Feministische + Gendertheorie – Diskurse und ihre Bedeutung für das psychosoziale Feld

Brigitte Schigl

Zusammenfassung

Dieser Aufsatz beruht auf einer bislang unveröffentlichten Arbeit der Autorin gemeinsam mit Surur Abdul-Hussain zum Thema »Menschenbildannahmen im feministischen Diskurs – Perspektiven für die Psychotherapie« (Schigl & Abdul-Hussein in Vorbereitung). Die hier vorliegende Schwerpunktsetzung möchte den Zusammenhang und die wechselseitige Beeinflussung zwischen den Diskursen der Frauen- und Geschlechtertheorien und den vielfältigen Projekten und (Forschungs-)themen der Frauengesundheitsbewegung aufzeigen. Dazu soll als erster Schritt ein kurzer Überblick über die Paradigmen des feministischen Denkens gegeben werden (weiter und ausführlicher siehe auch: Abdul Hussein in Druck). Im Weiteren soll untersucht werden, wo in der psychosozialen und klinischen Praxis die theoretischen Annahmen feministischer Denkerinnen und GendertheoretikerInnen auffindbar sind bzw. wie sich Handlungsfelder und Theorieentwicklung gegenseitig durchdringen und befruchten.

Schüsselwörter: Feministische Theorie, Gender Theorie, Psychosoziale Praxis, Frauengesundheitsbewegung

Summary

This article is based on a so far unpublished cooperation of the author with Surur Abdul-Hussain on concepts of »mankind« in the feminist discourse and its implications on psychotherapy (Schigl & Abdul-Hussein in preparation). The following article focuses on the reciprocal influence between feminist and gender theories and different kinds of research and projects within the women’s health movement. Therefore paradigms of feminist theories are presented in the first place (see Abdul Hussein in press, for more details). The author investigates how and where feminists' theoretical assumptions appear and are integrated in the psychosocial and clinical practice. Furthermore, it is demonstrated how the development of theories and spheres of activity interact in a valuable and interdependent way.

Keywords: Feminist Theory, Gender Studies, psychosocial practice, Women's Health Movement

Warum ist es wichtig, sich in dem Zusammenhang Psychologie und (seelischer) Gesundheit mit Gendertheorien zu befassen? Den Wissensgebieten der Psychologie liegen Vorstellungen, was »normales«, gesundes seelisches Erleben und Verhalten sei, zugrunde. Daran messen wir Krankheitswertigkeit, leiten Ätiologien her, erstellen Diagnosen und versuchen therapeutisch tätig zu sein. Die Idealvorstellung von Gesundheit – so die feministische Kritik – hat den (weißen, bürgerlichen) Mann als die Norm »Mensch« gesetzt; eine Norm, die Frauen zu Anderen und Minderen macht und sich selbst als Ausgangspunkt alles Wissens und aller Erfahrung nimmt. Feministische Diskurse thematisieren die Gleichsetzung von Mensch und Mann (»Androzentrismus«), die Abwertungen (»Misogynie«), die verzerrten Darstellungen von Frauen und Weiblichkeit (»Sexismus«) sowie die Hegemonie von Männern in fast allen Bereichen des beruflichen Lebens (vgl. Singer 2004, 257). Allerdings existiert so etwas wie »die« feministische Theorie bzw. »das« feministische Frauen- und Männerbild nicht. Es handelt sich vielmehr um unterschiedliche Strömungen von feministischen, gendertheoretischen und poststrukturalistischen Ansätzen sowie solchen der kritischen Männerforschung. In den feministischen Diskursen finden sich Auseinandersetzungen mit Identitäts-, Subjekt- und Sozialisationstheorien. Sie werden in diesem Beitrag mit (feministischen) Themen und Projekten des psychosozialen Feldes in Bezug gesetzt. Für diese Verknüpfung werden jene Gender-Diskurse ausgewählt, die eine breite Rezeption erfahren haben, in Genderstudien gelehrt sowie in aktuellen Grundlagenwerken und Handbüchern referiert werden: Hierbei haben Diskurse der Gleichheit und der Geschlechterdifferenz die längste Tradition und sind in die Alltagstheorien unserer Gesellschaft und die Politik eingegangen.

Ich möchte vorausschicken, dass die dargestellten theoretischen feministischen Diskurse nicht (nur) als Weiterentwicklung und lineares Fortschreiten im Sinne einer ständigen Verbesserung gedacht werden können. Auch in ihren Reflexionen im psychosozialen Feld lösen sie einander nicht zeitlich ab oder sind zu einem Zeitpunkt an allen Handlungsorten gleich (stark) vertreten (vgl. Freytag 2003, 31f). Sie finden sich vielmehr gleichzeitig in unterschiedlichen Projekten oder auch vermischt in ein und demselben Aufgabengebiet. Feministische Theorie erwuchs und erwächst aus dem Handeln im Feld und wirkt wieder auf dieses zurück.

1. Die feministischen und gendertheoretischen Diskurse

1.1 Der Diskurs der Gleichheit

Der Begriff Gleichheit wird in der feministischen Debatte sehr vielfältig eingesetzt: Als Gleichberechtigung, Verteilungsgerechtigkeit, Chancengleichheit, Gleichwertigkeit etc… Dieser feministische Diskurs begann Ende des 18.Jahrhunderts mit Vertreterinnen der ersten Frauenbewegung, Olympe De Gouges und Mary Wollstonecraft, die um Freiheit und gleiche Rechte für Frauen und Männer kämpften. Grundlegend war ihre Annahme der Gleichheit der Geschlechter in Bezug auf Intelligenz, Fähigkeiten und Menschsein und das Recht auf Freiheit, daraus resultierend die gleichen Rechte für Frauen wie für Männer wie z.B. Wahlrecht, Scheidungsrecht, Recht auf Bildung. (de Gouges: Erklärung der Rechte der Frau und Bürgerin 1791, zitiert nach Blanc 1989, 190). Der im Gleichheitsdiskurs verankerte kollektive Subjektbegriff generalisiert alle Frauen auf »die Frau«. Die 2. Frauenbewegung Anfang der 1970iger Jahre schloss an diese Ideen an und forderte »Chancengleichheit« für beide Geschlechter. Frausein war das verbindende Element, Unterschiede zwischen Frauen (oder zwischen Männern) wurden der kollektiven weiblichen Erfahrung in gemeinsamer Betroffenheit untergeordnet. Von großer Bedeutung war die Verschränkung von Alltagserfahrung und Gesellschaftsstruktur unter dem Slogan: »Das Private ist politisch«. Diese Parole wurde von Frauen gegen die von Männern gemachte Politik aufgestellt, in der weibliche Lebenszusammenhänge keine Rolle spielen, und subjektives Erfahren als Erkenntnisweg legitimiert. Mit Themen wie etwa der unbezahlten Reproduktionsarbeit würden Frauen in die Privatheit abgedrängt und die Herrschaft des Patriarchats mit seiner ungleichen Zuordnung von Macht- und Teilhabechancen, von Opfer- und Täterrollen etabliert. Das Bild der Frau aus den Anfängen der 2. Frauenbewegung ist das eines gesellschaftlich unterdrückten, auf den privaten Reproduktionsbereich eingeschränkten und gleichzeitig aller Fähigkeiten für eine gesellschaftliche Teilhabe mächtigen Wesens. Diesem Bild eines »kollektiven Opfers« gesellschaftlich struktureller Gewalt steht das genauso undifferenzierte kollektive Bild des Mannes als Unterdrücker und Täter gegenüber. Die prinzipielle Gleichheit der Geschlechter an Rechten und Freiheiten sowie Kompetenzen wird jedoch immer betont. 1.2 Der Diskurs der Differenz

Ausgehend von der Rezeption der französischen Denkerinnen Hélenè Cixous, Luce Irigaray und Julia Kristeva zunächst in den USA kehrte der Diskurs der Differenz v.a. über die Veröffentlichungen von Irigaray (1987) nach Europa zurück. In den 1980iger Jahren entwickelte v.a. das italienische Autorinnenkollektiv des Mailänder Frauenbuchladens »Libreria delle donne di Milano« und die Veroneser Philosophinnengemeinschaft »Diotima« diese feministische Denkvariante weiter. Der Gleichheitsdiskurs wird als eine Angleichung an männliche Normen abgelehnt. Das Bild der völlig für sich stehenden, unabhängigen und positiv gezeichneten Frau, ohne Heranziehung des Männlichen als Vergleich oder Bezugspunkt in diesem Diskurs der Differenz war völlig neuartig (vgl. Cavarero 1990, 99f). Es gibt zwei Geschlechter, die biologisch, historisch und ontologisch bestimmt sind. Es besteht eine unleugbare und strukturelle Differenz (vgl. Derrida 2004) zwischen Frau-Sein und Mann-Sein, die von jedem der zwei Geschlechter aus ihrer Parteilichkeit heraus gedacht wird. Frauen dürfen nicht im Vergleich zu Männern wahrgenommen werden, weibliche Subjektivität soll als ursprünglicher und positiv besetzter eigenständiger Standpunkt gesetzt werden. Miteinher geht in diesem Diskurs eine Idealisierung von Frausein und Weiblichkeit. Die Entwicklung einer neuen weiblichen Ordnung wird dabei als gesellschaftsverbessernd postuliert. Frauen sind in diesem Denken Erkenntnissubjekt und Erkenntnisobjekt zugleich. Menschsein wird in seiner Geschlechtszugehörigkeit biologisch, historisch und ontologisch bestimmt gesehen, die gesellschaftliche Position von Frauen und Männern aber wird als kulturell hervorgebracht analysiert. 1.3 Der Diskurs der Diversität

Die Anfänge dieses Diskurses können zu Beginn der 1980er-Jahre in den USA verortet werden und kritisieren den Feminismus der privilegierten weißen heterosexuellen Mittelschichtsfrauen, die für »alle« Frauen sprechen wollen. Afroamerikanische und afroeuropäische, oder aus anderen Ethnien kommende Migrantinnen, lesbische Frauen, Frauen mit Behinderungen und andere marginalisierte Frauen sahen ihre Lebenswelten im Gleichheits- und Differenzdiskurs nicht berücksichtigt. Problematisiert wird die Besetzung des Subjekts Frau durch eine feministische weibliche Minderheit in der westlichen Welt (vgl. Gutiérrez Rodríguez 2004, 241). Weiße, bürgerliche Frauen können als patriarchale Mittäterinnen gesehen werden, die »unemanzipierte« marginalisierte Frauen in Unterdrückungsprozessen zur Konstruktion ihrer eigenen weiblichen Überlegenheit verwenden. Wichtig werden bisher vernachlässigte Aspekte wie Ethnie, sexuelle Orientierung, Schicht oder Herkunft, wobei diese Kategorien als verwoben und verflochten interpretiert werden – »Intersectionalität« (vgl. Butler 1991, 18). Sie verstehen sich selbstredend als handlungsfähige Subjekte, die in soziokulturell konstruierten (Macht)Verhältnissen und Identitätsvorstellungen leben, welche marginalisierte Frauen völlig ausschließen. Diese kritische Reflexion von jeglicher Form der Herrschaft durch eine weiße (weibliche und männliche) Dominanzkultur lieferte Erkenntnisse über Diskriminierungsprozesse marginalisierter Frauen. Notwendig dafür ist eine Dezentrierung des Erkenntnisstandpunktes. Frausein ist keine einheitliche Kategorie, sondern differenzierte Subjektivität und betont den politischen Charakter dieser Epistemologie (Haraway 1995, 48).

Über alle theoretischen Unterschiede hinweg ist den Diskursen der Gleichheit, Differenz und Diversität ein explizit politischer Impetus gemeinsam, der sich in der konkreten Auseinandersetzung mit Diskriminierung zeigt. Im ideologiekritischen Grundzug zeigt sich zudem eine Verwandtschaft mit den europäischen Traditionen des Existenzialismus und der Kritischen Theorie. 1.4 Der Diskurs des Doing Gender

Der empirisch-konstruktivistische Diskurs (»Doing Gender«) markiert die Wende von der feministischen zur gendertheoretischen Denkart. Statt einer (mehr oder minder) universalistischen Subjektsetzung von »Frausein« erweitert sich die Perspektive auf Frauen und Männer gleichermaßen und damit auf die historischen und soziokulturellen Konstruktionen von Geschlecht und Geschlechterverhältnissen für Frauen und Männer. Programmatisch und am Beginn dieser Denkart steht Simone de Beauvoirs Satz: »Man wird nicht als Frau geboren, man wird dazu gemacht.« (1996, 334). Ebenfalls zu diesem Diskurs haben die ethnomethodologischen Arbeiten (z.B. Harold Garfinkel, 1967) oder interaktionstheoretische Forschung (z.B. Erving Goffman 1994) sowie Carol Hagemann-White im deutschsprachigen Raum, beigetragen. Sie besagen, dass alle Interaktionen und Handlungen durch die jeweilige Geschlechtszugehörigkeit überformt werden. Sozialisation konstruiert und inszeniert die Geschlechterverhältnisse immer wieder von neuem. Die Erwartungen, die wir an Frauen oder Männer haben, die historisch und gesellschaftlich gewachsenen Konnotationen, prägen die Bilder von Männlichkeit und Weiblichkeit, und nicht das biologische Geschlecht! Um diesen Prozess der Geschlechtsdarstellung und Geschlechtswahrnehmung im Alltag zu benennen, setzte sich der Begriff »doing gender« (West & Zimmermann 1991, 14) durch. »Das Geschlecht […] ist nicht etwas, was wir 'haben' oder 'sind', sondern etwas, was wir tun« (Hagemann-White 1993, 68).

Der Mensch ist hier nur Kulturwesen: Frau und Mann werden als handelnde Subjekte (»doing gender«) und als gesellschaftlich determiniert im Sinne der Entsprechung gesellschaftlicher Erwartungen verstanden. Sie formieren sich entlang komplementär konstruierter Normen und Zuschreibungen von schwach-stark, gefühlsbetont-rational, naturhaft-kulturschaffend etc. Die binäre, komplementäre, polarisierende Zweigeschlechtlichkeit ist im Denken des »doing gender« eine soziale Konstruktion und dient der Orientierung und Komplexitätsreduktion.

Wesentlich ist die in diesem Diskurs beheimatete kritische Männerforschung, etwa mit dem theoretisch gut herausgearbeiteten Modell der »Hegemonialen Männlichkeit« (Connell 2006); es besagt, dass Männer sich gegenseitig in ihrem Mannsein bestätigen, indem sie das aktuelle soziokulturell dominierende Bild von Männlichkeit zur Legitimation ihrer gesellschaftlichen Machtstellung gegenüber Frauen und marginalisierten Männern benutzen. Alle Männer ziehen aufgrund ihrer biologischen Zuordnung als Mann aus der Vorherrschaft von Männern Vorteile, die sog. »patriarchale Dividende« (Connell 2006, 100). Dagegen existiert real eine Vielfalt von Arten von Männlichkeiten, die der homogenen Kategorie Mann entgegengesetzt werden soll.

Die Theoriebausteine des »doing gender« und der hegemonialen Männlichkeit liefern den Hintergrund für das sog. »gendersensible«, d.h. Geschlechtsrollen-reflektierende Handeln in der psychosozialer Praxis und haben in der feministischen Community große Verbreitung gefunden. 1.5 Der poststrukturalistische Diskurs: Undoing Gender

Der poststrukturalistische Diskurs ist der noch am wenigsten breit rezipierte. Protagonistin ist Judith Butler (1991), die sich u.a. auf Psychoanalyse, Philosophie, Sprachtheorien, Geschichte und Sozialwissenschaften, Medientheorie sowie lesbische und feministische Theorien bezieht (Villa 2003, 12). Dieser zufolge prägen in der westlichen Welt Biologie, Medizin, Psychologie und Rechtwissenschaften die Thematisierung von Sex und Gender »die den Dingen einen Namen und damit eine Bedeutung gibt« (ebd., 22). Diese Theorien operieren mit dem System der Zweigeschlechtlichkeit und reproduzieren und transportieren diese Vorstellung permanent weiter, während andere Sichtweisen aufgrund fehlender Sprachsysteme gar nicht gedacht werden können.

In ihrer subjekttheoretischen Auseinandersetzung schließt Butler beim Diversitätsdenken an und stellt das Subjekt des Feminismus, nämlich »die Frau(en)« in Frage (Butler 1991, 18). Sie vertritt ein historisch und soziokulturell diskursiv, nicht biologisch, hervorgebrachtes Frauen- und Männerbild. Ihre Erkenntnismethode liegt im »Undoing Gender« (Butler 2004), und besteht darin, Frauen- und Männerbilder ständig infrage zu stellen, alles sprachlich Ausgedrückte in Anlehnung an Derrida (1972) zu dekonstruieren. Das bedeutet, dass die bestehende vorherrschende Art der Thematisierung der Geschlechter andere mögliche Formen der Betrachtung ausgrenzt oder verunmöglicht. Dekonstruktion ist somit eine Strategie der Aufdeckung und Neubewertung von Hierarchien, Normen, Werten bzw. dessen, was sie ausschließen. Durch die Dekonstruktion versucht Butler bewusste und unbewusste Normen und Werte offen zu legen. Damit geht sie nicht nur von der Existenz eines individuellen, sondern gleichermaßen eines gesellschaftlichen Unbewussten aus.

Die Matrix von Zweigeschlechtlichkeit und Zwangsheterosexualität bildet den Ausgangspunkt für die daraus entstehende Queer Theory, als deren Begründerin Judith Butler gilt. Anhand der Nachzeichnung »queerer« Transgender-Lebensweisen unterwandert sie die heterosexuelle Matrix in bewusst subversiver Weise.

2. Der Einfluss der feministischen/gender Diskurse auf die psychosoziale Praxis

Die zweite Frauenbewegung hat sich seit ihren Anfängen intensiv mit Gesundheitsthemen auseinandergesetzt. Individuelle Notlagen wurden als kollektive Probleme von Frauen identifiziert (vgl. »Das Private ist Politisch«). Feministisch-theoretische Entwicklung gründete u.a. auf den Erfahrungen der Autonomen Frauenprojekte und wirkte über den Austausch in Netzwerken und Kongressen dorthin zurück. So gingen und gehen Ergebnisse der feministischen Diskurse und der kritischen Gender-Forschung mit ihren Annahmen über Menschsein als Mann- und Frau-Sein in den State of the Art von Psychologie und psychosozialem Handeln ein. Dabei standen (und stehen) verschiedene Diskurse (vgl. 1.1.-1.5) nebeneinander bzw. sind »rhizomatisch« (vgl. Deleuze & Guattari 1977) miteinander verbunden, ergänzen, erläutern und widersprechen sich. Die Entwicklung verläuft nicht linear und aufbauend, sondern in Diskontinuitäten (Freytag 2003, 32). Gemeinsam ist allen Ansätzen jedoch, dass das Handeln feministischer psychosozialer Praktikerinnen über die unmittelbare Intervention für die einzelne Klientin oder die (Ziel)Gruppe hinaus, immer gesellschaftliche Hintergründe mitgedacht und (meist) politische Ziele formuliert hat. 2.1 Die Anfänge: Feministische Gesundheitspraxis und Frauenprojekte

In den 1960er Jahren entstanden in den USA Frauengruppen, die sich ausgehend von eigenen Erfahrungen mit weiblicher Gesundheit und Sexualität beschäftigen. Verhütung, die Forderung nach Selbstbestimmung über den eigenen Körper oder Äußerungen weiblichen Begehrens und Lusterlebens wurden in sog. »Consciousness Raising Groups« – Frauen-Selbsterfahrungsgruppen – thematisiert. Individuelle Lebens-, Körper- und Beziehungserfahrungen wurden als gemeinsame weibliche Realität, die durch die Bedingungen des Patriarchats hervorgebracht wurde, erkannt. In dieser Bewusstwerdungs- und Artikulationsphase entstand 1969 das spätere »Boston Women’s Health Collective«; im deutschsprachigen Raum war das »Frauenzentrum West-Berlin« Vorreiterin der Entwicklung einer Frauengesundheitsförderung mit den bahnbrechenden Eigenpublikationen Hexengeflüster 1&2 (1976, 1977). Diese ersten deutschsprachigen feministischen Bücher zur Gesundheits-Selbsthilfe beschreiben, nach dem Vorbild des 1971 in Boston erschienenen »Our Bodies – Ourselves«, ein ganzheitliches Körper- und Selbstverständnis und bieten Anleitung und Diskussionsstoff für zahlreiche Frauen(selbsthilfe)gruppen. Diese folgten den Arbeitsparadigmen: 1. Ausschließlich weibliche Teilnehmerinnen, 2. Ausgehen von eigenen Erfahrungen, 3. Anti-ExpertInnentum , 4. nominelle Gleichrangigkeit aller Mitglieder, und stellten die Wurzeln der Frauen-Gesundheitsbewegung mit den heute existierenden Frauengesundheitszentren und -initiativen dar (Groth 1999, 83). Sie beschäftigten sich v.a. mit der Enttabuisierung und Thematisierung von männlicher individueller und struktureller Gewalt gegen Frauen und Kritik an der Macht und Kontrolle über weibliche Körper und Fruchtbarkeit durch die männerdominierte Medizin, insbesondere der Gynäkologie. In der Folge entwickelten sich Frauen-Beratungsstellen, die Gruppen-Selbsthilfe und Einzelberatungen zu frauenspezifischen Gesundheitsthemen wie etwa (Brust)Krebserkrankungen oder Essstörungen, ebenso Initiativen die Notruf für vergewaltigte Frauen, Frauenhäuser und Notschlafstellen, Beratungszentren für Opfer sexuellen Missbrauchs oder Projekte der Mädchenarbeit etc. anboten (Doderer & Kortendiek 2004, 685f).

In diesen frühen Entwicklungen finden wir in der Hauptsache zwei theoretische Strömungen, die die Frauengesundheitsbewegung der ersten Dekade kennzeichnet: Zum einen waren dies die Diskurse der Gleichheit (vgl. 1.1): Frauen wehrten sich gegen die Anders-Behandlung von Männern und Frauen durch das Gesundheitssystem (vgl. Kolip 2000) und forderten Selbstbestimmung über den eigenen Körper und Sexualität, so wie sie Männern selbstverständlich zugestanden wird. Diese Ziele schließen auch an die Themen der ersten Frauenbewegung mit der Forderung nach bürgerlicher Gleichstellung und Befreiung von der Vorherrschaft der Männer an. Kritisiert wird erkenntnistheoretisch der männliche Blick, der Frauen zu Objekten macht und pathologisiert (z.B. Kaufmann 1996, 180f). Zum anderen ist in den Selbsterfahrungs- und Selbsthilfegruppen sowie den ersten Beratungs-Projekten der Differenzgedanke (vgl. 1.2) aus dem affidamento der Mailänder Theoretikerinnen vertreten, der Frauen »männerfreie« Räume zur Verfügung stellt, um ihnen die Möglichkeit zu geben, sich jenseits männlicher Norm neu zu definieren und miteinander neu in Beziehung zu setzen. 2.2 Neue Wissenschaft: Feministische Forschungsperspektiven zur Gesundheit

In den 1980er Jahren begannen ForscherInnen, die die feministischen Diskurse rezipiert hatten, sich systematisch mit epidemiologischen Daten auseinanderzusetzen. Sie kritisierten Androzentrismus, Geschlechterinsensibilität oder Überverallgemeinerung (Eichler 1998, 34f) in Epidemiologie und Gesundheitsforschung und trugen Ergebnisse bei, die die Erfahrungen aus den Selbsthilfegruppen eindrucksvoll untermauerten. Unterschiede bezüglich der Inanspruchnahme des Gesundheitssystems, Diagnosen, Symptome und Therapie wurden erstmals systematisch nach Geschlecht analysiert (z.B. Brähler & Felder 1992, Klesse, Sonntag, Brinkmann & Maschewsky-Schneider 1992, AK Frauen und Gesundheit 1998). Diese Untersuchungen zur Medikalisierung weiblicher Körperlichkeit erwuchsen aus dem Gleichheitsdiskurs, der nachfragt, wie denn so große Unterschiede zwischen den Geschlechtern in der Pathogenese und Salutogenese erklärbar seien. Die Antworten darauf sind vorwiegend empirisch-konstruktivistischer Natur (vgl.1.4), die modernen Arbeiten beziehen den diversity-Ansatz (1.3) mit ein. Die gesundheitsbezogene feministische Praxis entwickelte sich in v.a. dem Differenzdenken zuzuordnenden Projekten und Frauengesundheitszentren (vgl. 2.1).

Die Psychiatrie wurde als Teil des patriarchalen Medizinsystems und »gendered Institution« kritisiert (vgl. Burgard 2002). Der konstruktivistisch-feministische Gegenentwurf beschrieb psychische Konflikte als interaktive Antwort von Frauen auf eine sie krankmachende Umwelt. Verschiedene Diagnosegruppen, ihre Ätiologie und Therapie wurden aus feministischer Sicht dargestellt (z.B. Wardetzki 1991; McGrath, Puryear Keita, Strickland, & Felipe Russo 1993; Beyer 2000). 2.3 Die Aufdeckung des Traumas: (Sexualisierte) Gewalt

Das Ziel der Frauengruppen, weibliche Sexualität zu befreien und Selbstbestimmung zu ermöglichen, führte die feministischen Praktikerinnen an ungeahnte Missstände und Leid heran: Frauen berichteten über massive (sexuelle) Grenzverletzungen, die sie erlebt hatten. Es ist eines der wesentlichsten Verdienste der Frauenbewegung, die zwei Themen, Gewalt von Männern an Frauen und Kindern und sexualisierte Gewalt (»sexueller Missbrauch«)[1] in den öffentlichen Diskurs eingebracht zu haben. Erste Publikationen über Gewalt im sozialen Nahraum (z.B. Benard & Schlaffer 1978) enttarnten die Warnungen vor gefährlichen Fremden in dunklen Straßen als weniger realistisch, als die Gefahr vom Freund oder Ehemann verletzt oder vergewaltigt zu werden. Ebenso wurde das Undenkbare, das Freud in der Analyse seiner Patientinnen zwar vermutet, dann aber als Verführungstheorie revidiert und in den Bereich der Phantasie abgetan hatte, in der Arbeit von Selbsthilfegruppen wie z.B. Wildwasser e.V. aufgedeckt: Feministische Gewaltforschung präsentierte Daten, die aussagten, dass 15% aller Mädchen Formen von häuslicher Gewalt oder sexuellem Missbrauch erleiden (z.B. Hagemann-White & Bohne 2003, 3). Diese Diskussionen fanden breites Echo in der Gesellschaft und initiierten einen intensiven Diskurs in der psychosozialen und medizinischen Community. Die Beschreibung der Posttraumatischen Belastungsstörung im ICD10 und DSM IV ist mit eine Folge dieser Diskussion[2]. Kritisches dazu kommt sowohl aus konservativer Richtung (»false memories«) als auch von feministischer Seite: Der »Trauma-talk« (Marecek 1999, zitiert nach Freytag 2003, 27) bedinge eine Fixierung auf die Leidenserfahrung von Frauen und Mädchen und stünde in der Denk-Tradition von starken Täter-Männern und schwachen Opfer-Frauen, die den Blick auf andere Nuancen verschleiere. Auf die Spitze getrieben ließe sich die Überwertigkeit des Traumas als Bezugspunkt für Frauengesundheit differenztheoretisch lesen als eine prinzipielle (gesellschaftlich hervorgebrachte?) Unterschiedlichkeit von Männern und Frauen. Die Diskussion um Gewalt mit ihrer Opfer/Täter Dichotomie bewegt sich sowohl im Gleichheitsdiskurs (Männer haben kein Recht Grenzen zu verletzen) als auch im Differenzdiskurses (Frauen sind friedfertig und würden solche Gewalt nicht anwenden). Epistemologisch gesehen ist die aus der strikten Parteilichkeit für die Opfer geborene feministische Forderung, diesen unbedingt und ohne Zweifel immer zu glauben, nicht nur von konservativer, sondern auch kritischer Seite hinterfragt worden (vgl. Kritik von Holzkamp 1994, zitiert nach Freytag 2003, 72) 2.4 Feministische Kritik an psychotherapeutischen Verfahren

Feministische und Gender-Theoretikerinnen haben psychologische und psychotherapeutische Theorien unter dem gender-Aspekt quergelesen und in den meisten Fällen als androzentrisch entlarvt. Den Geschlechtern qua Naturgegebenheit bzw. Biologie zugeschriebene Wesenszüge wurden infrage gestellt bzw. dekonstruiert und unser Denken insgesamt als »gendered« (vgl. Hagemann-White 1984) beschrieben. So zeigten Inge Brovermann et al. (Broverman, Broverman, Clarkson, Rosenkrantz & Vogel 1970) den »Doppelstandard seelischer Gesundheit«: Ihre verschiedentlich wiederholten Studien bewiesen die patriarchalen Geschlechterstereotypien der psychosozial Tätigen: Gesunder Mann wird mit gesunder Mensch gleichgesetzt, eine gesunden Frau hingegen hat Eigenschaften, die beim männlichen Geschlecht als krank eingestuft werden.

Von feministischen Denkerinnen sind v.a. die tiefenpsychologischen Entwicklungs- und Persönlichkeitstheorien mit deren Pathogenese-Modellen kritisiert worden Als in sich geschlossenes Theoriegebäude wurde besonders die Psychoanalytische Theorie von feministischer Seite als misogyn beschrieben (Franke 2007, 66). Frauen müssten ihr zufolge entweder als reife Individuen ihre symbolische »Kastration« akzeptieren – wenn sie gegen ihre konstitutionelle »Minderwertigkeit« rebellierten, wären sie unreif bzw. krank. Weibliches konstituiert sich erst in Abgrenzung zum primordialen Männlichen. »Die Psychoanalyse eingehender feministischer Prüfung zu unterziehen, bedeutet eine fundamentale Kritik psychoanalytischen Denkens«, so Jessica Benjamin (1993, 7).

Feministische Analytikerinnen der 1980er und 1990er Jahre gehen in der Mehrzahl von einem Differenzansatz (1.2) aus. Sie beschreiben unterschiedliche Entwicklungen von Frauen und Männern mehrheitlich vor einem konstruktivistischen Weltverständnis (1.3), das Geschlecht bzw. Geschlechtsidentität als durch die Verhältnisse hergestellt, und eben nicht »Anatomie als Schicksal« begreift. Protagonistinnen wie Nancy Chodorow (1985) und Christiane Olivier (1989) beschäftigen sich etwa mit dem Einfluss der Mutter als gegen- oder gleichgeschlechtliche primäre Bezugsperson in der Konstellation Sohn / Tochter. Jessica Benjamin (1993) analysiert die weibliche Beteiligung an der patriarchalen Herrschaftsbeziehung. Tamara Musfeld (1997), sowie die Autorinnen des Hamburger Arbeitskreises für Psychoanalyse und Feminismus (1995) beschäftigen sich mit weiblicher Aggression und Burgard und Rommelspacher (1992) schreiben über den »Mythos vom weiblichen Masochismus«. Diese sind nur einige Protagonistinnen, die beruhend auf tiefenpsychologischen Annahmen Weiblichkeit und Männlichkeit konstruktivistisch im Sinne eines doing gender neu deuten. Ihre Überlegungen sind Grundlage der psychologischen Theorien feministischer Therapeutinnen – ihr Einfluss auf die etablierten tiefenpsychologischen Wissensbestände insgesamt ist jedoch gering.

Für die Verhaltenstherapie erbringt die Analyse aus feministischer Perspektive eine Geschlechterinsensibilität: In der sozialen Lerntheorie (Lazarus 1974, 217, zitiert nach Franke 2007, 67) werden Männer und Frauen als prinzipiell gleich betrachtet (eine Verwirklichung des Gleichheitsdiskurses), unterschiedliche gesellschaftliche Bedingungen, in denen sich die Geschlechter befinden, aber ausgeblendet. Die umfangreiche verhaltenstherapeutische Forschung lässt mit wenigen Ausnahmen (z.B. Arnold, Vogt & Sonntag 1999 zu sexuellen Übergriffen in der Psychotherapie) eine gendersensible Perspektive vermissen. Umgekehrt hat der emanzipatorische Gedanke vom Erlernen und Verlernen von Verhalten durch seine Gültigkeit für beide Geschlechter Niederschlag in den übungszentrierten Trainings feministischer Selbsthilfe gefunden.

Viele feministische Psychotherapeutinnen wurden in Humanistischen Psychotherapieverfahren (Klientenzentrierte Psychotherapie, Psychodrama, Gestalttherapie) oder Körpertherapiemethoden, die alle etwa zeitgleich mit der 2. Frauenbewegung in Europa rezipiert wurden, ausgebildet. Den Schriften der BegründerInnen dieser humanistischen Verfahren könnte man großteils Gender-Insensibilität konstatieren, es gibt kaum systematische, gender-betreffende Aussagen. Ab ca. den 1980er Jahren finden sich dann gender-kritische Fachpublikationen der 2. und 3. Generation der Therapeutinnen. Bis heute gibt es allerdings kein Sammelwerk, das diese Psychotherapie-Kritik übersieht, ordnet und kommentiert. Gendertheoretisch problematische Implikationen bzw. Klischees lassen sich in allen humanistischen Psychotherapieverfahren orten – die Kritik bleibt jedoch vereinzelt und ist nicht so systematisch wie bezüglich der Psychoanalyse elaboriert. Beispiele sind etwa sexistische Konzepte und Praxen vieler Reich’scher Schüler, der Bioenergetik Loewens (vgl. Großmaß 1983, 50f; Blessing 1992, 194). Abwertende und sexistische Zitate sind auch in der Gestalttherapie von Fritz Perls überliefert (vgl. Ernst & Goodison 1981, 93f; Großmaß 1983, 46f). Insgesamt standen feministische Psychotherapeutinnen den humanistischen Verfahren jedoch nahe: Awarness, phänomenologische Herangehensweise, Selbstverantwortlichkeit und Wachstum war in Verbindung mit einem dekonstruktivistisch-gesellschaftskritischen Denken gut anwendbar (Scheffler 2007). Die Gestalttherapie mit ihren gesellschaftskritischen Beiträgen Paul Goodmans, dem Umgang mit Polaritäten und Grenzen und die positive Konnotation von Aggression / assertivness wurde als wertvoll für frauenspezifische Arbeit angesehen (Mangelsdorf 1992, 184f; Ulbing, 1999, 600f), stellen sie doch den Gegenpol zur weiblichen Machtlosigkeit und Duldung dar. Diese Gedanken des Empowerments können dem Gleichheitsdiskurs (1.1.) zugeschrieben werden.

Familientherapeutische Modelle enthalten oft patriarchale Strukturen wie die klassischen Zuschreibungen von männlich-weiblichen Eigenschaften an die Elternrollen in einer tradierten Rollenkomplementarität. Sie tragen neuen gesellschaftlichen Entwicklungen in ihren Konzepten nicht immer genügend Rechnung. Welter-Enderlin (1987) kritisiert, dass FamilientherapeutInnen Familienbilder ohne Bezug zur Geschichte und Gesellschaftspolitik reproduzieren. Die Mehrgenerationenperspektive der Familientherapie erweist sich jedoch auch als fruchtbringend für einen frauenspezifischen Blick (Lerner 1993, 166f). Gollwitzer & Neuner (1997, 151f) kommen in ihren Analysen zum Schluss, dass Systemische Therapie mit feministischer Herangehensweise gut kompatibel sei. 2.5 Feministische / Frauenspezifische Psychotherapie

Anfangs wurde Psychotherapie von den Begründerinnen der Frauengesundheitsprojekte sehr kritisch betrachtet und als ein Instrument sozialer Kontrolle analysiert, das Frauenprobleme individualisiert und pathologisiert, statt sie an gesellschaftliche Verhältnisse rückzubinden. Favorisiert wurde ein Selbsthilfeansatz, der dem Postulat selbst Expertin für die eigene Lebenssituation zu sein besser entsprach. Die Bezeichnung »feministische Psychotherapie« taucht erstmals im Titel des Buchs von Eichenbaum und Orbach (1982, dt.1984) auf. Aber schon seit 1977 fanden im deutschsprachigen Raum »Feministische Frauentherapiekongresse« statt, aus deren Rahmen Frauentherapiebücher (z.B. Dürmeier 1990; Bilden 1992) hervorgingen. Feministische Therapeutinnen haben wichtige kritische Sichtweisen (von Misogynie bis zu Geschlechterinsensibilität) zu den herkömmlichen Psychotherapieschulen hervorgebracht. Die differenziertesten Theoriekonzepte beschäftigen sich mit der feministischen Aufarbeitung psychoanalytischer Konzepte, die den offensichtlichsten gender bias in sich tragen (vgl. 2.3) Sie beruhen selbst auf großteils tiefenpsychologischen Annahmen, verbunden mit einer gesellschaftskritischen Sicht vor dem philosophischen Hintergrund von DenkerInnen wie Michel Foucault, Jacques Derrida oder Simone de Beauvoir, verwoben mit den Postulaten aus Gleichheits- und Differenzdiskurs (1.1 und 1.2). Die Praxeologie schöpft aus den Methoden der humanistisch-existentialistischen Therapien, Körper[3]- und Musiktherapie sowie der Zusammenschau der Erfahrungen in den Frauengruppen und Frauenberatungsinitiativen. Der hier verwendete Krankeitsbegriff besagt, dass Frauen im Patriarchat auf eigenes effektives Handeln verzichten müssen. Ihre Symptome werden (simplifizierend?) als kreative Adaptionen des (Über)lebens in einer männerdominierten Gesellschaft analysiert. D.h. die tiefenpsychologisch gesehen intrapsychischen Konflikte, die sich als Symptome manifestieren, werden im Gleichheits- und Differenzdiskurs als die Reibung mit einer feindlichen Umwelt gedeutet, welche diese inneren Konflikte erst auslöst. Intensiv beschäftigten sich feministische Therapeutinnen mit weiblicher Körperlichkeit/Sexualität/Begehren und den damit verbundenen Verletzungen und Grenzüberschreitungen. Autonomie und Bezogenheit als zu verbindende Polaritäten und die Aneignung von Selbstbehauptung, Durchsetzungsvermögen und Aggression sind Themen frauenspezifischer Therapie, ebenso wie die Dynamiken in Frau-Frau-Beziehungen (Mutter-Tochter, Freundinnen, lesbischen Paare) oder der Übertragung in der therapeutischen Arbeit. Eine wesentliche feministische Kritik ist die an der Überbetonung von Autonomie in den herkömmlichen psychotherapeutischen Leitbildern: Dieses Gesundheitsideal entspricht nicht den realen Begrenztheiten durch die gesellschaftliche Zweiteilung des »doing gender« und müsste generell durch eine Aufwertung des Ideals der Gebunden- und Bezogenheit ergänzt werden.

Die immer wieder zitierten Prämissen sind als anthropologische Grundlegungen feministischer Therapie zu verstehen: Antihierarchische und antipatriarchale Grundhaltung, – Selbstverantwortlichkeit und Autonomie, – Parteilichkeit und Betroffenheit (vgl. Wirtz 1991, 8) verbinden Elemente des Gleichheitsdiskurses ebenso wie konstruktivistische Diskurse. Das Diktum des Privaten, das Politisch ist, steht in der Tradition kritischer Theorie und materialistischer Denkströmungen, die in individuellen Lebenswelten gesamtgesellschaftliche Strukturen analysieren.

Feministische Therapie ist keine neue Therapieschule im engeren Sinne, sondern vielmehr ein kritisches Querlesen der (sozial)psychologischen und psychotherapeutischen Wissensbestände und Rekonstruktion weiblicher Erfahrungen vor dem Hintergrund feministischer gesellschaftlicher Theorien. Damit überschreitet feministische Therapie individuelle intrapsychische Pathogenesevorstellungen. Metatheoretisch ist sie einem phänomenologisch-hermeneutischen Erkenntnisansatz zuzuordnen, der Frauen (und Männer) als sozial Gewordene in einer philosophisch existentiellen Situation versteht. Die parteiliche Orientierung ist emanzipatorisch-kritischer Impetus, der ein Empowerment durch Solidarisierung mit marginalisierter Existenz zum Ziel hat.

Das favorisierte Behandlungssetting ist die Gruppentherapie, da es solidarische Erfahrung und die Verschränkung von Privatem und Gesamtgesellschaftlichem vielfältig ermöglicht. Insgesamt handelt es sich bei der Feministischen Therapie um ein offenes System, das bei Kompatibilität mit einer feministischen Anthropologie durch neue (Theorie-)Entwicklungen und Methoden erweiterbar ist. 2.6 Weiterentwicklungen und aktuelle Handlungsfelder – eine kritische Rundschau

Der Ursprung der feministischen und gendersensiblen psychosozialen Praxis liegt in gesellschaftspolitischer Bewusstheit und einem politischen Auftrag. Engagierte Frauen traten in den 1960er und 1970er Jahren an, um den Konnex zwischen ihren Erfahrungen und den Strukturen des Patriarchats herzustellen. Das beinhaltete im Denken des Gleichheitsdiskurses eine Kritik an der Machtposition von ExpertInnen[4]. Die Diskussion zwischen der Gruppe der »Selbsthilfefrauen« und der der »Professionellen«, d.h. zwischen geteilter Betroffenheit als Frau und den ungleichen Positionen von Behandlerin und Klientin, prägte lange die feministische Community (Freytag 2003, 61ff). Sie band Kräfte und stellt vermutlich einen Grund für die Unverbundenheit feministisch-psychosozialer und -psychotherapeutischer Theoreme dar. Soziologisch orientierte GeschlechterforscherInnen und gendersensible PraktikerInnen haben sich erfolgreich etablieren können (Scheffler 2003, 5). Letztere haben in der öffentlichen Gesundheitsförderung seit der Jahrtausendwende breite Resonanz gefunden (z.B. öffentliche Programme für Frauengesundheit, Arbeitskreis Frauengesundheit in Medizin, Psychotherapie und Gesellschaft, European Women’s Health Network, International Society of Gender Medicine, WHO Regional Office: »Investing in Women’s Health« u.v.a.m.).

Die Kritik an der Geschlechterinsensibilität des Medizinsystems wurde inzwischen prominent rezipiert und Daten für eine »Gender-Medizin« (z.B. Rieder & Lohff 2004) gesammelt. Diese geht von einem empirisch-konstruktivistischen, teilweise aber auch (in somatischen Belangen) differenztheoretisch biologistischen Weltbild aus. Gendersensibles Handeln, das die unterschiedlichen Lebenswelten (diversity) mit ihren sozialen Implikationen einbezieht findet sich seit den 1990er Jahren in Publikationen zum psychosozialen Handeln (z.B. Schigl 1999; Kolip & Altgeld 2005) und zur Diagnostik und Psychotherapie/Psychologie (Riecher-Rössler & Rhode 2001; Franke & Kämmerer 2001; Krause-Girth 2004; Rhode & Maneros 2007). Der Gedanke, dass unsere Sozialisation mit der gesellschaftlichen Zuordnung von bestimmten Eigenschaften zu den Geschlechtern, zu Verformungen und Leidenszuständen führt, wurde somit von der Medizin/Psychiatrie übernommen. Die Gesundheit von Frauen wie Männern ist umso mehr gefährdet, je traditioneller die Rollenklischees gelebt werden. In Opposition zur gesellschaftlichen Entwicklung befindet sich der aktuelle feministische Gesundheits-Diskurs derzeit etwa bei der Kritik an der medizinunterstützten Manipulation von – meist weiblicher – Leiblichkeit etwa durch die massenhafte Zunahme von Schönheitsoperationen und Reproduktionstechnologien.

Unter dem Titel »frauenspezifische bzw. männerspezifische Beratung und Therapie« werden derzeit alle theoretischen und methodischen Konzepte, die sich am Geschlechterverhältnis als bestimmender gesellschaftlicher Ordnungskategorie (im Sinne von Gender) orientieren, erfasst. Um die feministische Therapie ist es ruhiger geworden – erst in letzter Zeit finden sich wieder Publikationen, die an Wissensbestände anschließen, Aktualität herstellen und gesammeltes Wissen ordnen wollen (z.B. Vogelsang 2009; Frauen beraten Frauen 2010). Bezüglich sexualisierter Gewalt oder Essstörungen (beides Felder, in denen Geschlechterstereotype besonders zerstörerische Wirkung haben), ist feministisches Gedankengut integraler Bestandteil des psychosozialen Handelns und therapeutischer Wissensbestände. Frauenberatungsstellen und Frauengesundheitszentren konnten sich in den letzten 20 Jahren in Europa gut etablieren und stellen anerkannte Institutionen zur psychosozialen Versorgung dar. Männerberatungsstellen arbeiten aktuell mit von der Vorstellung vielfältiger Männlichkeiten und von der Theorie hegemonialer Männlichkeit ausgehenden, adäquaten Konzepten für männerspezifische Psychotherapie und psychosoziale Beratung (Brandes & Bullinger 1996; Spilles & Weidig 2005; Süßenbach 2001; Virilent 2001). Die Grundlagen dieser, mit den ursprünglichen Zielen feministischer Arbeit noch intensiver in Kontakt stehenden Stellen, sind in einer Durchmischung von Gleichheits- und Differenzdiskurs sowie doing gender zu verorten. Es ist das Verdienst dieser Denkweisen, sich gegen die Individualisierung sozialer Problemlagen zu engagieren und den PraktikerInnen die Möglichkeit zu geben, kritische Theorie und psychosoziales Handeln zu verbinden (Schigl 1992). Kritischer Einwand kann in der Vermischung politischer Ziele mit dem Heilungs-, Linderungs- und Begleitungsparadigma von Psychotherapie verortet werden (Ludwig-Körner 1994).

Feministische Forderungen und Theorien fanden als EU-Programm des Gender-Mainstreaming (EU Recht 2000/43/EG und 2000/87/EG, Council of Europe 1998, Internet) ihre institutionelle Verankerung und Eingang in Politik (z.B. Gleichbehandlungsgesetz in Östereich 2004), Gesundheitswesen und Wirtschaftsunternehmen. In diesen institutionalisierten Formen hat der Gleichheitsdiskurs gesellschaftliche Akzeptanz erreicht. Die gendersensible Sicht erfuhr durch das Hereinnehmen von diversity noch weitere Dimensionen. Die Auseinandersetzung mit Themen wie »Managing Diversity« hat auch in Beratung und Supervision (Abdul-Hussain & Baig 2009) Bedeutung, in der Wirtschaft gehört sie bereits dem Mainstream-Diskurs an.

Insgesamt zeigt sich in der Überschau der feministischen Diskurse im psychosozialen Feld ein Abnehmen der Schärfe der politischen Auseinandersetzung. Dies ermöglicht, sich mit Männern zur Herstellung einer geschlechterdemokratischen Gesellschaft zu verbünden. Indiz ist auch die Entwicklung der Bezeichnung von »Feministischer Psychotherapie« zu einer »frauengerechten« oder »frauenspezifischen Psychotherapie« (vgl. Bilden 1992, 270f) und weiter zu einer »gendersensiblen bzw. genderreflektierenden Psychotherapie«. Eine Sichtung der feministischen und gender-Literatur birgt noch viele wertvolle Ansätze für psychologische und psychosoziale PraktikerInnen. Die Bewusstheit von Geschlecht als zentraler Analysestruktur, die jegliches menschliche Handeln auch im psychosozialen Feld einfärbt (Schigl 2006, 105), wäre Desiderat. Eine theoriegeleitete Auseinandersetzung mit feministischem und gender-Gedankengut sollte deshalb als verpflichtender Standard in die psychologische und psychotherapeutische Ausbildung aufgenommen werden, denn Wachheit für die Kontakt-, Reaktions-, Begegnungs- und wechselseitigen Übertragungsqualitäten ist in den therapeutischen und psychosozialen Settings unerlässlich.

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Endnoten:

[1]

Es handelt sich hierbei um zwei unterschiedliche Tatbestände!

[2]

Wobei hier ebenso die Verbände der Vietnamveteranen in den USA ihre politische Macht für die Aufnahme der PTBS ins DSM ins Gewicht legten.

[3]

Interessant ist, dass es in den funktional-übenden körperorientierten Methoden viele weibliche Begründerinnen gab: Elsa Gindler, Ilse Middendorf, Gerda Alexander, Gerda Boysen

[4]

Diese ExpertInnen-Kritik findet sich ebenso etwa zeitgleich in den Strömungen der radikalen italienischen Psychiatriereform (vgl. Franco Basaglia 2002) oder des Heidelberger Patientenkollektivs.

Autorenhinweis

Brigitte Schigl

Dr.in Brigitte Schigl, Klinische und Gesundheitspsychologin, Psychotherapeutin (Integrative Therapie, Integrative Gestalttherapie), Donau-Universität Krems und freie psychotherapeutische Praxis. Schwerpunkte: Gender und Psychotherapie in Forschung und Praxis, Lehrtherapeutin und Lehrsupervisorin

Dr.in Brigitte Schigl Rembrandtstraße 4/11 A-1020 Wien Österreich

E-Mail: brigitte.schigl@aon.at