Soziale Medien

Bildbiografische Denkräume erkennenden Sehens in Prozessen der Selbstgestaltung

Roswitha Breckner

Journal für Psychologie, 33(2), 52–80

https://doi.org/10.30820/0942-2285-2025-2-52 CC BY-NC-ND 4.0 www.journal-fuer-psychologie.de

Zusammenfassung

Wie lässt sich Max Imdahls kunstwissenschaftliche Konzeption eines erkennenden Sehens mit Aby Warburgs kulturwissenschaftlichen Überlegungen zu einem bildlichen Denkraum verbinden? Wie können beide Ansätze aus soziologischer, sozial- und kulturwissenschaftlicher Perspektive schließlich auf die Analyse von Bildphänomenen in Sozialen Medien übertragen werden? Diesen Fragen geht der Beitrag nach, indem er die Überlegungen Warburgs zum kulturbildenden Potenzial von Bildern mit den methodologischen Überlegungen Max Imdahls zum wiedererkennenden, sehenden und erkennenden Sehen verknüpft. Anhand einer Fallanalyse der bildlichen Selbstdarstellung einer jungen Frau auf Instagram in Kombination mit einem biografisch-narrativen Interview wird geprüft und plausibel zu machen versucht, welcher Gewinn mit Bildanalysen in einer Verbindung von Warburgs Gegenstandsperspektiven mit Imdahls methodischen Werkzeugen für ein zeitgenössisches gesellschaftliches Phänomen zu erzielen ist. Soziale Medien können auf diesem Weg, so die These, auch als bildbiografische Denkräume verstanden werden.

Schlüsselwörter: Max Imdahl, erkennendes Sehen, Aby Warburg, Denkraum, personale Selbstpräsentationen in Sozialen Medien, biografische Forschungsperspektive.

Social Media

Pictorial Biographical Spaces for Reflection on Cognitive Vision in Processes of Self-design

How can Max Imdahl’s art-historical concept of perceptive seeing (erkennendes Sehen) be brought into dialogue with Aby Warburg’s cultural-historical reflections on the image-based space for reflection (Denkraum)? And how might both approaches, from sociological as well as social and cultural theoretical perspectives, be applied to the analysis of image phenomena in social media? This article addresses these questions by connecting Warburg’s ideas on the affective and culture-forming potential of images with Imdahl’s methodological reflections on recognition, the act of seeing and perceptive seeing. Drawing on a case study of a young woman’s pictorial self-presentation on Instagram, combined with a biographical-narrative interview, the article demonstrates how an image-analytical approach informed by both Warburg and Imdahl can illuminate contemporary visual self-formations in social media. The argument put forward is that social media can be understood as pictorial spaces of biographical reflection (bildbiografischer Denkraum).

Keywords: Max Imdahl, perceptive seeing, Aby Warburg, space for reflection, self-presentation on social media, biographical research perspective.

Einleitung

Die Bedeutung Max Imdahls für das Verständnis von Bildern und Bildlichkeit ist weit über die Kunstwissenschaft hinaus erkennbar. Sozialwissenschaftlich orientierte methodologische und methodische Zugänge zu Bildanalysen, die in den letzten 20 Jahren entwickelt worden sind,1 beziehen sich nahezu ausnahmslos auf seine grundlegenden Arbeiten zur Ikonik (Imdahl 1995; 1996). Im Falle der Dokumentarischen Methode geschieht dies auch in Verbindung mit der von Erwin Panofsky im Dialog mit Karl Mannheim weiterentwickelten Ikonologie (Bohnsack 2017; Hart 1993; Panofsky 1964; 1975; 1985). Zum Vorgänger Panofkys, der die Kunstgeschichte bereits als Kulturwissenschaft verstanden und entwickelt hatte, nämlich Aby Warburg,2 ist in den neueren sozialwissenschaftlichen Ansätzen hingegen kaum etwas zu finden. Während es zur Verbindung sowie zur Abgrenzung zwischen Panofsky und Imdahl einiges zu lesen gibt (Bohnsack 2005; Thürlemann 2009), gilt das nicht für das Verhältnis zwischen Warburg und Imdahl.3

Anliegen meines Beitrages ist allerdings keine kunstwissenschaftliche Rekonstruktion des Verhältnisses von Warburg und Imdahl. Vielmehr möchte ich, ausgehend von meinen empirisch-konzeptionellen Arbeiten zur Selbstpräsentation in Sozialen Medien zeigen, dass und wie sich Warburgs Konzept des Denkraums mit jenem Imdahls zum wiedererkennenden, sehenden und erkennenden Sehen verbinden lässt. Dies erscheint mir deswegen lohnend, weil aus der Perspektive Warburgs kulturelle und, nicht zuletzt, auch affektiv-emotionale Tiefenschichten in der profanen bildlichen Alltagskultur in den Fokus einer Gegenstandsbestimmung rücken, während mit Imdahls methodologisch-methodischem Konzept deren spezifische Erscheinungsweisen in der jeweiligen formalen Bildgestalt erfasst werden können.4

Der Gegenstand, an dem ich eine Verbindung von Warburg und Imdahl exemplarisch erkunden möchte, ist der Bildgebrauch in Sozialen Medien durch Privatpersonen, die sich dort selbst darstellen und suchen, damit mit anderen in Verbindung treten und durch sie bestätigt werden.5 In »privaten« Social Media Accounts sehen wir – wie auch in der öffentlichen Bilderwelt, die sich nicht zuletzt durch Soziale Medien verändert hat und noch weiter verändern wird – eine Vielzahl affektiv geladener bildlicher Ausdrucksformen. Konventionelle Formen der Selbstpräsentation, die an das analoge Fotoalbum erinnern und vor allem auf Facebook medial modifiziert weitergeführt werden, stehen neben experimentierenden, zuweilen irritierenden oder gar normativ grenzüberschreitenden bis hin zu schockierenden Bilddarstellungen – Jörg Astheimer (2010) nannte letztere »Entgleisungsfotografie«, Michael Müller (2002) bezeichnet sie als »hyperbolisch« im Sinne einer übertreibenden rhetorischen Figur. Vor allem diese Bildphänomene haben mich aufgrund ihrer unausweichlichen Präsenz zur Frage geführt, inwiefern die Bildwelten Sozialer Medien als Denkräume im Sinne von Warburg verstanden werden können. An den Selbstdarstellungen von Personen, die sich in ihren Accounts in ihren lebensweltlichen Bezügen präsentieren, hat mich interessiert, was kuratierte Bildzusammenstellungen vom Selbst- und Weltverhältnis der jeweiligen Person zeigen und wie das mit ihrer Lebensgeschichte zusammenhängt. Finden hier auch biografische Konstruktionsprozesse statt und übernehmen Soziale Medien in Verbindung mit anderen Formen biografischer Selbstgestaltung – wie etwa in analogen Fotoalben oder narrativ-biografischen Interviews – sogar biografische Funktionen in medial spezifischer Weise? Was also charakterisiert »private« Social Media Accounts als biografische Denkräume und welche bildlichen Erkenntnisprozesse sowohl seitens der Bildproduzent*innen über sich selbst und die Welt als auch seitens der Betrachtenden über die jeweilige Person und ihre Haltung zur Welt finden dort statt?

Diesen Fragen bin ich mit einem Team von wechselnden Mitarbeiter*innen in zwei Projekten6 auf der Basis von insgesamt 51 Fällen aus Österreich (39) und Brasilien (12) aus drei verschiedenen Altersgruppen (14–19-Jährige; 30–40-Jährige; 60-plus-Jährige) nachgegangen. Die uns zur Verfügung gestellten Social Media Accounts (vor allem Instagram und Facebook, zum Teil auch TikTok) sowie die analogen Bildbestände und jeweils ein biografisch-narratives (Schütze 1987) und eines auf Bilder bezogenes Interview haben wir mithilfe der Bildclusteranalyse (Müller 2016), der Segmentanalyse (Breckner 2010; 2012) sowie biografischen Fallrekonstruktionen (Fischer-Rosenthal und Rosenthal 1997) triangulierend analysiert.7 Im Zuge der Analysen hat sich Aby Warburgs Konzept des Denkraumes als eine produktive Inspirationsquelle erwiesen (Breckner 2018).8 Im methodologisch-methodischen Ansatz war bei den Bildanalysen Max Imdahls Grundkonzept des wiedererkennenden und sehenden Sehens und seine Ausführungen zum Potenzial von Bildern, etwas darstellen zu können, das durch Sprache nicht in der gleichen Weise möglich ist, leitend (Imdahl 1996; 1995).9 Die Suche danach, was sich durch Bilder ausdrücken lässt, das einer propositionalen und diskursbestimmten Sprache nur schwer oder auch gar nicht zugänglich ist, scheint sowohl Warburg wie auch Imdahl angetrieben zu haben und beide zu verbinden, auch wenn sie bei dieser Suche sehr unterschiedliche Wege gegangen sind.

Im Folgenden skizziere ich zunächst Warburgs Konzept des Denkraumes (1.), wende mich anschließend Imdahls Konzept des wiedererkennenden, sehenden und erkennenden Sehens zu (2.) und fasse zusammen, was aus einer Kombination beider Konzepte aus meiner Sicht gewonnen werden kann (3). Anschließend möchte ich mit einem Fallbeispiel plausibel machen, inwiefern Soziale Medien als bildbiografische Denkräume für erkennendes Sehen dienen können (4.) und resümiere abschließend, inwiefern Soziale Medien generell als Denkräume des erkennenden Sehens verstanden werden können bzw. inwiefern sie sich auch in das Gegenteil verkehren können (5.).10

1. Warburgs Konzept des Denkraumes

Warburg beginnt seine Einleitung zu seinem Spätwerk, dem Mnemosyne Bilderatlas, mit dem Satz: »Bewußtes Distanzschaffen zwischen sich und der Außenwelt darf man wohl als Grundakt menschlicher Zivilisation bezeichnen« (Warburg 2000, 3). Dies geschieht, so Warburg weiter, nicht zuletzt in einem bildgebenden Akt folgendermaßen:

»Zwischen imaginären Zugreifens [sic!] und begrifflicher Schau steht das hantierende Abtasten des Objekts mit darauf erfolgender plastischer oder malerischer Spiegelung, die man den künstlerischen Akt nennt. Diese Doppelheit zwischen antichaotischer Funktion, die man so bezeichnen kann, weil die kunstwerkliche Gestalt das Eine auswählend umrißklar herausstellt, und der augenmäßig vom Beschauer erforderten, kultlich erheischten Hingabe an das geschaffene Idolon schaffen jene Verlegenheiten des geistigen Menschen, die das eigentliche Objekt einer Kulturwissenschaft bilden müssten, die sich illustrierte psychologische Geschichte des Zwischenraums zwischen Antrieb und Handlung zum Gegenstand gewählt hätte« (ebd.).

»Imaginäres Zugreifen« und »begriffliche Schau« gehören also für Warburg zusammen, wenn im »hantierenden Abtasten« eines Objektes dessen Bild durch »antichaotisches Herausstellen« entsteht. Die »kultliche Hingabe« von Betrachtenden an das »geschaffene Idolon« irritiert wiederum den »geistigen Menschen«, weswegen gerade dies auch zum Gegenstand der Kulturwissenschaft gemacht werden müsse.

Dass »imaginäres Zugreifen« und »begriffliche Schau« auch in Bild-Akten ohne künstlerische Absicht geschieht, ist in bildwissenschaftlichen Konzepten – die unter anderem auch an Warburg anknüpfen – vielfach betont und gezeigt worden (siehe exemplarisch Belting 2001; Bredekamp 2010; Didi-Huberman 1999; 2010). Und auch Warburg hat dieses »Hingeben« an ein Objekt bzw. dessen Bild und zugleich Distanzschaffen nicht nur kunstwissenschaftlich, vielmehr auch kulturgeschichtlich und letztlich auch anthropologisch verstanden. Hartmut Böhme zufolge zeichnet sich in Warburgs Forschungen sogar eine »allgemeine Kulturtheorie« ab, »deren Fundament von dem Prinzip geprägt ist, dass jedes kulturelle Faktum ›im letzten‹ eine psychische und zugleich verleiblichte Kompromißfigur auf der Polaritätsskala zwischen magischem Bann und rationaler Beherrschung der Affekte darstellt« (Böhme 1997, 139). Dies wird vor allem in Warburgs berühmtem Vortrag zu den Schlangenritualen deutlich (Warburg 1996). In diesem versteht er Bilder als Ausdrucksform affektiver Zustände, vor allem gegenüber nicht beherrschbaren Naturgewalten, die – weil noch nicht durch gesichertes Wissen eingehegt – beunruhigen oder gar überwältigen und magisch-rituell beherrschbar gemacht werden. Die Beobachtung der Schlangenrituale bei den Hopi diente Warburg als Beispiel dafür, wie sich in magischen Ritualen Symbolisierungen vollziehen. In diesen Ritualen, die in Zeiten der Trockenheit stattfanden, nahmen Tänzer am Höhepunkt der Zeremonie giftige Schlangen in den Mund, um damit den Regen zu beschwören. Die Schlange war symbolisch mit dem Blitz verbunden, was sich durch Kinderzeichnungen rekonstruieren ließ. Durch die Beherrschung des »Blitzes« in Form von Schlangen wurde in ein und demselben rituellen Akt Macht über den Regen beschworen und zugleich die phobische Angst vor der potenziell tödlichen Schlange gebändigt. Warburg zufolge verbinden sich Menschen in magischen Ritualen mit der äußeren Natur in einer Weise, dass sie sich selbst als deren Ursache sehen, während sie durch den Akt der Symbolisierung Distanz zur phobischen Angst gegenüber eben dieser Natur gewinnen. In Warburgs Worten:

»Der Unfassbarkeit der Vorgänge in der Natur stellt der Indianer [man möge die heute nicht mehr als adäquat empfundene Bezeichnung verzeihen, R.B.] dadurch seinen Willen zur Erfassung entgegen, dass er sich in eine solche Ursache der Dinge persönlich verwandelt. Triebhaft setzt er für die unerklärte Folge die Ursache in größtmöglicher Fassbarkeit und Anschaulichkeit. Der Maskentanz ist getanzte Kausalität« (Warburg 1996, 52).

Ulrich Raulff konstatiert in seinem Nachwort zu Warburgs Schlangenritual-Vortrag:

»Warburg sucht den Ursprung des symbolischen Denkens und Handelns genau dort, wo […] die Spezifik des zoon symbolikon am stärksten gefährdet ist […]. Da, wo die Symbolbildung am schwierigsten, ja geradezu unmöglich scheint, erscheint sie auch am nötigsten. Wer zugunsten ihrer symbolischen die phobische Qualität der Schlange reduziert, hat der Angst ›Denkraum‹ abgerungen« (Raulff 1996, 79).

Das heißt, selbst eine magische, buchstäblich leibliche Aneignung der Außenwelt, so auch Gombrich in seiner Interpretation der Warburg’schen Überlegungen, erzeugt einen Denkraum.

»Der Mensch braucht keine Angst zu haben, weil er die Ursachen aus der Distanz heraus begreifen und isolieren kann, indem er sozusagen einen Schritt zurücktritt und die ganze Ereigniskette betrachtet. Diese Möglichkeit der Reflexion nannte Warburg Denkraum […]« (Gombrich 1984, 302).

Mit seinen Untersuchungen zum Nachleben von Sternenbildern aus der Antike in der Renaissance (Warburg 2007; 1979a; 1979b)11 zeigt Warburg darüber hinaus, wie verwoben und aufeinander bezogen magische und rational-mathematische Wissenssysteme sind. Denn in astronomisch errechneten Sternenbildern tauchten in der Renaissance heidnische Gestalten aus der Antike wieder auf, wie etwa bedrohliche und merkwürdige Figuren als Götter oder Dämonen, getrieben von starken Energien, Kräften und Bewegungen.12 Ihnen wurde – im Zeichen der Aufklärung – eine besonnene Welthaltung gegenübergestellt, was Warburg vor allem an Dürers Melancolia exemplarisch analysiert (Warburg 1979a, 255ff.). Insgesamt ermögliche die bildliche Gestaltung der Polarität zwischen Magie/Mythos und Vernunft/Rationalität – so Warburg – ein Innehalten gegenüber bedrohlichen und (noch) nicht begriffenen Phänomenen. Diese Spannung zwischen Pathos und Aufklärung, die sich vor allem in Bildern ausdrücke, treibe zu immer weiteren Symbolisierungsprozessen, ohne dass sie jemals aufgelöst werden könne. Vor diesem Hintergrund plädiert Warburg dafür, gerade die Polarität zwischen Leidenschaft und Besonnenheit, zwischen Magie und Aufklärung, die er – an Nietzsche geschult – auch als dionysische und apollinische Polarität beschrieben hat, zum Gegenstand einer von ihm geforderten Kulturwissenschaft zu machen, die eben nicht zuletzt auch Kulturpsychologie sein kann (siehe hierzu auch Böhme 1997, insbesondere 141, Punkt 9).

»Der Entdämonisierungsprozeß der phobisch geprägten Eindruckserbmasse, der die ganze Skala des Ergriffenseins gebärdensprachlich umspannt, von der hilflosen Versunkenheit bis zum mörderischen Menschenfraß, verleiht der humanen Bewegungsdynamik auch in den Stadien, die zwischen den Grenzpolen des Orgiasmus liegen, dem Kämpfen, Gehen, Laufen, Tanzen, Greifen, jenen Prägrand unheimlichen Erlebens, das der in mittelalterliche[r] Kirchenzucht aufgewachsene Gebildete der Renaissance wie ein verbotenes Gebiet, wo sich nur die Gottlosen des freigelassenen Temperaments tummeln dürfen, ansah« (Warburg 2000, 3).

Zusammenfassend lässt sich sagen: In Prozessen der Symbolisierung werden wahrgenommene Charakteristika und Objekte der Außenwelt einerseits angeeignet, ja sogar – wie die Schlange in den Ritualen der Hopi – »einverleibt«, und zugleich eine Distanz zu ihrer phobischen Qualität geschaffen. Dadurch wird eine reflexive Verlangsamung der Reaktion auf die Reize der Außenwelt und damit Handlung überhaupt erst möglich. Diesen Zwischenraum zwischen Subjekt und Objekt konzipiert Warburg als Denkraum. Ausgangspunkt und Anlass der Symbolisierung sind demnach nicht zuletzt rational schwer beherrschbare, emotional überwältigende Bewegungen und Energien bis hin zu phobischen Reaktionen und Ängsten, zu denen in Prozessen der Symbolisierung Distanz geschaffen wird. Claudia Wedepohl zufolge wird im Denkraum die unmittelbare, vor allem sinnliche Wahrnehmung zu Erfahrung und schließlich auch zu abstrakten Begriffen verarbeitet, wobei die an das Subjekt gebundene Wahrnehmung und die zu begreifende Außen- wie Innenwelt aufeinander verwiesen bleiben.

»Das Produkt, das […] aus der Verarbeitung des Wahrgenommenen hervorgegangen ist, muss seinerseits folglich ›dynamisch‹ an die beiden Seiten (Subjekt und Objekt) gebunden sein, ohne die es nicht bestehen kann« (Wedepohl 2014, 22).

In den Worten von Hartmut Böhme bewegt sich das Symbol und das Bild in der »Schwingungsskala« zwischen ichauflösender Verleiblichung im Fetisch und abstrakten Zeichen »ohne Objektrepräsentanz«.

»Symbole und Bilder sind beides zugleich: performative Akte des Ich, in denen es seiner Erregung Ausdruck und dem erregenden Objekt Gestalt gibt. Sie sind distanzschaffende Form und ausdruckverleihende Gebärde, denkermöglichend ohne Abstraktion, reflexiv ohne reflexhaften Bann, mimetisch ohne mimikryhaften Mitvollzug, signifikativ ohne Kontaktverlust zum Bezeichneten« (Böhme 1997, 145).

Cornelia Zumbusch bietet eine weitere, von Foucault inspirierte Interpretation von Warburgs Konzept des Denkraumes an:

»Vor allem konzipiert Warburg den im Bild eröffneten Denkraum als Effekt eines Selbstverhältnisses. Wenn Warburg in den abendländischen Bildprägungen, dies formuliert er in der Mnemosyne-Einleitung grundlegend, ›Sophrosyne und Ekstase‹ [(Warburg 2000, 1: 4)] zugleich am Werk sieht, dann zeugen diese komplementären Bewegungen des In-sich-Gehens und Außer-Sich-Seins von einer ›Gegensätzlichkeit des Ich-Bewußtseins‹ [(ibid., S. 6)].« Und: »An diese Auffassung vom Bild als Medium der Selbstverständigung in einer Krisensituation knüpft Warburg […] an. […] Die von Warburg beschriebene Arbeit an den Bildern wird dabei als im Medium der Bilder unternommene Arbeit an sich selbst lesbar« (Zumbusch 2014, 244 und 246).

Ich werde gleich argumentieren, dass diese – zum Teil als »magisch« zu beschreibende – Selbstverständigung in einer Krisensituation, also die »im Medium der Bilder unternommene Arbeit an sich selbst« das, was in Sozialen Medien geschieht, zum Teil recht gut beschreibt.

Was aber hat das alles mit Max Imdahl zu tun? Auf den ersten Blick vielleicht nicht viel, denn Warburgs Anliegen, Kunstgeschichte als Kulturwissenschaft zu betreiben, scheint eher in der Panofsky-Linie mit der Suche nach den Wesensmerkmalen des Zeitgeistes einer Epoche auch in Verbindung mit anderen als rein flach-bildlichen Dokumenten aufgegriffen worden zu sein – allerdings der mythologischen bzw. heidnischen und damit auch anthropologischen Hintergründe entledigt. Imdahl hingegen ging es vor allem darum, die Qualitäten des Bildes an sich über dessen formale Gestalt hervorzuheben und damit die Kunstgeschichte als Kunstwissenschaft zu modernisieren. Ihm zufolge zeigt sich der bildliche Sinn bereits in der genauen und durch die Komposition bestimmten Anschauung von Bildern, den es auch unabhängig vom (kunst)historischen Kontext zu erkennen (Imdahl 1982) und ihn schließlich auch methodisch zu rekonstruieren gilt.

2. Imdahls Konzept des erkennenden Sehens

Für Imdahls Konzept des erkennenden Sehens spielt bekanntermaßen – deshalb rekapituliere ich nur kurz – die Unterscheidung zwischen wiedererkennendem und sehendem Sehen eine zentrale Rolle. Das wiedererkennende Sehen bezieht sich auf das, was wir an Gegenständen, einschließlich Dingen, Themen, Konstellationen, Konfigurationen und Geschichten etc. in einem Bild aufgrund unserer kulturell etablierten Wissensbestände wiedererkennen. Das sehende Sehen bezieht sich dagegen auf das Wie der bildlichen Darstellung, also den nur durch das Bild selbst und seine kompositorischen Prinzipien hervorgebrachten, in der Regel impliziten Sinn. Im Betrachten – und Bilder werden erst zu Bildern, wenn sie betrachtet werden – verschränken sich wiedererkennendes und sehendes Sehen. Denn

»[b]eide Interpretationen sind jeweils einseitig, sie verfehlen die der Malerei mögliche Bildleistung. Diese besteht nicht selbstverständlich in jedwedem Bild. Sie besteht aber dann, wenn die Erfahrungen eines autonomen, sehenden Sehens und eines heteronomen, wiedererkennenden Gegenstandssehens und die ihnen entsprechenden syntaktischen und semantischen Sinnebenen zu einer durch nichts anderes zu substituierenden Bildidentität ineinander vermitteln, wenn das wiedererkennende Sehen und das sehende Sehen zu den ungeahnten oder gar unvordenklichen Erfahrungen eines erkennenden Sehens zusammenwirken […]« (Imdahl 1996, 91f., Hervorhebung R.B.).

Inwieweit diese »Bildleistung« auch von anderen als Bildern aus der Kunst erbracht werden kann, ist in der Kunstwissenschaft und auch in den Bildwissenschaften, die sich gegenüber Bildern jenseits der Kunst weit geöffnet hat, umstritten. Die Tatsache, dass sie inzwischen durch zahlreiche Bilder aus Werbung und Alltagskontexten gerade mit Imdahls methodologisch-methodischem Werkzeug nachgewiesen werden konnte, erlaubt es m.E. davon auszugehen, dass sich die Erkenntnisleistung eines Bildes in dessen Analyse erweisen muss, und kann nicht an spezifischen Bildgenres per se festgemacht werden. Dann gilt eben potenziell für jedes Bild folgende von Imdahl pointiert formulierte Annahme:

»Der ikonischen Betrachtungsweise oder eben der Ikonik wird das Bild zugänglich als ein Phänomen, in welchem gegenständliches, wiedererkennendes Sehen und formales, sehendes Sehen sich ineinander vermitteln zur Anschauung einer höheren, die praktische Seherfahrung sowohl einschließenden als auch prinzipiell überbietenden Ordnung und Sinntotalität« (Imdahl 1996, 92f.).

Das impliziert, so Imdahl an anderer Stelle, dass die Bilddarstellung »auf ein Miterleben der bildbetrachtenden Subjektivität« (Imdahl 1996, 11) gerichtet ist – in seinem Fall auf das Miterleben der heilsgeschichtlichen Ereignisse in Giottos Arenafresken.

Weiterhin zentral ist dabei sein Konzept der Übergegensätzlichkeit, welches besagt, dass beim »miterlebenden Betrachten« etwas Widersprüchliches als Gleichzeitigkeit wahrgenommen werden kann. Zwei der immer wieder zitierten Beispiele, mit denen Imdahl das schrittweise und prägnant vorführt, ist zum einen das Bild der Gefangennahme Christi (Giotto, Arena-Kapelle, Padua 1305), in welchem Jesus, obwohl Opfer von Judas, ZUGLEICH als Überlegener zu sehen ist (Imdahl 1996, Abbildungen 43–45). Zum Zweiten führt Imdahl mit dem Bild vom Hauptmann zu Kapernaum vor, wie durch die Verschiebung der Jesusfigur im Bildraum und in der Szenischen Choreografie unterschiedliche Sinnfiguren entstehen, und welche Übergegensätzlichkeit schließlich mit der Positionierung Jesus’ als Teil der Gruppe seiner Jünger gegenüber jener des Hauptmanns und zugleich als Verbindung zwischen den Gruppen erscheint (Imdahl 1995, 301–5). Ähnliches – etwa das Eintreten oder Austreten aus einem Aktionsraum durch die Platzierung von Figuren im Verhältnis zum Bildrand hat Imdahl an einer Vielzahl anderer Bilder durch Verschiebungen auf der Bildfläche weiterhin anschaulich demonstriert (siehe exemplarisch Imdahl 1996, Abbildungen 1–11).

3. Warburg und Imdahl zusammen gesehen

Was Warburg und Imdahl aus meiner Sicht verbindet, ist zunächst die einfache Annahme, dass in Bildern etwas hervorgebracht wird, was über die abbildhafte Darstellung der Welt hinausgeht und nicht ohne weiteres in Worte zu fassen ist. Und sie verbindet auch, dass sich dieses Etwas auf eine außerbildliche Welt bezieht, die im Bild in einer spezifischen Art und Weise symbolisch gestaltet wird. Warburg würde sagen, dass dabei die außerbildliche Welt gebändigt wird, indem ihr im bildlichen Denkraum Besonnenheit abgerungen wird; Imdahl würde wahrscheinlich sagen, dass der Welt mit dem erkennenden Sehen eine neue/andere Sicht hinzugefügt und etwas zur Darstellung gebracht wird, was nur durch das Bild möglich ist. Während Warburg dieses Etwas im Vergleich ähnlicher Ausdrucksgestalten, die sich durch die Menschheitsgeschichte hindurchziehen, aufspürte, fand Imdahl dies in der Komposition eines Einzelbildes. Das heißt, methodisch unterscheiden sich die beiden grundlegend.

Die Fokussierung Imdahls auf das Einzelbild ist inzwischen mehrfach kritisiert worden (Müller 2012; 2016; Plontke 2022; Thürlemann 2009). Bei Warburg wiederum bleibt seine Arbeit mit und an Bildern an einen großen Schatz an historischem Bild-Wissen gebunden, das erst die Entdeckung von Ähnlichkeiten zwischen Ausdrucksgestalten vor allem für Bewegungen und affektive Zustände, die sogenannten Pathosformeln, aus verschiedensten Lebensbereichen wie der Kunst, der Werbung, von Briefmarken und anderem mehr über weite historische Epochen hinweg möglich macht. Seine Vorgehensweise hat er in vielen Bildtafeln zeigen können, sie aber nicht als eine Methode ausformuliert, die sich als Anleitung auf Analysen anderer Gegenstandsbereiche und Frageperspektiven ohne weiteres übertragen ließe.13

Bezüglich ihrer jeweils intensiven Suche nach dem spezifischen Sinn von Bildern liegen Warburg und Imdahl vielleicht aber gar nicht so weit auseinander und lassen sich mit Gewinn kombinieren: der Blick für die Notwendigkeit bildlicher Denkräume in der Entwicklung menschlicher Kultur insbesondere im Umgang mit Emotionen sowie mit Unverstandenem und Beängstigendem, aus der Perspektive von Warburg, mit der Notwendigkeit, den impliziten Sinngehalt von Bildern methodisch rekonstruieren zu müssen, um etwas sehend erkennen zu können, aus jener von Imdahl. Denn um das, was im Denkraum eines Bildes passiert, erkennen zu können, ist Imdahls bildtheoretisches und methodisches Werkzeug nicht nur ausgesprochen hilfreich, sondern auch wegweisend für nachvollziehbare und diskursiv begründbare Interpretationen von Bildern. Mit Aby Warburg gedacht, sind es zugleich nicht nur einzelne Bilder aus der Welt der Kunst, die als ein Denk- bzw. Erkenntnisraum gelten dürfen, sondern auch eine Vielzahl vergleichbarer Bilder aus der alltäglichen Bilderwelt – wie etwa aus der Werbung, und ich würde auch behaupten, aus der Bilderwelt Sozialer Medien. In anderen Worten: Mit Warburg wird der Bezug zu einem mehr oder weniger existenziellen lebensweltlichen und praktischen Problem relevant gesetzt, während Imdahl uns lehrt, wie in der Dialektik von wiedererkennendem und sehendem Sehen in dem, was Warburg Denkraum nennt, Erkenntnisse generiert werden können. Wie dies in konkreten Analysen umgesetzt werden kann, soll im folgenden Beispiel exemplarisch gezeigt werden.

4. Bild-Arbeit an einem angstbesetzten Selbst – Das Beispiel Lara14

Lara aus Brasilien ist 2022 zum Zeitpunkt des Interviews 19 Jahre alt und seit 2019 mit einem öffentlich zugänglichen privaten Account auf Instagram aktiv. Sie gestaltete ihren Instagram-Auftritt mit 14 Beiträgen, die überwiegend aus Bildserien bestehen und insgesamt 44 Fotos enthalten. In drei Story-Highlights befinden sich 80 Bilder, zum Teil mit Texten und Musik unterlegt, sowie ein Video. Zusätzlich zu den Bildern auf Instagram gewährte Lara dem Projekt Einsicht in einen digitalen sowie einen ehemals analogen und von ihr digitalisierten Bildbestand von insgesamt 151 Fotos. Was gibt Lara durch ihre Bilder auf Instagram zu erkennen? Dem bin ich zunächst mit der von Michael Müller entwickelten Bildclusteranalyse (Müller 2016; 2025a) sowie einer Segmentanalyse (Breckner 2012) eines ausgewählten Einzelbildes nachgegangen.

Auffallend ist, dass sich Lara sowohl in den Feed-Beiträgen als auch in einem Story-Highlight mit Porträt-Serien präsentiert (Abb. 1).

Abbildung 1: Selfie-Serien als »Daumenkino«

Diese bestehen aus Fotos, die vermutlich vor einer selbst aufgestellten Kamera oder aber als Selfies hintereinander aufgenommen worden sind. Lara gestaltet ihre Porträts in unterschiedlichen Settings mit verschiedenen Hintergründen. Sie erinnern jeweils an ein Daumenkino, wobei es bei Lara nicht um Bewegungsstudien, vielmehr um Studien der Erscheinungsweise ihrer selbst geht. Diese vollzieht sie im Spiel mit verschiedenen gestischen Gesichtsausdrücken, Haar- und Schminkfarben sowie der Entblößung bzw. Bedeckung ihres Körpers durch jeweils entsprechende Kleidung. Dieses Spiel wird nicht nur in selbstreflexiver Einstellung vor einem Spiegel vollführt, vielmehr ist dessen Fixierung durch eine Kamera und Veröffentlichung auf Instagram ein kommunikativer Akt mit der Außenwelt, so als wolle sich Lara dieser mit ihrer Fähigkeit darstellen, nahezu schauspielerisch verschiedene Aspekte ihrer Person aufführen zu können. Auf Instagram weiß sie sich in einen »Referenzraum wechselseitiger sozialer Wahrnehmung« (Müller 2018, 95, 102) eingebettet, in dem diese Art der Selbstinszenierung nicht als außergewöhnlich erscheint oder gar irritiert. Nicht zuletzt demonstriert sie damit, eine expressive und aufgrund ihrer Wandelbarkeit komplexe Person zu sein. Sich zu exponieren und so Kontakt mit der Außenwelt aufzunehmen, ist offenbar Teil des Spiels mit verschiedenen Selbstinszenierungen.

Löst man die von Lara vorgenommenen seriellen Bildfolgen auf und ordnet den gesamten Fotobestand auf Instagram nach ikonischen Prinzipien, sind wiederkehrende Mimiken und Körperhaltungen zu erkennen, die mit verschiedenen Stimmungslagen und Weiblichkeitsvorstellungen verbunden sind (Abb. 2).

Abbildung 2: Spiel mit verschiedenen Stimmungslagen und Weiblichkeitsvorstellungen

Dazu gehören laszive Inszenierungen mit leicht geöffneten, farblich betonten Lippen, taktilen Selbstberührungen und ein ausweichender bzw. verträumt abwesender Blick (obere Reihe). Darüber hinaus stilisiert sich Lara als sinnliche junge Frau mit sehnsuchtsvoll begehrender Anmutung, die durch die fotografische Perspektive in Untersicht mit einem Blick von oben nach unten auch einen leicht arroganten Ausdruck annimmt (zweite Reihe). Die Portraits, auf denen Lara mit herausgestreckter Zunge zu sehen ist (dritte Reihe), vermitteln im Kontrast dazu eine Kombination aus sexualisiertem und lustig-frechem Ausdruck. Schließlich gibt es Fotos mit trauriger und ernster, fragender oder gar skeptischer Miene (untere Reihe von links nach rechts gesehen).

Lara scheint mit ihren Porträtbildern zeigend auszudrücken: »schau, so kann ich sein« und zugleich sich selbst und anderen die Frage zu stellen »wer bin ich eigentlich«? Diese Fragen verhandelt sie in der öffentlichen virtuellen Welt, die sie quasi als Spiegel für ihre Selbstsuche nutzt.

Interaktionen mit anderen Personen oder in Gruppen, in denen sich die Selbstkonstitution vor allem in der Adoleszenz, aber auch darüber hinaus vollzieht (Mead 1969; Lacan 2016; Freud 2020), sind in ihrem Instagram-Account nicht zu finden. Als weitere Wesen, die ebenfalls zu ihrer Selbstpräsentation gehören, sind lediglich drei Hunde zu sehen. Mit diesen werden auch einige wenige häusliche Aspekte sichtbar. Einem, den sie namentlich als ihren Lieblingshund Pierre benennt, ist sogar ein eigenes Story-Highlight gewidmet (Abb. 3).

Abbildung 3: Laras Hunde

Darin hat Pierre einen Platz am Mittagstisch, sieht fern, liegt in der Hängematte oder wird liebevoll in ein pinkfarbenes Handtuch eingewickelt. Aber auch die Interaktion mit allen drei Hunden weist anthropomorphisierende Züge auf, wenn Lara deren Fütterung wie eine gemeinsame Mahlzeit inszeniert, in der den Hunden Lätzchen umgebunden werden. So erscheinen die Hunde als Teil von Laras alltäglichem Leben, von dem man in Bezug auf sie selbst nicht viel sieht, geschweige denn eines mit Freund*innen oder Familienmitgliedern.

Ihre Verbundenheit mit den Hunden unterstreicht sie durch Fotomotive, bei denen sie – ähnlich wie Hunde – die Zunge aus dem Mundwinkel herausragen lässt (Abb. 4).

Abbildung 4: Bildtypus Ähnlichkeiten mit Hunden

Zudem verwendet sie ähnliche oder gleiche Stoffe für ihre wie auch für die »Kleidung« der Hunde (Abb. 5).

Abbildung 5: Lara und ihre Hunde

Aus diesem Bildtypus wähle ich das rechte Bild für eine Einzelbild-Segmentanalyse15 (Abb. 6) aus, weil mir darin eine Übergegensätzlichkeit bei Laras Suche nach einem Selbst-Bild, das in ihren Augen wie auch in jenen Anderer tragfähig sein kann, am prägnantesten erscheint.

Abbildung 6: Einzelbildanalyse

Ich beginne mit der Beschreibung meines Wahrnehmungsprozesses: Als erstes fiel mir Laras Mund auf, dann die Augen und gleichzeitig natürlich auch die große bunte Fliege, das Hütchen und erst am Schluss der dunkle Hintergrund und das Treppengeländer. Die Zeichen am oberen Rand, die das Medium sowie Laras Profilbild zu erkennen geben sowie der Text in einer anderen Sprache waren zwar ko-präsent, sodass das Bild als ein Element einer Instagram-Story zu identifizieren war, bildeten aber als bereits typisierte Elemente nicht den Fokus meiner Wahrnehmung.

Formal gesehen gliedert sich das Bild in einen Vorder- und Hintergrund in Korrespondenz mit einem hell-dunkel- sowie scharf-unscharf-Kontrast, mit dem die Figur im Vordergrund auch aufgrund der Fläche, die sie im Bild einnimmt, eindeutig als dessen zentrales Element erkannt werden kann. Die Perspektive mit leichter Aufsicht, die auch in anderen Aufnahmen von Lara zu erkennen war, ist auch hier ausgeprägt, während die räumliche Situation eher buchstäblich »im Dunkeln« verbleibt. Die eine Körperhälfte ist den Bildbetrachtenden zugeneigt, während das Gesicht relativ zentral zur Kamera positioniert ist. Diese erste grobe formale Beschreibung in Verbindung mit dem dokumentierten Wahrnehmungsprozess ermöglicht und rechtfertigt eine auf die zentrale Figur bezogene Segmentbildung mit einem Fokus auf Gesicht und Fliege sowie eine vorläufige Reihenfolge der Interpretation dieser Elemente und ihres Zusammenhangs. Im Folgenden wird die Interpretation nur ausgewählter Segmente (Abb. 7), die für den Sinngehalt des Bildes tragend sind, ergebnisbezogen dargestellt.

Abbildung 7: ausgewählte Segmente

Der Mund wirkt durch Lippenstift und einen Lichtpunkt hervorgehoben. Die Zunge ragt seitlich heraus, aber nicht im Sinne einer Abwehr von etwas Unangenehmen, etwa wenn man sich vor etwas ekelt, oder als freche Geste wie etwa im berühmten Einstein-Bild, oder gar als Beleidigung, sondern liegt entspannt und nahezu lässig im Mundwinkel. Mit ihr ist zugleich eine Richtungsanzeige nach links außen verbunden, die auch wie eine Einladung wirken könnte. Die Augen blicken herab und weisen dem/der Betrachter*in eine untergeordnete Position zu, bringt sie also auf Distanz. Der Torso wiederum ist den Betrachtenden in seiner unbedeckten Seite zugewandt und verstärkt – zusammen mit den »wilden« Haaren – die erotische Note, die von der großen Fliege jedoch wieder zurückgenommen wird, weil sie, in Kombination mit dem Hütchen signalisiert, dass es keine alltägliche, sondern eine karnevaleske Selbstdarstellung sein könnte, bei der ein Übertreten normativer Regeln ins erotisch-sexuelle zur außeralltäglichen Normalität gehört. Das Bild schwankt also zwischen Erotik und Kontrolle, Wildheit (Haare) und kindlicher Clownerie, Einladung und Zurückweisung.

Die Achsen (Abb. 8) und Feldlinien (Abb. 9) machen deutlich, wie sich dieser Eindruck auch über die Gesamtkomposition des Bildes einstellt.

Abbildung 8: Bildachsen

Die vertikalen und horizontalen Mittelachsen haben im Mund ihren Kreuzungspunkt und verdeutlichen auch dadurch dessen Zentralität. Hier – so könnte man meinen – blickt man direkt in Laras Innenraum. Dadurch, dass die Zunge herausragt, der Mund nicht ganz geöffnet ist und die obere Reihe der Zähne deutlich sichtbar ist, geht der Blick jedoch nicht sehr weit, höchstens die Fantasie.

Die Feldlinien (Abb. 9) geben wiederum Aufschluss über die Dynamik und innere Ordnung der Bildkomposition (Abb. 9).

Abbildung 9: Feldlinien

Die erste Feldlinie verdeutlicht, dass der Kopf etwas geneigt ist und das Bild dadurch nicht ganz statisch wirkt. Sie lenkt den Blick zudem noch stärker als die Bildachsen in eine Kuhle, die Laras Brustansätze erahnen lässt. Die zweiten Feldlinien verdeutlichen die räumliche Situation mit einem nach links oben geführten Treppengeländer und einem Fluchtpunkt weit außerhalb des Bildes. Der Blick wird nach oben links gelenkt und führt erneut über den Mund. Gehalten wird der Blick schließlich durch eine weitere Feldlinie entlang der Begrenzung durch einen Mauervorsprung. Mit der Perspektivlinie bildet sie ein Dreieck, das Laras Bild in einen erotisierenden Torso-Mund Bereich und einen kontrollierenden Augenbereich unterteilt und so die Übergegensätzlichkeit der gleichzeitigen Einladung und Zurückweisung, der Bewegung und Stabilität, der erotisch-kokettierenden und zugleich kindlichen Selbstpräsentation ikonisch zur Darstellung bringt.

Im Kontrast zu dieser mit erotischen und zugleich kindlichen Anmutungen spielenden Selbstdarstellung zeigt Lara im Interview Fotos aus ihrer Kindheit (Abb. 10).

Abbildung 10: Bilder aus Laras Kindheit

Sie vermitteln den Eindruck eines behüteten Aufwachsens, umgeben von Familie, Spielsachen und anderen Kindern. Es handelt sich um weitgehend konventionelle Familienfotografien. Der Verbindung zwischen den Kinderbildern, auf denen Lara erkennbar fröhlich und sozial sehr gut eingebettet erscheint, und jenen auf Instagram, auf denen sie sich weitgehend alleine bzw. nur in einer quasi-sozialen Verbindung mit Hunden darstellt, erschließt sich allerdings erst über die biografische Erzählung im Interview.

Lara wurde 2003 in Porto Alegre, einer Großstadt im Süden Brasiliens, geboren. Sie wuchs in einem bürgerlich gut situierten und stabilen familiären Umfeld auf. Als sie zehn Jahre alt wurde, geriet mit der Erkrankung des Großvaters väterlicherseits und dessen anschließender Pflegebedürftigkeit die Stabilität des Familiengefüges aus dem Gleichgewicht. Laras Vater und dessen Schwester übernahmen die Pflege; die Beziehung zwischen Lara und ihrem Vater verschlechterte sich bis zu offenen Streitsituationen mit wechselseitigen Wutausbrüchen. Die familiäre Anspannung kulminierte, als Lara im Zuge einer körperlichen Auseinandersetzung ihre ältere Schwester durch einen Biss verletzte, woraufhin Lara in Therapie geschickt wurde.

In den folgenden Jahren destabilisierte sich Laras Ausbildungsverlauf aufgrund von Angst- und Wutattacken. Sie wechselte innerhalb von zwei Jahren zweimal die Schule, hatte immer länger werdende Fehlzeiten, zog sich sukzessive aus Kontakten mit Mitschüler*innen zurück und blieb der Schule schließlich ganz fern. Während ihrer schulischen Auszeit erhielt sie Privatunterricht, wodurch ihr die Fortsetzung des Schulbesuches etwa zwei Jahre später ermöglicht wurde. Die Panikattacken hörten jedoch nicht auf, bis sich 2019 ein Wendepunkt abzeichnete. Lara begann, Theaterunterricht zu nehmen, lernte während der Corona-Pandemie über online-Formate neue Freunde kennen, wurde Teil einer Kinogruppe und gründete auf Instagram eine Künstlergruppe. Auch in der Schule änderte sich ihre Position: Sie wurde zur Klassensprecherin gewählt. Nach dem Schulabschluss absolvierte sie Aufnahmeprüfungen an zwei Universitäten erfolgreich. Die schwierige Phase der Adoleszenz, in der sie – nicht zuletzt durch therapeutische Unterstützung – gegen ihre Angst und Wut ankämpfen musste, schien auf der Handlungsebene zum Zeitpunkt des Interviews überwunden.

Dennoch war das Kapitel noch nicht ganz abgeschlossen, denn in Laras erzählter Lebensgeschichte bilden ihre Angstzustände und deren Überwindung das organisierende Prinzip ihrer Darstellung. Sie beginnt mit einem Statement, dass sie glaube, in den ersten Jahren eine gute Kindheit gehabt zu haben. Danach berichtet sie über weite Strecken der Eingangserzählung, wie es sukzessive zu ihren Angstzuständen kam, beschreibt ihre Panikattacken am Morgen vor der Schule und evaluiert generalisierend, dass sie »wirklich große Angst vor dem Leben« gehabt habe: »so I was really really afraid of things and afraid of (1) of living really, you know«. Nach diesem Kulminationspunkt in der Darstellung präsentiert sie ihre Strategien, die sie aus ihrer Isolation herausführen sollten, um den ängstlichen Anteil ihrer Person »nicht gewinnen« zu lassen: »like not letting uhm, this afraid part of me win and like getting to show who I was«. Schließlich kommt sie gegen Ende der Eingangserzählung auf ihre Kindheit und sich selbst in dieser ersten »guten Zeit« zurück, woran sie künftig wieder anschließen will: »I have to return to what I was«, nämlich wie sie als Fünfjährige ohne Angstzustände »really funny and social« gewesen sei (Abb. 11).

Abbildung 11: Laras verlorenes Kind-Selbst

In einer Globalevaluation hebt Lara ihre Angst noch einmal explizit als einen »defining factor for my life« hervor und schließt die Eingangserzählung mit ihrer Zukunftsvorstellung, in der sie sich als Journalistin oder Designerin sieht.

Vor diesem Hintergrund erscheint Laras Selbstdarstellung auf Instagram als wesentlicher Bestandteil ihrer Suche nach einem zukunftsfähigen Selbst jenseits der Angst. Sie imaginiert sich bildlich neu und erkennt dabei ein Selbst, das sie schon einmal war: unbefangen und frei von Angst. Dazu gehört, sich expressiv und wandelbar darstellen zu können. Indem Lara vielfältige mimische, gestische, haarfarbliche, kleidungsbezogene Formen ausprobiert, die aus Konventionen der Selbstdarstellung in einem bürgerlich-wohlsituierten Milieu eines lateinamerikanischen Landes heraustreten, löst sie sich von ihrem angstbesetzten Selbst. Die Fotos aus ihrer Kindheit bestätigen ihr, dass es ein Leben vor der Angst gegeben haben muss, an das sie wieder anknüpfen könnte. In ihrer Selbstdarstellung im Interview wird jedoch deutlich, dass sie sich an diese Zeit und ihr damaliges Selbst nicht wirklich erinnert, möglicherweise weil in ihrem Erleben die Phase der Angst- und Wutzustände jene davor überlagert. Vielmehr müssen vor allem die Fotos als Orientierungspunkt dafür dienen, wie sie künftig wieder sein möchte. Damit bilden sie eine medialisierte Hintergrundfolie und Referenz für Laras Suche nach einem Selbstbild jenseits der Angst, welches sie auf Instagram ebenfalls in rein bildmedialer Form entwirft.

In ihrem Fall ist es also die Verbindung von Fotos aus der biografischen Vergangenheit mit den aktuellen öffentlichen Selbstpräsentationen auf Instagram, mit denen sich Lara einen bildlichen Spiegel für die Transformation ihres Selbst schafft. Die nahezu gänzliche Abwesenheit von Bildern ihres lebensweltlichen Alltags offenbart allerdings eine Kluft zwischen ihrem auf Instagram gefundenen Selbstbild und ihrer außerbildlichen Lebenswelt. Zugleich täuscht das Instagram-Selbst über diese Problematik hinweg, weil Lara dort als selbstbewusste junge Frau erscheint, die fähig ist, ihre Stimmungen auszudrücken und auch mit erotisch-sinnlichen Anmutungen gegenüber Betrachter*innen zu spielen, sodass man nicht auf die Idee kommt, dass sie eine ängstliche Person sein könnte. Auf Instagram gelingt anscheinend – die eigene Attraktivität und Lebendigkeit beschwörend – die Überwindung eines von Angst geprägten Selbstbildes. Man könnte mit den Worten von Michael Müller meinen, dass »[d]ie Erwartung […], gesellschaftliches ›Glück‹ lasse sich durch ›Schönheit‹ gleichsam performativ realisieren (Menninghaus 2003) […] – religionssoziologisch gesehen – die Rationalität eines im Kern magischen Kraftglaubens auf[weist]« (Müller 2011, 102). Von Bildern geht mithin eine Kraft aus, die die Haltung zu sich selbst und zum eigenen Leben zu verändern vermag. Und damit wären wir wieder bei Aby Warburg angekommen. Das von Lara auf Instagram wieder entdeckte und neu gewonnene Selbstbild muss sich allerdings in der alltäglichen Welt von Face-to-Face-Beziehungen – wie etwa in einem biografischen Interview – noch bewähren.

Laras Fall gehört zu einem Falltypus, der uns im Zuge unserer Untersuchung besonders aufgefallen ist, nämlich einer, bei dem die Selbstdarstellung auf Social Media auf einen Umgang mit existenziell bedrohlichen biografischen Erfahrungen zu verweisen schien, was sich dann in Verbindung mit den Interviews als konkreter Erfahrungshintergrund rekonstruieren ließ (siehe auch Breckner 2025; 2026, Kapitel 4.3.4). Was lässt sich vor diesem Hintergrund in Bezug auf die Frage, inwiefern Soziale Medien als Denkräume des erkennenden Sehens verstanden werden können, resümieren?

5. Soziale Medien – Bildbiografische Denkräume (selbst-)erkennenden Sehens?

In der Zusammenstellung und Kuratierung von Bildern in Sozialen Medien möchten sich Protagonist*innen selbst wie auch andere zum einen wiedererkennen in der Gestalt jeweiliger sozialer Profile (Goffman 1981) und Zugehörigkeiten, die damit zugleich sehend performativ hervorgebracht werden. In ihrer fotografischen Selbstdarstellung beziehen sie sich zeigend im Sinne von Gottfried Boehm (2007) auf sich und ihre Lebenswelt und stellen sich so als eine spezifische Persona dar. Biografieanalytisch gewendet bedeutet das, dass visuelle Selbstdarstellungen in Sozialen Medien zum einen als Spuren (Didi-Huberman 1999) eines gelebten Lebens und zugleich als dessen imaginativ-bildliche Gestaltung oder gar magische Beschwörung eines angestrebten Selbst verstanden werden müssen. Das mit der analogen Fotografie verbundene Paradigma der Indexikalität bzw. der Spur (Geimer 2009) muss insofern nicht ganz aufgegeben werden, weil die Bilderwelt Sozialer Medien mit einer außerbildlichen Lebenswelt verbunden bleibt (Breckner 2025), unterliegt aber Verschiebungen, in denen die Imagination gegenüber dem Abbildcharakter einen höheren Stellenwert gewinnt. Die Bildgestaltungen gehen über das fotografisch Abbildhafte weit hinaus, sodass sich Gestaltungsräume des Imaginär-Bildlichen öffnen. Das Spiel mit wiedererkennbaren Aspekten (es handelt sich tatsächlich um diese oder jene Person mit diesen oder jenen sozialen Charakteristika) und bildlich Imaginärem in Bezug auf die Vorstellungen zu dieser Person wird fließend. Aber auch Imagination enthält Spuren von gelebtem Leben mit all seinen verschiedenen Zuständen. In den zuweilen hoch ikonischen und mehrdeutigen Bildgestaltungen – so könnte mit Imdahl und Warburg formuliert werden – gelingt es Bildgestalter*innen, etwas – wenn auch nur intuitiv – über sich und die Welt auszudrücken, was ihnen sprachlich nur schwer oder auch gar nicht zugänglich ist – im Fall von Lara zwei Seiten ihrer Persona, die sich scheinbar wechselseitig ausschließen und doch zusammengehören.

In die bildlichen Selbstgestaltungen in Sozialen Medien gehen demnach unterschiedliche, zum Teil kaum voneinander trennbare und ineinander verwobene Bildregister ein – wie etwa alltägliche Schnappschussbilder einerseits und Inszenierungen, die an Werbung oder gar Kunst orientiert sind, andererseits. Dazu trägt nicht nur eine sukzessive Auflösung der Sphärentrennung zwischen privat und öffentlich in der Weise bei, dass ehemalige Darstellungsmittel und Bilder-Rahmen, mit denen öffentliche Personen (seien es Schauspieler*innen, Celebrities, Politiker*innen, Werbemodels) präsentiert werden und bei denen die Betrachter*innen nicht erwarten, die »echte« Person »hinter« den Bildern zu sehen (Goffman 1981), inzwischen nahtlos auch in die »private« Selbstpräsentation auf Social Media eingegangen sind. Dadurch verschwimmen die Grenzen zwischen bildlicher Imagination und außerbildlicher Realität ganz generell, und zwar nicht nur für Betrachter*innen dieser Bildwelten, sondern auch für diejenigen, die sie aktiv gestalten. Dass dies mit unzähligen Hashtags wie »Instagram versus reality« extensiv thematisiert wird, weist darauf hin, dass es hier etwas neu zu verhandelt gilt.16 Die Lust am Bild im Sinne der »Hingabe an das Idolon« (Warburg 2000, 3) scheint aber – trotz der vielfachen und berechtigten Kritik an den »geschönten« Bildern insbesondere auf Instagram und ihren problematischen Konsequenzen vor allem auf das Körperbild von jungen Frauen – nicht zu stillen zu sein. Indem sie bei Betrachtenden und möglicherweise auch bei den Bildgestaltenden auch Irritationen auslöst, kann sie – im Sinne Warburgs – im besten Fall ein Innehalten bewirken und zur Reflexion darüber anregen, was mit dieser Leidenschaft der bildlichen Selbstgestaltung verbunden sein könnte. Das gilt auch für gesteigerte ikonische Gewaltinszenierungen, die nicht nur irritieren, sondern auch verstören (Breckner 2025).

In Bezug auf Soziale Medien weitergedacht, lässt sich schlussfolgern, dass sich diese zu Arenen (Schütze 2016; Strauss 1993) mit spezifischen Möglichkeiten entwickelt haben, in denen in der Alltagswelt diskursiv nicht Fassbares in eine Bilderwelt transzendiert, dort ikonisch intensiviert, zum Teil auch exzessiv ausgelebt wird, nicht zuletzt, um sich von bedrohlichen Anteilen der Alltagswelt im Modus des ikonischen Erkennens distanzieren zu können. Die bildliche Artikulation und zugleich Distanznahme gegenüber schwer Fassbarem geschieht nicht zufällig vorwiegend anhand von Körperdarstellungen in spezifischen Bildritualen wie etwa Selfies oder Bildserien, wie im Fall von Lara. An und mit dem Körper wird verhandelt, wie sich eine Persona sozial positioniert und sich selbst auch in ihrer Gewordenheit und Geschichte wahrnimmt, wer sie also in einer spezifischen Situation und Umgebung jeweils ist, ohne darauf festgelegt zu sein (Belting 2001; Müller 2011). Soziale Medien bieten für diese Verhandlung im Gegenüber mit Anderen – die nahezu zeitgleich oder zeitlich versetzt, imaginativ aber immer mit anwesend sind – einen Denkraum, in den man nicht nur in Ausnahmesituationen, sondern alltäglich ein- und austreten kann. Die bildsymbolische Spezifik in diesen Vorgängen liegt darin – wie Hartmut Böhme, Warburg interpretierend, pointiert hat – dass Bilder als »kulturelles Faktum ›im letzten‹ eine psychische und zugleich verleiblichte Kompromißfigur auf der Polaritätsskala zwischen magischem Bann und rationaler Beherrschung der Affekte darstell[en]« (Böhme 1997, 139).

Offen bleibt, was von einem solcherart intensivierten Bildgeschehen in Sozialen Medien in die Alltagswelt zurückkehrt. Im Fall von Lara lässt ihre biografische Entwicklung erkennen, dass Instagram als produktives Element eines Prozesses der Überwindung schwer kontrollierbarer Emotionen und entsprechender Selbstwahrnehmung genutzt werden konnte. Mit allgemeinerem Blick auf Soziale Medien ist jedoch auch unübersehbar, dass der potenzielle Denkraum auch eine Kehrseite hat, wenn etwa in anderen Fällen sich die in Sozialen Medien entwickelte Dynamik der Selbstdarstellung möglicherweise eher als Falle selbstschädigender Illusionen in Bezug auf die Gestaltbarkeit des eigenen Körpers herausstellt, worauf Untersuchungen zu Auswirkungen der dort propagierten Schönheitsideale vor allem unter Jugendlichen und jungen Frauen hinweisen. Der Denkraum kann sogar auch gezielt zerstört werden, etwa wenn hypermedial inszenierte Gewaltdarstellungen nicht zu reflexiver Besonnenheit führen, sondern – wie bei Amokläufen – mit ausgeführten Gewalttaten verschmelzen bzw. zu deren Handlungsanleitungen werden. Soziale Medien bleiben daher in ihren Möglichkeiten und Auswirkungen ambivalent. Umso mehr gilt es, jeweils genauer hinzusehen, in welchem spezifischen Zusammenhang sich deren Nutzung entfaltet. Die kulturwissenschaftlichen und bildtheoretischen Überlegungen von Aby Warburg und Max Imdahl sind – so hoffe ich gezeigt zu haben – dafür ausgesprochen hilfreich.

Anmerkungen

[1]
Siehe exemplarisch (Bohnsack 2003; Breckner 2010; Müller 2012; Przyborski 2018; Przyborski und Slunecko 2012; Przyborski und Wohlrab-Sahr 2014, 315–58; Raab 2008; 2012).
[2]
Panofsky war nicht zuletzt durch seine Freundschaft mit Warburg und seine Zusammenarbeit mit dem Warburg-Institut in Hamburg bis zu seiner erzwungenen Emigration in dessen Fußstapfen getreten (Levine 2017).
[3]
Es sei denn, man begibt sich in weit verzweigte kunstgeschichtliche Fachdiskurse, die ohne entsprechende Ausbildung schnell unübersichtlich und komplex werden können.
[4]
Mit Warburg wäre auch ein Anschluss an eine Kulturpsychologie (Slunecko et al. 2017) möglich, die aber andernorts von kompetenterer Seite geschehen müsste.
[5]
Influencer mit vorwiegend ökonomischen Interessen sowie politische Propagandisten bleiben ausgeklammert, weil mich interessiert hat, inwiefern Soziale Medien – trotz ihrer starken Veränderung in den letzten zehn Jahren hin zu Kommerzialisierung und politischen Radikalisierung – auch noch eine mehr oder weniger spielerische und vergnügliche sowie mehr oder weniger öffentliche »Privatangelegenheit« von einzelnen Personen sein können und sich damit die Ursprungsidee Sozialer Medien noch behaupten kann. Zu Fragen der Kommerzialisierung (Fuchs 2023; Reichert 2023; Van Dijck 2013) und zu Bildern im politischen Diskurs (Alexander 2012; Bernhardt 2016; Bernhardt et al. 2009; Mitchell 2006) gibt es andere einschlägige Untersuchungen.
[6]
Ein erstes Projekt wurde vom Jubiläumsfonds der Stadt Wien für die ÖAW (10/2017- 03/2019) und ein zweites vom Österreichischen Wissenschaftsfond (FWF, P 32957-G; 03/2020-10/2024) gefördert. Das erste Projekt hatte den Titel »Visuelle Kommunikation auf Facebook – eine biographieanalytische Perspektive (VIS_BIO)«. Projektteam: Roswitha Breckner (PI, 10/2017- 03/2019), Maria Schreiber (Post Doc 10/2017-08/2018), Elisabeth Mayer (Prae Doc 10/2017-03/2019), Anna Weisser (Studentische Mitarbeiterin 10/2017-03/2019). Das zweite Projekt lief unter dem Titel »Biographies in the making in a connected lifeworld«. Projektteam: Roswitha Breckner (PI, 03/2020-10/2024), Johannes Marent (Post Doc 03/2020-05/2022), Elisabeth Mayer (Prae Doc 03/2020-12/2023), Simone Feichter (Prae Doc 05/2022-12/2023), Margarita Wolf (Prae Doc auf Werkvertragsbasis 06-11/2022; 01-02/2024), Priscila Susin (PostDoc auf Werkvertragsbasis 12/2021-02/2022; 08/2022-12/2022), Anna Weisser (Studentische Mitarbeiterin 03/2020-12/2021), Josipa Pranjic (Studentische Mitarbeiterin 01/2022-12/2023).
[7]
Zum Forschungsdesign, den angewendeten Methoden und zum Ablauf der Untersuchung siehe Breckner (2026).
[8]
In den genannten Untersuchungen waren darüber hinaus auch weitere Konzepte zentral: Das an Warburg anschließende Konzept der Spur von Georges Didi-Huberman, das Konzept der Ikonischen Differenz von Gottfried Boehm (2001), der Poetik digitaler Medien von Paul Frosh (2019), der hyperrituellen Darstellung sozialer Profile in verschiedenen Bilder-Rahmen von Goffman (1981) und dessen Erweiterung zu visuellen Idiomen (Müller 2025b) auch in technisierten Medien von Michael Müller (2018) sowie identitäts- bzw. biografietheoretische Konzepte (Fischer 1978; Fischer-Rosenthal 1995; Rosenthal 1995; Schütze, 1981; Straub 2018), um nur die wesentlichsten zu nennen (siehe hierzu Breckner 2026).
[9]
Das ließe sich auch mit Susanne Langers Unterscheidung zwischen der diskursiven und präsentativen Logik der Symbolisierung (Langer 1984) argumentieren, bei der sie Bilder eher der präsentativen Logik zuordnet und deren Potenzial betont, Erfahrungen, Affekte und Emotionen zum Ausdruck bringen zu können. Dies ist andernorts von meiner Seite bereits geschehen (siehe Breckner 2010, 44–53).
[10]
Den beiden anonymen Gutachter*innen möchte ich an dieser Stelle ausdrücklich für ihre Anmerkungen und einer/m vor allem für die konstruktiven und weiterführenden Hinweise für das Fazit danken.
[11]
Das Nachleben von Vorstellungen aus der Antike sah Warburg aber nicht auf die Renaissance beschränkt, sondern verfolgte sie bis in seine Zeit, wie an den in der Bibliothek Warburg gesammelten Materialien etwa aus zeitgenössischer Werbung deutlich wird. Zum Konzept des »Nachlebens« vgl. auch Didi-Huberman (2010).
[12]
Diesen wurde – so Warburg – mittels Pathosformeln, mit denen größtmögliche Erregung anschaulich dargestellt wird, Ausdruck verliehen. Dem Konzept der Pathosformeln gehe ich hier jedoch nicht weiter nach, weil es mir nicht um die Typik geht, mit der bestimmte Ausdrucksgestalten von Gefühlsbewegungen über kulturelle Epochen und Lebensbereiche hinweg entwickelt worden sind. Nur nebenbei: Für die Pathosformeln sind der Mnemosyne-Bilderatlas und auch die Überlegungen von Georges Didi-Huberman zum Nachleben der Bilder (Didi-Huberman 2010), womit er in Verbindung mit Walter Benjamins Geschichtstheorie eng an Warburg anschließt, aus meiner Sicht besonders instruktiv.
[13]
Martin Warnke (2005) und auch Horst Bredekamp (2015) sind damit – soweit ich sehe – allerdings sehr weit gekommen.
[14]
Diese Fallanalyse wurde im Rahmen der genannten Projekte erstellt, in einem Buchmanuskript dargestellt, von dort zum Teil übernommen und für diese Publikation durch eine Segmentanalyse als einem wesentlichen neuen Analysebestandteil ergänzt.
[15]
Eine Segmentanalyse besteht – grob gesagt – aus folgenden Schritten: a) Dokumentation der eigenen ersten Bildwahrnehmung und Aufzeichnung der Blickbewegungen; b) grobe Formalanalyse des Bildes; c)  Identifikation von Segmenten auf der Basis von a) und b); d) sukzessive Analyse der Segmente jeweils für sich und in Verbindung zueinander; e) eingehende Analyse der Bildkomposition, Imdahl folgend, entlang der Dimensionen Perspektive, Choreographie und Planimetrie (Imdahl 1996, +Ikonik); f) ggf. Analyse von Textelementen und dem Bild-Text-Verhältnis; g) Analyse des (medialen) Bildkontextes, einschließlich des Entstehungs- und Verwendungszusammenhangs des Bildes; h) Zusammenführung aller bisherigen Interpretationsergebnisse; i) Diskussion von deren empirischer und konzeptioneller Relevanz in einem bestimmten Untersuchungsfeld. Im Rahmen dieses Beitrages werden nur ausgewählte Schritte ergebnisbezogen dargestellt. Im Detail siehe Breckner 2010.
[16]
Wie sich das Verhältnis zwischen Bild und Realität mit den bildgenerierenden Verfahren Künstlicher Intelligenz weiterentwickeln wird, bleibt abzuwarten, stellt aber bereits jetzt eine neue Herausforderung dar bei der Bestimmung der Referenzen, auf die sich Bilder medial beziehen.

Literatur

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Die Autorin

Roswitha Breckner, Assoziierte Professorin (i.R.) für Soziologie am Institut für Soziologie der Universität Wien. Derzeit Gastprofessorin und permanent Senior Research Fellow ebendort. Forschungsschwerpunkte: Visuelle Soziologie, Bildanalyse, Biografieforschung, interpretative Methoden, Migration.

Kontakt:
Assoz. Prof. (i.R.) Dr. Roswitha Breckner,
Universität Wien, Institut für Soziologie,
Rooseveltplatz 2, 1090 Wien, Österreich;
E-Mail: roswitha.breckner@univie.ac.at