Doing Digital Biography

Nähe und Alter(n) in pandemischen Zeiten

Lea Spahn & Rafaela Werny1

Journal für Psychologie, 30(2), 50–69

https://doi.org/10.30820/0942-2285-2022-2-50 CC BY-NC-ND 4.0 www.journal-fuer-psychologie.de

Zusammenfassung

Die Veränderlichkeit und Endlichkeit von Körpern im lebenslangen Alterungsprozess und die gesellschaftlichen Verhältnisse, die diese prädisponieren, adressiert der vorliegende Artikel mit einem Fokus auf Nähebeziehungen im pandemischen Kontext. Materialbasis sind virtuell geführte Gruppendiskussionen mit Menschen zwischen 60 und 80 Jahren. Dabei bildete der virtuelle Raum einen medial vermittelten Begegnungsraum, um Körper retrospektiv (neu) zu lesen. Die erzählten »Körperbiografien« stellen dabei Aushandlungen des alternden Subjekts im Kontext der pandemischen Situiertheit und Handlungsfähigkeit dar. Die Einschränkungen durch die Reglementierungen und Lockdowns, die Konstruktion als Risikogruppe und die daraus resultierende Wahrnehmung von Körperlichkeit wurde von den Teilnehmer*innen in ihrer Ambivalenz reflektiert. Nähebeziehungen werden dabei in besonderer Weise adressiert – durch die Abwesenheit körperlicher Nähe, die Erfahrung von Nähe in virtuellen Räumen und in Form von reflexiven, biografischen (Selbst-)Begegnungen, die sich zwischen Selbstversicherung und transformativen Selbstbildungsprozessen aufspannen.

Schlüsselwörter: Digital Biography, Leiblichkeit, Körperlichkeit, Alter(n), Digitalisierung, Biografische Arbeit, Nähe

Summary
Doing Digital Biography

Closeness and ageing in pandemic times

The paper deals with the transformation and finitude of bodies in the lifelong aging process and the social conditions that predispose them focussing on close relationships in a pandemic context. The material was generated during virtually conducted group discussions with people between the ages of 60 and 80. The virtual space formed both a boundary and a space of possibility to (re)read bodies retrospectively. The narrated »body biographies« represent negotiations of the subject in the context of the pandemic situatedness and agency. Participants reflected on the ambivalence of the restrictions imposed by regulations and lockdowns, the construction as a risk group, and the resulting perception of corporeality. The data points to the lack of physical closeness relationships and the possibilities of closeness in virtual spaces. The reflexive, intra-biographical encounters oscillate between self-assurance and transformative processes of self-formation.

Keywords: Embodiment, ageing, digital biography, digitalization, biographical work, closeness

1 Einleitung

»In dem Moment, wo die Pandemie war, waren plötzlich die Alten wichtig, ja, also die müssen wir schützen und wir müssen jetzt alles runterfahren […] also ich fand das unmöglich […] vorher ging es um die Jungen, och ne, und jetzt geht es um die Alten, ja, da wurde alles runtergefahren« (Gruppendiskussion II, Fr. Nolde).

Soziales Zusammenleben ist durch Näheverhältnisse geprägt, die sich in der intersubjektiven Gestaltung von Vertrautheit, Verbundenheit, Körperlichkeit und Fürsorge ausprägen. Die Formen lebbarer Näheverhältnisse sind gesellschaftlich eingebettet und, so betont Katharina Liebsch, fragil und ambivalent (2014, 24). Dies hat die Covid-19-Pandemie deutlich vor Augen geführt, indem die Gestaltung und Lebbarkeit von Näheverhältnissen innerhalb kurzer Zeit tiefgreifend verändert wurde. Die Folgen waren »massive Veränderungen des auf körperlichen Gewohnheiten beruhenden gesellschaftlichen Lebens« (Alkemeyer und Bröskamp 2020, 67). Zentraler Bezugspunkt politischer Entscheidungen war die Einführung von Kategorien, die Menschen vulnerablen – und damit schützenswerten – und weniger vulnerablen Gruppen zuwiesen. Dabei wurde das kalendarische Alter von Menschen, gemessen an den Lebensjahren, zu einem zentralen Marker im Diskurs entlang »Sorge und Schutz auf der einen Seite, Risiko und Isolierung auf der anderen« (Graefe et al. 2020, 407). Menschen ab 65 Jahren wurden seit Beginn der Pandemie gemeinhin als Risikogruppe konstruiert. Um eine Infektion mit SARS-CoV-2 zu verhindern, sollten sie isoliert werden bzw. sich selbstverantwortlich in Isolation begeben. Social Distancing und später Physical Distancing war das Gebot der Stunde, insbesondere für alte Menschen als Teil einer Risikogruppe. Körperliche Nähe wurde als Risiko wahrgenommen und Abstand halten bestimmte den Alltag und die sozialen Beziehungen.

Eng mit dieser sozialen und physischen Distanzierung verbunden war die Digitalisierung sozialer Interaktionen: Formale und informelle Bildungsangebote, kulturelle Veranstaltungen und das Arbeitsleben wie auch informelle Beziehungen und Freizeitangebote wurden – so gut wie möglich – in den digitalen Raum verlegt. Nicht nur für ältere Menschen hielt dieser Versuch, Isolation aufzubrechen und virtuelle Räume zu nutzen, zahlreiche Herausforderungen bereit. Neben dem Verlust von körperlicher Nähe und Begegnungsräumen, entstanden dadurch neue Praktiken im digitalen Raum und, so unsere grundlegende These, Erfahrungen intimen Vertrauens und Nähe – insbesondere für ältere Menschen, die die digitale Transformation nicht notwendigerweise im gleichen Maße mitvollzogen haben wie junge Menschen. Hier setzt der Artikel an: Wie genau diese digitalen Räume erlebt wurden und wie sich soziale Beziehungen generell in zunehmend digitalisierten sozialen Welten gestalten, ist Gegenstand dieses Artikels.

Mit der Frage nach dem Verhältnis von Alter(n), Nähe und Digitalität in pandemischen Zeiten entfalten wir auf Basis von Gruppendiskussionen, wie dieses Erleben durch das Zusammenspiel (erinnerter) biografischer Erfahrungen, gesellschaftlicher Idealbilder, der Pandemie als einschneidendem Ereignis und das digitalisierte Format in spezifischer Weise hervorgebracht wird. Die Verschränkung von techno-sozialen Praktiken, Körpern und kollektivem Erfahrungsaustausch bildet unseren analytischen Bezugspunkt, um auf (neue) Näheverhältnisse in digitalen Räumen zu blicken. Dazu analysieren wir Material, das im Rahmen eines Online-Seminars des Seniorenstudiums einer großen deutschen Universität im Sommersemester 2021, einer Zeit, in der der Alltag und das Studium durch die Pandemie geprägt waren, entstanden ist. Das Seminar war thematisch auf »Alter(n) und Geschlecht« fokussiert. Eigene biografische Bezüge waren durch elizitive Schreibaufgaben ein zentraler Bestandteil des Seminars. Die Textlektüre wurde in diesem Seminar entsprechend durch längere Phasen reflexiver Schreibaufgaben und kollektiver Gesprächsformate strukturiert.

Im Folgenden skizzieren wir zunächst die Grundlagen eines biografietheoretischen Zugangs und konturieren, wie Körperlichkeit als »Fluchtpunkt medialer Biographisierungspraxen« (Hartung-Griemberg et al. 2018) in Bezug auf das digitale Setting gedacht werden kann (vgl. Dünne und Moser 2008; Poletti und Rak 2014) (Kapitel 2). Nachfolgend geben wir Einblicke in das Datenmaterial und analysieren Nähe(-verhältnisse) als Erfahrung in einem virtuellen Begegnungsraum (Kapitel 3.1) und als innerbiografische Nähe zu sich selbst, die durch den vergleichenden und reflexiven Blick auf gemachte Erfahrungen und ihr Erleben emergiert und durch die kollektiven Austauschformate auch verhandelt werden. Zum anderen wird Nähe als Sorgebeziehung im weiteren Sinn gefasst: Hier werden Körperlichkeit und leibliches Empfinden als fundiert in biografischen Erfahrungen, kulturellen Praktiken und sozialen Normen konturiert (Kapitel 3.2). Wir schließen mit synthetisierenden Überlegungen zur Erforschung von Nähe(-verhältnissen) in digitalisierten und pandemischen Lebensrealitäten (Kapitel 4).

2 Biografietheoretische Perspektiven auf Alter(n) und Nähe während der Pandemie

In Anlehnung an biografietheoretische Forschung verstehen wird Biografien und individuelle Erfahrungen als relational, d.h. eingebettet in sozial-gesellschaftliche Verhältnisse. Biografien umfassen mithin die »historischen und gesellschaftlichen Bedingungen und Ereignisse einerseits als auch die inneren psychischen Entwicklungen des Subjekts andererseits« (Alheit und Dausien 1990, 8). Die beiden Aspekte bedingen sich wechselseitig: Das gelebte Leben vollzieht sich in einer historischen und sozialen Wirklichkeit und gleichzeitig wird dieselbe maßgeblich durch Subjekte mitgestaltet und konstituiert (vgl. Rosenthal 1994, 128). Vor diesem Hintergrund sind Lebensgeschichten immer sowohl situiert und gebunden an die Gegenwart des eingenommenen biografischen Standpunkts als auch situiert in gesellschaftlichen Verhältnissen und Diskursen. Biografische Erzählungen setzen sich demnach aus den Erfahrungen und dem Erleben in der Vergangenheit und der gegenwärtigen Auswahl und Verknüpfung dieser zusammen. Die Art der Zuwendung und der thematischen Einordnung ist von der Gegenwartsperspektive und dem Setting abhängig (vgl. ebd. 2014, 179f.). Am Prozess der Hervorbringung sind auch die (imaginierten) Zuhörer*innen oder Adressat*innen beteiligt. Die interaktive und rekonstruktive Logik biografischer Erzählungen wird als »doing biography« bezeichnet (vgl. Dausien 2000, 105; vgl. auch Köttig 2018; Dausien und Kelle 2005). Darüber hinaus spielen das räumliche Umfeld sowie Differenzkategorien wie Geschlecht, Alter, Klasse und rassifizierende (Selbst-)Zuschreibungen sowie die Regeln des Diskurses eine entscheidende Rolle für interaktive Biografisierungspraxen.

2.1 Biografie als Prozesskategorie – Körper und Alter(n)

Wenn sich Biografisierungspraktiken auf Momente beziehen, in denen das subjektiv erlebte Gewordensein zum Gegenstand gemacht wird, als auch auf Momente der Selbstdarstellung in interaktiven Situationen, sind Biografien auch als Selbst-Bildungspraxen analysierbar: In ihnen werden gemachte Erfahrungen präsentiert und (neu) verknüpft, werden situative Bezüge und interaktive Anschlüsse generiert und darüber auch Selbstbilder bearbeitet, verändert und reflektiert. Dabei sind Körper und ihr leibliches Erleben eine zentrale biografische Bezugsgröße. Erfahrungen prägen sich in Körpern als sedimentierte biografische Spur ein. Der ge- und erlebte Körper, die leiblich-affektiven Erinnerungen sowie gesellschaftlich vermittelte Körperbilder und -ideale, die als »leibgebundene Erlebnisstruktur« zusammengefasst werden können, bilden eine Brücke zum Biografischen, die bei der Rekonstruktion einen wichtigen Bezugspunkt darstellen sollten (Hanses 2013, 43). Durch die weitestgehend narrativen Zugriffe auf subjektive Erlebensweisen bleiben in diesem Forschungszugang interaktive Situationen, soziale Praktiken und die Körperlichkeit dieser jedoch oft randständig.2

Eine zentrale Dimension von Biografien ist, dass Menschen und ihre Körper sich im Lebensverlauf im Wandel befinden. Dabei zeichnet sich Alter durch einen komplexen Doppelcharakter aus: Es handelt sich sowohl um einen Zustand (alt-sein), als auch um einen lebenslangen Prozess (alt-werden) (vgl. van Dyk 2015, 7). Alter(n) ist entsprechend ein körperlicher Prozess, der in gesellschaftliche und soziale Perspektiven auf Lebensphasen und die Wahrnehmung (körperlicher) Veränderungen eingebettet ist. Die Oberfläche des Körpers, auf dem das Alter anhand von Haarfarbe, Haut und Haltung scheinbar abgelesen werden kann, umfasst auch fühlbare physische Veränderungen, die leiblich erlebt werden können (vgl. Keller und Meuser 2017, 4) und unter Altern subsummiert werden. Erfahrungen von Grenzen der Verfügbarkeit und Gestaltbarkeit von Körpern können zunehmen und als einschneidend erlebt werden (ebd., 5; Gugutzer 2008). Gleichzeitig kann eine Diskrepanz zwischen alterndem Körper und der Selbstwahrnehmung entstehen, in der das innere (Selbst-)Bild und das an der Oberfläche des Körpers wahrnehmbare äußere Bild nicht übereinstimmen. Dabei findet die Inszenierung und Verkörperung des Alters in Relation zu Jüngeren und Älteren innerhalb eines gesellschaftlich vorgegebenen Rahmens statt, in dem sich Subjekte als anschlussfähig an gegenwärtige Diskurse präsentieren (müssen), aber auch als solche adressiert werden (vgl. Haller 2010, 4). Für diese performativen Inszenierungen bilden die ge- und erlebten Körper und Körperdiskurse gleichermaßen zentrale Bezugsgrößen. Somit zeigt sich die Körperlichkeit der Biograf*innen als relevant für die Konzeption des biografischen Selbst (vgl. Gregor 2015, 265f.).

Mit dem Ausbruch der Corona-Pandemie war zu beobachten, wie insbesondere die mediale Darstellung alter(nder) Menschen durch einseitig negative Stereotype mit einem Fokus auf das abhängige und vulnerable vierte Alter geprägt war3 (vgl. Myrczik et al. 2022). Wie ältere Menschen die pandemiebedingten Veränderungen erlebt haben und sich dazu ins Verhältnis setzen, ist ein Forschungsdesiderat, das insbesondere durch biografietheoretische Zugänge eingeholt werden kann. Vor diesem Hintergrund bieten die hier analysierten Interaktionen und Äußerungen insofern spannende Einblicke, als dass wir einerseits digital vermittelte Biografiearbeit durch beobachtende Teilnahme als Praxis beschreiben können, wie auch individuelle Perspektiven auf das Erleben der pandemischen Situation in einem kollektiven Rahmen zugänglich machen und Einblicke in ein breites Spektrum von Erfahrungen und Erlebensweisen eröffnen. Die Analyse biografischer Auseinandersetzungen rekonstruiert dabei immer wieder auch Prozesse des »Anderswerdenkönnens« (Ricken 1999, 409), in denen Subjekte sich auch gegen dominante Diskurse oder zugeschriebene (Defizit-)Perspektiven positionieren können. So kam es in der Gruppe der alten Menschen durch die pandemiebedingten Kontaktbeschränkungen zu einem Digitalisierungsschub und dem Ausprobieren anderer – digitalisierter – Kontakt- und Freizeitgestaltung (vgl. Hartung-Griemberg et al. 2020), dessen Gelingen jedoch auch eng mit Geschlecht und Klasse verknüpft ist (vgl. D21 2021).

2.2 Doing Digital Biography im Online-Senior*innenstudium während der Pandemie

Im Kontext des untersuchten Seminars wechselten sich biografisch angelegte Schreibaufgaben, die zur Reflexion von biografisch Erlebtem und deren Einordnung aus einer Gegenwartsperspektive einluden, mit der (wechselseitigen) Hervorbringung von biografischen Erzählungen in der Gruppe und dem vergleichenden Austausch untereinander ab. Dabei nahm sowohl die Erzählung im digitalen Raum als auch der Alterungsprozess und der damit einhergehende Perspektivwechsel einen zentralen Stellenwert ein: So gaben die individuellen Schreibimpulse und kollektiven Gesprächsformate immer wieder Anlässe, das Erleben des Körpers mit Blick auf die individuelle Lebensgeschichte sowie gesellschaftliche (Ideal-)Bilder zu reflektieren und damit auch die Art, wie der alternde Körper empfunden wird, zum Gegenstand zu machen (vgl. van Dyk 2015; Haller 2004, 2010). Genauso wurden durch die Seminarliteratur wie auch die Gruppendiskussionen andere Blicke auf den alternden Körper zugänglich und durch Momente geschlechtlicher oder generationaler Differenzerfahrung, in Aushandlungsprozessen oder Momenten der Übereinkunft retrospektiv (neu) gelesen. Die im Seminar geäußerten (Selbst-)Deutungen und biografischen Reflexionen betrachten wir auf zwei Ebenen: einerseits als Aushandlungen historisch geprägter, intersubjektiver Wissensbestände und Subjektivierungsweisen, die im virtuellen Seminarraum präsent wurden; andererseits als subjektiv bedeutsamen, innerbiografischen Reflexionsprozess, in dem (erinnerte) Selbstkonstruktionen neu betrachtet wurden. Das Material steht exemplarisch für Prozesse der (alltäglichen) retrospektiven und interaktiven Herstellung von biografischen (Identitäts-)Konstrukten durch Selbsterzählungen, deren sprachliche Formen, Inhalte und Praktiken durch die situativen und gesellschaftlichen Rahmen, in denen sie stattfinden, geprägt sind (vgl. Lucius-Hoene 2010, 154). Im Kontext des Seminars war dies insbesondere das digitale Seminarformat, das spezifische Rahmenbedingungen für narrative Biografiearbeit schuf. Das Seminar war damit ein virtueller Ort der (inner-)biografischen Auseinandersetzung mit dem eigenen Gewordensein und seiner pandemischen Aktualisierung im Umgang mit physischer Distanzierung, dem Bruch mit bzw. der Veränderung von bekannten Routinen und den dadurch initiierten (selbstbezogenen) Erzählungen.4 Die technisch vermittelten Biografiesierungspraktiken bezeichnen wir als »doing digital biography«, um Biografiearbeit im Kontext von digitalen Lebensrealitäten und pandemischer Notwendigkeit analytisch in den Blick zu nehmen (vgl. Dellemann et al. 2022; Dünne und Moser 2008).5

3 Nähe im Rahmen virtueller Ko-Präsenz: Ein Ausgangspunkt für biografisch-reflexive Begegnung

Die folgende Analyse generiert Einblicke in Biografisierungspraktiken in der Verschränkung von Alter(n), Digitalität und Näheverhältnissen vor dem Hintergrund der pandemischen Situation: einerseits durch eine genaue Beschreibung der digitalisierten Praktiken des doing biography, welche die Nutzung der technischen Geräte, die veränderten Interaktionsordnungen sowie deren leibliches Erleben einbezieht, andererseits durch die Rekonstruktion der narrativen Sinnstrukturen, die sich in den individuellen Äußerungen ausdeuten lassen mit besonderer Aufmerksamkeit auf Nähe(-verhältnisse).

Im Rahmen dieses Artikels werden zwei Formen von Nähe(-verhältnissen) betrachtet:

  1. Der kollektiv-digitalisierte Austausch als vermittelte, atmosphärische Nähe im Umgang mit der pandemischen Situation
  2. Die inner-biografische Überbrückung zum erinnerten Selbst und Selbstverhältnissen (insbesondere in Bezug auf das Erleben des eigenen Körpers)

3.1 Das Online-Seminar als Raum der Nähe zu anderen

Als Reaktion auf die Maßnahmen des Physical Distancing wie auch die flächendeckende Schließung von Bildungsinstitutionen waren auch Universitäten aufgefordert, alle Veranstaltungen zu digitalisieren. Dieser radikale Wandel von ko-präsenten Seminaren in einem geteilten physischen Raum zu virtueller Präsenz vermittelt durch technische Endgeräte im privaten Raum stellte Lehrende und Teilnehmende vor neue Herausforderungen: Das digitale Seminarformat schuf spezifische (Teilhabe-)Bedingungen und Interaktionsordnungen in der Gestaltung von Seminaren.

So auch in dem hier analysierten Seminar, das im Sommersemester 2021 an einer großen deutschen Universität im Rahmen des Senior*innenstudiums stattfand. Das Seminar war konzipiert als ein Wechselspiel aus Input der Leiterinnen, Diskussionen auf der Basis von wissenschaftlichen Texten zum Thema Alter, Geschlecht und Biografie und individuellen Schreibimpulsen, die Bezug auf die Texte nahmen und so eine biografische Diskussionsgrundlage schufen, die in Breakout Rooms und im Plenum in der Diskussion (selbstgewählt) einfließen konnte.6 Die Gruppe bestand aus Teilnehmer*innen, die bereits Erfahrungen im digitalisierten Senior*innenstudium gesammelt hatten und sich zum Teil (analog oder digital über andere Seminare) kannten; bis auf zwei Männer* waren die Teilnehmenden Frauen*.7 Die Bereitschaft sich einzubringen war hoch und es gab nur in Ausnahmefällen Bedienungsprobleme. Gerade aus diesem Grund bildete das digitale Format in der Zeit des Lockdowns bzw. weitgehender Kontaktbeschränkungen einen Raum, im dem sich Näheverhältnisse entwickeln konnten – und zwar als eine Überbrückung räumlicher Distanz und einem Modus ko-präsenter Interaktion (vgl. Dellemann et al. 2022). In diesem Sinne stellten die Seminarsitzungen eine feste Verabredung dar, die während des Lockdowns eine Form der Begegnung und des Austauschs bot, welche im Alltag zu dem Zeitpunkt nicht möglich war. Der virtuelle Raum bildete sowohl einen Grenzraum, in dem einerseits soziale Begegnung und körperliche Interaktion medial vermittelt gestaltet werden mussten, andererseits jedoch auch ein Übergangsraum, in dem in der Sicherheit der eigenen vier Wände über Körper und dessen leibliche Erfahrung ohne physische Präsenz anders gesprochen werden konnte bzw. möglich wurde.8 Das Seminar bot inmitten der Pandemie mithin einen Austauschraum zwischen auf sich selbst zurückgeworfen sein und kollektiven, transgenerationalen biografischen Reflexionen, die hier unter dem Aspekt des Erlebens von Nähe(-verhältnissen) analysiert werden. Diese digitalisierten Nähe(-verhältnisse) verorten wir dabei gerade nicht nur auf individueller Ebene und im Privatraum, sondern als grundlegenden Aspekt von Sozialität und geprägt durch die Verschränkung gesellschaftlicher Verhältnisse (zum Beispiel zunehmende Responsibilisierung von alten Menschen eines aktivierenden Sozialstaats, Digitalisierung von Alltagspraktiken, generationale Beziehungen und soziale Differenzen etc.) und individueller Lebenspraxis unter der Bedingung der Pandemie.9

Für den Aufbau von Vertrauen und Nähe spielten die Anfangs- und Pausenzeiten des Seminars, in denen die Teilnehmenden sich in den virtuellen Raum dazuschalteten und als kleine Kacheln für alle anderen sichtbar wurden, eine wichtige Rolle. Größtenteils schalteten die Teilnehmer*innen ihre Kameras und Mikrofone frei, passten den Bildschirm an oder positionierten den eigenen Körper im Bildausschnitt und zeigten Gesten der Begrüßung; oft wurde dies durch sprachliche Begrüßungsgesten begleitet, die Small Talk initiierten oder auch Fragen an uns Leiterinnen enthielten. Gerade diese Situation ist aus analytischer Perspektive spannend, weil der digitale Raum ohne die Einrichtung von Breakout Rooms durch die Leitung nur eingeschränkt Nebengespräche oder Parallelgespräche erlaubt – die anderen Teilnehmenden sind in digitalen Räumen außerhalb privater Chat-Gespräche also immer involviert und mitwissend. Für Diskussionen oder nach Schreibimpulsen wurden oft Breakout Rooms eingerichtet, in denen sich kleinere Gruppen zusammenfanden. Hier waren längere Redezeiten und die unmoderierte Entwicklung von Austausch im Anschluss an eine Schreibaufgabe möglich. Die Breakout Rooms wurden von den Teilnehmenden zu regem Austausch genutzt, sodass sie sich als ein Ort wechselseitiger »Selbst-Enthüllungen« beschreiben lassen (Liebsch 2014, 25). Nachfolgend, im virtuellen Plenum, waren die Redebeiträge durch den vergleichenden Austausch in den Kleingruppen geprägt und enthielten oft Verweise auf Beiträge von anderen. In den Plenarsituationen brauchte es eine Moderation, um Meldungen im Blick zu halten und aufzurufen – und damit auch die Bildschirmansicht zu navigieren. Gerade im virtuellen Plenum erfordert es dabei ein konzentriertes Zuhören von allen und die Aufmerksamkeit auf das An- und Ausschalten der Mikrofone, um Störungen zu vermeiden.

In den Diskussionen zeigte sich, dass der virtuelle Seminarraum von den Seminarteilnehmenden als ein Reflexionsort in Bezug auf die eigene Biografie sowie als Ort der vergleichenden und fragenden Diskussion genutzt wurde. Das digitale Format zeichnete sich mithin durch eine doppelte Anwesenheit aus: einerseits durch die interaktiv strukturierten, virtuellen (Nähe-)Beziehungen, die sich in den Diskussionen und auch den Seitengesprächen zeigten; andererseits durch die innerbiografische Selbst-Bezogenheit, die abseits der Kameras im Privatraum während der Schreibaufgaben entstand und reflexive Prozesse auslöste, die auch durch textbezogene Diskussionen diskursiv gerahmt wurden. Dies soll im folgenden Abschnitt vertiefend diskutiert werden.

3.2 Innerbiografische Nähe: Die Überbrückung von erinnerten und aktuellen Körpern und Körperbildern

Der gegenwärtige, gealterte Körper nahm einen gewichtigen Stellenwert im Schreiben und Diskutieren ein. Biografische Selbstzeugnisse offenbaren immer auch eine eigensinnige Praxis der Biograf*innen, Ereignisse auf sich selbst zu beziehen und diese in ihre Lebensgeschichte einzuarbeiten. Dabei bestimmten drei Perspektiven die Diskussion: das kalendarische Alter und die in diesem Kontext am Körper wahrgenommenen Veränderungen, der Umgang mit diesen Veränderungen und der Einfluss von Krankheit und Gesundheit auf die Wahrnehmung des eigenen Körpers (1), der retrospektive Blick auf das andere, jüngere Selbst (2) und die veränderte Perspektive auf Körper und Nähe durch die Pandemie (3). Im Folgenden werden alle drei Aspekte anhand von Textstellen aufgefächert.10

3.2.1 Perspektive 1: Alter(n), Körper und innerbiografische Brücken

Frau Fischer führte aus: »Prompt, mit knapp 60 meine ich, hatte ich halt zwei klassische Stürze […] da muss man halt auch entsprechend trainieren […] und daher habe ich ständig mit diesem Altern zu tun« (Gruppendiskussion I, Fr. Fischer). Zunächst rahmt sie ihre Schilderung und ihre Wahrnehmung durch den Verweis auf ihr kalendarisches Alter: Sie präsentiert ihren Körper als etwas, das im Übergang in die Lebensphase Alter zu etwas wurde, das nicht länger zuverlässig funktioniert, sondern nach den klassischen Stürzen Unterstützung braucht. Altern wird als ein Prozess gerahmt, der den Körper negativ beeinflusst. Gleichzeitig verweist Frau Fischer darauf, dass sie sich mit dem zerbrechlich werdenden Körper klassisch innerhalb der Norm alternder Körper befindet. Diese Veränderungen nimmt Frau Fischer jedoch nicht passiv hin, sondern begegnet ihnen aktiv mit Training. Altern wird als etwas gefasst, mit dem man im Hinblick auf den Körper ständig konfrontiert ist – und dem etwas entgegengesetzt werden muss, um die gewohnte Beweglichkeit zu erhalten.

Die Konfrontation mit eingeschränkter Mobilität oder auch Krankheit beeinflusst auch bei Frau Weber die Wahrnehmung und den Umgang mit ihrem Körper nachhaltig: »Inwieweit hat auch mein Kranksein bestimmt, letztlich bestimmt, wie ich mich als, ich will nicht sagen, gesunder Mensch [fühle], sondern eine Lebenshaltung bestimmt« (Gruppendiskussion III, Fr. Weber). Sie hat aus dem Erleben von Kranksein eine Lebenshaltung entwickelt, durch die sie sich mit ihrem Kranksein arrangieren kann. Im weiteren Verlauf betont Frau Weber, dass das Sprechen über Körper und Körperlichkeit häufig durch die Themen Gesundheit und Krankheit dominiert werde. Die Wahrnehmung des eigenen Körpers fände häufig als Dualität zwischen krank und gesund statt. Gesundheit wird von ihr als wichtig gerahmt, »weil das brauchen wir zum Existieren […] aber im Grunde genommen eigentlich ist es nur ein kleiner Teil« (Gruppendiskussion III, Fr. Weber). Der Umgang mit dem kranken, dem eingeschränkten Körper hat ihr zum einen vor Augen geführt, dass es die Grundlage des Lebens ist; gleichzeitig formuliert sie Körperlichkeit als einen Aspekt von Gesundheit, die weit mehr als die körperliche Dimension auch durch ihre Haltung beeinflusst ist. Eine Verbindung zum Alter bleibt in diesem Kontext aus. Dies greift hingegen Frau Kolb auf. Im Kontext einer Auseinandersetzung mit den medizinischen und technischen Möglichkeiten, (ihren) Körper zu verändern, äußerte sie: »Ich bin kein Mensch, der jemals auf die Idee käme, sich von Kopf bis Fuß mit Ersatzteilen austauschen zu lassen, also das ist einfach nicht in meiner Natur« (Gruppendiskussion IV, Fr. Kolb). Der Körper, der über den Lebenslauf Veränderungen unterliegt, sich im Alter bemerkbar macht, nicht mehr in gewohnter Weise zur Verfügung steht oder sich querstellt, wird von Frau Kolb als etwas präsentiert, das sie akzeptiert. Sie weiß um die körperlichen Veränderungen im Alter und dennoch hat sie nicht vor, Teile ihres Körpers durch einen Austausch wieder funktionsfähig zu machen oder ein Update vorzunehmen. Ihre Zurückweisung und ihre daraus resultierende selbstverständliche Haltung zu ihrem alternden Körper begründet sie mit ihrer Natur. Damit zeigt sie auf, dass es sich dabei um ihre persönliche Haltung handelt, mit körperlichen Veränderungen akzeptierend umzugehen und nicht die zur Verfügung stehenden technischen und medizinischen Möglichkeiten zu nutzen.

Gemein haben die ausgewählten Textstellen den (notwendigen) Umgang mit körperlichen Veränderungen im Alter. Dabei wird das Alter primär als Abbauprozess verstanden, der sich den Teilnehmerinnen ständig bemerkbar macht, sie beschäftigt und die Aufmerksamkeit auf den eigenen Körper lenkt. Die sich im Wandel befindende Körperwahrnehmung beeinflusst dabei nicht nur die Gegenwart, sondern auch rückblickend ihr Verständnis von sich selbst und dem Körper zu anderen Zeitpunkten im Leben. Diese innerbiografischen Brücken, vor dem Hintergrund des sich durch den Alterungsprozess verändernden Körper, stehen im Fokus des nächsten Abschnitts.

3.2.2 Perspektive 2: Innerbiografische Brücken zum jüngeren Selbst

Das gegenwärtige Erleben des alternden Körpers beeinflusst in der Retrospektive auch die Wahrnehmung des eigenen Körpers in anderen Lebensphasen. So blickt Frau Delp auf ihre Jugendphase zurück:

»Pubertät, da kann ich mich noch gut erinnern ähm, wie ich mir meines Körpers bewusst war, weil meine Freundinnen alle hübscher waren ((lacht)) […] und [ich] dann am Ende alleine auf der Bank saß und alle anderen waren aufgefordert worden, das habe ich nie mehr vergessen, das hat mich geprägt in meinem eigenen Körperbild, wie ich mich sehe oder wie ich mich gesehen habe« (Gruppendiskussion I, Fr. Delp).

Die Jugend und insbesondere die Pubertät wird als Lebensphase gerahmt, in der sich Frau Delp ihres eigenen Körpers, über den Vergleich mit anderen Körpern, bewusst wurde. Dabei erlebte sie ihren Körper als abweichend von der zu dieser Zeit gültigen Körpernorm und deshalb als weniger attraktiv. Dies wird durch den Blick von außen durch gleichaltrige Jungen verstärkt. Auf der Bank sitzen zu bleiben, weil der eigene Körper scheinbar als weniger hübsch oder attraktiv wahrgenommen wird, wird als Ankerpunkt des eigenen Körperbildes präsentiert. Es fällt auf, dass sie unterschiedliche Zeitformen nutzt. Damit entsteht ein gewisser Spielraum in der Gegenwart und ein Wandel der Wahrnehmung des eigenen Körpers wird angedeutet. Der retrospektive Blick auf die eigene Biografie, die Lebensphase Jugend und der Wandel in der Wahrnehmung des eigenen, jüngeren Körpers, die bei Frau Delp lediglich angedeutet wird, steht hingegen im Fokus der Schilderung von Frau Pölz:

»[I]ch habe mir vor zwei Tagen Bilder angeschaut von früher, also so als junge Frau, junges Mädchen, und da fand, ich sah ja gar nicht so schlecht aus […]. [I]ch bedaure heute, dass ich das für mich nicht so genießen oder wahrnehmen konnte« (Gruppendiskussion I, Fr. Pölz).

Hier wird die biografische Erzählung in einen neuen Kontext gestellt. Aus der gegenwärtigen Perspektive wird der jüngere Körper mit einem versöhnlichen Blick bedacht. Die jugendliche Selbstwahrnehmung wird einer neuen Deutung unterzogen. Die Biografie wird als »flüssige Kategorie« (vgl. Alheit und Dausien 1990) sichtbar, die Neu- und Umdeutungen unterzogen werden kann. Die Selbstwahrnehmung als junge Frau wird aus der gegenwärtigen Perspektive reflektiert und dekonstruiert. Diese neue Wahrnehmung führt zu dem Bedauern, dass ihr diese Perspektive auf den eigenen Körper zu einem früheren Zeitpunkt nicht möglich war. Erst vor dem Hintergrund des eigenen Alter(n)s und den damit verbundenen Veränderungen wird die Reflexion vorgenommen. Gleichzeitig kann dem Alter(n), das häufig negativ konnotiert wird, so etwas Positives abgewonnen werden. Der biografische Sprung in die Vergangenheit ermöglicht einen innerbiografischen Perspektivwechsel, der sich erst durch die erneute Hinwendung ereignen kann. Der gegenwärtige Körper wird als etwas gerahmt, dessen Vergangenheit und biografische Ereignisse in Form von Narben sichtbar werden: So präsentiert Frau Pölz diese als etwas, das an negative Ereignisse im Leben erinnert. Doch auch hier verändert sich die Wahrnehmung mit dem Altern: »Einerseits finde ich die überhaupt nicht schön und hab da immer wieder rumgemacht, ach, ich lass mir das beseitigen, auf der anderen Seite denke ich, ne, das ist mein Leben, es ist das, was mich ausmacht« (Gruppendiskussion III, Fr. Pölz). Der gnädige Blick umfasst damit nicht nur die retrospektive Wahrnehmung und Einschätzung des eigenen Körpers, sondern auch die Gegenwart. Wie bei Frau Kolb wird Akzeptanz gegenüber dem eigenen Körper als wichtiges Element deutlich – vor allem auch durch die Referenz den eigenen Körper genießen zu können. Der erlebte Wandel des Körpers kann einerseits positiv als über den Dingen stehen und damit als Gelassenheit gerahmt werden. Es kann jedoch auch kritisch angemerkt werden, dass insbesondere die Körper von Frauen im Alter unsichtbar werden, da sie nicht länger der Norm von jungen und attraktiven Körpern entsprechen. Folge dessen ist, dass es nicht mehr wichtig ist, wie diese Körper aussehen, da sie sowieso nicht mehr (als attraktiv) wahrgenommen werden. Die Zitate zeigen, wie eine innerbiografische Nähe zu anderen, erinnerten Selbst(-verhältnissen) entsteht, die im Rahmen biografischer Reflexionen noch einmal Ereignisse vergegenwärtigen, die als prägend empfunden wurden. Gerade die zeitlichen Sprünge im Erzählen verweisen auf Momente der Umdeutung vergangener Selbstwahrnehmungen – einerseits in dem Aufsuchen prägender Erfahrungen und ihrer Wirkung bis in die Gegenwart (Körperbild von Frau Delp), andererseits als Neubetrachtung des jüngeren Selbst aus der Gegenwartsperspektive und einer wertschätzenderen Sicht (Frau Pölz).

3.2.3 Perspektive 3: Näheerleben in pandemischen Zeiten

In diesem letzten Abschnitt steht die Verknüpfung von Alter(n), Körper und Beziehungen in Näheverhältnissen im Mittelpunkt. Zunächst wird Nähe als Gefährdung thematisiert, gefolgt von der Suche nach Ersatz für Interaktionen und abschließend leibliche Nähe in Pandemiezeiten. Die Pandemie wird dabei als kollektiv geteiltes, einschneidendes Erlebnis gerahmt, das Nähebeziehungen vom einen auf den anderen Tag veränderte. Durch die Definition von Risikogruppen entlang des kalendarischen Alters, Kontaktbeschränkungen und das Wegfallen von Berührungen gerieten auch die soziale Eingebundenheit von Körpern und (alltägliche) Interaktionen in den Blick.

So erzählt Frau Nolde, dass sie sich noch an das letzte Mal erinnern kann, als sie vor dem Beginn der Pandemie berührt wurde: »Ich kann mich ganz gut an den Anfang erinnern, weil [ich] am elften März […] das letzte Mal jemanden umarmt habe« (Gruppendiskussion II, Fr. Nolde). Jemanden in den Arm zu nehmen, berührt zu werden, wird als etwas gerahmt, das nicht länger selbstverständlich ist und in pandemischen Zeiten nicht mehr stattgefunden hat. Eng damit verbunden ist die Konstruktion von Menschen über 65 Jahren als Risikogruppe, auf die Frau Weber näher eingeht:

»[M]ein größtes Entsetzen war, wie plakativ plötzlich Alter gesehen wird; es war ja von 65 die Rede, und alleine die Tatsache, so einem Schwung von 65 auf 80 sozusagen gleichzuschalten, aber auch unter 80-Jährigen, also nicht mehr differenzieren zu dürfen, wie Menschen mit Vorerkrankungen, die im Heim sind, die vielleicht kurz vor dem Sterben sind, schwerkrank sind, oder wie auch immer, oder im Gegensatz, die sogenannten fitten Alten, dass das überhaupt ins Denken reinkommen musste, das fand ich also ganz furchtbar« (Gruppendiskussion II, Fr. Weber).

Die Wahrnehmung von Menschen und ihrer Gefährdung in der Pandemie anhand des kalendarischen Alters unabhängig von anderen Faktoren vorzunehmen, wird als empörend präsentiert. Eine Zuschreibung als Risikogruppe vorzunehmen ohne zu differenzieren, wird als Gleichschaltung wahrgenommen. Die Unterscheidung zwischen dem dritten, noch fitten, und dem abhängigen vierten Alter wurde im Kontext der Pandemie aufgehoben und durch eine Defizitperspektive ersetzt, die für alle ab dem Renteneintrittsalter galt, ohne Vorerkrankungen zu berücksichtigen oder sozial-ökonomische Abhängigkeiten zu bedenken. Während in dieser Textstelle bereits mitschwingt, dass Frau Weber die Fremdeinschätzung als »gefährdet« nicht teilt, spricht Frau Kolb dieses Thema direkt an: »Zuerst einmal zähle ich mich nicht zur Risikogruppe, […] meine Mutter ist 94 und multimorbid und deswegen definitiv Risikogruppe« (Gruppendiskussion II, Fr. Kolb). Entlang der Denkfigur Alt sind immer nur die anderen wird auch die Zuschreibung als Risikogruppe vehement von sich gewiesen und mit Hochaltrigkeit und körperlichen Einschränkungen im vierten Alter verknüpft.

Dennoch führten die Isolationsmaßnahmen dazu, dass andere Hilfe- und Unterstützungspraktiken erfunden werden mussten. Intergenerationale Hilfeleistungen, die aus dem Bestreben entstanden, alte Menschen als Teil einer Risikogruppe zu schützen, wurden als zwiespältig erlebt: »[D]a habe ich mich zunächst sehr umsorgt gefühlt, fand das toll irgendwie, ja, und dann kam aber bald, dass man so eine Abhängigkeit […] es ist eine Mischung aus genießen und abhängig fühlen« (Gruppendiskussion II, Fr. Kolb). So betont Frau Kolb einerseits das daraus entstandene Gefühl des Umsorgtseins, andererseits aber auch ein Gefühl von Abhängigkeit, das sie als ambivalent erlebte. Da auch diese (Für-)Sorgeleistungen größtenteils auf Distanz stattfanden, waren soziale Nähebeziehungen und körperliche Nähe reduziert oder fielen ganz weg. Diese Erfahrung von Verzicht und/oder Entzug prägte die Zeit des Lockdowns ungemein. So beschreibt Frau Betmann: »Die Familie hat mir sehr gefehlt, weil wir uns wirklich nicht so oft getroffen haben; auch mein kleiner Enkel, der ist schon in der Kita und da weiß man auch nicht, ob man sich da wieder ansteckt, weil den will man ja drücken […] also war alles auf Sparflamme« (Gruppendiskussion II, Fr. Betmann). Das Bild der Sparflamme verdeutlicht, dass ein wichtiger Aspekt ihres Lebens und ihrer Identität als unterstützende (Groß-)Mutter wegfiel; zugleich war die Zeit auch durch Verunsicherung geprägt: Gerade die Frage, wie man sich ansteckt und wie der Krankheitsverlauf im Falle einer Erkrankung sein würde, war durch medizinische und mediale Informationen und Diskussionen geprägt, die Bilder des Hochrisikos und des drohenden Todes zeichneten – und solidarische Distanznahme forcierten. Dieser Aspekt der langfristigen Distanz förderte bei Frau Betmann jedoch auch Strategien des Umgangs zutage: »Was natürlich ganz neu geboren wurde, das waren ständige Videokonferenzen ((lacht)) […] da habe ich auch an vielen Konferenzen teilgenommen, um was Neues zu lernen. Das fand ich sehr spannend und als Alternative zum Nicht-Treffen« (Gruppendiskussion II, Fr. Betmann).

Diese neue Form der Begegnung wird auch von Frau Weber als Chance begriffen und als Lernanlass genutzt: »[Ich] war aber auch fasziniert, was es an Alternativen und Konzepten gibt, also was sich Menschen haben einfallen lassen, um eben etwas Komplementäres oder Alternatives zu entwickeln, was möglich war […] Das war eine Entwicklung, die hätten wir sonst gar nicht bekommen. Es war eigentlich mehr als eine Überlebensstrategie« (Gruppendiskussion II, Fr. Weber). In dieser Aussage spiegelt sich eine sehr positive Lesart der pandemischen Situation, die sowohl den kreativen Umgang betont als auch in ein Wir wechselt, das die ganze Gruppe der Teilnehmenden des Seminars als ältere Menschen adressiert. Digitale Kommunikationsmedien und virtuelle Beziehungsformen werden als Entwicklung bezeichnet, etwas, das mehr als eine Überlebensstrategie war. Die Pandemie kann hier als kollektiver biografischer Einschnitt konturiert werden, der zwar alle Menschen betraf, jedoch in unterschiedlicher Weise. Frau Weber betont hier die Möglichkeit, Digitalität für sich zu erschließen als eine Person, welche die digitale Transformation nicht selbstverständlich mitvollzogen hat. Dieser Lernanlass erscheint hier als ein neuer Möglichkeitsraum, um Beziehungen weiter zu leben, aufrechtzuerhalten oder, wie im Fall des Seminarbesuchs, neue Formen der thematischen Auseinandersetzung zu wählen. Dabei wird körperliche Nähe nicht ersetzt, sondern durch neue Formen der Interaktion ergänzt. Es wäre zu untersuchen, ob und wie die Teilnehmenden diese neu erschlossenen Möglichkeiten des digitalen Austauschs und der Begegnung auch nach der Lockerung von Kontaktbeschränkungen nutzen und wie sie Teil der Gestaltung von Nähebeziehungen werden: Werden körperliche Nähebeziehungen zunehmend durch digitalisierte Interaktionen ergänzt und wie wird Nähe in digitalisierten Räumen leiblich erlebt?

Dennoch – und das wird im folgenden Zitat sehr deutlich – wird der Verlust von alltäglichen Berührungen und gelebten Nähebeziehungen spürbar. So erzählt Herr Schmitt: »Wirklich, so banale Dinge wie Berührungen; ich war beim Friseur […] was hast du für ein komisches Gefühl, jetzt so die Haare massiert, ist mir klar geworden, dass das seit Längerem niemand mehr gemacht hat bei mir, mich berührt hat. [Da] merkt man, dass einem so Dinge doch dann fehlen« (Gruppendiskussion II, Hr. Schmitt). Ganz eindrücklich wird hier mit Blick auf die pandemische Situation berichtet, dass erst mit der Möglichkeit von Berührungen und der Nähe zu Personen klar wurde, was gefehlt hat – auch wenn die Berührung aus einer praktischen Notwendigkeit, dem Haarewaschen, ausgeführt wird und von einer Person, die einem nicht nahesteht. Das komische Gefühl, berührt zu werden, deutet darauf hin, dass die fehlende Nähe nicht bewusst registriert wurde, vielleicht durch den öffentlichen Diskurs nicht einmal moniert oder kritisiert werden konnte. Auch in diesen Äußerungen zeigt sich, wie Nähe(-erfahrungen) im Rahmen des Seminars zur Sprache kamen: Das Seminar bot einen Anlass, (kleine) Situationen zu registrieren oder zu teilen, die dann auch bei anderen Reaktionen hervorriefen. Wie auch Graefe et al. (2020) beschrieben haben, pendelte der Diskurs zwischen Responsibilisierung und verordneter Isolation, in der die Entscheidungsfähigkeit und Mitbestimmung stark eingeschränkt waren zugunsten einer solidarischen Haltung. Wie die Teilnehmenden den Übergang zurück zu einer Aufhebung der Isolierungsmaßnahmen erlebt haben, wäre eine weiterführende Datenerhebung wert, um die retrospektive Einordnung der damit einhergehenden biografischen Erzählungen einzuholen. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Kontext der Pandemie andere Formen von Nähe angeregt und in den Vordergrund gerückt hat, die mit technischen Mitteln unterstützt wurde. Zwar waren Nähe(-verhältnisse) durch ein Fehlen oder auf Abstand gehaltener körperlicher Nähe geprägt, was auch für die Notwendigkeit von (Für-)Sorge sensibilisierte. Gleichzeitig entstanden durch technisch vermittelte, digitale Begegnungsformen Möglichkeitsräume, wie dieses Seminar, in denen Menschen durch kontinuierliche Kontakte und biografische Reflexionen Nähe durch die geteilten thematischen Auseinandersetzungen erlebten.

4 Näheverhältnisse mit Blick auf die leibkörperliche Dimension des Alter(n)s

In diesem Artikel haben wir Näheverhältnisse alter(nder) Menschen in pandemischen Lebenssituationen in einem digitalen biografischen Setting näher betrachtet. Während alternde Körper diskursiv zumeist als defizitär konstruiert werden oder – in geschlechtertheoretischer Perspektive – wie unsichtbar für andere werden, veränderte sich dies mit Beginn der Pandemie grundlegend:11 Körper wurden zu ansteckenden Trägern einer Viruskrankheit oder zu schützenswerten Risikoobjekten. Dies hatte weitreichende Folgen für die Alltagsgestaltung, die Lebbarkeit von Näheverhältnissen wie auch das Erleben des eigenen Körpers; in unterschiedlichsten Lebensbereichen entstand durch Lockdowns zudem ein Digitalisierungsschub. Im Fall des hier analysierten Online-Seminars ersetzte das virtuelle Setting ein ko-präsentes universitäres Seminar und eröffnete einen Raum vermittelter Näheerfahrung wie auch innerbiografischer Auseinandersetzung. Für eine Analyse dieser techno-sozialen Biografisierungspraktiken schlagen wir den Begriff des doing digital biography vor, um sowohl die beobachtbaren Interaktionsmuster auf ihren praktischen Umgang mit technischen Voraussetzungen zu analysieren als auch den semantischen Gehalt biografischer Aushandlungen, die in diesem Rahmen rekonstruktiv zum Gegenstand gemacht wurden. In der Analyse wird deutlich, wie sich über den Verlauf des Seminars im Rahmen virtueller Interaktionen und Narrationen spezifische Wahrnehmungs- und leibkörperliche Selbstverhältnisse (um)bildeten. Zwar wird in dem Material das Wegfallen der physischen Nähe als einschneidender (Lebens-)Moment betont, dennoch wird das Format des Online-Seminars auch als Potenzial erlebt, das wir als digitale biografische Arbeit in Bezug auf (zwischen-)leibliches Erleben von Nähe herausgearbeitet haben. Dies wäre weiter zu erforschen mit Blick auf digitalisierte Interaktionsgewohnheiten sowie der (leiblich) erlebten Veränderung von vermittelter Nähe und Nähebeziehungen. Durch digitale Kopräsenz und biografisch-orientierten Austausch wurden innerbiografische Reflexionen und Re-Perspektivierungen ausgelöst, die in unterschiedlicher Weise als Nähe beschreibbar werden. Vor dem Hintergrund des Materials lässt sich Nähe in der pandemischen Situation als ein relationales, auch medial-vermitteltes Verhältnis beschreiben, das im virtuellen Raum als Alternative etabliert und erlebt wurde.

Anmerkungen

[1]
Die namentliche Nennung der Autorinnen erfolgt in alphabetischer Reihenfolge; der Artikel ist gemeinschaftlich und zu gleichen Teilen von Lea Spahn und Rafaela Werny verfasst worden.
[2]
Es gibt dennoch eine Reihe von Arbeiten, die dies leisten und deren Ansätzen wir hier folgen: Alheit et al. 1999; Abraham 2002, 2018; Gregor 2015 oder Gabriel 2021, die insbesondere die Wechselwirkungen von biografischen Erzählungen und leib-körperlichen Erlebens- und Deutungsstrukturen herausstellen.
[3]
Häufig wird eine Unterteilung in ein drittes, »junges« (65–80) und viertes, »hohes« Alter (80+) (vgl. Neugarten 1974; Laslett 1995) vorgenommen. Die Unterteilung in drittes und viertes Lebensalter orientiert sich primär anhand der vorhandenen Fähigkeiten in körperlichen, psychischen, sozialen und gesellschaftlichen Funktionsbereichen und nicht anhand des chronologischen Alters (vgl. Backes und Clemens 2013, 23). Im dritten Alter werden die zur Verfügung stehenden Ressourcen und die Fähigkeiten betont, während das vierte Alter mit Verlust und daraus resultierendem Pflegebedarf und Abhängigkeit gleichgesetzt wird. Während sich der erste Übergang mit dem Renteneintritt institutionalisiert vollzieht, geht der Übergang ins vierte Alter individuell und fließend vonstatten. Die Defizitperspektive auf das Alter wird durch die Unterteilung nicht aufgehoben, sondern verschiebt die negativen Aspekte ins hohe Alter und verengt damit die Wahrnehmung und Handlungsmöglichkeiten von pflegebedürftigen und hochaltrigen Menschen.
[4]
Die biografietheoretische Perspektive ermöglicht dabei, soziale Interaktionen nicht nur in ihrer situativen Performativität und normierenden Kraft zu erfassen, sondern auch, die Spiel- und Gestaltungsräume auszuloten, die Biograf*innen sich aneignen, um ihre Lebensgeschichten eigensinnig darzustellen (vgl. Spahn 2022 für eine Analyse kollektiver Auseinandersetzungen mit Weiblichkeit und Alter(n) in einer transgenerationalen Improvisationsgruppe und Werny 2022, die das Erleben von Sorgebeziehungen von Männern* in Pflegeeinrichtungen biografietheoretisch ausdeutet.
[5]
Davon zu unterscheiden sind digital self narratives, die als Identitätskonstruktionen auf Online-Netzwerken und -Communities oder auf Homepages produziert werden (vgl. Kreknin 2019). McNeill und Zuern (2012) sprechen daher auch von einem posthuman pact, eine analytische Perspektivierung, die Digitalität als Konstruktionsbedingung autobiografischer Narrationen inkludiert. Kontextualisiert durch Reckwitz’ gesellschaftstheoretische Analyse des Sozialen in der Spätmoderne als Gesellschaft der Singularitäten ließe sich das zuspitzen auf: »Singularität hat man nicht, man kuratiert sie« (Reckwitz 2018: 58, Herv. i.O.).
[6]
Als Seminarleiterinnen waren wir mindestens 30 Jahre jünger als die Teilnehmenden, die auch ihre biografischen Erfahrungen in Diskussionen beitrugen und somit Teil der diskutierten (Dis-)Kontinuitäten von Erfahrungswelten wurden. Die während der Moderationen und Diskussionen angefertigten Notizen bildeten zudem eine erste Materialgrundlage, um Interaktionspraktiken und Redebeiträge (im Geschehen flüchtig) festzuhalten. Später wurden die Sitzungen mit Erlaubnis der Teilnehmenden aufgezeichnet.
[7]
Um die Diversität der Teilnehmenden zu kennzeichnen, entscheiden wir uns für die Schreibweise »Männer*/Frauen*«, um die Selbstbezeichnung zu achten, aber zugleich aus intersektionaler Perspektive die Verschränkungen von Klasse, sexueller Orientierung und vergeschlechtlichter Adressierung, Körper und Alter im Blick zu halten. Wenngleich die Kraft heteronormativer Lebensentwürfe und auch die Veränderungen sexueller Orientierung und Nähebeziehungen an unterschiedlichen Stellen thematisiert wurde, gehen wir in diesem Text nur randständig auf den Zusammenhang von Geschlecht und biografischem Erleben ein.
[8]
Zudem bot die Online-Veranstaltung auch Menschen die Möglichkeit einer Teilnahme, die sonst aufgrund von räumlicher Distanz nicht an den Sitzungen hätten teilnehmen können oder das virtuelle Format sogar als vorteilhaft für ihre Lebenssituation befanden.
[9]
Im Verlauf des Seminars wurde teilweise offenbar, in welchen Lebenssituationen sich die Teilnehmenden befanden, von allein lebend, in Partnerschaft oder auch in einem familiären Zusammenleben.
[10]
Die Analyse des Materials ist nach Corbin und Strauss (2008) in Anlehnung an die Grounded Theory erfolgt, indem wir mit der Forschungsfrage nach Biografisierungspraktiken im digitalen Raum und Näheverhältnissen die Mitschnitte zu zweit sichteten. Zusätzlich bezogen wir unsere Sitzungsprotokolle und Mitschriften ein, um die Situation des digitalen Seminars zum Gegenstand zu machen und Beobachtungen abzugleichen. Aus einem offenen Kodieren folgte ein vergleichender Schritt und es entstanden erste theoretisierende Texte, die schließlich in der Formulierung des doing digital biography mündeten und entlang der Kategorien ausdifferenziert werden.
[11]
Verstärkter Blick auf Geschlecht kann im Artikel leider nicht geleistet werden, wäre aber durchaus bereichernd, da der weibliche Körper im Alterungsprozess früher und nachdrücklicher einer Abwertung unterzogen wird. Auch ein Blick auf den zukünftigen, stärker abhängigen Körper (im Hinblick auf futuristische Körper) kann im Rahmen dieses Artikels nicht geleistet werden, wäre jedoch eine fortführende Perspektive.

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Die Autorinnen

Rafaela Werny, Dr.in, ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Frankfurter Forum für interdisziplinäre Alternsforschung der Goethe-Universität Frankfurt am Main. Ihre Arbeitsschwerpunkte sind: Gender Studies, insbesondere Männlichkeit(en), Soziologie des Alterns, Care und Pflege, Digitalisierung, Qualitative Sozialforschung, Biografieforschung und Partizipative Forschung.

Kontakt:
Dr. in Rafaela Werny,
Frankfurter Forum für interdisziplinäre Alternsforschung (FFIA), Goethe-Universität Frankfurt am Main,
Theodor-W.-Adorno-Platz 6, 60323 Frankfurt am Main;
E-Mail: werny@em.uni-frankfurt.de

Lea Spahn, Dr.in, ist zurzeit Vertretung der Jun.-Professur Digitalität und Körperlichkeit sowie Lehrkraft für besondere Aufgaben im Bereich Körperbildung/Tanz im Institut für Sportwissenschaft und Motologie der Philipps Universität Marburg. Ihre Arbeitsschwerpunkte sind: Soziologie des Körpers, Leibphänomenologie, Geschlechterforschung, qualitative Sozialforschung, Soziologie des Alterns, Kulturelle Bildung, feministische Materialismen, politische Ökologien.

Kontakt:
Dr.in Lea Spahn,
Philipps Universität Marburg, Institut für Sportwissenschaft und Motologie,
Barfüßerstr. 1, 35032 Marburg;
E-Mail: lea.spahn@uni-marburg.de