Qualitative Forschung prosperiert in allen sozialwissenschaftlichen Disziplinen, jedoch zeigt sich, dass – trotz der Fülle an Publikationen, die sich qualitativer Forschung widmen und der Zunahme an Projekten basierend auf qualitative Methoden – Fragen der Lehr-/Lernbarkeit qualitativer Methodik vergleichsweise wenig Beachtung finden. Ausbildung zu qualitativer Forschung hängt nicht selten von lokalen Zufälligkeiten ab, wird dem learning-by-doing überlassen oder an außeruniversitäre Veranstaltungen delegiert. Es fehlt vielerorts eine umfassende Methodenausbildung und ein verbindliches Rahmenangebot, entlang derer sowohl die theoretischen Hintergrundannahmen vermittelt, die Besonderheit des Forschungsstils als soziales Arrangement und der Zentralität von Forschenden-Beforschten-Interaktion sowie methodischen Kompetenzen erfahren und methodischen Anwendungen geübt werden. Ein solches Anliegen findet sich in einem gerade von Akteuren des Berliner Methodentreffens Qualitative Forschung getragenen »Memorandum für eine fundierte Methodenausbildung in den Human- und Sozialwissenschaften«.
Schüsselwörter: qualitative Methoden, Lehr-/Lernbarkeit qualitative Forschung, Berliner Methodentreffen Qualitative Forschung, Memorandum für eine fundierte Methodenausbildung in den Human- und Sozialwissenschaften
Qualitative research flourishes in all social science disciplines. However, it appears that despite the abundance of publications dedicated to qualitative research and an increase in projects based on qualitative methods, questions concerning the ability to teach and learn qualitative methods are given comparatively little attention. Teaching and learning qualitative research often depend on local contingencies; for example, many are left to learning-by-doing or are delegated to events and institutions outside of the university. In many cases a comprehensive way to teach qualitative research methods within a guiding framework is missing. This is exactly what is needed to communicate the theoretical background assumptions, to experience the special features of this type of research as a social arrangement with researcher-researched-interaction at the core, and to practice the competences and applications of qualitative methods. This concern is represented in the initiative »Memorandum for a grounded teaching of methods and methodology in the human and social sciences« [Memorandum für eine fundierte Methodenausbildung in den Human- und Sozialwissenschaften].
Keywords: qualitative methods, teaching/learning qualitative research, Annual Berlin Meeting on Qualitative Research, Memorandum für eine fundierte Methodenausbildung in den Human- und Sozialwissenschaften
Darstellungen zu qualitativer Forschung (vor allem jene in den sozialwissenschaftlichen Disziplinen Soziologie und Erziehungswissenschaft) lesen sich heute im Stile einer Erfolgsgeschichte. Abgehoben wird auf die Zunahme an Veröffentlichungen, (insbesondere Handbücher, aber auch erste Lehrbücher), die Verankerung in Fachgesellschaften und die Präsenz qualitativ Forschender auf Tagungen. Diese »Erfolgsgeschichte« hat sich als neues Narrativ durchsetzt (siehe dazu etwa jüngst die Überblicke von Hitzler 2007, Mey & Mruck 2007, Mruck & Mey 2007, Reichertz 2007 – und selbst für einige Teilbereiche der Psychologie ließe sich zumindest Ähnliches – wenn auch nicht mit der Durchschlagskraft – schreiben, siehe Mey 2007). Abgelöst wurden damit Narrative, die viel deutlicher die Marginalisierung qualitativer Forschung oder deren »Schattendasein« betonten.
Noch mehr steht für den Durchbruch qualitativer Forschung die enorme Nachfrage nach qualitativen Methoden bei den sogenannten Nachwuchswissenschaftler(inne)n, die in ihren Promotionen auf qualitative Methoden zurückgreifen ebenso wie die anhaltende Begeisterung unter Studierenden, die in ihren Diplom-/Masterarbeiten qualitative Verfahren verwenden (wollen). – Dieses zunehmende Interesse zeigt sich etwa in dem Zulauf, den das seit 2005 jährlich ausgerichtete »Berliner Methodentreffen Qualitative Forschung«[2] erfährt, bei dem an zwei Tagen parallel 30 Forschungswerkstätten und Workshops angeboten werden, um mit dem Material der Teilnehmenden zu arbeiten und um Einblick in die Praxis qualitativer Forschung (von Fragen der Planung über Erhebung-/ Auswertung bis hin zur Dokumentation) zu geben. Bei den Berliner Methodentreffen sind jährlich fast 400 Teilnehmende registriert, weit mehr melden sich an, können allerdings aufgrund der Zugangsbeschränkungen, um ein sinnvolles Arbeiten in Kleingruppen zu gewährleisten, nicht zugelassen werden (siehe ausführlich Mey, Mruck & Hoffmeyer-Zlotnik 2006).
Die enorme Nachfrage, die diese Angebote erfahren, steht jedoch nicht nur für das Interesse an qualitativer Forschungsmethodik, sondern sie ist auch Ausdruck für die weiter fehlende Verankerung von qualitativer Forschung in der universitären Ausbildung und deutet an, welchen Bedarf an Vermittlung von qualitativen Forschungsstilen und Verfahrenselementen es gibt.
Damit verweist die Nachfrage auf ein Dilemma, das gerne in den Erfolgsdarstellungen, den Bemühungen um Kanonisierung und der zunehmenden Rede von der qualitativen Forschung als »Normalwissenschaft«[3] übergangen bzw. gerne in »Fußnoten« verbannt wird, dass nämlich Lehre zu qualitative Forschung/Methodik nicht in allen Disziplinen – und selbst in einer Disziplin nicht an allen universitären Einrichtungen gleichgewichtig – vertreten wird, und dass selbst zwischen Universitäten/Lehrstühlen mit einem »qualitativen Forschungsprofil« über das, was an qualitativer Methodik vermittelt wird, oft kein Konsens besteht. – Letzteres ist kein Wunder angesichts der Diversifikation an Forschungsstilen/-ansätzen und vorliegenden Verfahren (Lüders & Reichertz 1986, Reichterz 2007). In aller Konsequenz aber bedeutet das, dass sei es aufgrund von Vorlieben/Schulenbindungen, von lokaler Tradition/Sozialisation oder aus anderen Gründen (Zeitbudgets, Rahmenrichtlinien etc.) oftmals nur spezifische Verfahren vor Ort vertreten werden, sodass auch hier die Breite qualitativer Methodologien und Methodik in der Regel nicht einmal ansatzweise abgedeckt wird/werden kann. Dies gilt insbesondere für neuere Methodenentwicklungen und -diskussionen: Selbst für einzelne Verfahren und Verfahrensfamilien existieren mitunter so viele »Spielarten« und »Spezialformen«, dass die vollzogene Ausbreitung und Diversifikation mittels einfacher Überblicke immer weniger abgebildet werden kann. Die Folge ist, dass Studierenden teilweise »Ausschnitte« oder gar gleich die jeweiligen »Hausverfahren« als prädestiniert für fast jede beliebige Fragestellung vorgestellt werden ohne eine hinreichende Einordnung in den transdisziplinär/international verfügbaren Fundus jenseits des Tellerrands des lokal, disziplinär und national Vertrauten.
Resultat der sehr unterschiedlichen Verfügbarkeit von Lehr-/Lernkontexten ist, das nicht nur sehr unterschiedliche Verständnisse von qualitativer Forschung vorliegen – sondern auch eine ganze Portion »Unwissenheit« existiert, die z.B. zum Ausdruck kommt, wenn Studierende auf 20 (und mehr) Interviews in ihren Diplomarbeiten verweisen, Promovierende sprechen gar von vierzig (und mehr). Auf Nachfragen, wie diese Daten denn erhoben oder gar ausgewertet wurden, werden unterschiedliche Verfahren benannt – dabei wird je nach Kontext gerne die »Qualitative Inhaltsanalyse« angeführt, wenn (»irgendwie«) nach Themen gesucht wurde, oder zunehmend wird auch die »Grounded Theory Methodologie« als Label verwandt, »wenn man selbst nicht so recht weiß, wie man zu Ergebnissen gekommen und welchem Verfahren man dabei gefolgt ist« (Strübing 2004, 7).
Nicht selten erinnert dies alles ein wenig an die Diagnose, die Christel Hopf und Walter Müller vor nunmehr fast fünfzehn Jahren mit Blick auf die Soziologie ablieferten (die aber ganz bestimmt auch gerade für viele andere Fächer gilt):
»Bedauerlich ist […], daß im Rahmen der Universitätsausbildung qualitative Verfahren nicht den Stellenwert haben, den sie wegen ihrer Bedeutung für die Auseinandersetzung mit elementaren Fragestellungen […] haben müßten. So ist die Ausbildung in den Methoden der empirischen Sozialforschung an den meisten Universitäten sehr stark durch die Ausbildungsansprüche im Bereich der quantitativen Verfahren bestimmt. Kein Wunder, wenn Studierende und Absolventen […] vielfach Probleme mit der Umsetzung elementarster Anforderungen an qualitative Forschung haben: mit der Aufnahme von Feldkontakten, mit der Durchführung teilstandardisierter Interviews, mit der Fähigkeit zu beobachten, Beobachtungsprotokolle zu schreiben oder die Angemessenheit von Transkriptionen zu beurteilen« (1994, 43f).
Zugegebenermaßen hat sich seit dieser Diagnose in der Soziologie einiges geändert; es sei nur auf die »Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Soziologie zur Methodenausbildung« (Beschluss des Vorstandes vom 6.10. 2002)[4] hingewiesen, in der für eine aus vier Modulen und 22 Semesterwochenstunden bestehende Methodenausbildung votiert wird, in der
»möglichst das gesamte Spektrum der Methoden der empirischen Sozialforschung abgedeckt werden [soll]. Im Vordergrund steht dabei die methodologisch unbestrittene Einsicht, dass sich die Wahl der Methode nach dem jeweiligen Untersuchungsgegenstand bzw. der einzelnen Forschungsfragestellung und den damit verbundenen Erkenntnisabsichten und -zielen und nicht nach persönlichen Methodenfähigkeiten (oder gar Methodenvorlieben) der Forscher(inne)n richtet.«
Für die Psychologie findet sich zwar keine vergleichsweise ausgearbeitete Empfehlung, nach der qualitative Forschung eine so deutliche Berücksichtigung finden soll, aber in dem von Jürgen Bortz gemeinsam mit Nicola Döring vorgelegtem (Psychologie-?) Lehrbuch »Forschungsmethoden und Evaluation für Sozialwissenschaftler« findet sich schon 1995 erstmals (und in all den nachfolgenden Auflagen) der Vorschlag unterbreitet, »Qualitative Methoden« als zweite Veranstaltung nach der einführenden Veranstaltung »Theorie und Praxis der empirischen Forschung« in der Methodenlehre bereits im Grundstudium [!] anzubieten. – Gleichwohl bleibt aber das Fehlen von Lehrstühlen zu qualitativer Methodik und ein entsprechendes Ausbildungsangebot zu qualitativen Methoden infolge der jahrzehntelangen Randständigkeit qualitativer Forschung an vielen Universitäten zu beklagen.
Mit Blick auf die nachuniversitäre Qualifikationsphase folgen aus den oft ungenügenden (universitären) Betreuungsvoraussetzungen (nicht nur für die, die mit qualitativen Methoden arbeiten, aber eben besonders für sie) überlange Promotionszeiten und eine hohe Abbruchrate bei Dissertationen. Zusätzlich arbeiten viele Doktorandinnen und Doktoranden in wissenschaftlicher und sozialer Isolation, die notwendige Einbindung in Forschungszusammenhänge und eine strukturierte, den vielfältigen Anforderungen des Doktorandinnen- und Doktoranden-Status gerecht werdende Betreuung seitens der Lehrenden in den Hochschulen fehlt vielerorts mit teilweise schwerwiegenden Folgen für diejenigen, die in ihren Qualifikationsarbeiten oder in der beruflichen Praxis auf die Verwendung qualitativer Methoden angewiesen sind (Hans Böckler Stiftung 2003).
Diese Ausgangslage – also eine zunehmende Ausbreitung von und das zunehmende Interesse an qualitativer Forschung bei gleichzeitig nicht als ausreichend einzuschätzender Vermittlung von qualitativen Forschungsmethoden in den Studienangeboten – ist nicht neu und auch nicht unbekannt. Doch erst zögerlich und erst in jüngster Zeit ist eine systematischere methodologische Beschäftigung mit »qualitativem Lehren« erkennbar (z.B. Flick & Bauer 2000, Schmitt 2001) bzw. wird eine prinzipiellere Auseinandersetzung mit Fragen der Lehr- und Lernbarkeit qualitativer Forschung gefordert (siehe Breuer & Schreier 2007 und die von ihnen moderierte Debatte im Open Access Journal Forum Qualitative Sozialforschung/Forum: Qualitative Social Research (FQS) unter http://www.qualitative-research.net/fqs/fqs-d/debate-4-d.htm, deren Start auf das Symposium beim Berliner Methodentreffen 2006 zurück geht).
Neuen Auftrieb bekamen diese Fragen zusätzlich vor dem Hintergrund der nun zunehmenden Bemühungen um Standardisierung (und eine deutlichere Kanonisierung) auch im Zuge der Umgestaltung der Studiengänge auf Bachelor/Master und der damit eingetretenen Modularisierung von Bildungs-/Lehrangeboten. Auch wenn diese Planungen insgesamt häufig scharf attackiert werden, ist damit auch eine Chance verbunden, nämlich qualitative Forschung in die (teilweise neu entstehenden/benannten) Fächer (erstmals) »hineinzuschreiben« und das Gewicht, das qualitative Forschung in der Forschungspraxis hat, dann auch im Methodenkanon an den Hochschulen »abzubilden«.
Dass eine solche »Umsetzung« teilweise auf Schwierigkeiten stößt, darf aber nicht verwundern. Hier spielt – neben den strukturellen Voraussetzungen und dem »Kampf um Ressourcen« – auch der besondere Charakter qualitativer Forschung selbst eine wesentliche Rolle: Denn mit qualitativer Methodik und ihrem Bemühen um eine angemessene Rekonstruktion, Verdichtung, Analyse und Bewertung alltäglichen Materials werden nicht nur andere Ziele (z.B. Theoriekonstruktion) verfolgt, sondern auch andere Kriterien der Güte herangezogen als im Falle quantitativer Methodik; dies insbesondere auch mit Blick auf die besondere – kommunikative – Verfassung und Konzeption des qualitativen Forschungsprozesses und die hieraus resultierenden Anforderungen an (Inter-) Subjektivität und (Selbst-) Reflexivität (siehe Mruck & Mey 1996, ausführlicher Mruck, Roth & Breuer 2002).
Insofern sind in Lehr-/Ausbildungsangeboten immer drei Perspektiven virulent: Erstens geht es um eine (fundierte) Kenntnis von Forschungsansätzen/Theorien und damit um Wissen auch über die Differenzen zwischen diesen »Gebäuden«. Zweitens ist ein Verständnis von Forschung als »sozialem Arrangement« und damit als »Kommunikations- und Interaktionsprozess« zu vermitteln (zu »erlernen«): dazu gehört eine Bereitschaft und Fähigkeit zur Offenheit gegenüber den Beforschten, ihren Geschichten, ihren Haltungen/(Selbst-) Deutungen/Konstruktionsweisen (gemäß dem »Prinzip der Offenheit« sensu Hoffmann-Riem 1980), und dazu gehört das (permanente) Ringen um das »Prinzip der Fremdheit« (eine Haltung, die Ronald Hitzler [1991] einmal provokativ mit »Dummheit als Methode« bezeichnete), sowie schließlich die Fähigkeit zur (Selbst-) Reflexion und Anerkennung der Subjektivität (dem »Prinzip der Kommunikation« verpflichtet). Drittens sind Fähigkeiten zu angemessenem Handeln im Forschungsprozess zu vermitteln (zu erwerben). Dazu gehört aber wiederum auch hier: Fähigkeit zur Zurückstellung des eigenen Vorwissens, Aushalten von Widersprüchen und Unklarheiten. – Deutlich wird, Vermittlung von (bzw. »Lehre« zu) qualitativer Forschung ist nur zu einem (geringen) Teil methodisch-»technisches« (Er-) Lernen und (einfaches) Anwenden von Planungs-, Erhebungs- und Auswertungsprozeduren.
Im Vordergrund wird stehen (müssen), dass sich auf Seiten der Lehrenden und Lernenden »persönliche Arbeitsstile« entwickeln (können), da verglichen mit statistischen Verfahren, trotz der geforderten Regelgeleitetheit qualitativer Methodik sehr viel weniger standardisierte (und standardisierbare!) Routinen des Arbeitens bestehen. Und noch weitreichender: Qualitativ Forschende sind »als Person« sichtbar und mit ihrer Subjekthaftigkeit/Subjektivität gefordert. Zudem ist eine Frustrationstoleranz zu »erwerben« und sind Formen des Umgangs mit Verunsicherungen zu »erlernen«, wissend, dass Verunsicherungen immer Einfallspforten für gravierende ([un-] produktive) »Arbeitsstörungen« sein können.
Lehre zu qualitativer Forschung setzt deshalb auch »dichtere« Betreuungsvoraussetzungen und »Lernumgebungen« voraus, im besten Falle ein Arbeitsvorgehen, das zwischen »Colloquium, Supervision und Interpretationswerkstatt« angelegt ist, und in dem in einer kontinuierlichen Begleitung eine Methodenkompetenzvermittlung und eine Diskursivierung von Interpretationen eröffnet (und »eingeübt«) wird (siehe dazu Mruck & Mey 1998, Riemann 2005).
Nicht zuletzt vor dem Hintergrund der Diversifikation von Forschungsstilen und der geringen Zahl an qualitativen Forschungszentren ist zudem sukzessive eine Nutzung der »neuen« Technologien (Mailinglisten, Chats, Diskussionsforen, Wikis, Blogs usw.) sinnvoll. Hierbei kann die Einbindung von Medien über eine punktuelle Unterstützung zu einer kontinuierlicheren (und standortunabhängigen) Zusammenarbeit im Sinne eines kooperativen/kollaborativen Lernens/Lehrens beitragen; das auch unabhängiger macht von dem jeweils lokal (Nicht-) Angebotenen. Erste Erfahrungen wurden im Rahmen eines Pilotprojekts zur Internetbasierten Beratung und Begleitung qualitativer Forschungsarbeiten in den Sozialwissenschaften gesammelt und in ein Angebot http://www.methodenbegleitung.de/ als »NetzWerkstatt« umgesetzt (siehe dazu Mey, Ottmar & Mruck 2006, als Beispiel für ein Online-Seminar zu qualitativer Forschung siehe Dresing 2007 sowie http://www.textanalyse.com/ und http://www.i-study.de/).
Dass ein Kanon guter Angebote entwickelt werden kann, dürfte angesichts der Elaboriertheit von qualitativer Forschung (der Fülle an Publikationen und Akteuren) nicht in Frage stehen, ebenso wenig, dass es dann endlich auch ein dafür angemessenes und umfassendes Lehrbuch (im wahrsten Sinne der Wortes) und zugehöriger »Lehreinheiten« zu qualitativer Forschung (noch besser eine Internetbasierte Lern-/Lehrumgebung) geben wird.[5] Die Zeit dafür ist reif.
Nachtrag: Zur Förderung und Einforderung von qualitativer Forschung an deutschen Hochschulen (und das meint Universitäten und Fachhochschulen) und deren angemessene Berücksichtung in der Lehre und Ausbildung haben die Mitwirkenden des Berliner Methodentreffens, ein Memorandum für eine fundierte Methodenausbildung in den Human- und Sozialwissenschaften unterzeichnet (siehe zum Wortlaut des Memorandums: http://www.qualitative-forschung.de/methodentreffen/memorandum). Mit dem Memorandum wird eine Lehre eingefordert, die in Umfang und Darreichungs-/Arbeitsform den methodischen Ansprüchen aus der (Forschungs-) Praxis Rechnung trägt und für die besondere Charakteristik qualitativer Forschung sensibilisiert, die forschungspraktische Logik eines qualitativen Forschungsstils plausibilisiert und eine begründete Methodenwahl und Anlage einer Studie zu entwerfen hilft, wozu auch eine angemessene Berücksichtung forschungsethischer Richtlinien zu zählen ist.
Eine solche Ausbildung muss im Rahmen von Studienordnungen und Rahmenplänen verankert werden und es sind dafür ausreichende personelle und finanzielle Ressourcen vorzusehen, damit Seminare, Projektkurse, Forschungswerkstätten, Arbeitsgruppen (real wie virtuell) angeboten werden und die Rahmenplanungen umsetzen – andernfalls wird die von Hopf und Müller 1994 getroffene Diagnose, dass »Studierende und Absolventen […] vielfach Probleme mit der Umsetzung elementarster Anforderungen an qualitative Forschung haben« (44) bald wieder eine ganz reale und für die meisten Studiengänge (ob nun Bachelor oder Master) und Studienorte punktgenaue Beschreibung des Status Quo.
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Strübing, Jörg (2004): Grounded Theory. Zur sozialtheoretischen und epistemologischen Fundierung des Verfahrens der empirisch begründeten Theoriebildung. Wiesbaden: VS.
Der Beitrag basiert auf einem Kommentar zu dem Artikel »Qualitative Sozialforschung – Ansprüche, Prämissen, Probleme « von Jo Reichertz, der in Heft 18(2) von Erwägen – Wissen – Ethik erscheinen ist.
http://www.berliner-methodentreffen.de/ Das Berliner Methodentreffen ist angesichts der Anforderungen eines globalisierten Wissenschafts- und Berufsmarktes nur ein Beispiel aus einer stetig wachsenden Zahl an Weiterbildungsangeboten jenseits der regulären Lehre, das Aus- und Weiterbildungsangebote flankierend oder teilweise sogar als Ersatz für fehlende universitäre Angebote eröffnet; ebenfalls gut »nachgefragte« Angebote sind das zweiwöchige Bremer »Graduate Spring Seminar in Methodology«, der Magdeburger Workshop sowie die Workshop-Reihe zu Qualitativer Forschung bei GESIS-ZUMA (Mannheim).
Siehe dazu kritische Anmerkungen in Mruck & Mey 2007, Fußnote 29
Verfügbar über: http://www.soziologie.de/dokumente/empfehlung_methoden.pdf
Siehe dazu die Skizze eines solchen Einführungsbandes zur »Interpretation für psychologische Fragestellungen« von Jochen Fahrenberg im Diskussionsforum.