches Handeln immer aus bestimmten Gründen erfolgt, ist es immer auch wertend. Das ist ein Grundsatz im kritischen Posthumanismus: Ontologie und Ethik hängen ganz fundamental zusammen. Man kann eigentlich nicht über das »Sein« reden und bestimmen, was das »Sein« ist oder was es nicht ist, ohne nicht auch ethisch zu sein (Barad 2015).
Ralph Sichler: Das kann ich voll mittragen. Ich denke, dass dies auch aus einer Sicht heraus begründet werden kann, die sich selbst »noch« als humanistisch versteht. Es geht um die Frage, warum wer welche Grenze zieht und was daran Humanismus und was kritischer Posthumanismus ist. Betrachtet man beispielsweise die Kritische Theorie. Dies war ja ein Ansatz, in dem man gesagt hat, das Faktische ist eben nicht nur das Faktische, sondern in hohem Maße normativ. Diese Aussage wurde natürlich in erster Linie auf die moderne Gesellschaft bezogen. Die Kritische Theorie war noch blind auf dem anderen Auge, wenn man etwa ökologische Probleme, also das Mensch-Natur-Verhältnis, oder auch feministische Diskurse betrachtet. Das war in gewisser Weise noch nicht das Thema. Aber beziehen wir uns trotzdem mal auf die kritische Gesellschaftstheorie und die damit verbundene Psychologie, also Adorno, Marcuse, die auch ganz stark das Denken von Freud in ihre Analysen mit aufgenommen haben. Dort wurden Fragen gestellt wie: Was geschieht im Rahmen der herrschenden Verhältnisse, so wie sie sind, mit den Menschen? Was tun sie sich untereinander, aber auch sich selbst an? Es ging vor allem um Fragen der Macht und psychostruktureller Gewalt. Da war das Normative im Faktischen ein zentrales Thema und die Kritische Theorie war sich dessen bewusst, dass Definitionen gesellschaftlicher Phänomene immer auch mit normativen oder moralischen Grenzziehungen einhergehen.
Und es gibt ja innerhalb der Psychologie auch eine Richtung, die kritische Psychologie, die eigentlich mehrere Unterströmungen mit einschließt, die genau diesen Diskurs aufnimmt und selbst entsprechend versucht, sei es in der Forschung oder in der Praxis, die Frage nach humanen Lebensverhältnissen in gewisser Weise aufzuwerfen. Da finde ich es dann spannend, zu fragen, wie weit man das humanistische Denken und das damit verbundene Handeln fassen kann, wenn man solche Begriffe, die du auch verwendest, also Verantwortung zum Beispiel, mit dazu nimmt. Das ist im Kern humanistisches Denken. Was kennzeichnet in diesem Zusammenhang den posthumanistischen Zugang?
Janina Loh: Meine Antwort darauf ist vielleicht nicht befriedigend, aber es gibt auch vonseiten des kritischen Posthumanismus sehr unterschiedliche Einstellungen zum Humanismus. Den Antihumanismus, also einfach die blanke Ablehnung des humanistischen Menschen- und Weltbildes, finden wir längst nicht überall. Rosa Braidotti (2014) etwa verankert ihren kritisch-posthumanistischen Zugang stark in antihumanistischen Einsichten. Aber es gibt viele andere kritisch-posthumanistische Denker*innen, die einzelnen Grundwerten des Humanismus treu bleiben, wenn man so will. Aber sie denken diese Werte auch weiter, über die humanistische Sicht hinaus. Da ist nach meinem Verständnis gerade der Begriff der Verantwortung grundlegend. Ich habe kürzlich einen Text für das Palgrave Handbook of Critical Posthumanism (Herbrechter et al. 2022) geschrieben, über das Thema »Posthumanism and Ethics«. Ich vergleiche da verschiedene kritisch-posthumanistische Ansätze miteinander und habe versucht herauszuarbeiten, was diese denn eigentlich im Unterschied zur herkömmlichen ethischen Tradition anders machen. Dabei habe ich festgestellt, dass unter anderem der Begriff der Verantwortung immer noch eine sehr große Rolle spielt, doch in unterschiedlicher Weise. Ich denke, was kritisch-posthumanistische Theorien beim Thema Verantwortung beispielsweise auszeichnet, ist, dass sie alle versuchen, eine Art relationales Verständnis davon zu entwickeln. Sie versuchen, Kompetenzen, die uns wichtig sind, wie eben Verantwortung, aber auch Autonomie, Selbstbewusstsein oder Urteilskraft, die im klassischen humanistischen Menschen- und Weltbild einzelnen Wesen zugeschrieben worden sind, relational zu denken, als etwas, was erst in der Interaktion, im sogenannten Zwischenraum zwischen den Wesen heraus entsteht und nicht an die Einzelnen zurückgebunden werden kann, also an die moralischen Subjekte und erst recht nicht ausschließlich nur an menschliche Individuen.
Sarah Hoagland, sie ist eine Feministin, keine kritische Posthumanistin, aber sie ist hier vielleicht trotzdem interessant, hat das Konzept der Autokoinonie entwickelt. Also die Verbindung aus »auto« = »selbst« und »koinonia« = Gemeinschaft als Alternativkonzept zur klassischen Autonomie. Die Autokoinonie ist Hoagland zufolge etwas, das niemals nur ein einzelner Mensch besitzen kann, sondern etwas, das sich grundsätzlich nur aus einer Gemeinschaft heraus entwickeln kann, also im Intersubjektiven, aus den Beziehungen, in denen wir leben, entsteht (Hoagland 1988, 145f.). Ich glaube, ganz ähnlich können wir uns das auch bei anderen Fähigkeiten wie der Verantwortung vorstellen. Deswegen sagt Donna Haraway beispielsweise auch in ihren aktuellen Büchern nicht responsibility im Englischen, sondern response-ability (Haraway 2016). Mit einem kleinen Gedankenstrich dazwischen, um zu zeigen, dass es mehr um die Praxis geht.
Ralph Sichler: Also um das Verantworten, um das »Rede-und-Antwort-Stehen« gegenüber anderen Akteur*innen, wie es auch in vielen philosophischen Arbeiten zum Begriff der Verantwortung immer wieder heißt.
Janina Loh: Ja, genau. Haraway will schon der humanistischen Idee der Verantwortung treu bleiben. Sie will diesen Ausdruck nicht komplett verwerfen, aber sie will ihn anders ausrichten, so mein Eindruck. Das, glaube ich, passiert derzeit mit ziemlich vielen humanistischen Werten oder Prinzipien, die, wenn sie nicht einfach verworfen werden, was ja durchaus auch passieren kann, in ein neues Verständnis überführt werden, wenn versucht wird, damit irgendwie anders umzugehen.
Wenn wir uns zum Beispiel Hannah Arendts Verständnis vom Handeln vor Augen führen (Arendt 2002), dann geht das sehr stark in eine ähnliche Richtung. Auch Hannah Arendt sagt ganz explizit, dass sie Handlungsfähigkeit nicht im aristotelischen Sinne als ein Attribut versteht, das man einzelnen Menschen zuschreiben kann. Sondern sie versteht das Handeln als etwas, das aus den Bezügen wie aus einem Gewebe aus menschlichen Angelegenheiten heraus entsteht. Im öffentlichen Handeln kann nie jemand alleine, sondern immer nur mit anderen zusammen agieren. Ganz ähnlich verstehe ich diese anderen Kompetenzen, die Verantwortung und eben Autonomie bei Hoagland, Haraway und anderen. Das ist, denke ich, durchaus der Versuch, an die humanistische Tradition anzuknüpfen, aber die Dinge trotzdem in einem ganz fundamentalen Sinne auch anders zu machen. Und es ist eine berechtigte Frage, die du da gestellt hast, wie weit das gehen kann und darf. Wann dürfen wir das »Kind« noch mit dem alten Namen belegen und wann hat es sich so sehr gewandelt, dass wir eigentlich gar nicht mehr im klassischen Sinne von Verantwortung etwa sprechen können.
Ralph Sichler: Ja, von Bernhard Waldenfels (z. B. Waldenfels 1994) gibt es den Vorschlag der »Responsivität«, also die Idee, Verantwortung im Kern auf das »Antwort-Geben« im Dialog zwischen Menschen zurückzuführen. Er greift auf die Tradition der französischen Phänomenologie zurück und stellt den Menschen in Wechselbeziehungen zu seinem sozialen Umfeld, aber auch zu seinem Leib. Auch der Leib antwortet uns ja, wenn wir beispielsweise in unserer Lebensführung wenig sorgsam mit ihm umgehen, und dies führt dann dazu, dass auch das handelnde Subjekt wiederum aufgerufen ist, sich dazu antwortend zu verhalten. Und so weiter.
Ich bin mir nicht sicher, ob man Waldenfels zu den humanistisch geprägten Philosophen zählen kann, es geht ihm aber schon sehr um das Menschsein, in gewisser Weise ist seine Philosophie eine von der Phänomenologie her inspirierte Anthropologie. Aber es ist schwierig, sich in dem Dickicht von Begrifflichkeiten und philosophischen Strömungen zurechtzufinden.
Das ist mit vielen Begriffen ganz ähnlich. Ich fühle mich auch ein bisschen an die Diskussion zwischen Habermas und Vertreter*innen postmodernen Denkens erinnert (Habermas 1985). Wenn man sagt, okay, die Moderne ist noch nicht vollendet, die muss sich noch weiterentwickeln. Wobei natürlich schon der Gedanke, sie könnte sich mal vollenden, problematisch ist. Da würde ich auch ein Fragezeichen dahinter setzen, dass wir mal einen weltgeschichtlichen Endzustand oder was auch immer erreichen. Aber eben das ist die Frage: Ist man dann schon in der Postmoderne oder ist man noch im modernen Denken? Kennzeichnet es nicht das moderne Denken ganz wesentlich, dass es sich selbst auch immer wieder infrage stellt und weiterentwickelt? So ähnlich sehe ich es auch bei der Grenze Humanismus und Posthumanismus. Auch der Humanismus hat sich ja weiterentwickelt und vielleicht ist viel von dem, was sich heute unter der Rubrik kritischer Posthumanismus versammelt, auch Teil des Humanismus. Gerade in den letzten Jahren gibt es neu erwachtes Interesse am Humanismus, etwa den Neo-Humanismus von Julian Nida-Rümelin (2016). Auch er versucht, ein in Traditionen begründetes, aber auch reflektiertes Verständnis von Begriffen wie Vernunft, Freiheit und Verantwortung zu entfalten. Allerdings grenzt er sich deutlich von trans- und posthumanistischen Entwicklungen ab. Wichtig ist, dass man im Gespräch bleibt, und dann sind wir eigentlich im hermeneutischen Denken.
Janina Loh: Ich stimme dir zu, dass es wichtig ist, im Gespräch zu bleiben, aber in der Tat sehe ich gerade Julian Nida-Rümelin als einen im Grunde klassischen Humanisten, der lediglich tradierte humanistische Vorstellungen in eine Art neues Gewand, eben in seinen digitalen Humanismus (Nida-Rümelin und Weidenfeld 2018), kleidet. Aus meiner Sicht hält er an den klassischen Grundwerten des Humanismus wie etwa Autonomie und Verantwortung fest und kommt letztlich über ein dem klassischen Humanismus seit jeher eigenes anthropozentrisches und essenzialistisches Denken nicht hinaus.
Ralph Sichler: Das Relationale, von dem du gesprochen hast, hat mich daran erinnert, dass wir auch in der Psychologie, zumindest in bestimmten Bereichen, den Menschen als ein Wesen verstehen, das aus Beziehungen heraus erst entsteht, also in manchen Lesarten oder neueren Entwicklungen der Psychoanalyse oder auch der Entwicklungspsychologie. Eigentlich hat es in der Psychologie sogar eine gewisse Tradition, die Vorstellung zu haben, dass der Mensch nur aus Beziehungen heraus zu verstehen ist. Dieses Grundverständnis geht dann immer wieder verloren, weil die psychologische Forschung und der Zugang zum Menschen dort doch sehr individualistisch sind. Das hat mehrere Gründe. Es ist oft einfach auch leichter, mit Sicht auf einzelne Individuen Hypothesen zu formulieren und zu überprüfen, Wissenschaft zu betreiben. Das will ich jetzt aber gar nicht vertiefen. Was mir noch mal wichtig wäre, ist diese von dir angesprochene Veränderung von Begriffen, wenn wir sie vom Individuum lösen und sie an soziale Kontexte zurückbinden. Also, auf Autonomie bezogen, bedeutet das, der Mensch ist nie in dieser isolierten Weise autonom, sondern es wird der oder die Andere als soziales Gegenüber benötigt. Wir sprechen dann manchmal auch von Ressourcen. Das können soziale Ressourcen sein, es können eigene Ressourcen sein. Man muss in einem Umfeld leben, das es auch ermöglicht, von Anfang an auch als Kind zum Beispiel Autonomie zu erlernen und zu erkennen, wo ich durch mein Tun zu einem veränderten Zustand in meinem Umfeld beigetragen habe, um dann sagen zu können: Okay, das habe ich gemacht. Und da sind wir dann auch bei dem Stichwort Verantwortung, Rede und Antwort stehen, gerade dann, wenn etwas schiefgelaufen ist. Aber nicht nur dann …
Beim Begriff der Autonomie finde ich sehr inspirierend, sich anzusehen, wo er vermutlich zum ersten Mal aufgetaucht ist, nämlich im Drama Antigone von Sophokles. Der Chor in diesem Drama nennt ihr Aufbegehren gegen ihren eigenen Onkel Kreon, der die Stadt Theben regiert, autonom. Der Hintergrund ist bekannt: Antigone, schon der Name verrät ihre grundsätzliche Intention, möchte ihren Bruder Polyneikes begraben, doch weil dieser Krieg gegen die Stadt Theben geführt hatte, soll er Kreon zufolge nicht bestattet werden. Antigone setzt sich aber zumindest symbolisch über dieses Verbot hinweg, sie folgt ihrem eigenen Gesetz, das ihrem Verständnis nach auch das Gesetz der Götter ist. Und sie ist da wirklich allein. Sie stellt sich da alleine hin und kämpft es durch. Und bezahlt es am Ende natürlich mit dem Tod. Das ist so ein Beispiel, aus dem hervorgeht, dass Autonomie auch die Fähigkeit beinhaltet, selbst für etwas einzustehen, sich selbst hinzustellen und zu sagen: Mit mir nicht! Natürlich auf der Basis von starken Gründen. Aber es geht letztendlich um eine Tugend, die in der Politik, aber auch in anderen Bereichen ungemein wichtig ist, nämlich den Mut.
Janina Loh: Damit fängt es auch bei Hannah Arendt an: mit dem Mut.
Ralph Sichler: Eine der wichtigsten …
Janina Loh: … politischen Tugenden.
Ralph Sichler: Ja, ja.
Janina Loh: Das ist ein starkes Beispiel, aber wenn wir versuchen, es wirklich radikal durchzudenken, dass wir so etwas wie Autonomie nicht mehr an einzelne Akteurinnen und Akteure zurückbinden, sondern versuchen, das relational zu verstehen, dann können wir nur noch selten von solchen Momenten sprechen, wo jemand allein ist. Denn ein Alleinsein gibt es eigentlich in dem Sinne gar nicht mehr. Du hast es ganz am Anfang einmal gesagt, als du die Verbindung zur Psychologie gezogen hast, nämlich als du sagtest, dass es dort, in der Entwicklungspsychologie zum Beispiel, auch diese Auffassung gibt, dass der Mensch aus seinen Beziehungen heraus entsteht. Das ist, glaube ich, wirklich der Kern des kritisch-posthumanistischen Ethikverständnisses und auch der Ontologie. Es handelt sich hier um eine Prozessontologie. Das ist dann auch nicht wirklich etwas vollkommen Neues, das wir erst beim kritischen Posthumanismus finden würden. Es gibt auch schon vor Haraway die Idee, ontologische Theorie mit dem Begriff des Prozesses zu fassen.
Ralph Sichler: Ein ganz bekannter Name, der mir hier einfällt, ist Alfred North Whitehead (1987). Er hat den Kosmos nicht statisch, sondern als einen sich ständig in Veränderung befindenden Organismus gedacht. Die Wirklichkeit ist immer Prozess.
Janina Loh: Zum Beispiel, genau. Ich mache solche Verweise immer gerne deswegen, weil es mir wichtig ist, den kritischen Posthumanismus nicht als etwas hinzustellen, das es vorher noch nicht gegeben hat.
Und es geht hier auch nicht um eine zeitliche Abfolge im kritischen Posthumanismus. Also erst der Humanismus, dann kritischer Posthumanismus. Das kritisch-posthumanistische Denken kann man zu allen Zeiten der Geschichte finden, auch schon vor der klassischen Renaissance oder vor dem Humanismus der Aufklärung.
Der entscheidende Punkt ist nach meinem Verständnis diese Idee, dass nicht die einzelnen Akteurinnen und Akteure »aufeinanderprallen« und in eine Beziehung miteinander treten, die dann entweder gut oder schlecht abläuft, sondern umgekehrt: dass sich das, was wir als moralische Subjekte erkennen, erst aus den Beziehungen heraus entwickelt. Deswegen sagen Leute wie Donna Haraway, dass die Beziehung die kleinste Analyseeinheit ist (Haraway 2003, 20) und dass die einzelnen Wesen den Beziehungen nicht vorgängig sind (ebd., 6). Wie du das vorhin mit der Antigone geschildert hast, dass da jemand ist und alleine steht und alleine für etwas kämpfen oder einstehen muss – dieses Denken stellt aus kritisch-posthumanistischer Sicht eine Illusion dar. So ein autarkes, einzelnes, losgelöstes moralisches Subjekt gibt es einfach nicht.
Im Alltag allerdings müssen wir das manchmal machen, an der Idee von handelnden Subjekten festzuhalten. Es geht nicht darum, die Subjekte komplett aufzulösen, aber es würde sich, glaube ich, in unserem Verhalten ganz viel ändern, wenn wir anerkennen würden, dass wir eigentlich nicht autonom sind in dem Sinne, wie wir uns das immer vorstellen.
Es gibt zahlreiche Theorien, die viel über Beziehungen reden und die Beziehungen einen hohen Stellenwert einräumen, die sagen, bestimmte Beziehungen, Liebesbeziehungen beispielsweise, sind total wichtig und der Mensch ist ein soziales Wesen und so. Trotzdem würde ich daran festhalten, dass es bei all diesen Theorien eine primäre Stellung des moralisch handelnden Subjekts gibt, das in Beziehungen erst hineintritt. Im kritischen Posthumanismus hingegen wird versucht, das Ganze umzukehren. In dem Sinne, dass die Beziehung als zuerst da verstanden wird. Und das, was wir als handelnde Subjekte erkennen, ist eigentlich nur eine Analyse aus der Retrospektive, sodass wir im Nachhinein erst sagen können: Du und du und du, ihr seid die Handelnden hier, ihr seid die Subjekte. Und da sind noch ein paar Objekte, die hier herumstehen oder herumliegen.
Ralph Sichler: Was du sagst, kann ich sehr gut nachvollziehen. Mich hat das sehr an die Sozialpsychologie erinnert, wo einer der Standards lautet, dass der Mensch ein soziales Wesen ist. Aber es geht meistens um den Menschen als Einzelnen, der in Beziehungen tritt oder den Mitmenschen vor allem in den eigenen sozialen Kognitionen antrifft. Es gibt allerdings auch hier wieder die eine oder andere Ausnahme, zum Beispiel auf George Herbert Mead beruhende Strömungen, die aber in der Psychologie nicht Mainstream sind, sondern eher ein Schattendasein führen und stärker in der Soziologie beheimatet sind (z. B. Blumer 1969). Die Sozialpsychologie, so wie sie in der Psychologie vorherrschend ist, arbeitet sehr individuumszentriert und es ist interessanterweise auch kaum Gegenstand, wie dieses Individuum überhaupt entsteht, im Sinne einer sozialen Entwicklungspsychologie oder einer prozessontologischen Sozialpsychologie, wenn man so will, aber das wäre ein Begriff, den man nicht verwenden würde. Also, es wird schon auch thematisiert, aber es gibt da einfach eine große theoretische Lücke. Und um die Brücke wieder zum Anfang unseres Gesprächs zu schlagen: das Humane oder die conditio humana. Zu ihr gehört es ganz wesentlich, dass der Mensch zu Beginn seiner Entwicklung so radikal Beziehungswesen ist, dass das Neugeborene noch gar nicht zwischen sich und anderen unterscheiden kann. Wer bin ich und wer ist der oder die Andere? In der Psychoanalyse wurde klassischerweise da immer die Mutter thematisiert – vor allem oder fast ausschließlich. Aber das ist auch der Vater oder da sind Geschwister oder auch andere Personen, die mit einem aufwachsen. In der Interaktion, in der primären Beziehung zu ihnen entwickelt sich dann schrittweise dieses Bewusstsein für das eigene Selbst. Aha, das bin ich, das sind andere. Aus diesen Beziehungen heraus entsteht es erst: das eigene Ich. Was ich dann selbst bin, ist sehr stark durch die Erfahrungen, die ich ganz früh gemacht habe, geprägt und ich kann mich selbst eigentlich nur dann weiterentwickeln, wenn ich so etwas wie ein Reflexionsvermögen entfalte, was mir dann erlaubt zu sagen: Okay, nein, ich bin zwar möglicherweise sehr geprägt durch meine Mutter, aber ich bin trotzdem anders. Nehmen wir mal der Einfachheit halber die Beziehung von Mutter und Tochter. Dann kann sie bestimmte Dinge anführen, die beispielsweise auf Erfahrungen mit ihrer Peergroup zurückgehen. Es tauchen andere soziale Netze auf, in denen sie sich bewegt und die sie wahrscheinlich auch braucht, um zu der Person zu werden, die sie ist. Das ist ein fortlaufender Prozess, weil sie sich natürlich auch in Beziehungen immer wieder verändern wird im Laufe ihres Lebens.
Janina Loh: Ich glaube, das ist ein guter Punkt. Wie gesagt: Der kritische Posthumanismus will nicht mit der Idee von Subjekten an sich einfach Schluss machen. Aber da zeichnet sich allerdings schon eine Umkehr der Perspektive ab, indem man sagt, auch in gewissen Strömungen der Psychologie, dass die Beziehung sozusagen zuerst da ist und dann entsteht erst das, was wir als Selbst oder als Ich begreifen und als Du und als Andere begreifen, dass sich das Ich erst daraus mit der Zeit entwickelt und dann eine mehr oder minder feste Form annimmt. Ich glaube, an dieser festen Form oder an den Grenzen dieser Form des Selbst scheiden sich dann am Ende die Geister zwischen kritischem Posthumanismus und anderen nicht kritisch-posthumanistischen Theorien. Die einen tendieren dazu, dem, was wir Selbst oder Ich nennen, eine möglichst starre, fixe Form zu geben. Wohingegen der kritische Posthumanismus vielleicht sagen würde: Es ist zwar nicht ein komplett fluides Ich, aber es ist durchaus ein dynamisches Ich, das sich natürlich in Außenbeziehungen in sehr ähnlicher, wenn nicht sogar in wiederkehrend gleicher Weise heraus entwickelt, aber theoretisch auch immer anders sein kann. Ist es tatsächlich so, dass wir hier fixen, starren Grenzen begegnen, die nicht verschoben werden können? Oder erscheinen uns diese Grenzen lediglich als fix und starr, weil sie sich zufällig immer wieder so ergeben, dass wir eine zeitliche und räumliche Kontinuität erkennen, die es uns erlaubt zu sagen: Ah ja, das ist die Janina Loh, die die Straße entlangläuft. Aber eigentlich sind diese Grenzen immer in Bewegung. Und sie lassen sich immer auch leicht ein bisschen und zuweilen auch mal radikal verschieben. Das kann auf viele verschiedene Weisen stattfinden. Menschen können bestimmte Attribute ihres Soseins radikal verändern, ihr Geschlecht beispielsweise wechseln oder aber Prothesen an ihrem Körper anbringen. Oder aber auch das Gegenteil. Das habe ich erst letztens kennengelernt, dieses Phänomen, wenn Menschen das Gefühl haben, bestimmte Gliedmaßen würden nicht zu ihnen gehören und diese dann von sich ablösen möchten (Bayne und Levy 2005).
Ralph Sichler: Also, sie möchten das? Ich kenne das Phänomen, dass nach einem Verlust eines Beines beispielsweise so etwas wie Phantomschmerzen auftreten und der Mensch das Gefühl bekommt, er würde das Bein noch besitzen.
Janina Loh: Genau, das, was ich meine, ist sozusagen das Umgekehrte. Dass du das Gefühl hast, ein Finger oder ein Bein gehört nicht zu dir, ist einfach ein Fremdkörper, der, warum auch immer, versehentlich an dir dranhängt. Du verspürst so einen starken Ekel oder so eine starke Abneigung dagegen, dass du das fragliche Glied amputieren lassen möchtest. Das wäre vermutlich ein Beispiel für eine Grenzverschiebung, die wir von außen betrachtet als ziemlich radikal wahrnehmen würden. Ich denke, dass der kritische Posthumanismus Phänomenen wie diesem mehr Raum lässt, diesen möglichen Grenzverschiebungen des Selbst und der generellen Fluidität oder Dynamik der Grenzen. An solchen Beispielen lässt sich auch diskutieren, inwieweit der kritische Posthumanismus anschlussfähig ist an bestimmte Strömungen, die es in der Psychologie seit einiger Zeit gibt.
Ralph Sichler: Ich finde es gut, dass du das ansprichst, denn die Anschlussmöglichkeiten in der Psychologie haben auch sehr viel mit ihrer Praxis zu tun. Da fällt mir zunächst ein, dass die Psychologie vor allem in ihrem klinischen Bereich immer schon mit extremen Gestaltungen des Selbst zu tun hatte und dass diese sehr lange auch immer klar pathologisiert wurden und oft immer noch werden. Wenn wir das Beispiel betrachten, das du gerade genannt hast, stellt sich die Frage, wie in diesem Fall ein Psychologe oder eine Psychologin vorgehen würde. Diesen Wunsch, dass jemand einen eigenen Körperteil amputieren lassen möchte, weil man ihn als fremd, als nicht zu einem gehörig erlebt, würde man als eine Störung, als krank bezeichnen. Und dies aus einer durchaus humanen Einstellung oder humanistischen Grundhaltung heraus, nämlich: Diesem Menschen müssen wir helfen. Wir müssen zusehen, dass diese Person ihr Bein bestmöglich behalten möchte, weil Beine ja etwas extrem Nützliches sind. Oder können wir uns wirklich vorstellen, dass wir sagen: Ja, okay, das ist ein starker Wunsch. Dem stimmen wir zu, dann nehmen wir eben das Bein ab. Also, was ist da jetzt das Richtige? Was können professionelle Helfer und Helferinnen verantworten? Was ist da das Verantwortbare? Da sind wir wieder bei der Verantwortung.
Janina Loh: Auch im kritischen Posthumanismus geht man sehr vorsichtig mit solchen Pathologisierungen um. Und ich glaube, das ist auch erst mal ein sehr guter Zug, weil wir sehr schnell dazu neigen, nicht nur in der Psychologie oder in der Medizin, sondern auch im Alltag auf Menschen mit dem Finger zu zeigen und zu sagen, das ist ja total »irre«, die Person ist ja »bekloppt«. Ein anderer für mich gerade in meiner Arbeit sehr prominenter Fall ist die Beziehung von Menschen zu Objekten. Ich meine hier nicht nur sexuelle Beziehungen, die gehören natürlich auch dazu, also zu Sexspielzeugen oder Sexrobotern, sondern jede Art von Beziehungen, auch freundschaftliche oder Liebesbeziehungen zu Roboterspielzeug oder Roboterkuscheltieren beispielsweise. Da wird dann oft gesagt, dass die fraglichen Personen eine »Schraube locker« haben. Ich empfinde das als sehr arrogant. Das ist jetzt erst mal auch nur eine ganz intuitive, unwissenschaftliche Alltagsbeobachtung, die ich hier formuliere, nämlich dass dann Leute hergehen und über andere Menschen urteilen und sagen: Ja, der oder die führt aber keine richtige Beziehung. Das ist ja keine echte Liebe. Oder eben: Die ist ja verrückt, dass die ihr Bein nicht mehr behalten will. Das ist ja nicht normal. Das finde ich einfach überheblich und es sträubt sich in mir alles Mögliche gegen diese Arroganz. Nach meinem Dafürhalten sollten wir da einfach sehr vorsichtig sein und solche Urteile über das Normale und das Gute, was häufig zusammengeht, sehr vorsichtig treffen.
Ralph Sichler: Ja, da haben wir wirklich ein schönes Beispiel. Das Normale, oder wenn wir den sehr alten Gedanken aus der Tradition des Humanismus aufgreifen, das Schöne, das Gute und das Wahre, im Griechischen die Kalokagathia, dieses Ideal für ein vortreffliches und vorbildliches Leben, das hat sich in der gesamten humanistischen Tradition erhalten, vor allem in der Aufklärung und im Bildungsbürgertum, was dann auch in der Medizin mit aufgenommen wurde: der gute gesunde Körper und der gesunde Geist. Das hat natürlich eine wahnsinnig starke normative Kraft, auch in dem Sinne: Was gehört dazu und was ist abnorm und gehört nicht dazu. Da sehe ich die Parallele zu dem, was du gesagt hast: Wir gucken da auf alles, was dem »Normalen« nicht entspricht, doch sehr häufig verächtlich. Und die Psychologie als Zunft muss sich da auch an die eigene Nase fassen.
Ich glaube allerdings, dass sich in Bezug auf Sexualität einiges verändert hat. Natürlich, lange Zeit wurden andere Formen der Sexualität pathologisiert, solche Formen, die heute glücklicherweise auch in der Psychologie als normale Formen anerkannt werden, also gleichgeschlechtliche Beziehungen oder Transsexualität und Ähnliches. Aber es gibt auch immer noch Leute, die davon nicht ganz wegkommen. Das hängt dann vor allem mit dem diagnostischen Zugang in der Psychologie zusammen und daraus geht oft hervor: Ja, da gibt es irgendwelche Prägungen, dass man dann anfängt, als Junge auf Männer zu stehen, und das könnte man auch heilen. Wenn man so spricht, dann geht man davon aus, dass dies eine Krankheit ist. Aber in der Psychologie haben die meisten mittlerweile die Wende vollzogen. Bei Freud und den Klassikern findet man natürlich noch ganz klar die Vorstellung, Homosexualität als psychische Anomalie zu verstehen.
Ich glaube, das ist eine Idee, die wir in unserer Gesellschaft ganz grundsätzlich beobachten können, die aber auch in der Medizin und in der Psychologie einfach zum Tagesgeschäft gehört, dass wir ein Verständnis vom normal Menschlichen irgendwie brauchen. Davon können wir dann die klassische Diskussion in der Medizinethik abgrenzen. Und wir können die Therapie unterscheiden als etwas, das zum Normalzustand wieder zurückführen soll. Das ist eigentlich für fast alles in unserer Gesellschaft absolut grundlegend, dass wir ein Verständnis vom normalen Menschen, vom Durchschnitt des Menschlichen haben, auf dem man alles Mögliche aufbaut, unser Rechtssystem und unsere Krankenkassen und so weiter. Damit das gesellschaftliche Leben dann funktioniert.
Janina Loh: Das Genie beispielsweise ist ja auch eine Vorstellung, die im Positiven vom normalen Menschlichen abweicht, so wie umgekehrt alles, was als krank oder »entartet« verstanden wird, negativ davon abweicht. Dieses Normalverständnis ist nicht deskriptiv. Es ist nicht neutral. Es wird nicht nur als normal, sondern darüber hinaus noch als guter Zustand verstanden. Nur deswegen kann man beispielsweise vom Enhancement als einer Steigerung sprechen. Etwas, was noch besser ist als der Normalzustand. Dieses Denken taucht überall immer wieder auf, in unseren ganzen Bewertungen, wenn es um Beziehungen geht. Aber auch im Verhalten von Menschen in der Gesellschaft und dann natürlich auch in den verschiedenen medizinischen Disziplinen, die auf den Menschen draufgucken und überlegen: Wo beginnt denn eine Abweichung im Guten oder Schlechten und wie müssen wir damit umgehen? Müssen wir sie therapieren? Müssen wir sie irgendwie chirurgisch behandeln? Es ist einfach ganz fundamental, dass wir diese Normvorstellung vom Menschen haben.
Ralph Sichler: Ich möchte gerne noch mal auf die Geschichte mit dem Bein zurückzukommen. Kann man da auch von anderen Voraussetzungen ausgehen? Und praktisch gesehen: Wie geht man da als Psychologe oder Psychologin vor? Können wir aus dem kritischen Posthumanismus oder einem kritisch reflektierenden Humanismus eine Orientierung gewinnen? Wenn man, wie du vorhin sagtest, versucht, den Menschen in seinen Beziehungen als relationales oder relational konstituiertes Subjekt zu verstehen, dann würde das ja bedeuten, dass man versucht, erst mal zu verstehen, woher dieses Erleben, diese Wahrnehmung der eigenen Extremität eigentlich kommt. Was bedeutet es für die Person selbst, dass sie ihr Bein amputieren lassen will? Mir selbst wäre das sehr fremd, eigentlich unverständlich – das würde ich erst mal auch zugeben –, wie man überhaupt den Wunsch haben kann, dass man sein Bein loshaben möchte, weil es einem vielleicht fremd und widerwärtig vorkommt. Ja, und dann ließe sich vielleicht irgendwie ein Zugang eröffnen, der möglicherweise auch eine Veränderung bei der betreffenden Person zulassen könnte, ohne dass man das Phänomen pathologisieren muss. Über die Folgen einer Amputation wird sich die Person ja wohl bewusst sein. Wenn sie sich von diesem Bein wirklich trennt, wird sie Nachteile haben. Aber vielleicht sieht sie in ihrem Schritt auch viele Vorteile, die ich nicht sehe. Man müsste ins Gespräch kommen, um das Andere, das Fremde verstehen zu lernen, indem man sich darauf einlässt. Oder wie siehst du das? Welche Optionen hat man in so einer Situation?
Janina Loh: Ja, ich denke, dass es schon mal ein guter Anfang ist, ins Gespräch zu kommen, an der Stelle nachzufragen, mit den Leuten tatsächlich zu sprechen und nicht von vornherein schon eine moralische Vorentscheidung zu treffen. Also nicht von vornherein anzunehmen, die fragliche Person sei mindestens komisch, wenn nicht sogar »verrückt«, sondern einfach erst mal zu sagen: Okay, da geht jemand her und verhandelt seine Körpergrenzen neu oder hat eigentlich gar nicht das Gefühl, dass seine Körpergrenzen so verlaufen, wie wir Außenstehende das wahrnehmen, und zu versuchen, sich dem anzugleichen, was die fragliche Person von innen heraus empfindet. Die ganze Zeit versucht sie, das Innere und das Äußere irgendwie in Übereinstimmung zu bringen.
Ich denke, das echte Verstehen-Wollen ist eine ganz große Aufgabe – auch nach Hannah Arendt. Manche würden vielleicht sagen, dass es insbesondere mit Blick auf die gerade besprochenen Fälle für uns tatsächlich eine zu große Aufgabe ist. Aber ist es das wirklich? Denn wir verlangen umgekehrt von allen, dass sie sich doch bitteschön in das bestehende Gefüge einpassen. Wir verlangen ganz selbstverständlich von allen, die sich auch nur ein bisschen von der Norm entfernen, dass sie mit dem als normal Definierten schon klarkommen müssen. Das finde ich tatsächlich ziemlich hart. Denn das hat für die Betroffenen krasse Folgen – mit einer vorgegebenen Körperlichkeit etwa einfach leben zu müssen. Nur, weil die Gesellschaft irgendein willkürliches Verständnis von Normalität hat, das so ist wie es ist – aber auch anders sein könnte. Aber im Gegensatz dazu zu verlangen, dass wir mal ein bisschen mehr Verständnis zeigen, das finde ich dann im Vergleich auch einigermaßen lächerlich, muss ich sagen.
Ralph Sichler: Ja, und das Verstehen ist ja auch etwas, was in der Praxis der Psychologie vor sich geht. Dies näher zu betrachten, finde ich auch noch mal eine spannende Sache. Es ergeben sich nämlich zwei Wege, wenn beispielsweise ein Psychoanalytiker oder eine Psychoanalytikerin versucht, etwas, das aus der Norm fällt, zu verstehen. Ich habe jetzt spontan auch diese Selbstverletzungen vor Augen, die Jugendliche immer wieder haben. Es hat auch was mit dem Körper, mit den Grenzen zu tun oder mit der Frage: Wie nehme ich meinen Körper wahr und wie stehe ich zu meinem Körper? Da wird häufig pathologisiert, aber man möchte auch helfen, dass sie damit aufhören, weil es wirklich den Körper verletzt. Ich meine, diese Selbstritzungen sind keine lebensbedrohliche Sache, aber es handelt sich um Verletzungen. Und jetzt ist die Frage, welches Verstehen, welche Art von Verstehen führt hier weiter. Entweder im Sinne von ich verstehe, warum die Person das macht, und ich fühle mich da ein oder versuche es zumindest. Oder ich verstehe es mit Kategorien, die ich in meiner Ausbildung als Analytiker oder Analytikerin vermittelt bekommen habe. Da komme ich natürlich auf andere Dinge. Dann sehe ich Dinge, die die Person selber vielleicht nicht sieht, und ich versuche dann so auch in Richtung Heilung zu gehen. Aber wie gesagt, schon mit dem Hintergrund, dass ich dieses Verhalten pathologisiere, ansatzweise zumindest. Vielleicht mit dem Ergebnis, dass die Person damit aufhört. Aber es ist die Frage, ob es dann wirklich ein Gewinn ist, wenn nicht sozusagen das Erleben, das damit verbunden ist, sich auch verändert.
Janina Loh: Auf die Gefahr hin, dass ich mich wiederhole: Wenn ich im Sinne von Hannah Arendt versuche, wirklich zu verstehen, also ein genuin verstehendes Handeln anzustreben, dann bedeutet das, sich möglichst mit offenem Ende darauf einzulassen, ohne vorher schon zu wissen, was der Ausgang sein soll, das Ziel oder was auch immer. Also mit möglichst wenig Vorstellung davon, wo wir den jugendlichen Menschen, der sich ritzt, hinbewegen wollen. Ja, oder auch eine Person, die ihr Leben beenden möchte, und eine Hotline anruft, und vor diesem …
Ralph Sichler: Das ist noch ein gravierenderer …
Janina Loh: … Schritt, ja, ein weitaus dramatischerer Fall, vielleicht, wo es auf direktem Weg in die Frage von Leben und Tod geht. Eine wahnsinnige Aufgabe, die da die Menschen am Telefonhörer haben. Aber da wirklich ernsthaft, und nicht unbedingt mit dem Ziel, jemandem den Selbstmord auszureden, verstehen zu wollen, was das Problem ist oder was die Lebenssituation dieses Menschen ist und … Ja, ich merke gerade, dass ich mich jetzt sehr schlecht darin fühle, zu versuchen, da irgendwelche Pflöcke einzuschlagen, wenn es um das Abstecken eines solchen psychologischen Gesprächs gehen soll. Aber ich kann mir vorstellen, dass das schon eine sehr große Änderung wäre, mit möglichst wenig Kategorien und möglichst wenig Voreingenommenheit in so ein Gespräch hineinzugehen, oder? Das wäre natürlich auch bei der Ausbildung so eine Sache, also es lernen ja Psycholog*innen in der Ausbildung eine ganze Menge Kategorien und Theorien und Werte kennen, klar. Und sich davon dann immer zu lösen vor einem jeden neuen Gespräch, ist ja auch eine unfassbare Aufgabe. Also wie soll das gelingen?
Ralph Sichler: Es wird wahrscheinlich auch gar nicht ganz gelingen. Aber was ich noch mal bei dir aufgreifen möchte, ist diese Idee vom offenen Ende beim Verstehen, was offenbar Hannah Arendt auch gesagt hat. Ich glaube, davon könnten sich Psychologen und Psychologinnen eine gute Scheibe abschneiden. Wenn in einer Beziehung das Ende oder eine Scheidung drohte, war früher meistens das Ziel der Beratung, das zu vermeiden. Heute würde das kein Berater oder keine Beraterin mehr so machen. Es mag für die beiden vielleicht auch wirklich die bessere Lösung sein, dass man feststellt: Okay, das war eine Zeit, die wir intensiv miteinander verbracht haben. Und es kann auch ein Ziel sein, zu sagen: Lass uns ein gutes Ende finden, sodass wir beide damit leben können und jeder wieder offen auf andere mögliche intime Partnerinnen und Partner zugehen kann. Das wird heute, soweit ich das überblicke, ganz klar so gehandhabt, aber das war früher nicht so da. Da ist heute mehr »Ende offen«, weil man sagt: Okay, vielleicht finden die zwei wieder zusammen. Oder es ist eben so, dass man sagt: Nein, das war’s. Aber was im Hintergrund vieler psychologischer Interventionen doch irgendwie mitschwingt, ist: Am glücklichsten sind die Menschen, vom Glück haben wir noch gar nicht gesprochen, wenn sie diesen Normalitätsvorstellungen in einem möglichst hohen Maße entsprechen. Und das ist aber sicher ein Trugschluss.
Janina Loh: Ja, vom Glück haben wir noch gar nicht gesprochen, aber man muss auch nicht alle Fässer aufmachen in so einem Gespräch. Mir wäre zum Abschluss noch einmal wichtig zu betonen, dass es im kritischen Posthumanismus einfach fundamental ist, über die Infragestellung von Normen und definitorischen Grenzen und mithilfe einer Prozessontologie zu einem möglichst inklusiven Denken zu gelangen, das einen möglichst großen Kreis menschlicher und nichtmenschlicher Seinsformen in das moralische Universum aufnimmt. Auf dem Weg hin zu einer solchen inklusiven Utopie ist die Anerkennung menschlicher Abweichungen von der Norm wirklich nur der erste, wenn auch notwendige, Schritt.
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Ralph Sichler hat von 1982 bis 1988 Psychologie und Philosophie mit den Schwerpunkten Handlungstheorie, Kulturpsychologie und Personalwesen an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg studiert. Von 1988 bis 1994 wirkte er am Institut für Psychologie der Technischen Universität Berlin. Dort beschäftigte er sich vor allem mit psychologischer Diagnostik und ökologischer Psychologie. Im Zentrum seiner dort entstandenen Dissertation stand die Frage nach einer psychologischen Hermeneutik des Mensch-Natur-Verhältnisses.
Nach einigen Jahren, in denen er als Berater für Organisationen tätig war, wechselte er 1997 an die Universität Bremen an das Institut für Psychologie und Sozialforschung. Dort beschäftigte er sich vor allem mit dem Wandel in modernen Organisationen. 2006 erschien sein Buch Autonomie in der Arbeitswelt. Von 2002 bis 2006 war er am Institut für Soziologie der Wirtschaftsuniversität Wien als Professor für Wirtschaftspsychologie tätig. Seit 2009 ist er Leiter des Instituts für Management und Leadership Development an der Fachhochschule Wiener Neustadt. 2018 erschien das von ihm herausgegebene Lehrbuch Beratung in der Wirtschaft.
Ralph Sichler ist Mitglied im Editorial Board der Zeitschriften Journal für Psychologie und cultura & psyché. Zu seinen aktuellen Forschungsinteressen und Publikationsfeldern zählen die neue Arbeitswelt, die Organisations- und Personalpsychologie, die Kulturpsychologie, philosophische Grundlagen der Psychologie und hermeneutische Methoden der Sozialforschung.
Kontakt
Dr. Ralph Sichler,
Fachhochschule Wiener Neustadt, Institut für Management und Leadership Development,
Schlögelgasse 22–26, 2700 Wiener Neustadt, Österreich;
E-Mail: ralph.sichler@fhwn.ac.at