Die Emotion Scham in der Schule

Schulische Schamsituationen aus der Perspektive ehemaliger Schüler:innen

Wiebke Stöhr & Gisela C. Schulze

Journal für Psychologie, 32(1), 51–72

https://doi.org/10.30820/0942-2285-2024-1-51 CC BY-NC-ND 4.0 www.journal-fuer-psychologie.de

Zusammenfassung

Obwohl die Emotion Scham menschliches Verhalten stark beeinflussen und destruktive Verhaltensweisen auslösen kann, wird ihr in der pädagogischen Praxis und Forschung noch zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Der vorliegende Artikel fokussiert sich deshalb auf Schamerleben in der Schule und legt dabei ein besonderes Augenmerk auf schulische Schamsituationen aus Schüler:innenperspektive. Neben einem Einblick in Theorie und Forschungsstand zu Scham in der Schule wird eine Pilotstudie vorgestellt, in der Studierende (n = 108) schulische Schamsituationen schriftlich rekonstruieren. Es zeigt sich, dass die Sichtbarwerdung leistungsbezogener Makel (bspw. Fehler machen) und nicht-leistungsbezogener Makel (z.B. das eigene Aussehen) mit Schamerleben bei Schüler:innen in Verbindung steht. Diese Makel werden zudem von Mitschüler:innen und Lehrkräften genutzt, um Schüler:innen zu diskreditieren. Des Weiteren kann es mit Scham verbunden sein, ungewollt im Fokus zu stehen oder zu viel Nähe oder Distanz (in Form von Ausgrenzung) zu anderen wahrzunehmen.

Schlüsselwörter: Scham, Beschämung, Bullying, Emotion, Schulabsentismus, Schüler-Lehrer-Beziehung, sozialer Rückzug

The emotion of shame at schools

Shameful school situations from the perspective of former students

Although the emotion of shame can strongly influence human behavior and trigger destructive behaviors, it still receives too little attention in educational practice and research. This article therefore focuses on the experience of shame at school, with special attention to situations of shame at school from the perspective of university students. In addition to an insight into theory and the state of research on shame in school, a pilot study is presented in which students (n = 108) reconstruct school shame situations by writing them down. It is shown that the visibility of performance-related flaws (e.g., making mistakes) and non-performance-related flaws (e.g., one's own appearance) is associated with shame experiences among students. These flaws are also used by classmates and teachers to discredit students. Furthermore, being the unwanted focus of attention or perceiving too much closeness or distance (in the form of being excluded by classmates) to others can be associated with shame.

Keywords: shame, humiliation, bullying, emotion, student-teacher-relationship, school absenteeism, social withdrawal

1 Einleitung

»Ich geh’ da nicht mehr hin!« Diesen Satz hören zahlreiche Eltern von ihren schulpflichtigen Kindern. Vermeiden Kinder und Jugendliche den Schulbesuch, so ist die Rede von Schulabsentismus (Ricking und Hagen 2016, 18). Den meisten schulabsenten Verhaltensweisen ist gemein, dass die Schüler:innen (und manchmal auch ihre Eltern) negative Emotionen mit der Schule verbinden. Wo wir uns bedroht, schwach oder fehl am Platze fühlen, da gehen wir nicht mehr hin. Eine stark aversive Emotion, die im Lewin’schen Sinne dazu führen könnte, dass Schüler:innen »aus dem Feld gehen«, ist die Scham.

Der Emotion Scham im schulischen Kontext Aufmerksamkeit zu widmen, ist sowohl für die Pädagogik als auch für die Psychologie in vielerlei Hinsicht sinnvoll. So ist die Schule als Ort des sozialen Miteinanders besonders prädestiniert dafür, schlummernde Schamgefühle zu erwecken oder neues Schamerleben auszulösen. Hinzukommt, dass die Schule im besonders schamanfälligen Kindes- und Jugendalter besucht wird (Hell 2021, 71; Marks 2013, 45; Wertenbruch und Röttger-Rössler 2011, 242). In der Auseinandersetzung mit Scham in der Schule liegt auch ein Präventionsgedanke. Zum einen im Sinne einer Prävention von schulabsenten Verhaltensweisen bis hin zu Dropout-Prozessen und daraus resultierenden negativen Konsequenzen (vgl. Ricking und Schulze 2012), zum anderen gegenüber, z.T. schwerwiegender, Gewalt. So untersuchten Sommer et al. (2020) die Biografien von Täter:innen von versuchter oder durchgeführter zielgerichteter Gewalt an Schulen (»Amokläufer:innen«) im Hinblick auf Schamerlebnisse. Ergebnis der Studie war, dass sich bei allen Täter:innen im Vorfeld zur Tat verschiedene »Schamkrisen« fanden, die diese nicht verarbeiten konnten, was schlussendlich jeweils in der Vorbereitung und (versuchter) Durchführung der Tat endete.

Die pädagogische und erziehungswissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Scham wird in der Literatur als »marginal« (Magyar-Haas 2011, 278) oder als eine »Rarität« (Stöhr und Schulze 2023a, 87) beschrieben. Für das schulische Handlungs- und Forschungsfeld attestieren Holodynski und Kronast (2009, 371ff.) der Scham eine Art Unsichtbarkeit, aus der resultiert, dass Scham weder im Unterricht noch in der Forschung über Unterricht bemerkt wird. Sie beschreiben auch, dass Konzepte, die in der Schulforschung prominent sind, wie z.B. das akademische Selbstkonzept, die Leistungsmotivation oder die Prüfungsangst mit Scham in Verbindung stehen.

Aktuell erlangt das Thema Scham schrittweise mehr Sichtbarkeit. Sowohl die Medien als auch unterschiedliche Fachdisziplinen wie Psychologie und Pädagogik, widmen der Scham in verschiedenen Veröffentlichungen vermehrt Aufmerksamkeit. Wertenbruch und Röttger-Rössler (2011, 243) stellen fest, dass Scham lange Zeit nur dann im Schulkontext betrachtet wurde, wenn es um Leistungsemotionen oder um Prüfungsangst ging. Dies lässt sich nach Ansicht der Autorinnen des vorliegenden Artikels mittlerweile dadurch ergänzen, dass Scham in der schulischen Sportpädagogik (beginnend u.a. bei Sportpädagogik 2008; Klinge 2009) mehrfach thematisiert wird. In den letzten Jahren finden sich vereinzelt weitere theoretische oder empirische Publikationen zu Schamerleben in der Schule. Themen hierbei sind Scham in verschiedenen Fächern, Scham im Kontext kultureller Unterschiede der Schüler:innen, Scham und aggressive Verhaltensweisen (u.a. Bullying) oder Beschämung von Schüler:innen durch Lehrkräfte. Hafenger (2013, 67f.) weist zu letzterem Punkt bspw. darauf hin, dass in der Pädagogik früher eher offene, direkte Gewaltformen (bspw. körperlich) angewendet wurden, während es sich heute eher um subtile und verdeckte Gewaltformen in Form von Beschämung handelt.

Der vorliegende Artikel verfolgt das Ziel, einen Einblick in Schamerleben im schulischen Kontext zu ermöglichen und fokussiert dabei Situationen, in denen Scham bei Schüler:innen auftritt. In einem ersten Schritt werden wesentliche Inhalte zum Thema Scham vor allem anhand psychologischer Literatur dargestellt und unter Einbezug pädagogischer Quellen auf das schulische Feld angewendet. Daraufhin wird eine rekonstruktive Pilotstudie zu Schamsituationen bei Schüler:innen vorgestellt und deren Ergebnisse unter schulpädagogischen und psychologischen Gesichtspunkten diskutiert. Die Arbeit endet mit einem Fazit und Ausblick.

2 Scham in der Schule

2.1 Ein entwicklungspsychologischer Blick auf Schamerleben

Sie ist die »Wächterin der Grenze des Intimen Raums« (Baer und Frick-Baer 2018, 18), die »Türhüterin des Selbst« (Hell 2003, zit. nach Hell 2021, 67) und gleichzeitig ist sie »soziales [sic] Klebstoff« (Tiedemann 2019, 11): Die Emotion Scham reguliert sowohl das Selbst als auch die Beziehungen einer Person (Hilgers 2012, 17; Tiedemann 2019, 9). In diesem Sinne »hat Scham eine wichtige Alarm- und Schutzfunktion. Wie die Angst eine natürliche oder äußere Gefahr signalisiert, zeigt die Scham ein Problem der Beziehung zu sich selbst und zu anderen Menschen an.« (Hell 2021, 8). Scham sorgt zum einen dafür, dass sich ein Mensch möglichst sozial konform verhält (Scheff 1988, 395ff.), zum anderen schützt sie ihn davor, das eigene Selbst zu verlieren (Hell 2021, 67). Gemäß Lewis (1995, 2) entsteht Scham, wenn Menschen ihr Verhalten, ihre Gedanken oder Gefühle auf Basis internalisierter Standards, Regeln oder Ziele beurteilen und dabei feststellen, dass sie diesen nicht genügen und dieses Versagen global auf ihr Selbst zurückführen. Der sich schämende Mensch nimmt dann ein schmerzhaftes Gefühl der Minderwertigkeit oder Wertlosigkeit wahr und möchte sich am liebsten in Luft auflösen, sich verstecken oder verschwinden. Außerdem kann er sich oft nur noch auf sich selbst konzentrieren, unterbricht andere Handlungen und scheint wie verwirrt (Lewis 1995, 34). Gleichzeitig wird Scham heute als ein kurzer überflutender Affekt verstanden (wobei es mitunter auch zu stark verinnerlichten Schamgefühlen kommen kann; Tiedemann 2019, 8). Daraus lässt sich ableiten, dass der Abgleich des eigenen Verhaltens mit den internalisierten Standards unbewusst und schnell ablaufen kann.

Scham verbindet zwei Pole miteinander: Der Subjektpol umfasst den Aspekt, für den sich eine Person schämt. Der soziale Aspekt ist der Objektpol bzw. die Gestalt, vor der sich eine Person schämt. Diese Gestalt kann auch verinnerlicht sein, sodass die Person sich schämt, ohne dass überhaupt jemand anderes anwesend ist (Wurmser 1998, 58).

Scham kann damit – wie bspw. auch Schuld – den selbstreferenziellen, sozialen und moralischen Emotionen zugeordnet werden (z.B. Lammers 2020, 23ff.). Schäfer und Thompson (2009, 21f.) sowie Demmerling (2009, 79ff.) machen u.a. darauf aufmerksam, dass nur schwer zu definieren ist, ob ein sich schämendes Individuum an bestehenden sozialen Normen oder an seinen moralischen (d.h. selbstgesetzten) Normen gescheitert ist. Holodynski und Kronast (2009, 373) ordnen die Annahme, Scham zeige eine Abweichung von sozialen Normen eher der soziologischen Sichtweise zu, während die Abweichung von eigenen Standards als Schamauslöser eher in der Psychologie als Entstehungsfaktor für Scham betrachtet wird. Wenngleich die bereits vorgestellte Definition der Scham von Lewis (1995) psychologisch orientiert ist, macht der Fokus auf internalisierte Standards oder Werte deutlich, dass die soziale Norm an der Entstehung eigener Vorstellungen beteiligt ist.

Scham ist damit an kognitive Voraussetzungen gebunden: Menschen können sich erst dann schämen, wenn sie ein objektives Selbstbewusstsein erlangt sowie Werte etc. verinnerlicht haben, mit denen sie ihr eigenes Verhalten, ihre Gedanken und Gefühle abgleichen können. Scham kann somit ab dem Kleinkindalter auftreten (Lewis 1995, 91) und ist erst einmal ein gesunder Regulationsmechanismus (Hilgers 2012, 17). Unter bestimmten Bedingungen kann sie aber auch als ein Symptom im Rahmen psychischer Störungen auftreten (Lammers 2020, 11).

In der Fachliteratur wird das Kindes- und Jugendalter, insbesondere die Pubertät, als eine besonders schamnahe Phase betrachtet. Gründe hierfür sind die Veränderungen in der Pubertät (Hell 2021, 71) sowie dass Kinder und Jugendliche sowohl die Ausbalancierung ihrer Grundbedürfnisse (Marks 2013, 45) als auch »die sozialen Spielregeln« noch erlernen müssen (Wertenbruch und Röttger-Rössler 2011, 242). Das Thema Scham hat somit für den Kontext Schule eine verstärkte Relevanz, unabhängig davon, ob sie sich in einem gesunden oder pathologischen Maße bei Heranwachsenden äußert.

2.2 Auslöser für Schamerleben bzw. schambehaftete Situationen bei Schüler:innen

Die vorhin dargestellte Definition von Scham macht deutlich, dass Schamerleben bei unterschiedlichen Menschen nicht auf ein spezifisches Ereignis zurückführbar ist, sondern darauf basiert, wie ein Mensch dieses Ereignis individuell bewertet (Lewis 1995, 75).

Die Möglichkeit des Sich-Schämens scheint eine anthropologische Grundkonstante zu sein, wobei Anlässe zur Scham kulturabhängig abweichen (Magyar-Haas 2011, 280). Deshalb befassen sich auch einzelne Studien mit Scham und kulturellen Unterschieden bei Schüler:innen (bspw. Ellinger 2006; Wertenbruch und Röttger-Rössler 2011).

In der Fachliteratur gibt es den Versuch, auf Basis auslösender Ereignisse spezifische Schamformen zu unterscheiden. Häufig thematisiert werden u.a.1

Darüber hinaus sind an dieser Stelle die empathische Scham (»Fremdscham«) oder die Scham für z.B. ein Verhalten von jemandem aus einer Gruppe, der man angehört, zu nennen (Marks 2021, 44–47).

Abzugrenzen von der Scham ist Beschämung, die von außen kommt und Scham in der beschämten Person auslösen kann (Marks 2021, 16). Hilgers (2012, 27) bezeichnet die Scham, die entsteht, wenn ein Mensch aktiv von außen gedemütigt wird (bspw. auf Basis von Folter) als »Schande«.

Bereits an den beschriebenen Schamformen lässt sich ableiten, dass es in der Schule verschiedene Gelegenheiten zu Scham bei den Schüler:innen geben kann. Zudem bringen sowohl Schüler:innen als auch Lehrkräfte ihre eigene »Scham-Geschichte« (Marks 2013, 47) mit in die Schule.

Haas (2013, 96ff.) identifiziert drei Schampotenziale in der Schule: 1. die Schüler:in-Schüler:in-Beziehung, 2. die Schüler:in-Lehrer:in-Beziehung und 3. die Rahmenbedingungen. Bei der Schüler:in-Schüler:in-Beziehung wird insbesondere dem Thema Gruppenzugehörigkeit (Weinblatt, 2016, 178) und dem angrenzenden Thema Bullying (Kohler, Bez und Hommel 2020, 8) eine Schamrelevanz zugeschrieben. In der Beziehung zwischen Lehrkraft und Schüler:innen kann aufseiten der Schüler:innen Scham bereits dadurch entstehen, dass die Beziehung zwischen Lehrkraft und Schüler:innen eher asymmetrisch ist, da die Lehrkraft u.a. mehr weiß als ihre Schülerschaft. Zudem sind Lehrkräfte oft über Privatangelegenheiten der Schüler:innen informiert, was andersherum seltener der Fall ist (Haas 2013, 128). Die Lehrkraft kann ihre Schüler:innen zudem auch beschämen: Dies kann bewusst oder unbewusst geschehen, bspw. durch öffentliche Bewertungssituationen oder durch Lob und Tadel (Kohler, Bez und Hommel 2020, 8). Einige Lehrkräfte beschämen Schüler:innen, um Macht auszuüben, andere wiederum, wenn sie selbst in Unsicherheit geraten (Schnee 2014, 6). Kohler, Bez und Hommel (2020) ergänzen, dass sich auch Lehrkräfte gegenseitig beschämen können. Entsprechend lassen sich die drei Schampotenziale von Haas (2013) um die Lehrer:in-Lehrer:in-Beziehung erweitern. Weiter ergänzt werden können diese um die Beziehung zwischen Eltern und Lehrkräften, die ebenfalls im schulischen Raum anzusiedeln ist. Zudem können in einigen Situationen auch die Beziehung zwischen unterschiedlichen Eltern (bspw. auf Elternabenden) und die zwischen Eltern und (eigenen und anderen) Kindern (bspw. bei Schulfesten) Anlässe für Scham in der Schule bilden.

Schüler:innen sind zudem in der Schule immer dem Dilemma ausgesetzt, dass die Erwartungen und Normen, welche die Lehrkraft an sie stellt, häufig gegensätzlich zu dem sind, was die anderen Schüler:innen fordern. Beides zu erfüllen, ist oft nicht möglich und dies kann zu Scham führen (Holodynski und Kronast 2009, 379; Kohler, Bez und Hommel 2020, 9; Wertenbruch und Röttger-Rössler 2011, 245). So beschreiben bspw. Kohler, Bez und Hommel (2020, 9), dass Schüler:innen sich vor ihren Mitschüler:innen schämen könnten, wenn sie sich engagiert am Unterricht beteiligen. Gleichzeitig handle es sich aber um einen Standard, der in der Schule erwartet wird.

Einer Vielzahl von schulischen Rahmenbedingungen wird ebenfalls ein beschämender Charakter zugeschrieben: So kann u.a. auch die zeitliche und räumliche Gestaltung von Schule Scham in Schüler:innen auslösen (Hafenger 2013, 95ff.). Haas (2013, 99ff.) benennt dazu Aspekte, welche die Bedürfniserfüllung oder das Sozialklima in der Schule tangieren. Auch die Funktionen von Schule, wie z.B. die Selektion (Haas 2013, 99; Holodynski und Kronast 2009, 375ff.) lassen sich hier einordnen. Als spezifische Beispiele für schamnahe schulische Aspekte nennt sie zudem die Lernerrolle an sich (mit Kompetenzvorsprung bei den Lehrkräften), sensible Themen (z.B. im Sexualkundeunterricht), Bühnensituationen (z.B. im Sport eine Übung vor den Anderen machen oder Frontalunterricht), Fehlersituationen (insbesondere in Kombination mit Bühnensituationen) sowie Selektionserfahrungen.

Scham ist der Schule auch insofern immanent, als dass dort Lern- und Leistungsprozesse stattfinden, die mit verschiedenen Emotionen, wie z.B. Freude, Stolz, Angst, Ärger oder auch Scham, in Verbindung stehen (Pekrun 2006). Neben Leistungsemotionen sind besonders auch soziale Emotionen von Interesse (Meyer 2021, 7) und Scham lässt sich in beide Emotionsformen einordnen. Entsprechend postulieren Holodynski und Kronast (2009, u.a. 371) sowie Wertenbruch und Röttger-Rössler (2011, u.a. 253f.) Scham in der Schule nicht nur vor dem Leistungshintergrund zu betrachten, sondern die Schule auch als sozialen Raum zu sehen.

In den bestehenden Studien zu Scham und Schule befassen sich nur wenige mit konkreten Schamsituationen: Die Studie von Wiesche (2013) stellt die Frage nach schamvollen Situationen im schulischen Sportunterricht. Diese resultieren aus Leistungsdruck, Intimitätsverletzungen, Beleidigungen und Demütigungen, öffentlichen Bloßstellungen, körperlich-konstitutionellen Voraussetzungen, Missgeschick und Pech, nicht ausgebildeten sportspezifischen Fähigkeiten sowie genderspezifischen Zuschreibungen. Gemäß Hunger und Böhlke (2017) nehmen ehemalige Schüler:innen körperliche Exponiertheit (bspw. durch Verrutschen von Kleidungsstücken), körperliche Berührungen von Mitschüler:innen oder der Lehrkraft und körper- und geschlechtsbezogene Bemerkungen als grenzüberschreitend im Sportunterricht wahr.

In der Studie von Jenßen et al. (2022) wurden angehende (Mathematik-)Grundschullehrkräfte nach in der eigenen Schulzeit erlebten schamvollen Situationen im Mathematikunterricht befragt. 78% der 311 Teilnehmenden gaben an, eine beschämende Situation beobachtet zu haben, während 69% selbst die beschämte Person waren. In 38% der beschriebenen Situationen war die Lehrkraft maßgeblich in die schambehaftete Situation involviert, in 10% waren es die Mitschüler:innen und in 14% wurde nur der/die Schüler:in selbst benannt. Nur 17% der beschriebenen Situationen fanden an der Grundschule statt, alle anderen ereigneten sich in Sekundarstufe 1 oder 2. 86% der Teilnehmenden benennen das Vorrechnen an der Tafel, 25% öffentliches Feedback zur Leistung, 20% kompetitive Unterrichtsspiele und 11% das Vorstellen von Hausaufgaben als Methoden in der schambehafteten Situation.

Eine grundlegende Studie legen Frey und Fisher (2008) aus den USA vor. Sie fordern im Rahmen von Interviews Schüler:innen (n = 10) und Lehrkräfte (n = 10) auf, über Situationen zu sprechen, in denen sie oder ihre Mitschüler:innen oder Kolleg:innen beschämt wurden, und zu beschreiben, was passiert ist. Die drei Hauptthemen sind Bullying durch Mitschüler:innen, Lehrerverhalten (Sarkasmus, sonstige Beschämung von Schüler:innen, Schüler:innen wegen schlechter Note zurechtweisen) und Förderunterricht (z.B. von Mitschüler:in als »loser« betitelt werden). Schumann (2007) stellt zudem den Besuch einer Förderschule als schamhaft für einen Teil der Schüler:innen heraus.

2.3 Folgen von Scham in der Schule

Obwohl dieser Artikel schambehaftete Situationen für Schüler:innen fokussiert, soll in diesem Abschnitt ein kurzer Einblick in mögliche Folgen von Schamerleben in der Schule gegeben werden, um so die Relevanz des Themas herauszustellen.

Bei Scham handelt es sich um eine schmerzhafte Emotion, die häufig abgewehrt wird. Tiedemann (2010, 87) beschreibt dies wie folgt: »Wenn man sich schämt, versucht man oft über die Scham hinwegzugehen, sie zu verdrängen und sie durch ein anderes, weniger unangenehmes Gefühl zu ersetzen. Scham erscheint daher zumeist indirekt in ihrer Maskierung und Verhüllung.« Hierbei versteckt sich die Scham nicht nur vor der Außenwelt, sondern auch vor der sich schämenden Person selbst (Hilgers 2012, 44). Menschen zeigen dann unterschiedliche Verhaltensweisen, die jeweils auf den Reaktionsweisen des Flüchtens, Kämpfens oder Einfrierens basieren (Marks 2021, 54). Nathanson (1994, 312ff.) klassifiziert Schamreaktionen in seinem Kompass der Scham in vier Kategorien: 1. Rückzug, 2. sich selbst angreifen, 3. Vermeidung oder 4. andere angreifen. Er weist darauf hin, dass die Verhaltensweisen in einem Kontinuum von einer milden bis zu einer pathologischen Ausprägung auftreten können. Für die Schule bedeutet dies, dass sowohl Schüler:innen als auch Lehrkräfte entsprechende Schamreaktionen zeigen können. In diesem Artikel liegt der Fokus auf den Schüler:innen: Somit ist auf Ebene des Rückzugs denkbar, dass Schüler:innen sich komplett aus der Schule zurückziehen, indem sie schulabsent werden. Möglich ist ebenso, dass Schüler:innen sich zumindest innerlich zurückziehen, indem sie sich nicht mehr beteiligen. So stellt z.B. Blumenthal (2014, 103) fest, dass Lehrkräfte im Sexualkundeunterricht Beschämung als Erziehungsmittel nutzen und die beschämten Schüler:innen sich weniger im Unterricht beteiligen. Da Scham sich generalisieren kann (Tiedemann 2019, 8f.), ist es ebenso denkbar, dass sich Schamerleben im pädagogischen Kontext auf andere Bereiche ausdehnt und damit zu einem generellen Rückzugsverhalten führt.

Im Bereich des Sich-selbst-Angreifens lassen sich Verhaltensweisen wie selbstverletzendes Verhalten (Marks 2021, 108) einordnen. Im Kontext des Ablenkens findet sich in der Schule z.B. der Klassenclown (Marks 2013, 42). Relevant ist aber auch das Angreifen anderer Personen. Hierzu gehören verschiedene Beschämungsszenarien (vereinzelt als auch systematisches Bullying), bei denen sich alle in der Schule agierenden Personen gegenseitig beschämen können (Kohler, Bez und Hommel 2020, 8f.). Über eine stetige Weitergabe der Scham kann dies in einem »Zirkel der Beschämung« (Haas 2013, 151) enden. Abb. 1. visualisiert den möglichen schulischen Schamkreislauf.

Abbildung 1: Schulischer Schamkreislauf

Im Extremfall kann das Angreifen-Anderer aber auch körperliche Gewalt bedeuten. So gibt es Hinweise darauf, dass starke unverarbeitete Scham ein Nährboden für schwere zielgerichtete Gewalt an Schulen (»Amokläufe«) sein kann (Fast 2014; Sommer et al. 2020).

In der vorhin bereits zitierten Studie von Frey und Fisher (2008) wurden Schüler:innen und Lehrkräfte zudem gefragt, was sie denken, was die Folgen von Beschämung in der Schule sind. Sie nennen Alkohol- oder Drogenkonsum, häufiges Fehlen in der Schule bis hin zu Dropout, Schwangerschaft als Weg der Schule zu entkommen sowie Suizid.

Bislang wurden an dieser Stelle nur negative Folgen der Scham beschrieben. Es wird jedoch immer wieder darauf hingewiesen, Scham könne ebenfalls konstruktiv sein, indem sie den Menschen zu Veränderungen bewegt, bspw. zur Modifizierung des Selbstbildes oder des eigenen Verhaltens (Hilgers 2012, 16, 22). Damit erscheint es zunächst naheliegend Beschämung als Erziehungsmittel zu nutzen. So schreiben Schäfer und Thompson (2009, 26) pädagogisch könne das Einsetzen eines Schamgefühls bei Kindern und Jugendlichen zwar hilfreich sein,

»aber die Rechtfertigung seines pädagogischen Stellenwerts dürfte schwierig sein. Schließlich zeigt sich in diesem Gefühl gerade das, zu dessen Vermeidung die Pädagogik angetreten ist: die Unverfügbarkeit des Verhältnisses zu sich selbst und zu anderen, die Unmöglichkeit und der illusionäre Charakter der geforderten Souveränität.«

Zudem liegt in pädagogisch gezielt eingesetzter Beschämung die Gefahr darin, dass ein:e Schüler:in bereits sehr viel Scham fühlt und die Beschämung, bspw. durch die Lehrkraft, dann zu so viel Scham führt, dass ein destruktives Verhalten daraus resultiert und die Scham so nicht mehr konstruktiv genutzt werden kann (Marks 2013, 38f.). Außerdem ist es in einer akuten Schamsituation nicht mehr möglich zu lernen, da »höhere psychische Funktionen wie Vernunft, Gedächtnis, Sprachvermögen oder Affektregulierung nicht verfügbar sind, wenn man im akuten psychischen Aggregatzustand der Scham ist« (Marks 2021, 79).

3 Methodisches Vorgehen

Aus den vorherigen Ausführungen geht hervor, dass schambehaftete schulische Situationen bei Schüler:innen in Deutschland bislang nur vereinzelt in Bezug auf spezifische Fächer untersucht wurden. Da es in der Literatur Hinweise darauf gibt, dass starke Schamgefühle bei Schüler:innen negative Konsequenzen für das Lernen und Leben dieser bzw. für die Schule an sich und die dort agierenden Personen haben können, ist es relevant, sich empirisch mit der Frage zu befassen, welche schulischen Situationen (ehemalige) Schüler:innen als schambehaftet erinnern. Die vorliegende Studie möchte zum einen der von Wertenbruch und Röttger-Rössler (2011) in Anlehnung an Holodynski und Kronast (2009) formulierten Aufforderung nachkommen, Scham in der Schule nicht ausschließlich in Leistungssituationen zu untersuchen, sondern Schule auch als sozialen Ort zu begreifen. Zum anderen soll ein fachunabhängiger/fachübergreifender Blick auf Schamerleben in der Schule gerichtet werden, was die vorliegende Studie von bisherigen deutschsprachigen Studien unterscheidet.

Dafür wurde mit Studierenden im Rahmen einer Lehrveranstaltung eine schriftliche Befragung im Online-Format durchgeführt. Neben soziodemografischen Daten und Fragen zu ihrem Studium, wurden ihnen eine Erzählaufforderung vorgelegt (Teil 1) und Fragen zur Bedeutsamkeit der Emotion Scham für die (Sonder-)Pädagogik gestellt und im Beruf dafür benötigten Kompetenzen erfragt (Teil 2). Im vorliegenden Artikel wird Teil 1 der Studie betrachtet, Vorgehen und Ergebnisse zu Teil 2 finden sich bei Stöhr und Schulze (2023b).

Die Studierenden wurden aufgefordert in einem Fließtext folgende Erzählaufforderung schriftlich zu beantworten: »Bitte schildern Sie ein Erlebnis aus der Schule, bei dem Sie sich geschämt haben«. Dieses Vorgehen ist angelehnt an die Studie von Hunger und Böhlke (2017). Sie forderten im Rahmen ihrer Studie Studierende auf, in Form einer schriftlichen Kurznarration, von grenzüberschreitenden Situationen im Sportunterricht zu berichten. Ziel der Erzählaufforderung ist, dass die Studienteilnehmer:innen ein nach ihrer Beurteilung relevantes Ereignis schriftlich so festhalten, dass es sequenziell, logisch und geschlossen (d.h. für andere nachvollziehbar) ist (Hunger und Böhlke 2017).

Dieses Vorgehen wurde auf die vorliegende Studie adaptiert und nicht nur auf den Sportunterricht, sondern auf schambehaftete Situationen im gesamten schulischen Kontext übertragen und online durchgeführt. Die Studie folgt damit einem qualitativen Vorgehen.

Magyar-Haas (2011, 282) beschreibt, dass Scham sich des verbalen Zugangs entzieht, »denn die reflexive Thematisierung ist vielmehr die subjektive Rekonstruktion des Phänomens durch den Sprecher, als das Gefühl selbst.«. Gleichzeitig ließe sich in Kochinkas (2004, 142f.) Sinne anführen, dass eine Erinnerung auch der (innere) Reiz sein kann, der ein Gefühl auslöst. Eine Erinnerung, in diesem Fall forciert durch den Erzählimpuls in dieser Studie, kann damit das Schamerleben auslösen. Dennoch ist es so, dass es sich a) um eine Situation handelt, die im Verständnis der Studienteilnehmer:innen schambehaftet war (ob es wirklich Scham war, lässt sich an dieser Stelle nicht prüfen) und dass b) die Erzählaufforderung auf die Rekonstruktion abzielt, da nicht die Frage ist, ob sie sich heute für die Situation schämen würden, sondern ob sie es damals getan haben.

Dabei wurde sich für eine schriftliche Befragung (statt bspw. eines Interviews) entschieden, da davon auszugehen ist, dass so die Bereitschaft zur Teilnahme und zum Berichten schamvoller Situationen höher ist. 108 Studierende füllten diesen Teil der Befragung aus, wobei anzumerken ist, dass sich neben Fließtexten, in denen eine spezifische Schamsituation aus der Schule beschrieben wird, vereinzelt auch Antworten finden, in denen wenige (Stich-)Worte bereits verallgemeinerte Situationen beschreiben (bspw. »Bei der Notenvergabe im Klassenverband, sodass alle Schüler*innen es mitbekommen«).

Das Sample umfasst somit 108 Studierende der Sonderpädagogik und Pädagogik. 79,63% sind weiblich (n = 86), 19,44% männlich (n = 21) und 0,93% können oder möchten sich keinem Geschlecht zuordnen (n = 1). 70,37% der Personen sind jünger als 25 Jahre alt (n = 76), 16,67% im Alter zwischen 25 und 35 Jahre (n = 18) und 12,96% älter als 35 Jahre (n = 14). 48,15% der Studierenden geben an, sich in Schule, Ausbildung oder Studium schon einmal mit Scham befasst zu haben (n = 52), 51,85% Personen verneinen dies (n = 56).

Weil mit der Auswertung das Ziel verfolgt wird, die verschiedenen beschriebenen Situationen zusammenzufassen, erfolgte die Auswertung der Kurznarrationen mittels einer qualitativen Inhaltsanalyse, in deren Zentrum die Entwicklung eines Kategoriensystems steht. Hierfür wurde die inhaltlich strukturierende qualitative Inhaltsanalyse nach Kuckartz und Rädiker (2022) gewählt, wobei in diesem Fall rein induktiv vorgegangen wurde: Nach einer ersten Sichtung des Materials und dem Schreiben von Memos, wurden die Hauptkategorien induktiv an einem Teil des Materials gebildet. Mit diesen Hauptkategorien wurden im nächsten Schritt alle Daten kodiert. Daraufhin wurden in den einzelnen Hauptkategorien Subkategorien identifiziert, definiert und mit Beispielen aus dem Material versehen. Mit diesen Subkategorien wurde daraufhin das gesamte Material kodiert. Im nächsten Schritt wurde das Kategoriensystem zusammengestellt und die gebildeten Hauptkategorien in einen Zusammenhang miteinander gesetzt und visualisiert. Die Betrachtung der Ergebnisse findet sich im nachfolgenden Abschnitt.

4 Ergebnisse

Im Folgenden werden die Ergebnisse zunächst Kategorie für Kategorie beschrieben. In einem zweiten Schritt werden die verschiedenen Hauptkategorien miteinander in Verbindung gesetzt und querliegende Themen identifiziert. Tab. 1 gibt zunächst einen Überblick über alle Kategorien.

Kategorie 1 Kategorie 2 Kategorie 3 Kategorie 4 Kategorie 5 Kategorie 6
Situationen, in denen Schüler:innen etwas nicht wissen oder nicht (gut) können Situationen, in denen nicht leistungsbezogene Makel sichtbar werden Situationen, in denen Schüler:innen sich (ungewollt) im Fokus der Unterrichtsgruppe befinden Situationen, in denen Schüler:innen sich schikaniert oder ausgegrenzt fühlen Situationen, in denen Schüler:innen zu viel Nähe zu anderen wahrnehmen Keine Schamsituation erinnerbar oder bewusst erlebt
1.1 schlechte Leistungen oder Fähigkeiten, Fehler machen oder etwas nicht können 2.1 Aussehen und Körper (v.a. während der Pubertät) 3.1 Unterrichtsgestaltung, bei der Einzelne im Fokus stehen 4.1 von Lehrkraft schikaniert oder wegen schlechter Leistungen vorgeführt werden 5.1 zu viel (unerwünschte) körperliche Nähe
1.2 publik werden von schlechten Leistungen, Fähigkeiten, Fehlern oder Nicht-Wissen 2.2 körperlicher Kontrollverlust 3.2 erzwungene Beteiligung am öffentlichen Unterrichts-geschehen 4.2 von Mitschüler:innen ausgelacht oder (einmalig oder wiederholt) auf Makel oder schlechte Leistungen hingewiesen werden 5.2 Überschreitung von Intimgrenzen (sexualisierte Verhaltensweisen oder Kommentare durch andere Personen, Sexualität als Unterrichtsthema)
2.3 Emotionen und psychische Zustände/»psychischer/emotionaler Kontrollverlust« 4.3 sich ausgegrenzt fühlen oder ausgegrenzt werden
2.4 andere Makel oder Norm-abweichungen

Tabelle 1: Kategoriensystem zu schulischen Schamsituationen

Kategorie 1 umfasst Situationen, in denen die Schüler:innen etwas nicht wissen oder nicht (gut) können. Dazu gehören das Erbringen schlechter Leistungen oder das Zeigen mangelnder Fähigkeiten, das Fehlermachen oder das Nichtwissen. Beispiele hierfür sind schlechte Noten bekommen oder »dumme« Fragen stellen. Hierbei kann es auch der Fall sein, dass Schüler:innen sich für eine singuläre schlechte Leistung schämen, wenn sie eigentlich gut in der Schule oder in dem jeweiligen Fach sind, so schreibt eine Person: »In meiner Schulzeit habe ich mich dafür geschämt, dass ich in einem Fach, in dem ich normalerweise richtig gut war, eine für mich nicht zufriedenstellende Note bekommen hab«. Für andere ist das Publik-Werden ihrer schlechten Leistung (bspw. indem die Lehrkraft die Noten vorliest) oder der Vergleich mit der Bezugsgruppe relevant (z.B. wenn sie langsamer bei der Bearbeitung von etwas sind als der Rest der Klasse).

In der zweiten Kategorie finden sich Situationen, in denen nicht leistungsbezogene Makel sichtbar werden. So führen Aussehen und Körper, vor allem in der Pubertät, zu Schamerleben (bspw. Körperbehaarung, Größe, Gewicht). Dazu gehören auch Aspekte, die nicht direkt der Körper sind, sondern, die am Körper getragen werden, wie z.B. eine Zahnspange oder alte Kleidung. Auch körperliche Kontrollverluste (z.B. das plötzliche Einsetzen der Menstruation mit sichtbarem Blut in der Hose) und die Sichtbarwerdung von Emotionen und psychischen Zuständen (bspw. Weinen, Scham für Schamreaktionen; emotionale/psychische Kontrollverluste) lassen sich hier einordnen. Letztendlich gibt es weitere vermeintliche Makel oder Normabweichungen, die zu Schamerleben bei den Schüler:innen führen können, sich aber nicht direkt dem Körper oder der Psyche zuordnen lassen. Ein Auszug aus einer Narration lautet »Auch ein altes Handy konnte ein Grund sein.« Eine andere Person benennt ihren »Migrationshintergrund« als schamauslösend.

In der dritten Kategorie finden sich Situationen, in denen Schüler:innen sich ungewollt im Fokus der Unterrichtsgruppe befinden. Dazu gehört eine Unterrichtsgestaltung, bei der sie selbst als einzelne Person im Fokus stehen. Dies reicht von einer bloßen Beteiligung am Unterrichtsgespräch, über Spiele wie 4-Ecken-Rechnen bis hin zum Vorturnen im Sportunterricht. Schambehaftet ist es ebenfalls, wenn die Schüler:innen zu einer Beteiligung am öffentlichen Unterrichtsgeschehen gezwungen werden, bspw. indem sie ohne Meldung aufgerufen werden oder von der Lehrkraft dazu gedrängt werden, etwas vor der Gruppe zu machen, was sie eigentlich nicht tun möchten.

Die vierte Kategorie umfasst Situationen, in denen die Schüler:innen sich schikaniert oder ausgegrenzt fühlen. Dazu gehören Situationen, in denen die Schüler:innen von der Lehrkraft schikaniert oder von dieser wegen schlechter Leistungen vor der Klasse vorgeführt werden. So schreibt eine Person:

»Damals, als ich in der 3./4. Klasse war, ist ein Vorfall unterlaufen mit einem Lehrer, der alle Schüler bloßgestellt hatte. Diese Bloßstellung erfolgte, wenn ein Schüler den Unterrichtsstoff nicht auf Anhieb verstanden hatte. Und das Fach, das er unterrichtet hatte, war Mathematik. Ich, als sensibles Kind konnte diesen Druck nicht standhalten und meine Mathenoten litten darunter. Und wie es so kam, hat der Mathelehrer mich an Tag X der gesamten Klasse vorgeführt. Er hatte gesehen, dass ich an den Matheaufgaben verzweifelt bin, doch statt mir zu helfen sprach er das vor der gesamten Klasse an und tätigte aussagen [sic], wie ›das kann doch wohl nicht sein, dass du das schon wieder nicht verstehst‹ ›schau dich mal in der Klasse um, die anderen Kindern [sic] bearbeiten die Aufgaben ohne Schwierigkeiten‹, uvm. Daraufhin fing ich an zu weinen und das machte ihn noch wütender. Er zog mich an meinem Arm vom Platz hoch und führte mich der gesamten Klasse vor, ging mit mir Schüler für Schüler ab und wollte mir damit vermitteln, wie einfach die Aufgaben seien und ich lediglich zu ›dumm‹ wäre, diese zu lösen.«

Auch das Auslachen durch Mitschüler:innen oder das einmalige oder wiederholte Hinweisen auf Makel oder schlechte Leistungen (bis hin zu Bullying) wird als scham­auslösend beschrieben. Hinzu kommt das Ausgeschlossen-Werden bzw. das Gefühl des Ausgeschlossen-Seins. Dabei geht es bspw. darum, neu in einer Klasse zu sein oder sich mit seiner Freundesgruppe gestritten zu haben.

Die fünfte Kategorie fasst Situationen zusammen, in denen die Schüler:innen ein Zuviel an Nähe zu anderen wahrnehmen. Dabei geht es zum einen um körperliche Nähe zu Personen, zu denen man keine Nähe möchte. So schreibt eine Person »Ganz vorne sitzen neben dem Lehrer (bezogen auf die männlichen Lehrer). Hier kam es auch oft zu Scham Situationen. Besonders wenn man vor dem Lehrer saß. Auch hier wurde ich schnell rot, war gehemmt in meinen Bewegungen etc.« Zum anderen lassen sich auch die Überschreitung von Intimgrenzen, bspw. Sexualität als Unterrichtsthema oder sexualisierte Verhaltensweisen oder Kommentare durch andere Personen in diese Kategorie einordnen.

Zu guter Letzt gibt es, zusammengetragen in der sechsten Kategorie, auch Narrationen, in denen die Teilnehmenden beschreiben, dass es keine Schamerlebnisse in der Schule gab oder diese nicht mehr erinnert werden. Diese Kategorie wurde nur dann angewendet, wenn anstelle der erfragten Kurznarrationen schriftlich festgehalten wurde, dass die Person keine Schamerlebnisse in der Schule hatte oder sich zumindest an keine erinnern kann.

Im nächsten Schritt sollen die unterschiedlichen Kategorien miteinander in Bezug gesetzt und zu den Kategorien querliegende Themen identifiziert werden: Interpretiert man Nichtwissen oder Fehlermachen als leistungsbezogene Makel, so zeigt sich zunächst, dass sowohl leistungsbezogene als auch nicht-leistungsbezogene Makel zu Schamerleben führen können. Hierbei kann unterschieden werden zwischen mitgebrachter Scham, die in einer Situation zum Vorschein kommt (z.B. für das eigene Aussehen, was eine Person ja zwangsläufig immer dabeihat), und konkret situationsgebundener Scham (z.B. einen Fehler machen oder im Fokus der Gruppe stehen). Hinzukommt, dass diese Makel einer Person von Schüler:innen und Lehrkräften für vereinzelte Schikanierungen und systematisches Bullying genutzt werden. Damit sind leistungs- und nicht-leistungsbezogene Makel per se mit Scham verbunden, aber es kann für genau diese, grundlegend sowieso schon schamauslösenden Dinge, auch noch der Beschämungsaspekt verstärkend hinzukommen. Beim Gesamtüberblick über die Kategorien lässt sich feststellen, dass Lern- und Leistungsprozesse sich zwar über das Fehlermachen oder Nichtwissen als schamnah herausstellen lassen, der soziale Kontext in der Schule aber ebenfalls eine wesentliche Rolle spielt. Innerhalb der sozialen Beziehungen in der Schule, kann es zu Scham kommen, wenn Schüler:innen innerhalb dieser Beziehung zu viel Nähe oder zu viel Distanz (in Form von Ausgrenzung) zu anderen Menschen wahrnehmen. Abb. 2 visualisiert als Ergebnissicherung relevante Ergebnisse der Studie.

Abbildung 2: Schamsituationen bei Schüler:innen

5 Diskussion

5.1 Inhaltliche Diskussion

Mit Blick auf die Ergebnisse der vorliegenden Pilotstudie lässt sich zunächst eine große Schnittmenge zu den in der Literatur beschriebenen Aspekten zu Scham bei Schüler:innen feststellen. So beschreibt eine Vielzahl der Teilnehmenden vor allem im Kontext der Pubertät sich für sich selbst bzw. vermeintliche Makel geschämt zu haben. Die besondere Schamnähe des Kindes- und Jugendalters wird auch in der Fachliteratur herausgestellt (Hell 2021,71; Marks 2013, 45; Wertenbruch und Röttger-Rössler 2011, 242). Gemäß der gestellten Erzählaufforderung, werden in dieser Studie nur Aspekte berichtet, die in der Schule unmittelbar sichtbar werden. Punkte, die mit Scham verbunden sein können, aber in der Schule nicht sichtbar werden, benennen die Teilnehmenden dementsprechend kaum. In den vorliegenden Ergebnissen der Pilotstudie finden sich, wie bei Haas (2013, 109ff.) beschrieben, Schamaspekte in der Beziehung zwischen Lehrkraft und Schüler:innen sowie den Schüler:innen untereinander und in schulischen Rahmenbedingungen, wie im Fokus der Gruppe stehen oder Fehler machen. So wird auf der Beziehungsebene von Schikanierungen oder Ausgrenzungen berichtet. Dabei liegt der Blick fast ausschließlich auf spezifischen, als beschämend empfundenen Handlungen der Lehrkräfte oder der anderen Schüler:innen. Nicht benannt werden die von Haas (2013, 128) beschriebenen grundlegenden Aspekte, wie dass die Lehrkraft mehr weiß als ihre Schüler:innen oder die von Hafenger (2013, 95ff.) benannte zeitliche und räumliche Gestaltung der Schule. Beides kann auf der einen Seite darin begründet liegen, dass die Erzählaufforderung spezifische Situationen fokussiert, auf der anderen Seite ist zu hinterfragen, wie sehr die Schule als Institution und institutionalisierte Beziehungen von ehemaligen Schüler:innen reflektiert werden.

In den beschriebenen Schamsituationen werden unterschiedliche, in der Literatur bereits beschriebene, Schamformen (nach Hilgers 2012; Marks 2021) tangiert. Es finden sich Schamsituationen, die eher mit Lernen und Leistung in Verbindung stehen und Schamsituationen, die eher den sozialen Kontext fokussieren. Entsprechend muss bei der Betrachtung von Scham im schulischen Kontext Schule sowohl als Lern- und Leistungsraum als auch als Sozialraum verstanden werden (Holodynski und Kronast 2009, u.a. 371; Wertenbruch und Röttger-Rössler 2011, u.a. 253f.). Zudem machen die Ergebnisse deutlich, dass sich beide Bereiche überlappen, bspw. wenn schlechte Leistungen oder Fähigkeiten Ausgangspunkt für Beschämungen sind.

Auch lässt sich eine gewisse Unterscheidung in bereits bestehendem, mitgebrachtem Schamerleben (Marks 2013, 48) und Schamerleben, das im spezifischen Moment entsteht, wiederfinden.

Die Ergebnisse der vorliegenden qualitativen Pilotstudie verdeutlichen, dass die in der Theorie beschriebenen schulischen Schamsituationen von den Studierenden erlebt und geschildert wurden. Hierbei wird besonders deutlich, dass neben Leistungssituationen dem »Sich-seiner-Selbst-Schämen« und dem »Wegen-seiner-Selbst-beschämt-werden« im Kindes- und Jugendalter eine starke Bedeutung zukommt und dabei auch Aspekte wie ein altes Handy eine Rolle spielen können.

5.2 Limitationen

An der vorliegenden Pilotstudie nahmen ausschließlich Studierende der Pädagogik und Sonderpädagogik teil. Hierbei lässt sich hinterfragen, ob erlebte Schamsituationen in der Schule und die Wahl des Studienfaches miteinander zusammenhängen könnten. Die Studierenden rekonstruierten ihre erlebten und erinnerten schulischen Schamsituationen, die i.d.R. bereits längere Zeit zurücklagen, sodass Abwehrprozesse, Erinnerungsverzerrungen etc. zu bedenken sind. Gleichzeitig kann den im Rahmen dieser Studie beschriebenen Schamsituationen eine große subjektive Bedeutung für die Teilnehmenden zugemessen werden, da sie diese zurückliegenden Situationen als relevant im Hinblick auf das Thema Scham erinnern. Im Rahmen der Auswertung dieser Studie wurde sich v.a. auf die Schamsituationen und ihre Auslöser konzentriert. Die Kurznarrationen enthalten teilweise aber noch weitere Informationen, welche die Schamsituation rahmen und ebenso Relevanz für das Forschungsfeld an sich aufweisen. Beispielsweise beschreiben einzelne Teilnehmer:innen, welche Folgen ihr Schamgefühl hatte (z.B. dass sie sich nicht mehr getraut haben, sich im Unterricht zu melden) oder wie schamanfällig sie sind und ob sie sich heute auch noch für eine ähnliche Situation schämen würden. Entsprechend wäre es denkbar, die Narrationen noch einmal mit anderen Fragestellungen und Auswertungsverfahren zu analysieren, insbesondere wenn es darum geht, wie erlebte Emotionen rekonstruiert werden.

6 Fazit und Ausblick

Der vorliegende Artikel hat zum Ziel, einen Überblick über Scham in der Schule mit einem Fokus auf das Schamerleben bei den Schüler:innen zu ermöglichen. Im Rahmen der Pilotstudie konnten schamhafte Situationen mit ehemaligen Schüler:innen rekonstruiert werden. Es zeigt sich, dass Fehler, mangelnde Fähigkeiten und Nichtwissen (als leistungsbezogene Makel) Scham bei Schüler:innen auslösen können. Das Gleiche gilt für nicht-leistungsbezogene Makel, wie das eigene Aussehen oder Kontrollverluste über Körper und Emotionen. Diese Makel können zwar per se Scham auslösen, werden aber auch von Mitschüler:innen und Lehrkräften genutzt, um Schüler:innen gezielt zu beschämen, was bis hin zum Bullying führen kann. Neben damit in Zusammenhang stehenden Ausgrenzungen, kann auch ein Zuviel an (unerwünschter) Nähe Scham bei Schüler:innen auslösen. Ebenso ist das ungewollte »Im-Fokus-der-Gruppe-Stehen« mit Scham verbunden. Weitere zentrale – über die Situationen hinausgehende – Themen sind: mitgebrachte vs. situationsbezogene Scham, Scham vs. Beschämung, die Schule als Lern- und Leistungsraum vs. Schule als sozialer Raum sowie Nähe vs. Distanz.

Die Ergebnisse der Pilotstudie gehen konform mit bisherigen theoretischen Annahmen und fachspezifischen empirischen Resultaten zu Schamerleben in der Schule. Sie verdeutlichen, welche konkreten Situationen Scham in Schüler:innen auslösen können. Anhand der Betrachtung der Emotion Scham wird einmal mehr deutlich, dass Lernen in der Schule in einen sozialen Kontext eingebettet ist. Es lässt sich ableiten, dass ebendieser soziale Kontext das Lernen und die Erbringung von Leistungen sowohl positiv als auch negativ beeinflussen kann. Pädagog:innen müssen deshalb für das Thema Scham und ihre Folgen sensibilisiert werden. Sie sollten Beschämung und vermeidbare Scham versuchen zu reduzieren (Marks 2013, 43ff.). So können Lehrkräfte nicht verhindern, dass Schüler:innen schlechte Leistungen erbringen, aber ob die Noten laut vorgelesen werden, ist ihre Entscheidung und damit eine vermeidbare Schamsituation. Ebenso lässt sich beim Unterricht im Klassenverband nicht verhindern, dass Schüler:innen mal einen Wortbeitrag vor der ganzen Klasse beitragen müssen, aber inwiefern bspw. kompetitive Spiele notwendig oder vermeidbar sind, ließe sich diskutieren. Um ein Gespür für Scham bei Schüler:innen zu entwickeln, ist es notwendig, dass Lehrkräfte sich daran erinnern, wie relevant Schamerleben in ihrem eigenen Kindes- und Jugendalter war und wie Scham und entsprechende Vermeidungs- und Abwehrversuche ihr Verhalten beeinflusst haben. Marks (2013, 48) spricht davon, dass Lehrkräfte sich der eigenen »Scham-Geschichte« bewusstwerden müssen.

Zum anderen ist auch ein Blick auf ihr heutiges Schamerleben und daraus resultierenden Verhaltensweisen notwendig. Aus dem Blickwinkel, dass Lehrkräfte ihre eigene Scham in Form von Beschämung an Schüler:innen weitertragen können, ist es auch für die Forschung bedeutsam, neben dem Schamerleben der Schüler:innen in künftigen Studien das Schamgefühl bei Lehrkräften in den Fokus zu nehmen (Stöhr und Schulze 2023b, 541). Hieran schließt sich die Frage an, wann Schüler:innen eine für sie durch das didaktische Arrangement schambehaftete Situation als aktive Beschämung der Lehrkraft wahrnehmen. Wann wird aus der Scham, eine Matheaufgabe an der Tafel nicht lösen zu können, während alle Blicke auf einen gerichtet sind, das Gefühl, von der Lehrkraft vorgeführt und beschämt zu werden? Wie genau kann eine »schamsensible« (Haas 2013, 195) Schule gestaltet sein und welche Veränderungen braucht es dabei strukturell? In welcher Form sollte das Thema Scham in die Lehramtsausbildung integriert werden? Wie erleben es Schüler:innen Beobachter:innen von Beschämungssituationen zu sein? Wie kann die Prävention von Bullying aus Schamperspektive betrachtet werden? Wie kann in der Schule die Verarbeitung von Schamgefühlen bei Schüler:innen unterstützt werden? Stöhr und Schulze (2023b) weisen zudem daraufhin, dass es Untersuchungen zu Scham und Schulabsentismus, im Sinne eines sozialen Rückzugs als Schamreaktion, bedarf. Hieran schließt sich auch die Frage nach einem Zusammenhang zu massiven Formen von sozialem Rückzug im Erwachsenenalter an. Diese Personengruppe wird in Japan unter dem Stichwort »Hikikomori« beschrieben (Tamaki 2013).

Diese Fragen verdeutlichen, dass die Emotion Scham und der Umgang mit ihr für den Kontext Schule eine große Bedeutung hat und ein noch wenig bearbeitetes Forschungsfeld ist. Dazu sollten in den nächsten Jahren weitere Studien in einer interdisziplinären Zusammenarbeit von Psychologie und Pädagogik/Erziehungswissenschaft stattfinden, um Konzepte für das pädagogische Handeln und die psychologische Beratung ableiten zu können.

Anmerkung

[1]
Hilgers (2012, 26f.) führt weitere Schamformen auf. Dazu gehören die existentielle Scham (sich grundsätzlich unerwünscht und makelhaft fühlen oder das Gefühl haben, nicht wahrgenommen zu werden), die ödipale Scham (sich minderwertig oder ausgeschlossen fühlen) und Scham-Schuld-Dilemmata (unlösbarer innerer Konflikt, bei dem entweder das Scham- oder Schuldgefühl entsteht).

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Die Autorinnen

Wiebke Stöhr, Rehabilitationspädagogin (M.A.), ist wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Fachgruppe Allgemeine Sonderpädagogik; Rehabilitation/Health Care am Institut für Sonder- und Rehabilitationspädagogik, Fakultät I, der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg. Ihr Forschungsschwerpunkt betrifft die Emotion Scham in (sonder- und rehabilitations-)pädagogischen Kontexten. Ihr Promotionsvorhaben befasst sich mit Scham und Schulabsentismus.

Kontakt:
Wiebke Stöhr,
Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, Fakultät I – Bildungs- Sozialwissenschaften,
Ammerländer Heerstraße 114–118, 26129 Oldenburg
E-Mail: wiebke.stoehr@uol.de

Gisela C. Schulze, Prof. Dr., ist Professorin für Allgemeine Sonderpädagogik; Rehabilitation/Health Care am Institut für Sonder- und Rehabilitationspädagogik, Fakultät I, der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen auf der sonder- und rehabilitationspädagogischen Anwendung der Feldtheorie sowie im Bereich Absentismus und Dropout in Bildungs- und Rehabilitationsprozessen.

Kontakt:
Prof. Dr. Gisela C. Schulze,
Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, Fakultät I – Bildungs- und Sozialwissenschaften,
Ammerländer Heerstraße 114–118, 26129 Oldenburg
E-Mail: gisela.c.schulze@uol.de