Qualitativ Forschen lehren lernen

Perspektiven für eine Gratwanderung in Zeiten von Institutionalisierung und neoliberalem Studienbetrieb

Julia Riegler, Katharina Hametner, Markus Wrbouschek, Paul Distler & Thomas Slunecko

Journal für Psychologie, 31(2), 19–41

https://doi.org/10.30820/0942-2285-2023-2-19 CC BY-NC-ND 4.0 www.journal-fuer-psychologie.de

Zusammenfassung

In unserem Beitrag reflektieren wir zunächst die institutionellen, curricularen und hochschulpolitischen Transformationsprozesse qualitativer Methodenlehre, wie wir sie in unseren jeweiligen universitären Arbeitskontexten wahrnehmen. Anlass unserer Erkundungen war eine Serie von offenen Diskussions- und Intervisionssitzungen, in denen wir gemeinsam über Lehrkrisen, die wir in den letzten Jahren durchlaufen haben, aber auch über Momente des Gelingens resonanter Anverwandlung einer qualitativen Forschungshaltung nachgedacht haben. Wir greifen diesen Diskussionsprozess anhand einer Fallvignette aus der Lehrpraxis auf und arbeiten daran anknüpfend entlang von drei Grundprinzipien, die für den qualitativen Forschungszugang stilprägend sind (Offenheit, Zirkularität, Reflexivität), heraus, welchen Widersprüchlichkeiten und Herausforderungen qualitative Methodenlehre angesichts der gegenwärtigen Studienbedingungen begegnet. In der kritischen Reflexion dieser Verhältnisse loten wir Perspektiven für die Gratwanderung aus, die das Lehren und Lernen qualitativer Forschung darstellt.

Schlüsselwörter: Qualitative Methodenlehre, Institutionalisierung, Neoliberalisierung, Bologna-Reform, Paradoxien der Hochschuldidaktik, Resonanz

Learning to Teach Qualitative Researching

Perspectives for a Balancing Act in Times of Institutionalization
and Neoliberal Study Conditions

In our article we reflect the institutional, curricular, and policy-related transformations in the field of qualitative method training that we face in our respective academic environments. Our reflections originated in a series of open discussions and intervision meetings in which we collectively tackled teaching crises we went through in recent years, but also exchanged moments of successful and resonant engagement with students. We pick up on this discussion process by presenting a narrative account from one author’s experience. On this basis, we explore paradoxes and challenges for teaching and learning qualitative methods along three key principles – openness, circularity, and reflexivity – which define the qualitative research paradigm in the contemporary academic landscape. In our critical reflexion of this landscape, we look out for perspectives that might guide the risky ridge walk of teaching qualitative methods.

Keywords: teaching qualitative methods, institutionalization, neoliberalism, Bologna reform, paradoxes of university didactics, resonance

1 Einleitung

Das Erlernen und Lehren qualitativer Forschung sind – wie qualitatives Forschen selbst – offene Prozesse insofern als sie unter sich ständig ändernden Rahmenbedingungen geschehen. Qualitative Methodenlehre kann daher nicht umhin, kontinuierlich ihre Kontexte zu reflektieren und sich zu transformieren (Kanter und Mey 2021, 48). Im Hochschulalltag fehlt es jedoch zumeist an Zeit bzw. Formaten, um die eigenen Erfahrungen systematisch und auch dialogisch zu reflektieren. Deshalb sahen wir die Ankündigung eines Themenheftes zu Transformationen des Lehrens und Lernens qualitativer Forschung als Impuls, diesen bisher fehlenden Raum für uns zu schaffen und gemeinsam einigen (irritierenden) Beobachtungen und (krisenhaften) Erfahrungen aus unserer qualitativen Methodenlehre nachzugehen, sie zu kontextualisieren und auf diesem Weg letztlich zu einem differenzierteren Verständnis unserer Erfahrungen zu gelangen. In der Zusammensetzung unserer institutionenübergreifenden kollegialen Intervisionsgruppe (bestehend aus den Autor*innen dieses Textes) sahen wir ein besonderes Potenzial für ein solches Vorhaben, da in ihr nicht nur geteilte Erfahrungsräume repräsentiert sind, sondern auch Differenzen, die sich unseres Erachtens für eine systematische Reflexion nutzen lassen: So verbindet uns zunächst einmal die Erfahrung, Psychologie an einer Fakultät (vormals Institut) studiert zu haben, die sich weitgehend an einem naturwissenschaftlichen Verständnis des Faches und einem nomologischen, hypothetico-deduktiven Wissenschaftsmodell orientiert. Zudem teilen wir die Erfahrung, im Zeitraum der Entstehung dieses Textes qualitative Methoden an psychologischen Fakultäten gelehrt zu haben. Möglichkeiten zur Kontrastierung und Kontextualisierung unserer Erfahrungen ergeben sich mit Blick auf die spezifischen historisch-institutionellen Kontexte unserer wissenschaftlichen Sozialisationsgeschichten sowie die eigenen Lehrerfahrungen an zwei unterschiedlichen Institutionen.

Im Zuge unseres Austausches wurde deutlich, dass wir jene Aspekte, die uns in den letzten zehn bis 15 Jahren in der Lehre qualitativer Forschung vor besondere Herausforderungen stellten, im Wesentlichen dem Zusammenfallen zweier Entwicklungen zurechnen: zum einen der Etablierung qualitativer Methodenlehre als regulärem Bestandteil der Curricula an unseren Fakultäten und zum anderen dem umfassenden neoliberalen Umbau der Hochschulen und seinen Folgen. Curriculare, institutionelle und hochschulpolitische Rahmenbedingungen und Grundsatzentscheidungen sind als wesentlich für Fragen der Vermittlung anzusehen. Daher beschreiben wir am Beginn unseres Beitrags zunächst die gegenwärtigen Rahmenbedingungen unseres Lehrens und charakterisieren sie dabei auch vor dem Hintergrund unserer eigenen wissenschaftlich-methodischen Sozialisation und den damit verbundenen Enkulturationserfahrungen (2). Anschließend spüren wir einigen krisenhaften Momenten in unseren Lehrerfahrungen anhand einer Fallvignette nach (3), von der ausgehend wir drei Zonen der Verunsicherung von Lernenden und Lehrenden skizzieren, die um zentrale Prinzipien qualitativen Forschens kreisen: Verunsicherung von Plan- und Kontrollierbarkeitsvorstellungen (Offenheit) (3.1), Verunsicherung linearer Fortschrittsvorstellungen (zirkuläres [Fremd-]Verstehen) (3.2) und Verunsicherung von Vorstellungen eigener Unbetroffenheit (Reflexivität) (3.3). Wir schließen mit einem tentativen Fazit, in dem wir versuchen, einige unserer Überlegungen in einem Bild zu verdichten (4).

2 Curriculare, institutionelle und hochschulpolitische Rahmungen

Auch wenn das hegemoniale akademische Psychologieverständnis nach wie vor von einer nomothetischen Perspektive geprägt ist und die Lehre qualitativer Forschung einen entsprechend marginalen Stellenwert in vielen psychologischen Studien hat (Mey und Mruck 2020), so können in Bezug auf die Integration qualitativer Methoden in die Curricula psychologischer Fakultäten dennoch mancherorts – im Sinne einer »insularen Institutionalisierung qualitativer Methoden« (Knoblauch 2007, Abs. 9) – Erfolge verzeichnet werden. Dies gilt, wenngleich in sehr unterschiedlicher Ausgestaltung, auch für die beiden Institutionen, an denen wir tätig sind: die Fakultät für Psychologie an der Universität Wien und die Sigmund Freud PrivatUniversität Wien. An beiden Standorten stellt qualitative Forschung (in unterschiedlichem Umfang) einen regulären Bestandteil des Curriculums dar: Ein wesentlicher Teil der qualitativen Methodenlehre vollzieht sich derzeit im Format von Pflichtlehrveranstaltungen.

Das Psychologiestudium an der Fakultät für Psychologie der Universität Wien ist traditionell stark naturwissenschaftlich-quantitativ orientiert. Seit der Implementierung des neuen Bachelorstudiums Psychologie 2010 ist jedoch eine verpflichtende einsemestrige Vorlesungsübung zur Einführung in qualitative Forschungsmethoden curricular verankert, die seit 2016 in einem Format für 40 Teilnehmende jährlich in zehn bis zwölf Parallelveranstaltungen für insgesamt etwa 400 bis 480 Studierende abgehalten wird. Nach wie vor besteht jedoch ein deutliches Ungleichgewicht zwischen qualitativer und quantitativer Methodenausbildung: Während ein Verständnis hypothesenprüfender Forschungslogik und quantitativer Verfahrensweisen von den Studierenden kontinuierlich angeeignet und auch in den Lehrveranstaltungen, die nicht explizit der methodischen Ausbildung gewidmet sind, miterworben werden kann, ist die Aneignung qualitativer Methoden nur an einer einzigen Stelle im Curriculum und in relativ geringem Umfang verpflichtend vorgesehen. Sie ist bislang auch kaum mit anderen Studieninhalten verzahnt und es gibt für Studierende wenig Gelegenheit, in anderen Lehrveranstaltungen etwas über »elaborierte qualitative Methoden« (Reichertz 2016, 29) geschweige denn kultur- und sozialwissenschaftliche Zugänge in der Psychologie zu erfahren. Darüber hinaus gibt es, je nach verfügbaren personellen Ressourcen, optionale Lehrangebote wie etwa ein über zwei Semester geführtes Bachelorseminar. Im Masterstudium ist curricular derzeit keine Vertiefung in qualitativen Methoden verankert; es besteht jedoch die Möglichkeit, qualitative Masterarbeiten zu verfassen. Zur Zeit der Entstehung dieses Textes (und berührt von den damit verbundenen Recherchen und Reflexionen) haben wir Veränderungen in die Wege geleitet, die künftig mehr Kontinuität in der qualitativen Methodenausbildung in Bachelor- und Masterstudium, zumindest für interessierte Studierende, ermöglichen sollen (etwa eine Einführung in qualitative Forschung bereits in der Studieneingangsphase oder zusätzliche optionale vertiefende Veranstaltungen im Bachelor- und Masterstudium).

Insgesamt lässt sich die Situation der qualitativen Methoden an der Fakultät für Psychologie der Universität Wien jedoch nach wie vor relativ treffend mit Verweis auf jenen double bind bzw. jenes pragmatische Paradox charakterisieren, das Norbert Groeben (2006, Abs. 6) als typisch für die Haltung des psychologischen Mainstreams gegenüber der qualitativen Forschung beschrieben hat. Einerseits wird vielfach (wenn auch nicht allerorts) verbal Pluralismus und Diversität vertreten: »Explizit, mit großem Nachdruck: Ihr gehört dazu, zur Psychologie!« Andererseits wird implizit jedoch mit großer Konsequenz die unmissverständliche Botschaft vermittelt: »Ihr gehört nicht dazu, zur Wissenschaft!«

Anders stellt sich die Situation im Bachelor- und Masterstudium Psychologie der Sigmund Freud PrivatUniversität Wien dar: Das Bachelorstudium zielt auf die Vermittlung von hypothetico-deduktivem sowie theoriegenerierend-verstehendem Zugang als unterschiedliche, aber gleichwertige Forschungsstrategien. Dies kommt auf curricularer Ebene zum Ausdruck, indem zunächst im Rahmen einer Einführungsvorlesung mit zugehörigem Proseminar in wissenschaftstheoretische Grundlagen beider Zugänge in der Psychologie eingeführt wird und in der Folge qualitative und quantitative Methoden in zwei bezüglich des Umfangs (fast) gleichgewichteten Modulen vermittelt werden. Ein hoher Stellenwert kommt dabei dem forschenden Lernen im Sinne projektbasierter Lehre zu. Auch ist das Curriculum insgesamt stärker sozial- und kulturwissenschaftlich orientiert. Darüber hinaus beinhaltet der Studienplan Kurse zur Selbsterfahrung und Selbstreflexion, in denen Fähigkeiten, die auch für die qualitative Forschung wesentlich sind, erworben werden können. Der Masterstudiengang Psychologie beinhaltet aufbauend auf den Methodenlehrveranstaltungen des Bachelorstudiums eine zweiteilige integrierte Lehrveranstaltung »Forschungsmethoden und Evaluation – Qualitative Verfahren«, deren Übungsteil ebenfalls in projektbasierter Weise auf das forschende Lernen abzielt. Neben Schwerpunkten in Klinischer Psychologie, Diagnostik sowie Wirtschaftspsychologie wird ein von zwei der Autor*innen (Katharina Hametner und Markus Wrbouschek) mitentwickelter Schwerpunkt im Bereich der Sozialpsychologie angeboten, der einen Fokus auf kritische Sozialtheorie und -forschung legt und dabei auch auf Erkenntnisse der qualitativen Sozialforschung zurückgreift. Auf institutioneller Ebene gibt es – entsprechend der Gleichwertigkeit der methodischen Zugänge im Rahmen der Fakultät – neben dem Institut für Statistik auch ein Institut für qualitative Sozialforschung.

Vor dem Hintergrund der marginalisierten Position qualitativer Methoden in den psychologischen Curricula an Universitäten im deutschsprachigen Raum und auch im Vergleich mit den Rahmenbedingungen, unter denen sich die wissenschaftliche Sozialisation eines Teils unserer Gruppe an der Fakultät für Psychologie der Universität Wien in den frühen 2000er Jahren vollzogen hat, stellt sich die aktuelle Situation der qualitativen Methodenlehre an unseren Universitäten also auf den ersten Blick positiv dar. Denn in dem 2016 ausgelaufenen Diplomstudium Psychologie war lediglich eine Pflichtvorlesung »Qualitative Methoden« vorgesehen, die auf bloße Vermittlung von Wissen setzte und keine praktischen bzw. übenden Anteile beinhaltete. Nur gelegentlich fanden sich optionale Lehrangebote zu qualitativen Methoden wie etwa ein Forschungspraktikum (geleitet von Thomas Slunecko), das üblicherweise gegen Ende des zweiten Studienabschnittes absolviert wurde und in dem schließlich auch ein Teil unserer Gruppe Feuer fing. Angesichts dieses veränderten Stellenwertes qualitativer Methoden auf Ebene der Curricula sowie des konkreten Lehrangebots ließe sich annehmen, dass sich die Lage für die qualitative Methodenlehre und die in diesem Feld Lernenden doch deutlich verbessert hat. Allerdings machen wir die Erfahrung, dass sich die Erwartungen, die wir an diese gewandelten curricularen Rahmenbedingungen knüpfen, häufig nicht erfüllen. Entgegen unseren Erwartungen, dass unter den Bedingungen verstärkter Implementierung qualitativer Methoden Studierende vermehrt Feuer dafür fangen würden, kämpf(t)en wir neben der grundsätzlichen Skepsis in Bezug auf Sinn und Wissenschaftlichkeit qualitativer Methoden damit, dass die Offenheit und Unplanbarkeit qualitativer Forschungsprozesse viele Studierende verunsichert. So scheint etwa das Prinzip qualitativer Interviews, sich auf das Relevanzsystem der Forschungssubjekte einzulassen, oftmals als beängstigend erlebt zu werden, bedingt es doch die Bereitschaft, spontan und ohne Schutz eines vorab vorbereiteten Leitfadens zu reagieren (Hopf 1978, 101) – »Was mache ich, wenn der Interviewpartner vom Thema abweicht?«, »Was, wenn die Interviewpartnerin ausschweift?« sind von uns häufig gehörte Sorgen. Auch dass die eigenen Selbstverständlichkeiten hinterfragt werden sollen, scheint auf die Studierenden mitunter bedrohlich zu wirken. Der Bruch mit dem Common Sense, den wir selbst gerade als befreiend erleb(t)en, stellt unserem Eindruck nach für viele unserer Studierenden eher eine Belastungserfahrung dar. Dabei überrascht es, dass die Herausforderungen, die wir in der Methodenlehre an den beiden Institutionen erleben, trotz des unterschiedlichen Stellenwertes qualitativer Forschung und Methodenlehre und trotz der unterschiedlichen Gesamtausrichtung der beiden Standorte einander doch stärker ähneln als wir angenommen hatten (und dass sie sich darüber hinaus auch mit den Erfahrungen von Lehrenden anderer, nicht-psychologischer Studiengänge zu decken scheinen, siehe z.B. Weidemann [2015] für einen Studiengang »Interkulturelle Kommunikation« oder Otten und Hempel [2022] für einen Studiengang »Soziale Arbeit«).

Unsere Erwartung, Studierende würden die Begeisterung für die qualitative Methodenlehre erwidern, muss zunächst vor dem Hintergrund unserer eigenen oben bereits angedeuteten Sozialisation als qualitativ forschende Psycholog*innen und den damit einhergehenden Enkulturationserfahrungen verstanden werden (Kressin 2022): Für den Großteil unserer Gruppe fällt die eigene Lerngeschichte in die Zeit der alten Diplomstudienordnung und eines Hochschulsystems vor dessen neoliberalem Umbau und vor der Implementierung der Bologna-Reform. Es gab zu dieser Zeit für uns zwar (so gut wie) keine curricular verankerte kontinuierliche qualitative Methodenausbildung, aber unser Studieren war geprägt von größeren Freiheitsgraden in der zeitlichen Strukturierung und inhaltlichen Gestaltung als sie gegenwärtig Studierenden zur Verfügung stehen (Winter 2015). So konnten wir die Reihenfolge, in der wir Lehrveranstaltungen absolvierten, relativ frei wählen, während unsere Studierenden gegenwärtig einem vorgegebenen Studienpfad zu folgen haben. Damit in Zusammenhang steht, dass wir umfangreichere Möglichkeiten hatten, individuelle Schwerpunkte zu setzen: Wir konnten aus einem vielfältigeren Lehrangebot (teils auch von anderen Fakultäten bzw. Instituten) wählen, während gegenwärtig auf inhaltliche und formale »Vergleichbarkeit« von Parallellehrveranstaltungen Wert gelegt wird. Darüber hinaus haben wir den Eindruck, dass die Bedingungen, unter denen wir studierten, eher eine eigensinnige Studierpraxis zuließen, als die gegenwärtigen Rahmenbedingungen dies tun: Genügte in unserem Studium zumeist eine Leistung pro Lehrveranstaltung zu erbringen, so müssen Studierende nun häufig in prüfungsimmanenten Lehrveranstaltungen kontinuierliche Teilleistungen erbringen, um die Veranstaltung positiv abschließen zu können. Sie werden somit laufend beschäftigt (bzw. »aktiviert«, wie es im gegenwärtigen hochschuldidaktischen Diskurs zumeist formuliert wird) und finden kaum Zeit, sich intensiver mit Themen zu befassen, die ihr Interesse geweckt haben. Auch Leistungs- und Notendruck spielen in diesem Zusammenhang eine entscheidende Rolle. Die Mindeststudiendauer, die wir in der Zeit unseres Studiums eher als bloße Information darüber gedeutet hatten, wie viel Zeit wir zumindest für unser Studium einzukalkulieren hatten, gilt Studierenden heute als klare Handlungsanweisung. Überschreitungen dieser Dauer sind häufig mit Scham und Selbstzweifeln verbunden (Winter 2015).

Im Zusammenhang mit unserer eigenen Gestaltungsfreiheit im Studium fanden wir Anregungen vor, eigene Erfahrungen mit qualitativen Methoden zu sammeln, und schlossen letztlich mit qualitativen Qualifikationsarbeiten unsere Studien ab. Wir waren, wie Aglaja Przyborski es in einer Podiumsdiskussion zum Thema »Vermittlung der Dokumentarischen Methode« aus unserer Sicht treffend schildert, »hungrig und neugierig auf andere Ansätze der empirischen Forschung als jene der quantitativ-experimentellen« (Klinge et al. 2021, 52). Vor dem Hintergrund der Erfahrung einer Leerstelle über weite Strecken unseres Studiums lässt sich der angesprochene Hunger auch so formulieren: Wir wollten etwas – eine am eigenen Erkenntniswunsch orientierte bzw. mit ihm identifizierte Studierhaltung, die der bologna-reformierte und an neoliberalen Parametern ausgerichtete Studienbetrieb systematisch zerstört (Gast 2010). Etwas zu wollen ist natürlich ein günstiger Ausgangspunkt für »expansives Lernen« (Holzkamp 1993), ein Lernen, das von einem praktischen Interesse (nämlich der Lösung eines Handlungsproblems im weitesten Sinne) motiviert ist und auf die Erweiterung des Handlungs- und Erlebnispotenzials zielt. Im Sinne eines (anfänglich wohl eher noch unreflektierten) positiven Horizontes orientierte solch ein Verständnis von Lernen unsere Lehrpraxis und insbesondere in unseren ersten Jahren im Lehrbetrieb auch (implizit) unsere Erwartungen an die Studierenden.

In Hinblick auf diesen Aspekt nehmen wir deutliche Unterschiede zu unseren Studierenden wahr, die sich häufig an einer defensiven Lernhaltung zu orientieren scheinen, in der das Erfüllen äußerer Vorgaben und das Abwenden von Sanktionen Priorität hat gegenüber dem neugierigen Suchen und Entdecken. Dies ist sicherlich auch dem Umstand zuzurechnen, dass die meisten Studierenden, mit denen wir in unserer qualitativen Methodenlehre zu tun haben, diese Lehrveranstaltungen besuchen, weil das Curriculum dies vorschreibt, nicht weil sie sie selbst gewählt haben. Darüber hinaus scheint uns jedoch zentral, dass die Implementierung qualitativer Methodenlehre als fixem Bestandteil der Curricula an unseren Fakultäten unmittelbar mit der Einführung eines Bachelor- und Masterstudiengangs Psychologie im Zuge der Bologna-Reform verbunden war. Sie fällt damit in eine Zeit des umfassenden neoliberalen Umbaus der Hochschulen, deren Steuerung sich zunehmend nach einer marktwirtschaftlichen Logik und an Strategien des New Public Management ausrichtet. Qualitative Methoden können an unseren psychologischen Fakultäten nun einer größeren Zahl Studierender vermittelt werden und dies durchaus auch – wie oben beschrieben – mittels günstiger(er) curricularer Konzepte, gleichzeitig geschieht dies aber unter Bedingungen, die – so unsere Einschätzung – zentralen Prinzipien qualitativer Forschung bzw. Erfordernissen qualitativer Methodenlehre zuwiderlaufen.

3 Zonen der Verunsicherung im Lernen und Lehren qualitativer Forschung

Qualitative Methodenlehre zielt charakteristischerweise nicht auf die bloße Vermittlung von Methoden als modularisierbare Techniken, sondern darauf, dass Studierende sich eine »qualitative Haltung« aneignen (Schreier und Breuer 2020, 271). Diese Auffassung negiert nicht, dass umfangreiches theoretisches und methodologisches Wissen sowie Wissen um konkrete Verfahrensweisen erlernt werden müssen. Jedoch gilt für qualitative Forschung, was Steve de Shazer einst für die Psychotherapie formulierte: »Without the right attitude, it’s not even a good technique« (zit. n. Arn 2016, 41). Von daher geht es in der qualitativen Methodenlehre weniger oder zumindest nicht nur um Lernen, sondern um Habitualisierung (Schäffer 2006, 297), also um die Entwicklung eines forschenden Habitus, für den die Orientierung an Offenheit, Flexibilität, Kontextsensitivität, Ambiguitätstoleranz und Reflexivität bzw. reflektierte Subjektivität charakteristisch ist (Schreier und Breuer 2020; Kanter und Mey 2021). Auch in unserer Lehre spielt der Aspekt des Einsozialisierens in diese Orientierungen eine wichtige Rolle. Auf der Ebene der Lehrveranstaltungskonzeption gehört dazu, dass die Studierenden den Prozess des Forschens selbst durchlaufen oder zumindest einzelne Methoden selbst ausprobieren, dass sie ausreichend Gelegenheiten erhalten, ihre Erfahrungen gemeinsam zu diskutieren und zu reflektieren, dass Aufgaben kollaborativ erarbeitet werden und dass Feedback als dialogische Praxis eingeübt wird.

Darüber hinaus versuchen wir, die genannten Orientierungsdimensionen in unseren Lehrveranstaltungen performativ zum Ausdruck zur bringen und so für die Studierenden erfahrbar zu machen. Dies kann durch die Art und Weise geschehen, wie wir Aufgabenstellungen formulieren (z.B. wenn wir auf allzu konkrete Anleitungen und Vorgaben oder gar Vorlagen verzichten) oder wie wir mit den Studierenden kommunizieren und interagieren (z.B. wenn wir offene Fragen an sie stellen, wenn wir den Relevanzen der Studierenden Raum geben, aktiv zuhören und längere Pausen im Dialog aushalten oder wenn wir auch selbst eigene unhinterfragte Annahmen der Kritik preisgeben) oder indem wir unseren professionellen Habitus als qualitativ Forschende in Aktion treten lassen (z.B. wenn wir gemeinsam mit den Studierenden über eine angemessene Einstiegsfrage in einem narrativen Interview reflektieren).

Während die Studierenden die Möglichkeit, eigene Erfahrungen mit Forschungsmethoden zu machen, durchaus begrüßen und die Möglichkeit, mit Peers und Lehrenden zu interagieren, schätzen, erzeugen andere Aspekte unserer Methodenlehre gemischte Reaktionen, die neben Begeisterung häufig auch Irritation, Überforderung und Abwehr beinhalten. Insbesondere betrifft dies unserer Wahrnehmung nach die fehlende Vorab-Strukturierung sowie die konsequente Absage an (vermeintlich) klare, eindeutige Antworten (Offenheit) (3.1), die Orientierung an methodisch kontrolliertem Fremdverstehen, das sich durch konstitutive Verlangsamung und Nicht-Linearität auszeichnet (Zirkularität) (3.2), sowie den Umstand, dass es unumgänglich ist, die in der Forschung aufeinander treffenden Positionen (inklusive der eigenen) zu reflektieren, was bedeutet, Vorstellungen von »objektiver« Distanziertheit und Unbetroffenheit aufzugeben (3.3). Alle drei Spezifika qualitativer Forschung zeichnen sich, wie wir noch zeigen werden, durch eine charakteristische Unverfügbarkeit aus. Diese läuft einem Hochschulbetrieb, der auf zweckrationale Planbarkeit und ergebnisorientierte Steuerung abstellt, nicht nur zuwider, sondern geht auch mit Irritationen und Erfahrungen der Verunsicherung bei Lernenden und Lehrenden einher.

Wir möchten der Diskussion dieser Irritationen und Verunsicherungen zunächst eine Fallvignette voranstellen, die Julia Riegler in unsere Treffen eingebracht hat und die in der Folge zu einem wesentlichen Bezugspunkt unserer Reflexionen wurde. Auch wenn es sich um die Darstellung ihrer Erfahrungen im Rahmen der Entwicklung der in Abschnitt 2 erwähnten Vorlesungsübung (VU) »Einführung in qualitative Methoden« handelt, spiegelt sie doch auch in vielen Aspekten die Erfahrungen der anderen Autor*innen wider. Insofern verdichten sich in der Vignette exemplarisch die genannten Verunsicherungserfahrungen.

Als ich die VU »Einführung in qualitative Methoden« als einen regulären Bestandteil des BA-Curriculums Psychologie im Wintersemester 2016/17 übernahm, erstellte ich zwar einen detaillierten Semesterablaufplan für die Lehrveranstaltung, legte aber die konkrete Gestaltung der Einheiten relativ offen an. Ich hatte viel Zeit für Diskussion und Reflexion mit offenem Ausgang vorgesehen und mir Übungsaufgaben zur Erprobung qualitativer Basisverfahren (Beobachtung, Interview bzw. Gruppendiskussion) überlegt, deren Aufgabenstellungen mit vergleichsweise wenigen Vorgaben bzw. Vorstrukturierungen auskamen. Ich stellte Lesematerial zur Verfügung anhand dessen sich die Studierenden auf die Einheiten vorbereiten sollten oder sich vertiefen konnten. Intuitiv hatte ich jene Haltung eingenommen, die ich selbst als Studierende bei jenen Lehrenden erlebt hatte, bei denen ich auf den Geschmack qualitativer Forschung gekommen war und die meine Einsozialisierung in den Habitus einer qualitativ Forschenden wesentlich geprägt hatten. Ich setzte, ohne dies zunächst wirklich zu hinterfragen oder mir dessen bewusst zu sein, auf ein starkes Eigeninteresse und eine hohe Eigenmotivation der Studierenden. Implizit ging ich wohl – weil ich mir als Studentin eine solche Veranstaltung immer gewünscht hätte – davon aus, dass dies auch auf die Studierenden zutrifft, die nun meine VU besuchten, nicht berücksichtigend, dass viele bzw. letztlich alle zunächst einmal da waren, weil sie da sein mussten.

Schon während des Semesters fiel mir auf, dass die Kommunikation und Interaktion in den Einheiten nicht so verliefen, wie ich das aus den Veranstaltungen, die ich selbst als Studentin besucht hatte, gewohnt war und wie ich es offenbar erwartet hatte. Die Studierenden beteiligten sich eher zurückhaltend und konnten augenscheinlich mit dem offenen Vorgehen wenig anfangen. Wenn sie Fragen stellten, dann waren es häufig solche, die unausgesprochen von Prämissen hypothesenprüfender Forschung ausgingen und dazu führten, dass ich zunehmend aus der Defensive argumentierte (verschärft wurde das anfangs durch meine relative Unerfahrenheit als Lehrende), Fragen, die mit dem Wunsch nach eindeutigen Antworten verbunden waren, oder solche, die sich auf Formalia (wie etwa Umfang und Layout von Abgaben) oder Bewertungsaspekte bezogen.

Ein wenig habe ich rückblickend den Eindruck, dass damals zwei Welten aufeinandertrafen, die einander nicht verstanden und zutiefst irritierten. Am Ende des Semesters, als ich die Auswertung der Evaluation der Lehrveranstaltung (LV) erhielt, hatte ich schwarz auf weiß belegt, was ich schon vermutet hatte, nämlich dass die Veranstaltung auch aus Sicht der Studierenden nicht optimal verlaufen war. Sie beklagten sich über den Umfang, die Unverständlichkeit und Komplexität des »Stoffes« (aber auch meiner Sprache) und sie äußerten in den Rückmeldungen im offenen Teil des Fragebogens teilweise auch mehr oder weniger unverhohlen ihre Zweifel an der Wissenschaftlichkeit qualitativer Methoden.

Auf diese sehr ernüchternde Erfahrung folgte in den nachfolgenden Semestern ein intensiver zirkulärer Prozess der Weiterentwicklung des LV-Konzeptes und meiner kommunikativen Praxis im Hörsaal, im Zuge dessen ich regelmäßig und auf unterschiedlichsten Wegen die Erfahrungen und Perspektiven der Studierenden erfragte und auch im Austausch mit Kolleg*innen besser zu verstehen versuchte. So entwickelte ich gemeinsam mit einigen Kolleg*innen, die jedes Semester einen Teil der Parallelveranstaltungen abhielten, und mit unterschiedlichen studentischen Mitarbeiter*innen, die die Lehrveranstaltung im Laufe der Jahre begleiteten und eine wichtige Vermittlungsfunktion zwischen Lehrenden- und Studierendenperspektive hatten, die VU in eine Richtung weiter, die mir am Ende jedes Semesters zumindest Evaluationsergebnisse bescherte, die nicht mehr das routinemäßige Kontrollsystem der Qualitätssicherung der Universität Alarm schlagen ließen und mit denen auch ich insofern zufrieden war, als ich die Bedürfnisse der Studierenden mehr zu befriedigen schien: Dies waren vor allem Bedürfnisse nach Planbarkeit und Sicherheit, nach Struktur, möglichst klaren Vorgaben in den Aufgabenstellungen, aber durchaus auch der Wunsch, qualitative Forschung kennenzulernen und zu verstehen als Ergänzung oder Kontrast zur bis dahin im Studium vor allem vermittelten quantitativen Forschung. Ich hatte ein Konzept entwickelt, in dem sowohl Studierende, die eher pragmatisch-effizienzorientiert studierten, als auch solche, die ihr inhaltliches Interesse in den Vordergrund stellten und eine hohe intrinsische Motivation mitbrachten, Bedingungen vorfanden, innerhalb derer sie entlang ihrer primären Orientierung studieren konnten. Die Stimmung und die Rückmeldungen in den Einheiten sowie in der LV-Evaluation wurden viel freundlicher bisweilen auch richtig begeistert und ich hatte das Gefühl, etwas richtig gemacht zu haben.

Und dennoch gab und gibt es einige Aspekte jenes Konzepts, zu dem hin (s)ich die Lehrveranstaltung entwickelt hatte, die mich – wenn ich mit etwas Distanz darauf blickte – immer wieder befremdeten und verwunderten, weil sie so gar nicht dem entsprachen, wie ich eigentlich gerne lehren würde, und weil sie zudem eine Einengung und Eintönigkeit in die Veranstaltung brachten, die mich zunehmend lähmten. Dabei spielte sicherlich eine Rolle, dass ich die Lehrveranstaltung jedes Semester dreifach abhielt; ich vermute aber, dass dadurch nur eine grundsätzliche Problematik, die ansonsten möglicherweise einfacher oder noch länger auszuhalten oder auszublenden gewesen wäre, besonders deutlich für mich spürbar wurde.

Dies hing vor allem mit dem Ausmaß an Vorstrukturierung in der LV zusammen, das im Laufe der Zeit immer mehr zugenommen hatte: So hatte ich beispielsweise – da sich Studierende häufiger über »schwammige« Diskussionen beklagt hatten, die keinerlei »Output« brächten und von daher »pure Zeitverschwendung« seien – irgendwann begonnen, vorab genau zu formulieren, auf welche inhaltlichen Aspekte Diskussionen oder Gruppenarbeiten hinauslaufen sollten und auf PowerPoint-Folien eine Art Fazit vorzubereiten, das die Studierenden als standardisiertes Ergebnis (das in allen Parallelkursen dasselbe war) mit nach Hause nehmen konnten. Das führte dazu, dass ich Diskussionen nicht mehr offen und orientiert an den Beiträgen und Schwerpunktsetzungen der Studierenden moderieren konnte, sondern dass ich stets meine eigenen Relevanzsetzungen im Hinterkopf hatte, entlang derer ich die Diskussion lenkte: Ich achtete darauf, dass ich möglichst in allen Gruppen die gleichen Inhalte mit den Studierenden besprach, und ich bemühte mich am Ende der Einheiten – regelmäßig unter Zeitnot –, die stattgefundene Diskussion und meine vorbereiteten Ergebnis-Folien zusammenzuführen. Mit dieser Vorgehensweise schlossen sich Äußerungsräume (für die Studierenden) sowie Möglichkeiten der Diskursentfaltung (für alle Beteiligten) und sie erzeugte darüber hinaus einen ungeheuren Stress sowie eine Anstrengung bei mir selbst. Zunehmend fiel mir auf, dass mein Vorgehen (und seine Folgen) Ähnlichkeiten zu jener »Leitfadenbürokratie« aufweist, die Christel Hopf (1978) in ihrem viel rezipierten Aufsatz zur kommunikativen Gestaltung von qualitativen Interviews aufzeigt.

Auch im Rahmen der praktischen Übungsaufgaben und deren Beurteilung waren über die Jahre immer mehr und umfangreichere inhaltliche und formale Vorgaben, Anleitungen und – auf vielfachen Wunsch der Studierenden – »Musterbeispiele« dazugekommen, deren Sinnhaftigkeit mir (und meinen Kolleg*innen) immer wieder zweifelhaft erschien. Damit einher ging die Entwicklung immer ausgeklügelterer Beurteilungsleitfäden, die auf leicht verobjektivierbare Aspekte fokussierten. Diese zunehmende Standardisierung der Aufgabenstellungen und Beurteilungsformen brachte vordergründig ein paar Vorteile für uns Lehrende mit sich (etwa Einheitlichkeit in der Beurteilung oder die einfachere Gewährleistung von Nachvollziehbarkeit und Transparenz gegenüber den Studierenden), eignete sich aber wohl weniger dazu, das Feuer für qualitative Forschung zu entfachen oder Studierende zu Arbeitsprozessen zu animieren, deren Ergebnisse für uns Lehrende auch tatsächlich interessant zu lesen waren (beispielsweise wenn Studierende narrative Interviews, die sie geführt hatten, entlang detaillierter Checklisten, die sich rein auf formale Aspekte bezogen – Passung von Erkenntnisinteresse und Interviewform, Offenheit der Fragen, generierte Textsorten, Ablaufschema des Interviews etc. – reflektieren und »evaluieren« sollten).

Nach 13 Semestern und insgesamt 39 abgehaltenen VUs fühlte ich mich dem Burnout nahe und ich begann daher, zunächst vor allem zur Selbstrettung, von meinem Konzept abzuweichen: Ich kündigte etwa am Beginn der Einheiten an, dass mir eine (ergebnis-)offene Diskussion bzw. Erarbeitung von Aufgabenstellungen wichtig ist und dass ich den Ideen, Perspektiven und Fragen der Studierenden ausreichend Raum geben möchte. Meine eigenen Überlegungen, die ich vorbereitet hätte, würde ich – je nach Verlauf der Einheit und zur Verfügung stehender Zeit – an passender Stelle einflechten bzw. am Ende noch kurz vorstellen oder aber alternativ zum Nachlesen mit nach Hause geben. Das eröffnete – für die Studierenden und für mich – einen Raum, der überraschend viel Lebendigkeit und Kreativität freisetzte. Ich erfuhr viel darüber, was die Studierenden wie verstanden, wie sie die Themen der LV für sich relevant machten, wie sie sie in Bezug zu ihren eigenen Lebensrealitäten, Interessen und Perspektiven setzten. Die Einheiten verliefen unterschiedlicher, wurden aber dennoch – bzw. genau deshalb – dem Anliegen gerecht, Studierenden den Kern qualitativer Forschung zu vermitteln oder, wohl treffender, einen Raum zu schaffen, in dem sie eine qualitative Forschungshaltung und ihr Potenzial »schmecken« (Schäffer 2006, 292) können.

3.1 Offenheit – Verunsicherung von Plan- und Kontrollierbarkeitsvorstellungen

Der Versuch, der Offenheit, Gegenstandsangemessenheit und Kontextsensitivität qualitativer Forschung didaktisch Rechnung zu tragen, zeigt sich am Beginn des Erfahrungsberichts in einem bewussten Verzicht auf allzu starke Formalisierung und Vorstrukturierung der Veranstaltung. Gerade dies, so zeigt sich, birgt jedoch das Potenzial für Aneignungskrisen bei den Studierenden. Der Verzicht auf konkrete Vorgaben, Anleitungen oder gar musterhafte Vorlagen bei Aufgabenstellungen, auf allzu direktive Moderation von Diskussionen auf bestimmte (vorab definierte) Ergebnisse hin oder auf rezepthafte, vermeintlich eindeutige Antworten auf Fragen von Studierenden kann letztlich für beide Seiten frustrierend sein, wenn Studierende sich Eindeutigkeit, Sicherheit und Planbarkeit wünschen, die Lehrenden aber genau diesen Bedürfnissen nicht entsprechen können und wollen (Eisewicht 2021, 228; Schäffer 2006; Weidemann 2015). In der Reflexion unserer eigenen Lehre stellen wir fest, dass wir diese – entgegen unserer eigentlichen Überzeugung und unserer eigenen Enkulturationserfahrungen – im Laufe der Zeit formal und inhaltlich zunehmend stärker vorstrukturiert haben und zwar in einer Weise, die uns selbst befremdet und verwundert und die mit unserem Lehrziel eigentlich wenig zu tun hat.

Wie lässt sich diese Dynamik, in der sich Aneignungskrisen der Studierenden letztlich mit einer Lehrkrise verweben, verstehen? Unseres Erachtens greifen dabei mehrere Prozesse ineinander: Zunächst einmal könnte man sagen, dass sich in dieser Krise die »Spannungsfiguration« des »pädagogischen Grunddilemmas« (Schütze 2000, 71f.) zeigt: Einerseits müssen die Lernenden »durch das exemplarische Vormachen der professionellen Akteurin darüber ins Bild gesetzt werden […], wie eine bestimmte Problembearbeitung bzw. Aufgabenstellung angegangen zu werden vermag«, andererseits läuft dieses Vormachen aber zugleich Gefahr, die eigenen Handlungs- und Bearbeitungskompetenzen der Lernenden »brachliegen zu lassen, zu unterfordern und bei mehrfachem Wiederholen dieses Vormachens sogar zu lähmen« (ebd., 76). Dazu kommt, wie schon erwähnt, dass gerade im Kontext qualitativer Methodenlehre genaue Anleitungen und Vorgaben hinderlich sind, um eine qualitative Haltung zu entwickeln, und dass sie insofern dem Lehrziel nicht gerecht werden. Mit Schütze kann dieses Dilemma als eine Paradoxie professionellen Handelns betrachtet werden – als unaufhebbare Schwierigkeit, die auf diesem Handeln innewohnenden widerstrebenden sachlogischen Anforderungen beruht. Als solche ist sie conditio sine qua non des Handelns in diesem Arbeitsbereich; das heißt, sie kann lediglich umsichtig bearbeitet, nicht aber als Problemkonstellation »gelöst« oder gar grundsätzlich aufgehoben werden. Diese umsichtige Bearbeitung ist als ein situationsspezifisches, »sensibles Hindurchsteuern« (ebd., 56) durch die Pole der Spannungsfiguration zu verstehen.

Ein solches sensibles und empathisches Hindurchsteuern der Lehrenden ist zugleich auf eine korrespondierende Praxis der Studierenden angewiesen. Gerade in diesem Angewiesensein zeigt sich ein weiterer charakteristischer Aspekt von Bildungsprozessen, nämlich ihre prinzipielle Unverfügbarkeit. Als Bildungsprozess lässt sich die Entwicklung einer qualitativen Haltung insofern verstehen, als die verinnerlichten qualitativen Orientierungsdimensionen Welt- und Selbstverhältnisse tangieren, welche die Grundlage für Orientierungsleistungen des Subjektes bilden (Nohl 2006, 20; Tiefel und Konratjuk 2021, 212). Relevant sind hierbei insbesondere konkrete Erfahrungen wie die Infragestellung des eigenen Blickes auf die Welt bei der Rekonstruktion der Perspektiven anderer. Mit Rosa lassen sich Bildungsprozesse als Prozesse der Anverwandlung begreifen: Anverwandlung bedeutet, sich eine Sache so zu eigen zu machen, dass sie einem nicht nur gehört, sondern dass sie einen berührt und tendenziell sogar verändert (Rosa und Endres 2016, 17). Sie entsteht durch Resonanz (Rosa 2016) – eine Form des Weltverhältnisses, bei dem nicht eine Haltung des Beherrschens und des Kontrollierens maßgeblich ist, sondern ein prozesshaftes In-Beziehung-Treten mit bestimmten Ausschnitten der Welt. Es handelt sich um eine Beziehung des Hörens und Antwortens; Resonanz zeichnet sich dadurch aus, offen zu sein, von Dingen berührt zu werden, aber auch in der Lage zu sein, entgegenzugehen. Damit unterscheidet sich Anverwandlung grundlegend von Aneignung, die eine Erweiterung von Ressourcen darstellt, etwa von Informationswissen oder Kompetenzen, über die man verfügen und die man instrumentell einsetzen kann. Resonanz lässt sich hingegen nicht strategisch oder gezielt herstellen, sie enthält immer ein Moment der Offenheit und Unverfügbarkeit. Von daher ist Absichtslosigkeit im Grunde die beste Voraussetzung dafür, dass Resonanz entstehen und Anverwandlungsprozesse in Gang kommen können. Das unauflösbare Dilemma, das sich als weitere Paradoxie professionellen Handelns in der Lehre damit verbindet, spannt sich zwischen der Notwendigkeit auf, gewisse Absichten und Zielsetzungen zu haben, gleichzeitig aber darauf zu verzichten, sie – zumindest allzu zweckorientiert – zu verfolgen.

Die in der Vignette dargestellte Konstellation mündete unter anderem deshalb in eine Lehrkrise, weil diese grundsätzlichen Paradoxien nicht ausreichend als solche (d.h. auch in ihrer Unaufhebbarkeit) erkannt und verstanden wurden. Sie wurden – anstatt umsichtig bearbeitet – tendenziell einseitig gelöst, indem zunehmend konkrete Vorgaben und Vorlagen eingesetzt und der Arbeitsprozess in viele kleine Aufgaben zergliedert wurden. Nicht nur wappnet das gegen die grundlegende Infragestellung, das sei ja alles »subjektiv« – denn es gibt ja einen klaren »objektiven« Plan –, auch machen klare Ablaufpläne und Checklisten die eigene Verunsicherung angesichts der Unplanbarkeit qualitativer Lehr- und Lernkontexte aushaltbarer. In weiterer Folge führt dies jedoch eher dazu, dass die persönliche und beruflichen Identität der Lehrenden allmählich untergraben wird (Schütze 2015, 1) und die Resonanzachsen verstummen, wie sich in der Rede vom »Burnout« andeutet (Rosa und Endres 2016, 97): einerseits aufgrund der enormen Last, diese kleinteiligen Pläne aufrecht zu erhalten, andererseits – und das ist zentral –, weil sich darin ein (irgendwann nicht mehr zu verleugnender) Widerspruch zum eigenen Habitus und Selbstverständnis als qualitativ Sozialforschende manifestiert.

Mit den genannten Paradoxien (Vorzeigen vs. Sich-Zurücknehmen bzw. Lernprozesse intendieren vs. die eigenen Absichten zurückstellen) umsichtig umzugehen, kann aus unterschiedlichen Gründen erschwert sein (Schütze 2015, 2020). Neben heteronomen Systembedingungen (wie Zeitknappheit und fehlende Austausch- und Reflexionsmöglichkeiten), sind es – so ein zentrales Ergebnis unserer gemeinsamen Reflexion und Analyse – vor allem aber die Anforderungen des neoliberalen Hochschulbetriebs, die einem situationsspezifischen und resonanten Umgang mit diesen widerstrebenden Polen im Kontext unserer (qualitativen) Lehre entgegenstehen: Die implizite Ausrichtung des Lehrbetriebs am ökonomischen Kalkül, rasch und effizient »Humankapital« zu schaffen (Giesecke 2005), und die damit einhergehende Orientierung an Effizienz, Steigerung, Output und Messbarkeit spiegeln eine Haltung des Beherrschens, des Kontrollierens und des Sich-Verfügbar-Machens von Welt wider. Ein solcherart manipulatives Weltverhältnis behindert, dass Lernende (und Lehrende) in einen Modus dispositionaler Resonanz finden können, der Anverwandlungsprozesse erst ermöglichen könnte. Eher begünstigt es eine instrumentelle, prüfungsorientierte Studiermentalität (Kanter et al. 2019; Quindel 2015; Winter 2015). Das zeigt sich in unseren Beobachtungen beispielsweise auch daran, dass offene, nicht durch leistungsbezogene Erwartungen präfigurierte Lehr-Lern-Formen in angstvoller Erwartung der nächsten Leistungsüberprüfung von Studierenden selbst durchkreuzt werden. Die angebotenen Freiräume werden dann mitunter nicht im Sinne der resonanten Beschäftigung mit »unserem« Thema genutzt, sondern es wird lieber noch schnell die eine oder andere vertrackte Aufgabenstellung für eine bevorstehende Prüfung in einem anderen Fach besprochen. Eine nachvollziehbare Reaktion, die jedoch wiederum uns Lehrende in die Position bringt, zur Sache zurückzurufen und etwa eine von uns zunächst bewusst vermiedene strukturierende Vorgabe zu machen.

Mit der als primär instrumentell-prüfungsorientiert wahrgenommenen Orientierung der Studierenden, wie sie sich etwa in dem eben skizzierten Beispiel manifestiert, korrespondiert somit – häufig bereits antizipierend – eine Orientierung der Lehrenden, die sich vor allem an formalen Regeln ausrichtet (Winter 2015). Die Studierenden werden dabei, entsprechend den dominanten plandidaktischen Diskursen, tendenziell als Subjekte adressiert, die ständig »aktiviert« werden müssen, damit sie etwas lernen respektive leisten, und in diesem Sinne letztlich als »Objekte von Interventionen« behandelt (Reinmann 2018, 6).

Die grundsätzlich unaufhebbaren Schwierigkeiten im hochschuldidaktischen Handeln, die sich aus widerstreitenden sachlogischen Anforderungen einer – nämlich der pädagogischen – Sinnwelt ergeben, spitzen sich also durch widersprechende normative Anforderungen einer anderen Sinnwelt – nämlich jener der (neoliberalen) Ökonomie – zu; die skizzierten Paradoxien werden mithin durch die Antinomie dieser beiden Sinnwelten verschärft (Schütze 2015).

3.2 Zirkularität und Verlangsamung – Verunsicherung linearer Fortschrittsvorstellungen

Wenn wir das Erlernen qualitativer Forschung als Anverwandlungsprozess im Sinne Rosas verstehen, dann ist die Entwicklung einer qualitativen Forschungshaltung an ein resonantes Interaktionsgeschehen gebunden, das sowohl Lehrende als auch Studierende persönlich involviert. Ein solches Interaktionsgeschehen ist auch die Grundbedingung dafür, eine Praxis des analytischen Fremdverstehens zu entfalten. Das analytische Fremdverstehen unterliegt dabei einer spezifischen Zeitlichkeit, die durch Verlangsamung und Zirkularität geprägt ist. Dieses verlangsamte, das heißt zeitlich extensive und kognitiv intensive (Eisewicht 2021, 237) reflektierte Einlassen auf die Perspektive der Forschungsteilnehmer*innen gerät dabei hinsichtlich der zeitlichen und intersubjektiven Dimension in Konflikt mit den Maßgaben des seit Bologna dominierenden Studienmodus. Der Grund hierfür ist nicht nur, dass der Aufbau einer qualitativen Haltung einen kontinuierlichen Aufbau von Verständnis und Fähigkeiten und damit Zeit braucht – Zeit, die in den reformierten Curricula oft nicht ausreichend vorgesehen ist (z.B. Kanter und Mey 2021, 30) und die sich Studierende in strikter Orientierung an den vorgesehenen Mindeststudienzeiten auch kaum mehr eigensinnig nehmen (können). Darüber hinaus liegt das auch darin begründet, dass die Bereitschaft zur Verlangsamung angesichts veränderter Zeitverhältnisse, die Rosa (2005) vor dem Hintergrund seiner weit über das Universitätswesen hinausreichenden Modernisierungskritik als Beschleunigung fasst, zunehmend unter Druck gerät. Diese Dynamik der Zeitverdichtung, die etwa als Rastlosigkeit, fehlende Muße oder Schwierigkeit sich einzulassen spürbar wird, lässt sich nicht nur als ein Geschehen begreifen, das den Akteur*innen durch äußerliche, normative Vorgaben verordnet wird. Vielmehr unterwerfen sich die Akteur*innen – auch das wurde bereits in den bisherigen Ausführungen deutlich – oft bereits vorauseilend dem Diktat der Zeiteffizienz. Aus diesen Anforderungen folgt fast zwangsläufig vonseiten Studierender wie Lehrender eine Orientierung an Aufgabenabfolgen, die im harten Kontrast zur Forderung nach Zirkularität in qualitativen Forschungsprozessen steht. Denn je weniger definitive Vorgaben es gibt, umso mehr sind Studierende und in weiterer Folge auch Lehrende mit Verunsicherungen linearer Fortschrittsvorstellungen konfrontiert. Hingegen lassen eine Durchstrukturierung und Auflistung einzelner Aufgaben, die dann letztlich linear (und eben nicht zirkulär) bearbeitet werden, mehr zeitliche Kontrolle zu. Solcherlei durchstrukturierte Aufgabenpakete lassen sich akkurat in den studentischen Kalender implementieren und machen die Korrektur- und Feedbackaufgaben aufseiten der Lehrenden »verwaltbar«. Eine solche Kontrollierbarkeit kann ein zirkuläres Vorgehen nicht leisten, da es sich spontan auf erkenntnisrelevante Schritte und Fragen einlassen muss und jener zuvor angesprochenen kontemplativen Haltung bedarf. Dem folgend sind in unserer Erfahrung Momente, in denen Anverwandlung in Gang kommt, oft verbunden mit Ausbrüchen aus kurz getakteter Zeitlichkeit, beispielsweise wenn in einem Seminar – mit gehörig Bauchweh ob der vielleicht allzu laxen Zeitnutzung – längere Zeitphasen zum eigenständigen Bearbeiten von Transkriptstellen anberaumt werden. Auch wenn in Kauf genommen werden muss, dass diese Phasen von anderen Anforderungen (z.B. Aufgaben aus anderen Lehrveranstaltungen) durchkreuzt werden, kann gerade in diesen zeitlich offenen Formaten Spielraum entstehen, um zwischen den empirischen Materialien hin- und herzupendeln. So kann in einem solch freien Arbeitsmodus im Sinne des resonanten Einlassens auf die im Material sich zeigenden Perspektiven ein Raum für den »Zeitlupenmodus« des analytischen Fremdverstehens entstehen.

Neben dem Aspekt der Entschleunigung spielt Zeitlichkeit für die qualitative Forschung und Lehre aber noch in anderer Hinsicht eine entscheidende Rolle: Anverwandlungsprozesse setzen nicht nur stellenweise ein Vorgehen im »Zeitlupenmodus« voraus, sondern bewegen sich in einer eigentümlichen Zeitlogik zirkulär bzw. spiralartig, insofern die Konfrontation mit der Eigengesetzlichkeit des Gegenstands immer wieder dazu zwingt, sich reflexiv mit den Voraussetzungen und Engführungen des eigenen Aneignungs- und Arbeitszugangs auseinanderzusetzen. Reflexivität (siehe dazu folgend 3.3) als Grundvoraussetzung qualitativen Lernens, Lehrens und Arbeitens wiederum macht qualitative Forschung als Interaktions- und Beziehungsgeschehen erfahrbar. In seiner intersubjektiven Dimension ist dieser Forschungszugang prinzipiell eben nicht durch eine spezifische planhafte Strukturierungsleistung der Forschenden zu bewältigen. Vielmehr bleibt in der Forschungsbeziehung die sich prozesshaft erschließende Position der Forschungsteilnehmer*innen immer ein Stück weit unverfügbar. Das gilt in gleicher Weise auch für die Beziehung zwischen Lehrenden und Lernenden im Rahmen des als prozesshafte Anverwandlung verstandenen Bildungsprozesses, der in der Methodenausbildung durchlaufen wird.

3.3 Reflexivität – Verunsicherung von Vorstellungen eigener Unbetroffenheit

Der Verzicht auf klare Ablaufpläne und Checklisten, die abgearbeitet werden können, hat im Lehrkontext zur Folge, dass Lehrende wie Lernende auf die eigene Einschätzung und auf Entscheidungsmomente zurückgeworfen sind, für die es kein Patentrezept geben kann, weil sie sich nur in der resonanten Antwort und stimmigen Fortsetzung durch die Studierenden (respektive Lehrenden) entfalten können. Die gegenseitige Angewiesenheit von Lehrenden und Lernenden erfordert es – und das ist ja auch zentrales Moment qualitativer Forschung –, sich reflexiv mit der eigenen Subjektivität auseinanderzusetzen, die Vorstellung von eigener Unbetroffenheit aufzugeben und sich mit der zunächst als Differenz erfahrenen Perspektive des Gegenübers auseinanderzusetzen.

Auf starren Vorgaben und normativen Rahmungen zu beharren, entbindet hingegen von diesem oft als bedrohlich wahrgenommenen Angewiesen- und Ausgesetztsein und ermöglicht insbesondere den Lehrenden Distanz herzustellen: Wir müssen uns weniger mit unkalkulierbaren Situationen auseinandersetzen, in denen wir zwangsläufig mehr mit unserer eigenen Subjektivität Teil der Lehrsituation werden. Insofern simuliert die Orientierung an Plänen, Aufgabenlisten etc. auch unsere eigene Unbetroffenheit (vgl. Devereux’ Arbeiten zum Zusammenhang zwischen wissenschaftlichen Methoden und Angstabwehr, Devereux 1984 [1967]). In Verbindung mit externalisierten Leistungs- und Bewertungssystemen läuft diese Form der Bearbeitung des Beziehungsaspekts aber den Forderungen nach einer Auseinandersetzung mit und Nutzung der eigenen Subjektivität, wie sie für qualitative Forschung zentral ist, zuwider: Geht man gemäß dem Konzept einer strong reflexivity (Kühner et al. 2016; Ploder 2022) davon aus, dass eine verletzliche und sich ihrer eigenen Limitationen bewusste Forschungshaltung für die qualitative Methodologie gewinnbringend und vielleicht sogar unabdingbar ist, dann ist diese Perspektive wohl auch für die qualitative Lehre in Betracht zu ziehen. Wie Ploder klar macht, setzt das Bekenntnis zur eigenen Verletzlichkeit voraus, Forschungs- und Lehrkontexte eben nicht als Wettbewerbs- und permanente Prüfungssituationen zu rahmen, sondern als Sorgebeziehungen, die in Anlehnung an Hartmann (2020, 2022) als »unverfügbare Bindung[en]« begriffen werden können. Nur wenn wir in Forschungs- und Lehrkontexten darauf vertrauen können, dass wir in unseren Unzulänglichkeiten angenommen werden und uns im Sinn eines gemeinsamen Bemühens um einander und die uns verbindende Sache umsorgt finden, können wir uns auf Reflexionsprozesse und situierte Praktiken der Verständigung einlassen.

Dieses Sich-Einlassen auf eine starke Reflexion hat aber auch eine angstauslösende Dimension: Verunsichernd ist ein reflexiver, auf Resonanzbeziehungen zwischen Lehrenden und Lernenden vertrauender Modus der Anverwandlung, insofern sich beide Seiten in einem Beziehungsgeschehen finden, das auf Vulnerabilität und der Hoffnung gründet, dass das Gegenüber das in die Lehrbeziehung gesetzte Vertrauen aufgreift bzw. aufgreifen kann. Genau dies wird jedoch durch die neoliberale Reorganisation des Hochschulbetriebs, die auch die zugehörigen Sorgebeziehungen ergreift, erschwert: Praktiken der Beschleunigung und normativ eingeforderte Leistungsorientierung transformieren Unverfügbarkeit in Verfügungsgewalt. Gleichzeitig kommt es zu einer »Ent-Sorgung« (Hartmann 2020) der Beziehungsdimension, an deren Stelle die eilfertige, ebenso kompetente wie sorglose Bearbeitung des »Stoffs« tritt.

4 »Dieser Weg ist keiner« – Ein tentatives Fazit

Dass Unsicherheits- und Ambiguitätstoleranz zentrale Momente einer qualitativen Forschungshaltung darstellen, wurde in bislang angestellten Überlegungen zum Lehren und Lernen qualitativer Methoden von verschiedener Seite betont. Gleichzeitig braucht es aber eigentlich all dies bereits auf dem Weg zu dieser Haltung, also im Prozess der Anverwandlung selbst – und zwar auf Seite der Lernenden und der Lehrenden gleichermaßen. Neben dem Aushalten (von Verunsicherung, Uneindeutigkeiten, Widersprüchen) ist dabei auch das Zutrauen (aller Beteiligten, zunächst vor allem aber der Lehrenden) zentral – das Zutrauen, das vorwegnimmt, was später (vielleicht) noch zum Vorschein kommt (Rosa und Endres 2016, 71). Allerdings verschärfen sich, wie wir gezeigt haben, die für qualitative Methodenlehre konstitutiven Paradoxien unter den Bedingungen eines neoliberalen Hochschulsystems und werden in diesem Kontext zu charakteristischen Verunsicherungszonen. Da wir in unserer alltäglichen Lehrpraxis weder die Paradoxien noch die sie verschärfenden Antinomien auflösen können (weil die einen grundsätzlich nicht auflösbar und die anderen nur strukturell bearbeitbar sind), sind wir gefordert, immer wieder aufs Neue umsichtig und situationsangemessen durch die widersprüchlichen Pole der beschriebenen Spannungsfigurationen hindurch zu navigieren – im Sinne von »unbeirrten Gratwanderungen zwischen diskrepanten Impulsen« (Schütze 2000, 56). Dass wir als qualitative Forschende eigentlich über ein reiches Wissen verfügen, um uns auf diese Gratwanderung unbeirrt und immer wieder einzulassen, stellt für uns eine ermutigende Einsicht dar, die es uns erlaubt in unserem Lehralltag (wieder) handlungsfähig zu sein – ohne dabei die sich bietenden Möglichkeiten für hochschulpolitische Gestaltung aus den Augen zu verlieren.

Es ist für uns naheliegend – das ist in den am Ende der Fallvignette beschriebenen Erfahrungen angedeutet –, dass die Lehre von etwas, das so stark an die Anverwandlung einer bestimmten Haltung geknüpft ist, auch einer entsprechenden, wenn man so will gegenstandsangemessenen didaktischen Haltung bedarf. Eine solche Haltung, welche die Unverfügbarkeit und die Beziehungsdimension von Bildungsprozessen anerkennt, müsste Didaktik grundlegend als resonanzorientierte, »strukturierte Improvisation« (Arn 2016, 21) fassen. Sie lässt sich weder vereinheitlichen noch vorschreiben, vielmehr handelt es sich – genau wie bei qualitativem Forschen selbst – um einen Weg, der im (eigenen) Gehen entsteht. Bisweilen lassen sich paradoxe Haltungen oder Vollzüge auch besser durch (versprachlichte) Bilder als durch abstrakte Erklärungen vermitteln – wer einmal Lehrling im Yoga, Bogenschießen, Tanzen, Singen oder anderen leibkörperlichen Praktiken war (mit deren Einübung qualitative Forschung bisweilen verglichen wird, z.B. Strübing 2018, VIII), weiß das. Ein Bild, das uns in diesem Zusammenhang sehr eindrücklich erscheint, findet sich bei Rosa und Endres (2016, 80) in Form eines Fotos: Es zeigt ein Schild, das – auf einem Holzpflock angebracht – in unwegsamem Gelände steckt und die Aufschrift trägt »Dieser Weg ist keiner!« In diesem »performative[n] Selbstwiderspruch« (ebd., 81) verdichtet sich die für qualitative Methodenlehre besonders charakteristische Paradoxie, dass der Weg zugleich als Weg markiert und negiert wird. Insofern die widersprüchliche Warnung in dem Foto nicht plausibel ist, macht sie, wie Rosa anmerkt, neugierig und kann als Aufforderung gelesen werden, es jetzt erst recht zu versuchen. Sie vermag zu signalisieren: »Wenn du das hier versuchst, dann weißt du nicht, was du erlebst« (ebd.). Das gilt für die Lernenden wie für die Lehrenden, und wenn wir das ernst nehmen, dann müssen wir uns als Lehrende immer zugleich auch als Lernende in unwägbarem Gelände verstehen.

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Die Autor*innen

Julia Riegler, Mag., Dr., ist Senior Lecturer für qualitative Forschungsmethoden am Institut für Kognition, Emotion und Methoden der Fakultät für Psychologie der Universität Wien. Ihre Arbeitsschwerpunkte liegen im Bereich qualitative Methoden, Didaktik qualitativer Sozialforschung und feministische Perspektiven in der Psychologie.

Kontakt: julia.riegler@univie.ac.at

Katharina Hametner, Mag., Dr., ist Assistenzprofessorin an der Fakultät für Psychologie der SFU Wien und lehrt qualitative Methoden und Sozialpsychologie. Ihr Forschungsschwerpunkt liegt im Bereich Sozialpsychologie sozialer Ungleichheit, der Ressentiment- und Rassismusforschung sowie der qualitativen Sozialforschung.

Kontakt: katharina.hametner@sfu.ac.at

Markus Wrbouschek, Mag.phil., Dr. phil, ist Universitätsassistent an der Fakultät für Psychologie der SFU Wien und lehrt qualitative Methoden und Sozialpsychologie. Seine Arbeitsschwerpunkte sind Psychologie der Affekte und qualitative Methoden. Er ist Mitglied des Instituts für Kulturpsychologie und qualitative Sozialforschung (IKUS) in Wien.

Kontakt: markus.wrbouschek@sfu.ac.at

Paul Distler, M.A., ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Visuelle Kommunikation und Mediensoziologie des Instituts für Medienforschung der TU Chemnitz. Seine Arbeitsschwerpunkte liegen im Bereich der Wissens- und Körpersoziologie, der Visuellen Soziologie sowie der Kulturpsychologie.

Kontakt: paul.distler@phil.tu-chemnitz.de

Thomas Slunecko, ao. Univ.-Prof. Dr., lehrt und forscht an der Abteilung für Kognition, Emotion und Methoden der Fakultät für Psychologie der Universität Wien. Seine Arbeitsschwerpunkte liegen im Bereich Kulturpsychologie und qualitative Methoden. Zudem ist er wissenschaftlicher Leiter des Instituts für Kulturpsychologie und qualitative Sozialforschung (IKUS) in Wien, Psychotherapeut und Mitglied des österreichischen Psychotherapiebeirates.

Kontakt: thomas.slunecko@univie.ac.at