Franz Erhard
Journal für Psychologie, 32(1), 31–50
https://doi.org/10.30820/0942-2285-2024-1-31 CC BY-NC-ND 4.0 www.journal-fuer-psychologie.deDer Beitrag untersucht den Zusammenhang zwischen Armut und subjektiver Handlungsfähigkeit. Es wird argumentiert, dass Missachtungserfahrungen hierfür eine entscheidende Rolle spielen. Menschen in Armut erleben oft Beschämungen, die ihr Selbst- und Weltbild beeinträchtigen. Sie beginnen, ihre eigene Lage abzuwerten und bilden eine schamhafte Selbstverachtung aus. Diese Scham führt zu Resignation, Demoralisierung und Passivität. Der Beitrag beleuchtet die theoretischen Hintergründe für diese Argumentation und verknüpft sie mit empirischen Fallbeispielen. Es wird gezeigt, dass Armut nicht allein den Eindruck einer blockierten Zukunft hinterlässt, sondern auch das Gefühl mit sich bringt, ausgeschlossen zu sein und keinen Anschluss mehr zu finden. Diesbezüglich wird die Bedeutung sozialer Anerkennung und deren Einfluss auf die Konstitution des Erfahrungssubjekts betont. Gleichzeitig verdeutlichen die Ergebnisse auch, dass Schamerfahrungen in Armut nicht zwangsläufig zu Selbstverachtung führen sondern auch zu Auflehnung und Widerstand führen können.
Schlüsselwörter: subjektive Armut, Handlungsfähigkeit, Anerkennung, Scham, Beschämung, Phänomenologie
The influence of shame and shaming on subjective agency in the context of poverty
A socio-phenomenological study
The article examines the relationship between poverty and subjective agency. It argues that experiences of disregard play a crucial role in this. People in poverty often undergo humiliations that undermine their self-conception and worldview. They begin to devalue their own situation and develop a sense of shameful self-contempt. This shame leads to resignation, demoralization, and passivity. The article elucidates the theoretical underpinnings of this argument and connects them with empirical cases. It is demonstrated that poverty not only leaves the impression of a blocked future but also brings with it a sense of social exclusion and detachment. In this context, the significance of social recognition and its influence on the constitution of the experiencing subject is emphasized. At the same time, the results also highlight that experiences of shame in poverty do not necessarily lead to self-contempt but can also lead to rebellion and resistance.
Keywords: subjective poverty, agency, recognition, shame, shaming, phenomenology
In der soziologischen wie psychologischen Armutsforschung ist es ein etablierter Topos, dass Armut mit einer Einschränkung subjektiver Handlungsfähigkeit einhergeht. Zurückzuführen ist diese vielfach diagnostizierte Veränderung auf einnehmende und dauerhafte Erfahrungen der Fremdbestimmung. Das betreffende Subjekt hat verinnerlicht, dass es keinen Einfluss auf die Gestaltung der Zukunft hat und verliert den Glauben daran, etwas – nicht zuletzt die eigene Lebenssituation – ändern zu können. Die Folge sind Resignation, Fatalismus und Demotivation.
In meinem Beitrag greife ich diese Diagnose auf und führe vor, dass es u. a. Beschämungserfahrungen im sozialen Miteinander sind, die zu passiven und fatalistischen Einstellungsmustern führen. Das von Armut betroffene Erfahrungssubjekt wird teils subtil, teils eindeutig missachtet. Das heißt, ihm wird gespiegelt, dass seine Lebensführung keiner legitimen Form entspricht. Auf der Seite des Erfahrungssubjekts korrespondieren diese Einflüsse mit Schamgefühlen. Der Einzelne internalisiert die Verachtung der anderen und beginnt, sich selbst abzuwerten. Dadurch ist er kaum noch zu einer auflehnenden, anklagenden, in jedem Fall aber Selbstachtung zum Ausdruck bringenden Handlung in der Lage.
Diese Einsichten sind Teil einer sozial-phänomenologischen Konzeptualisierung von Armut als gelebter Alltagspraxis, die alle Erfahrungsdimensionen des Menschen betrifft (Erhard 2021a, 2021b, 2024). Armut wird dabei als ein Phänomen gerahmt, das neben dem Schrumpfen von Handlungshorizonten in zeitlicher und räumlicher Hinsicht durch den Verlust sozialer Anerkennung charakterisiert ist. Personen in Armut sinken im Ansehen ihrer Mitmenschen. Ihr Sozialleben ist immer wieder geprägt von Konfrontationen mit der eigenen Inferiorität und verengt sich insgesamt – wenn auch graduell abgestuft – auf Versuche, wieder Anschluss an die Erwerbsgesellschaft zu finden. Diese Punkte werde ich im Folgenden ausbreiten und mit Auszügen aus Interviews mit Menschen in Armut belegen.
Mein Beitrag gliedert sich in diese Abschnitte: Zunächst stelle ich zentrale Einsichten der akteur- bzw. subjektzentrierten Armutsforschung vor (1.). Danach stelle ich meinen sozial-phänomenologischen Ansatz vor und gehe auf den Forschungshintergrund meiner Ergebnisse ein (2.). Dann beleuchte ich den Zusammenhang von Armut und Anerkennungsverlust, wobei ich meinen phänomenologischen Ansatz mit Honneths (2016 [1994]) Anerkennungstheorie verbinde und die theoretischen Ableitungen mit empirischen Beispielen unterfüttere (3.). Abgeschlossen wird der Beitrag mit einem Fazit (4.).
In Abgrenzung zu rein ökonomischen Betrachtungsweisen von Armut hat sich in den Geistes- und Sozialwissenschaften ein Forschungsstrang entwickelt, der sich den subjektiven, erfahrungsmäßigen Seiten eines Lebens in Armut zuwendet. Ziel ist es dabei zunächst, Einblicke in eine oftmals fremde Lebenswelt zu ermöglichen. Darüber hinaus liefern aber die Einsichten in die subjektiven Haltungen und Einstellungen, die ein Leben in Armut prägen, eigenständige Ansätze, um Armut als gesellschaftliches Phänomen greifbarer und dessen Persistenz verstehbarer machen.
Einer der ersten, der den Blick der Forschung auf die subjektiven Aspekte eines Lebens in Armut lenkte, war der Ethnologe Oscar Lewis (Lewis 1959, 1961, 1966a, 1966b, 1968). In seinen bis heute umstrittenen Studien zur »Culture of Poverty« betonte er, dass Personen in Armutslagen eigene Milieus bilden, besonders wenn sie segregiert leben. Teil dieser Absonderung von der Restgesellschaft seien eigene Orientierungen und Überlebenspraxen, die nicht zuletzt auch intergenerational weitergegeben würden. Kritisiert wurde daran u. a., dass er den Anschein einer sich selbsterhaltenen Subkultur von Unwilligen erwecke, die an einem bürgerlichen Leben kein Interesse hätten und auch sonst nicht zur gesellschaftlichen Reproduktion beitragen wollen würden (Goetze 1992). Dem gegenüber wurden Ansätze entwickelt, die die Reproduktion und Persistenz von Armutslagen bspw. durch Habitus (Bourdieu 1990; Willis 1981), Capabilities (Sen 1985) oder Prekarität (Castel 2000) erklären. Gleichwohl hielt Lewis auch wichtige Beobachtungen fest, die vielfach aufgegriffen und argumentativ ausdifferenziert wurden.
Besonders die Erkenntnis, dass Armutspopulationen einen veränderte Zeitorientierung aufweisen, wird bis heute immer wieder gewinnbringend diskutiert (Güell und Yopo Díaz 2021). Gemeint ist damit eine typische Gegenwartsorientierung, durch die es den Subjekten schwerfällt, Entwicklungsperspektiven für sich und ihre Familien zu entwickeln bzw. überhaupt über die Bewältigung des Tagtäglichen hinauszudenken. Der Aufbau einer in der Mittelschicht verbreiteten Selbstwahrnehmung als »agentic self« (Silva und Corse 2018), das seine Biografie eigenständig bewältigt und darin liegenden Entwicklungspotenzialen nachgeht, fällt Menschen in Armut mindestens schwer. Als Grund dafür wird nur bedingt die ökonomische Mangellage angeführt, die die Betroffenen immer wieder auf basale Bedürfnisse im Hier und Jetzt zurückwirft. Stattdessen kommt in Forschungsergebnissen vielfach das Folgende zum Tragen:
»Die sozioökonomische Erfahrung in den niedrigen Bevölkerungsschichten ist dadurch charakterisiert, daß die Kontrolle des eigenen Lebens den Menschen immer wieder entgleitet, da sie nicht einmal ihre minimalen Bedürfnisse befriedigen können. Hierdurch tritt das Gefühl in den Vordergrund, daß der Ort der Kontrolle weitgehend ›external‹ ist, was in einer anderen Terminologie als geringes Gefühl von Autonomie, als starke Abhängigkeit und Erfahrung der Entfremdung vom eigenen Leben bezeichnet wurde« (Gissi 1995, 11).
Vor diesem Eindruck der Machtlosigkeit und Fremdbestimmung resignieren die Subjekte. Es kommt zu einer Verringerung ihrer Motivation, was nicht zuletzt die Horizonte der Handlungsplanung schrumpfen lässt. Die Zukunft erscheint blockiert und die Welt sowie das eigene Schicksal als nicht beeinflussbar. Das eigene Handeln dient dadurch allein der Befriedigung kurzfristiger Interessen und Bedürfnisse.
Dieser Zusammenhang wurde mit Seligmans Konzept der »erlernten Hilflosigkeit« (Seligman 2011 [1975]) in Verbindung gebracht (Gissi 1995; Heitkamp 2019; Dixon und Frolova 2011; Kane 1987). Unter Berufung auf Experimente mit Tieren und Menschen besagt dieses, dass dauerhafte bzw. regelmäßige Erfahrungen des Kontrollverlustes zu charakterlicher Passivität und persönlicher Demoralisierung führen. Neben der Demotivation zur willentlichen Handlungsplanung ist damit auch eine emotionale Abstumpfung sowie die Einschränkung des Vermögens gemeint, den Ursachen für die eigene Demoralisierung nachzugehen. Seligman selbst merkt in einem Abschnitt zum Thema an, »daß Armut neben allen anderen Auswirkungen die häufige und intensive Erfahrung von Unkontrollierbarkeit bedeutet; Unkontrollierbarkeit verursacht Hilflosigkeit, und diese führt zu der Depression, der Passivität und dem Defätismus, die so oft mit Armut einhergehen« (Seligman 2011 [1975], 153). Ein geringes Einkommen allein impliziert demnach noch nicht das Phänomen erlernter Hilflosigkeit. Stattdessen sei das Leben armer Menschen in gewisser Weise auch »voller Momente von Mut, Überzeugung in die Wirksamkeit ihrer Handlungen und persönlicher Würde« (Seligman 2011 [1975], 151). Gleichwohl ist man durch Armut auf multiple Weise von externen Größen – nicht zuletzt dem Wohlfahrtsstaat – abhängig und mithin »häufig der Unabhängigkeit von Konsequenz und eigenem Bemühen« (Seligman 2011 [1975], 151) ausgesetzt. Man wird zum Passagier des eigenen Lebens, über das nun andere entscheiden und urteilen. Folglich ist es auch äußerst »selten der Fall, daß jemand trotz dieser Armut ein Gefühl der Kompetenz bewahren kann« (Seligman 2011 [1975], 151).
In meinen eigenen Arbeiten (Erhard 2021a, 2021b, 2024) konnte ich zeigen, dass die Einflüsse, die bei Personen in Armut zu einer Wahrnehmung einer blockierten Zukunft führen, über Erfahrungen der Entmündigung und Zurücksetzung im Alltag hinausgehen. Sozialisatorische Prägungen und biografische Einschnitte, die einen Kontrollverlust bedeuten, spielen ebenfalls eine wesentliche Rolle. Die Personen bauen dadurch entweder nur rudimentär die Kompetenz auf, ihr Leben als dynamische Abfolge von Entscheidungen zu konzeptualisieren, die auf ein am sog. »Normallebenslauf« (Fischer und Kohli 1987, 41) ausgerichtetes Ziel zulaufen; oder sie verlieren diese Kompetenz durch einschneidende Erlebnisse wie Privatinsolvenzen oder den Tod naher Angehöriger. Die Biografie als Orientierungs- und Formgeber für das Zeiterleben fällt in diesen Fällen aus, was sich wiederum auf die subjektive Handlungsplanung auswirkt. Wo Ziele für die Zukunft fehlen, bzw. die eigenen Handlungen nicht in einen übergeordneten, Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft verbindenden Zusammenhang gebracht werden können, da geht die Motivation verloren, tätig zu werden. Die Zeit wird zu einer gedehnten Gegenwart, in der man von Tag zu Tag lebt. Der Verlust biografischer Orientierung ist auf diese Weise mit dem Zeitempfinden und der Handlungsmotivation im Alltag verkoppelt (Brose, Wohlrab-Sahr und Corsten 1993).
So plausibel diese Einsichten sind, möchte ich argumentieren, dass es eine Verkürzung darstellt, die Einschränkung individueller Handlungsfähigkeit, allein aus einer Zeitperspektive zu betrachten. Fatalismus und Demotivation erklären sich nicht nur aus dem Verlust biografischer Orientierung und dem Empfinden einer blockierten Zukunft, sondern auch aus Einschränkungen der persönlichen räumlichen Bewegungsfreiheit sowie einer Verweigerung sozialer Anerkennung. Damit ist bereits auf den sozial-phänomenologischen Ansatz verwiesen, der meiner Forschungsarbeit zugrunde liegt. Diesen Ansatz und wie er sich mit der psychologischen Forschung in Verbindung bringen lässt, erläutere ich im Folgenden.
Basierend auf Schütz (1945; Schütz und Luckmann 2003), der die phänomenologische Grundlagenarbeit Husserls (1954) für die Soziologie fruchtbar machte, wird angenommen, dass die Sozialwelt von individuellen Akteuren geprägt ist, die im Umgang mit der Um- und Mitwelt stets intentional gerichtet sind. Dieser Zustand des wachen, absichtsvollen Agierens stellt für den Einzelnen die überspannende Alltagsnormalität bzw. die »paramount reality« (Schütz 1945, 549) dar. Eine absichtslose Betrachtung der Welt ist nur in Grenzsituationen sowie Rausch- und Dämmerzuständen möglich, die eine Ausklammerung des Alltags bedeuten. Die Relevanzsetzungen, Auswahlen und Fokussierungen, die dieses individuelle Alltagshandeln formen, ergeben sich aus sozialisatorischen Prägungen und subjektiven Erfahrungen. Es sind die daraus hervorgehenden Wissensbestände, die den jeweils individuellen Ausschnitt der Welt prägen, der dem Einzelnen als Handlungsraum zur Verfügung steht. Außerdem geben sie die Handlungsoptionen und -strategien vor, die darin eine Chance auf Realisierung haben. Die subjektive Handlungsplanung in einer konkreten Situation bestimmt sich also nicht allein aus den unmittelbar gegebenen Alternativen und Rahmenbedingungen, sondern ist wesentlich auch dadurch bestimmt, welche aus Erfahrungen gewonnen Erwartungen der Einzelne an die Situation und die eigene Rolle darin richtet.
Die sich so entfaltende Alltags- bzw. Lebenswelt gliedert sich für Schütz in drei Erfahrungsmodi: die räumliche Aufschichtung, die zeitliche Struktur sowie die Sozialität (Schütz und Luckmann 2003, 149–55). Damit ist gesagt, dass das »›Hier‹ meines Körpers und das ›Jetzt‹ meiner Gegenwart« (Berger und Luckmann 2018 [1969], 25) sowie die »Tatsache, daß die Zone meiner Handhabungen sich mit Zonen der Handhabung anderer überschneidet« (Berger und Luckmann 2018 [1969], 29), die jeweilige konkrete Situiertheit des Einzelnen festlegen. Für meine Analyse der Erfahrungsstrukturen von Menschen in Armut stellen diese Erfahrungsmodi Bezugsdimensionen dar, um aufzuschlüsseln, wie sich die Erfahrungsgehalte der jeweiligen Handlungssubjekte zusammensetzen und aufschichten. Im vorliegenden Beitrag werden Erfahrungen der Scham und Beschämung verhandelt, die der Sozialdimension zuzurechnen sind, da sie die sozialen Anerkennungsverhältnisse in einer Gesellschaft betreffen. Allerdings wird ersichtlich werden, dass sie auf Erfahrungs- und Einstellungsmuster der Demoralisierung und des Fatalismus einzahlen, die auch aus den anderen beiden Dimensionen gespeist werden.
Die in der Phänomenologie angestrebte »Theorie der unmittelbaren Erfahrung« (Wendt, Sichler und Morley 2023, 8), macht sie auch für geistes- und kulturwissenschaftlich inspirierte psychologische Forschungen attraktiv. Insbesondere die Fokussierung auf eine »leistende Subjektivität« (Husserl 1954, 68) und ihre Verankerung in konkreten lebensweltlichen Kontexten bieten sich für Brückenschläge in die Psychologie an. Durch den ermöglichten »epistemischen Zugang« (Wendt, Sichler und Morley 2023, 10) zum Forschungsfeld werden eben auch subjektive Prägungen und Konstitutionen, die die intentionale und pragmatische Orientierung des Einzelnen in der Welt bestimmen, systematisch in die Erklärungsmodelle mit einbezogen. Damit sind begriffliche wie konzeptuelle Alternativen aufgezeigt, die helfen, die »Besonderheiten und Situiertheit des psychologischen Subjekts« (Wendt, Sichler und Morley 2023, 11) in den Blick zu bekommen. Im Zuge dessen werden der aktuelle Bewusstseinszustand und wie dieser die Welt- und Selbstwahrnehmung prägt und die biografische Genese von Welt- und Selbstwahrnehmungen eines Erfahrungssubjekts miteinander verknüpft. Insofern wird durch den phänomenologischen Ansatz nicht zuletzt die Möglichkeit geboten, der »largely psychological (but ultimately interdisciplinary) question of how consciousness comes about and develops« (Gutland und Wendt 2023, 118) abseits von den in Psychologie dominanten positivistischen Experimentaluntersuchungen und ihren kausalistischen Grundannahmen nachzugehen (Churchill und Fisher-Smith 2023).
Wie in der Sozialforschung legen die durch den phänomenologischen Ansatz aufgeworfenen Fragen nach subjektiven Prägungen und Erfahrungsaufschichtungen und den daraus entspringenden Haltungen und Deutungen auch in der Psychologie die Verwendung qualitativer Methoden nahe (Mey und Mruck 2010). Diese zielen in hermeneutischer Absicht auf ein Sinnverstehen beobachtbarer Handlungen und Äußerungen dergestalt ab, dass diese in ihren »spezifischen Bedeutung« sowie ihren »sozialen, kulturellen und individuellen Rahmenbedingungen« (Sichler 2010, 50) erschlossen werden. Es geht um die erklärende Einbettung beobachtbarer Tatbestände in die subjektiven Weltzugänge derer, die daran beteiligt sind bzw. mit ihrem Handeln auf diese hinwirken. Folglich wird sich diesen Tatbeständen auch rekonstruktiv angenähert. Damit ist gemeint, dass anhand von protokollierten Äußerungen der Untersuchten nachvollzogen wird, welche latenten Sinnmuster ihr Handeln motivierten. Dabei werden u. a. biografisch-sozialisatorische, aber auch Kollektivprägungen (bspw. »Milieu«) zur Geltung gebracht.
Die Datengrundlage für den vorliegenden Text stellen Einzel- und Gruppeninterviews dar, die in Großbritannien und der Republik Irland im Rahmen des von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Projekts »Weltsichten von Arbeitslosen im internationalen Vergleich« (Universität Leipzig, Leitung: Kornelia Sammet) erhoben wurden. Es handelt sich um leitfadengestützte narrative Interviews (Schütze 1983) und Gruppendiskussionen (Bohnsack 2000), die in verschiedenen Einrichtungen der sozialen Hilfe wie community centres oder food banks erhoben wurden. Wie in verschiedenen jüngeren Publikationen festgehalten wurde, spielt Schamempfinden und dessen Bearbeitung eine wesentliche Rolle in diesen Kontexten (Frost et al. 2021; Lorenz et al. 2018).
Ich habe die erhobenen Interviewdaten genutzt, um die spezifischen, individuellen wie kollektiven Erfahrungs- und Wissensbestände von Personen in Armut und die Einstellungen, die sie ausbilden, zu erschließen. Das geschah mithilfe eines an der »Objektiven Hermeneutik« (Wohlrab-Sahr 2003) orientierten »sequenzanalytischen« (Erhard und Sammet 2018) Vorgehens. Die einzelnen Interviews wurden dabei sehr kleinteilig, Sinneinheit für Sinneinheit daraufhin befragt, welche unterschwelligen Annahmen, Deutungen und Erfahrungsbestände sich in ihnen dokumentieren. Dabei wurden keineswegs alle Interviews von Anfang bis Ende durchkämmt. Orientiert an den Prinzipien der Typenbildung (Wohlrab-Sahr 1994; Bohnsack 2007) und der »empirischen Sättigung« wie »theoretischen Durchdringung« (Strübing et al. 2018, 91) wurden stattdessen markante Erfahrungsaufschichtungen und damit im Zusammenhang stehende Erfahrungshaltungen über die verschiedenen Interviews hinweg trianguliert und verdichtet. Es interessierte mithin weniger der Einzelfall als die allgemeinen, typischen Sinnstrukturen, die an ihm zum Ausdruck kommen. Folglich wurden je Interview mitunter nur wenige Seiten bzw. Passagen – die aber sehr intensiv – analysiert.
Anstatt Armut allein als ökonomischen Mangel oder Ausschluss aus der Sphäre der Erwerbsarbeit zu begreifen, rückten mithilfe dieses Vorgehens die konkreten Personen und ihr subjektives Weltverhältnis ins Zentrum. Als übergreifendes Muster wurden dabei die skizzierte Demoralisierung und der fatalistische Blick auf die eigenen Lebensumstände deutlich. Im folgenden Abschnitt zeige ich, dass ein wesentliches Element, das zu dieser Erfahrungseinstellung beiträgt, die soziale Missachtung bzw. Verweigerung von Anerkennung ist. Darauf gehe ich im Folgenden ausführlicher ein. Für die empirische Unterfütterung dieses Punkts ziehe ich ausgewählte Fälle heran, die ihn besonders gut verdeutlichen.
Die These, die ich in diesem Abschnitt verfolge, lautet, dass Erfahrungen sozialer Missachtung ein wesentliches Element der Erfahrungsstruktur von Personen in Armut sind. Diese dokumentieren sich in subjektivem Schamerleben bzw. Beschämungshandeln durch Dritte und wirken sich auf die Handlungsfähigkeit der Betroffenen aus.
In der Soziologie wurde dieser Aspekt von Armut bisher nur vereinzelt aufgegriffen. Bezogen auf die sog. neoliberalen Sozialstaatsreformen der 2000er Jahre wurde Scham als »emotionale Dimension« (Becker und Gulyas 2012, 84) bzw. sogar strategischer Teil einer neuen Armutspolitik im liberalisierten Wohlfahrtsstaat interpretiert (Becker 2011; Becker und Gulyas 2012; Weiß 2018, 108–9). Aufbauend auf der emotionssoziologischen Tradition, subjektive Zustände über Strukturen, Normgefüge und Stigmatisierungen zu erklären (Neckel und Sutterlüty 2008; Simmel 1992; Goffman 1975), galt das Interesse dabei weniger dem Erfahrungssubjekt als vielmehr den gesellschaftlichen Umständen, die auf dieses einwirken und es emotional formen. Scham ist in diesem Verständnis gewissermaßen der »emotionale Nexus zwischen Individuum und sozialer Struktur« (Neckel 1993, 254). Sie stellt sich als emotionaler Zustand durch soziale Spiegelung ein und definiert sich über Selbstabwertung. Man realisiert durch Alltagskontakte mit anderen, dass man gegen geltende, subjektiv verinnerlichte Normen – im Kontext des Themas Armut insbesondere eine geregelte Erwerbsarbeit als Teil eines bürgerlichen Lebens – verstößt und verachtet sich dafür: »Wer sich schämt, teilt zugleich die Normen, die er möglicherweise selbst aufgrund sozialen Abstiegs, Leistungsbezugs etc. nicht mehr erfüllt« (Becker und Gulyas 2012, 94). Das schließt an Neckel (1990, 1993, 2009) an, der betonte, dass erst die Hervorhebung und Bewertung einer Person als normabweichend durch machtvolle Gruppen Scham möglich mache. Erst so wird der Achtungsverlust, den man erleidet, explizit und damit auch spürbar.
Diese Konzeptualisierung lenkt den Blick richtigerweise darauf, dass Schamempfinden nicht ohne äußere soziale Einflüsse der Beschämung ausgelöst werden kann. Gleichzeitig ist durch die starke Betonung des Aspekts der »Sozialscham« (Neckel 1993, 254) der Einzelne vor allem als Spielball äußerer Mächte und Strukturen in den Blick genommen worden. Wie sich regelmäßige Erfahrungen von Beschämung auf die subjektive Konstitution auswirken, blieb dagegen unterbelichtet. Mit Schoneville (2023) lässt sich sagen, dass »die systematische Bedeutung der subjektiven Erfahrung undeutlich« (Schoneville 2023, 62) geblieben ist. Nur wenige Autoren wie bspw. Salentin (2002) betonten die emotionale Belastung, die der Achtungsverlust in Armut mit sich bringt: »Nicht nur die private Konfrontation mit einer prekären finanziellen Lage, sondern auch ihre Weiterungen, insbesondere die Antizipation der Wahrnehmung der eigenen wirtschaftlichen Verfassung durch die soziale Umgebung, können emotionale Anspannungen verursachen« (Salentin 2002, 1). Mithin ist zu konstatieren, dass »an appreciation and understanding of the psychological impact of poverty is a necessary supplement to sociological and structural perspectives« (Rabow, Berkman und Kessler 1983, 419).
Im Folgenden werde ich die psychologischen Auswirkungen, die sich aus Erfahrungen des Achtungsverlustes in Armut ergeben, und wie sie die individuellen Haltungen und Handlungsplanungen beeinflussen, ins Zentrum rücken. Dafür werde ich den skizzierten phänomenologischen Ansatz zur Geltung bringen. Das heißt auch, dass die soziale Einbettung des Individuums beim Thema Scham und Beschämung nicht einfach beiseitegeschoben wird. Vielmehr wird die enge Verzahnung des subjektiven Selbst- und Weltverhältnisses mit Erfahrungen im Sozialleben betont.
Eine geeignete Heuristik, um diesen Zusammenhang in Verbindung mit Scham und Beschämung auszubuchstabieren, bietet Honneths (2016 [1994]) Anerkennungstheorie. Aufbauend auf Hegel (1969) und der Sozialpsychologie Meads (1973) entfaltet er ein interaktionistisches Modell der Identitätsbildung. Der Grundgedanke dabei ist, dass ein positives Selbstbild durch die Übernahme und das praktische Unter-Beweis-Stellen von »sozialen Handlungsnormen« (Honneth 2016 [1994], 126) des umgebenden Gemeinwesens entsteht. Damit ist weniger gemeint, dass man über Bande der anderen ein kognitives Bild von sich gewinnt, sich gewissermaßen seiner selbst in den anderen ›bewusst‹ wird. Vielmehr geht es um soziale Einbindung und Zuspruch. Über die soziale Bestätigung, dass man mit dem eigenen Handeln legitime Ziele und Maximen verfolgt, baut sich die Gewissheit sozialer Akzeptanz auf. Im Anschluss an Honneth ist es »sinnvoll, für dieses intersubjektive Verhältnis den Begriff Anerkennung zu verwenden« (Honneth 2016 [1994], 126).
Wichtig für meine Überlegung ist nun, »daß der Erfahrung von Anerkennung ein Modus der praktischen Selbstbeziehung korrespondiert, in dem das Individuum sich des sozialen Wertes seiner Identität sicher sein kann« (Honneth 2016 [1994], 127). Das heißt, Zuspruch und Akzeptanz wirken sich effektiv auf die subjektive Konstitution des Einzelnen aus. Honneth spricht hier angelehnt an Mead von »Selbstachtung«; damit »ist die positive Einstellung gegenüber sich selbst gemeint, die ein Individuum dann einzunehmen vermag, wenn es von den Mitgliedern seines Gemeinwesens als eine bestimmte Art von Person anerkannt wird« (Honneth 2016 [1994], 127). Meinen phänomenologischen Ansatz wieder aufgreifend möchte ich diesen Gedanken erweitern und argumentieren, dass die Anerkennung durch andere nicht allein zu einer positiven Einstellung gegenüber sich selbst, sondern auch bezüglich der eigenen Handlungschancen in der umgebenden Um- und Mitwelt führt. Wer die Erfahrung macht, dass seine Handlungen Erfolge zeigen und von anderen gewürdigt werden, geht optimistischer in zukünftige Situationen. Handlungsplanungen fallen einfacher und Handlungsentschlüsse entstehen schneller.
Es ist vice versa nur schlüssig, dass dieses dynamische Modell des Identitätsaufbaus über fortlaufende intersubjektive Selbstvergewisserung auch in die Krise geraten kann. Wo Anerkennung verweigert wird, werden »Personen in einem positiven Verständnis ihrer selbst verletzt« (Honneth 2016 [1994], 212). In diesen Fällen ist von Missachtung zu sprechen. Die soziale Resonanz bleibt aus oder kippt sogar in die Abwertung, was schädigende Effekte auf das aufgebaute positive und handlungsoptimistische Selbst- und Weltbild hat. Es ist eben die »Verschränkung von Individualisierung und Anerkennung, aus der sich jene besondere Versehrbarkeit menschlicher Wesen ergibt, die mit dem Begriff der ›Mißachtung‹ bezeichnet wird« (Honneth 2016 [1994], 212).
Wie ich zeigen werde, sind Erfahrungen dauerhafter Missachtung Teil der Erfahrungsstruktur von Armutspopulationen und tragen zum erwähnten lähmenden Effekt bei. Da die eigenen biografischen Hintergründe wie aktuellen Lebensumstände sowie Versuche, an diesen etwas zu verändern, keine Anerkennung finden, verliert man auch die Aussicht, das eigene Leben umzugestalten. Es stellt sich der Eindruck ein, dauerhaft ausgeschlossen zu ein und man flüchtet sich in schamhafte Selbstbezichtigungen und entgegenkommende Gesten gegenüber der Restgesellschaft. Der Bezugsrahmen ist dabei die Erwerbsarbeit, die man mit Honneth (2008) als relevante Anerkennungssphäre moderner Gesellschaften und mithin als äußerst identitätsprägend und sozialintegrierend sehen kann. Gleichzeitig lassen sich aber auch Anflüge der Auflehnung nachweisen, worin sich die These Honneths bestätigt, dass Erfahrungen der verweigerten Anerkennung Widerstand und eben einen »Kampf um Anerkennung« hervorrufen können. Wie sich diese Aspekte in konkreten Fällen widerspiegeln, zeige ich nun anhand von Analysebeispielen auf.
Wie unmittelbar und fast schon körperlich erfahrbar Missachtung in Armut sein kann, wird an einer kurzen Äußerung von Thomas deutlich. Er wurde im Rahmen eine Gruppendiskussion in Südengland interviewt. Wie sich herausstellte, war er für einige Monate obdachlos, lebte für wenige Tage auf der Straße und ansonsten in einem Zelt in einem Park oder in einer für Fälle wie ihn eingerichteten Bed-and-Breakfast-Unterkunft. In dieser Zeit habe er zweimal auf der Straße gebettelt, was er als große Demütigung erfahren hat.1
Thomas: Twice in my life I begged, and it’s sort of really humiliating. And just to see all these people and right now have lovely homes, wives and husbands to go to, coming back from work, now I want off of them, get nothing. And, uh, you do, you do feel small.
Interessanterweise war für Thomas nicht die Tatsache demütigend, im Straßendreck zu sitzen oder kein Geld zu haben. Vielmehr führt er sein Missachtungsempfinden darauf zurück, dass es sich plötzlich in der Zuschauerposition gegenüber einer Alltagsnormalität (»have lovely homes, wives and husbands to go to, coming back from work«) sah, an der er nicht (mehr) teilhat. In die Position des Bittstellers gegenüber dieser Normalität gebracht, merkt er, wie wenig satisfaktionsfähig er im Spiel der wechselseitigen Anerkennungsgewährung ist. Er fühlt sich wie eine unrechtmäßige Belastung für andere (»now I want off of them, get nothing«), wobei sich in diesem Zugeständnis seine subjektive Scham dokumentiert, und erfährt darin seine Unterlegenheit (»you do feel small«). Es zeigt sich hier, wie sich der Blick der Betroffenen schamhaft einfärbt und man tendenziell in eine Defensivposition gerät, die sich allein aus der Verachtung sich selbst gegenüber ergibt, weil man einen bestimmten gesellschaftlichen Standard nicht (mehr) erfüllen kann. Diese Wahrnehmung kann sich bis zu einem generalisierten Gefühl, ausgeschlossen zu sein, auswachsen, wie im Fall von Keiran deutlich wird. Er berichtet auch von Beschämungsempfinden.
Keiran wurde in Nordengland interviewt. Zum Zeitpunkt des Interviews war er 33 Jahre alt. Er wuchs bei seinen Großeltern und einer Pflegefamilie auf, kam früh in Kontakt mit Alkohol und Drogen, war obdachlos und hatte bereits zehn Jahre im Gefängnis gesessen. Im Gespräch wirkte er sehr reflektiert, aber auch ängstlich und neurotisch. Wonach er sich sehnte, waren Normalität und Ruhe. Anhand des Interviews mit ihm lässt sich zeigen, wie Missachtungserfahrungen zu tiefen inneren Konflikten führen und Gefühle der schamhaften Unzulänglichkeit und des Ausgeschlossenseins hervorrufen. Folgende Ausschnitte analysiere ich genauer:
Keiran: Erm for me I think it’s down to my life choices why, why I’m struggling’, you know, to have normal things in my life and feel normal. I think as I get more better and weller and progress more in me recovery. I’ll probably feel less socially detached and more socially–accepted because I’m doing what normal people do, you know, and blending into society rather than sticking out like a sore thumb.
Es zeigt sich, dass Keirans Selbstbild vor dem Hintergrund seiner Biografie von dem Eindruck geprägt ist, ein Außenseiter zu sein. Da er keine »normal things« tue, fühle er sich auch nicht normal. Dementsprechend äußert er den Wunsch, sich mehr einfügen zu können (»blending in«), um so »more socially-accepted« zu sein. Damit wendet er prototypisch den von Honneth beschriebenen Negativ-Zusammenhang auf sich selbst an. Da er keine legitime Biografie verfolgt, leidet sein Ansehen und er wird missachtet. Darauf zeigt er eine Reaktion, die typisch ist für meine Interviewten. Er gesteht ein, dass seine Lebenssituation, ihm selbst zuzuschreiben sei (»my life choices«). Außerdem signalisiert er, sich bessern zu wollen (»I get more better«) und dass er sich professionelle Unterstützung dafür geholt habe (»recovery«). Sowohl im Eingeständnis eigener Schuld sowie im Hervorkehren der Absicht, »normal« werden zu wollen, zeigt Keiran ein schamhaftes Entgegenkommen gegenüber Positionen, die sein bisheriges Leben abwerten, sowie einen starken Drang nach Anschluss an sozial anerkannte Lebensmodelle. Dieser Wunsch, Teil der Sphäre anerkannter Lebensweisen zu sein, zeigt sich auch im nächsten Abschnitt. Hier reflektiert Keiran das allgemeine gesellschaftliche Klima und verdeutlicht, wie hoch sich für ihn die Hürde darstellt, um wieder sozialen Anschluss zu bekommen:
Keiran: I just feel like I’m excluded or looked down upon in society because I don’t work. And that erm I’ve lived in B-town all my life and I haven’t worked and either been in prison or on drugs or drink or whatever. And I don’t know, now that I’m trying to get better in myself and in recovery, sometimes I feel like people don’t want to give you a chance or they don’t trust you. So I feel like there’s a brick wall up against me or I don’t feel like I fit in.
Keiran expliziert hier noch einmal, dass er sich ausgeschlossen fühle und dass man auf ihn herabschaue. Wiederum bringt er das in den Zusammenhang damit, dass er keinen »Normallebenslauf«, sondern einen devianten Lebenswandel verfolgt habe. Zusätzlich deutet er aber noch an, als wie unbarmherzig er seine Mitmenschen erlebe (»people don’t want to give you a chance«). Die Missachtung, die sie ihm gegenüber an den Tag legen, lasse sich auch nicht dadurch aufbrechen, dass er versuche sich zu bessern. Daher stellt sich für ihn der Eindruck ein, vor einem unüberwindbaren Hindernis (»brick wall«) zu stehen. An dieser Stelle wird die Erfahrung eines ›Kampfes gegen Windmühlen‹ deutlich, die viele Menschen in Armut teilen. Obwohl sie Anschluss suchen und Entwicklungsbereitschaft signalisieren, scheint sie die Restgesellschaft nicht wieder aufnehmen zu wollen. Die erwähnte demotivierende Erfahrungsstruktur und der Fatalismus, der daraus erwächst, gründen nicht zuletzt in diesem Eindruck eines zementierten Anerkennungsverlustes.
Was sind nun konkrete Stigmatisierungs- und Beschämungsformen, die Personen in Armut erleben? Zur Beantwortung dieser Frage, ziehe ich einen Ausschnitt aus dem Interview mit Joanne heran. Auch bei ihr ist im gesamten Gespräch die Absicht zu erkennen, die Normalität der Arbeitsgesellschaft zu bestätigen, das eigene Scheitern einzugestehen und das eigene Bemühen zu signalisieren, wieder Anschluss an diese zu gewinnen. Joanne war zum Zeitpunkt des Interviews Mitte 50. Sie hatte Erfahrungen in verschiedenen befristeten Anstellungen und in Arbeitslosenmaßnahmen. Interviewt wurde sie in Nordengland in einem kirchlich organisiertem Job Search Club. Im Folgenden spricht sie über ihr begegnende Vorurteile als Transferleistungsbezieherin.
Joanne: I mean I shouldn’t say I’ve never had, because I’ve had it said to me. Not recently, quite a long time ago, haven’t you got a job yet? You know, and I said, well I applied for a job and that’s all I can do. I can’t, I mean it’s like my friend used to say, she said you can’t make them give you a job. Well you can’t. I mean you can only try. I mean, eh, sometimes I don’t know whether it might be the way I, I said it. They might say somewhat like, haven’t you got a job yet? And it might, I don’t know whether it’s the way I thinkin. And I’m thinking, well you know, they don’t say it in a nice way as if it to say it’s about time you were getting a job sort of thing. And people say, well no it might be the way you’re taking it. They might sound horrible when they’re saying it but it could be the way you’re you know.
Joanne ruft hier eine länger zurückliegende Episode auf, durch die sie sich stigmatisiert und delegitimiert gefühlt habe. Man habe sie gefragt, ob sie bereits einen Job habe. Sie antwortet, dass sie sich beworben habe, aber nicht eingestellt worden sei. Mehr könne sie nicht tun. Damit signalisiert sie zum einen wie Keiran guten Willen und Konformität. Zum anderen steckt darin auch ein performativer Versuch der Selbstbehauptung in Reaktion auf eine Konfrontation mit Missachtung. Besonders gestört von dem Unterton der Frage (»they don’t say it in a nice way«), hat sie das Bedürfnis ihren Selbstwert wiederherzustellen. Sie hat die Wahrnehmung, dass ihr eigener sozialer Status prekär ist und an ihrer Teilhabe an der Erwerbssphäre hängt, und versucht, dem entgegenzuwirken. Damit ist indes auch auf eine implizit bleibende Selbstverachtung verwiesen. Indem sie in den Widerstand geht, fühlt sie sich schamhaft ertappt und möchte das kompensieren. Das drückt sich auch in ihrem Zweifeln aus, ob ihre Wahrnehmung an ihrer Denkweise liege (»I don’t know whether it’s the way I thinkin«), das einem Entgegenkommen gleicht.
Der bei Joanne sich nur andeutende Punkt, dass auf Missachtungen auch weniger selbstanklagend und defensiv reagiert werden kann, soll anhand von Laura noch einmal verdeutlicht werden. Sie war zum Zeitpunkt des Interviews 38 Jahre alt, wurde in Irland geboren und ist in Leeds aufgewachsen. Das Interview fand in Nordengland statt. Sie war stark drogenabhängig und hat in verschiedenen Heimen und Hilfseinrichtungen gelebt. Sie saß insgesamt zwölf Jahre im Gefängnis wegen verschiedener, auch schwerer Delikte. Im Interview kam sie forsch und fordernd rüber, was sich auch zeigte, als sie auf Missachtungen zu sprechen kam.
Laura: They do look at us like disgrace, because we’re not working and that they think they can beat one over on us and they think, oh well, why should we help them? And there’s a lot of people who are homeless these days, got to go beggin and that. I can difference the, it’s the, well in states, like some states like different like areas. I don’t. I know a bit about America and Ireland, cos I’ve got family over there. But over here it’s disgraceful, they just don’t help nobody. They don’t help people who are on streets or nothing.
I: Mh. So how does it make you feel if they talk about, in that way about people they probably don’t know and people who haven’t made the-?
Laura: It makes me sick.
I: Yeah. Okay. Because it’s not right or it’s because there are like talking from up-, I don’t know.
Laura: No it’s just they think they’re upper class and we’re lower class and they treat us like scum.
Es zeigt sich, dass Laura ein starkes Beschämungserleben hat (»They look at us like disgrace«) und sich sogar aktiv unterdrückt fühlt (»they think they can beat one over on us«). Dabei wird wieder der Referenzrahmen der Erwerbsgesellschaft erkennbar. Gleichzeitig zeigt sich bei ihr keine Selbstanklage, Entgegenkommen oder Zurückhaltung. Für sie ist die fehlende Hilfsbereitschaft der britischen Gesellschaft der Skandal – und nicht ihr persönlicher Lebenswandel. Folgerichtig dreht sie die Logik auch um. Die Gesellschaft sei schändlich (»disgraceful«), zumal in Anbetracht der grassierenden Wohnungsnot. Da sie Familie in den USA und in Irland habe, und also verschiedene Wohlfahrtstypen kenne, könne sie das beurteilen. Dieses Auflehnen und Anklagen gegen eine empfundene Entwürdigung schreibt sich auch in ihren weiteren Äußerungen fort. Sie beklagt, dass sich eine gesellschaftliche Gruppe über die stelle, der sie angehöre, und dass damit ihr sozialer Status abgewertet werde (»treat us like scum«). Mit Honneth gesprochen, wird im Fall von Laura also ein Missachtungsverhältnis in einen »Kampf um Anerkennung« gewendet. Anders als bei Joanne noch, lassen sich dabei zudem keine Anflüge von Scham finden. Laura steht zu ihrem Leben und möchte dafür nicht missachtet werden.
Betrachtet man die vorgestellten Fälle überblickshaft, werden einige generalisierbare Handlungstendenzen und typische Erfahrungsmuster erkennbar. Diese möchte ich nun im Fazit bündeln.
Mein Beitrag zielt auf die Frage, was dauerhafte Missachtungserfahrungen mit der subjektiven Handlungsfähigkeit derer machen, die ihnen ausgeliefert sind. Eingebettet ist diese Fragestellung in eine phänomenologische Konzeption von Armut, die Erfahrungshaltungen und Einstellungsmuster und deren biografische Genese von Armutspopulationen in den Blick nimmt. Die etablierte Diagnose, dass sich Armut bzw. die Erfahrungen von Fremdbestimmung, die mit ihr einhergehen, in Form von Demoralisierung, Demotivation und Fatalismus auf das Erfahrungssubjekt niederschlagen, wurde dabei erweitert. Es sind eben nicht allein Veränderungen in der zeitlichen Perspektivierung der Lebenswelt, durch die sich der Eindruck einer blockierten Zukunft einstellt. Vielmehr lassen sich auch Spezifika auf der Ebene des Sozialen beobachten. Die relevante heuristische Kategorie, um diese Spezifika theoretisch fassen zu können, ist Anerkennung durch andere und wie diese sich auf das Selbstbild des Einzelnen und dessen Handlungsplanung auswirkt.
Im Falle meiner Befragten dokumentiert sich eine vielfach erfahrene Verweigerung sozialer Anerkennung. Damit sind Beschämungshandlungen durch andere gemeint, die einen destruktiven Einfluss auf das Selbst- und Weltbild meiner Befragten haben. Diese Beschämungen passieren mitunter subtil und sind meist auf die erwerbsgesellschaftliche Normalität bezogen. Die Beschämten geraten auf diese Weise in eine gesellschaftliche Defensivposition, was zu Eingeständnissen, selbstanklagenden Denkweisen und antizipativen bzw. verdächtigenden Beschämungsunterstellungen führt. Darin zeigt sich die schamhafte Selbstverachtung, die typisch ist für ein Leben in Armut. Wesentlicher Hintergrund dafür ist, dass man kein Potenzial sieht, die eigene Lebensrealität bspw. als antibürgerliche Gegenkultur aufzuwerten oder aus einem ›Klassenbewusstsein‹ heraus eine eigene Souveränität zu entwickeln. Die Interviewten brechen in ihren Argumentationsweisen nur äußerst selten aus der Erwerbsnormalität aus oder transzendieren diesen Bewertungsmaßstab. Stattdessen lässt sich immer wieder eine mindestens latente Suche nach Teilhabe und Anschluss an die Mittelschicht und ihre Lebensweise nachweisen (vgl. hierzu auch Schoneville 2017). Damit wird nicht zuletzt Honneths (2008) Überlegung bestätigt, dass die Arbeitswelt ein, wenn nicht der soziale Anerkennungsraum unserer Zeit ist. Im Ergebnis hat man es mit Subjekten zu tun, die davon vereinnahmt sind, wieder Anschluss zu finden. Perspektiven über die basale Suche nach Anerkennung hinaus, Aufstiege in der Firma oder Gehaltserhöhungen etwa, die Formen der Anerkennungssteigerung darstellen und auf die man hinarbeiten kann, spielen überhaupt keine Rolle. Auch diese Perspektivlosigkeit, die sich aus manifestem Anerkennungsverlust speist, trägt zu der Resignation und Demoralisierung bei, die in Armutspopulationen verbreitet ist.
Wie allerdings zu erkennen war, sind auch alternative Reaktionen auf Missachtungserfahrungen möglich. Neben dem typischen schamhaften Eingestehen der eigenen Inferiorität und den folgenden resignativen Haltungen, lassen sich auch Versuche der Auflehnung und anklagende Positionen finden. Besonders deutlich wurde das im Fall von Laura. Hier zeigt sich im Kleinen, was Honneth mit seinem »Kampf um Anerkennung« im Sinn hatte: Aus einer Erfahrung der Missachtung heraus, werden Zugeständnisse und ein Entgegenkommen der anderen eingefordert und kämpferisch formuliert. Unabhängig von der Frage, wie erfolgsversprechend solche Auflehnungsversuche für moderne Armutspopulationen sind, zeigt sich darin doch, dass aus Missachtungserfahrungen keine selbstverachtende Scham erwachsen muss. Zu klären wäre, welche sonstigen Erfahrungsmuster und biografischen Konstellationen dazu führen, dass diese Option wahrscheinlich wird.
Außerdem sei noch darauf hingewiesen, dass Armutspopulationen oftmals alternative Anerkennungssphären ausprägen. Insbesondere die Familie und der Sorgeaufwand, der durch sie entsteht, stellt eine Alltagsaufgabe dar, aus der Personen in Armut Selbstwert schöpfen (Erhard 2020). Die Expertise, die sie darin aufbauen, mit wenig Mitteln ihren Kindern dennoch ein erfülltes Leben zu ermöglichen und der Zuspruch, den sie von ihren Angehörigen erhalten, sind Faktoren die in Bezug auf Identitäts- und Selbstwertbildung nicht zu unterschätzen sind.
Mit etwas distanziertem Blick ist schließlich zu sagen, dass die vorgestellten Ergebnisse sehr idealtypisch bzw. mit Blick auf extreme Formen von Armut verargumentiert wurden. Meine Befragten haben zum Großteil Obdachlosigkeit erlebt, sind kriminell geworden und haben eine Drogenkarriere. Zu bedenken ist, dass hier graduelle Abstufungen möglich sind. So lässt sich der Fall denken, dass man Menschen in einer finanziellen Notlage antrifft, die sich lebensweltlich (noch) nicht sehr weit von der Normalität der Arbeitsgesellschaft entfernt haben und mithin die anerkennungsrelevanten Codes der Arbeitsgesellschaften bedienen können. Ein interessantes Phänomen stellt diesbezüglich die sogenannte absteigende bzw. vom Abstieg bedrohte Mittelschicht dar. Ein Vergleich mit Personen aus Lebenslagen wie dieser würde helfen, die ausgeführten Ergebnisse zu verfeinern und in ihrer Generalisierbarkeit einzuordnen.
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Franz Erhard, Dr. phil., ist Soziologe an der Universität Siegen (Deutschland), Seminar für Sozialwissenschaften. Seine Forschungsinteressen liegen im Bereich Armut und Wohlfahrt, soziale Innovation und gesellschaftliche Transformation, Gewalt und Konflikt sowie qualitative Methoden. Er studierte Kulturwissenschaften in Leipzig und Rom.
Kontakt:
Dr. Franz Erhard,
Universität Siegen, Seminar für Sozialwissenschaften,
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E-Mail: franz.erhard@uni-siegen.de