Im vorliegenden Artikel werden die aktuellen Diskussionen um die Revision des Sorgerechts und des Kindesunterhalts in der Schweiz diskurspsychologisch untersucht. Konkret lassen sich in den untersuchten Dokumenten vier interpretative Repertoires identifizieren: Egalität, Kindeswohl, Ungleichheit von Mutter und Vater und individuelle familiäre Lösungen. Zwischen diesen Repertoires lassen sich deutlich ideologische Dilemmata erkennen: Egalität der Eltern und Ungleichheit zwischen Vater und Mutter widersprechen sich, und die Nichteinmischung des Staates in die familiale Privatsphäre wird durch die hohe Gewichtung des Kindeswohls tangiert. Die Diskursanalyse zeigt, dass sich die ausführlich diskutierte Vorstellung von der Egalität der Eltern nicht durchsetzen kann gegen den verborgenen, nie thematisierten Subtext des Unterschieds zwischen Mutter und Vater. Gelöst wird das Dilemma, indem die diskutierten Ideale und Leitbilder als individuell zu realisierende erklärt werden. Mutter und Kind werden hier in essentialistischer Weise miteinander verknüpft und Veränderungen höchstens in marginaler Weise am Vaterbild zugelassen.
Schüsselwörter: Elternschaft, Elterliche Sorge, Differenz, Gleichheit, Diskursanalyse, Schweiz, Sorgerecht, Kindeswohl
New fathers, old mothers?
Parenthood between equality and difference
This article presents a discourse analysis of recent legislative changes in the fields of child custody and child support in Switzerland. We identified four interpretative repertoires in these documents: Equality of women and men, child’s welfare, inequality of mothers and fathers and individual familial solutions. Between these repertoires, we identified several ideological dilemmas: Equality of women and men directly contradicts the inequality of mothers and fathers, while the principle of governmental non-intervention into the private sphere of the family is being questioned by the high importance attributed to the child’s welfare. This discourse analysis shows that the widely discussed ideal of the equality of women and men does not hold up against the hidden subtext of the inequality of mothers and fathers. The dilemma is solved by declaring the implementation of the ideal of equality as an individual problem. In this reading, mother and child are still connected in an essentialist way, while the image of the father undergoes marginal changes only.
Keywords: parenthood, parental custody, difference, equality, discourse analysis, Switzerland, child’s welfare
Die Gleichstellung von Frau und Mann steht schon lange auf der politischen Agenda der Schweiz. Wichtige Meilensteine waren – nach der 1971 eingeführten politischen Gleichstellung der Frauen – z.B. das neue Eherecht im Jahr 1988. Das alte Eherecht hatte bis zu diesem Zeitpunkt die Pflichten und Rechte des Mannes als Oberhaupt und Ernährer der Familie sowie der Frau als Haushaltführende festgelegt. Nun galten Mann und Frau in der Ehe als gleichgestellt (Joris/Witzig 2000, S. 577). Das Gleichstellungsgesetz garantiert seit dem Jahr 1996 explizit die Lohngleichheit. Die jüngsten Gesetzesänderungen zur Elterlichen Sorge (am 1. Juli 2014 in Kraft getreten) und zum Kindesunterhalt (tritt am 1. Januar 2017 in Kraft) stellen einen weiteren Schritt in Richtung Gleichstellung dar. Insbesondere das neue Gesetz zur Elterlichen Sorge, das das gemeinsame Sorgerecht als Regelfall vorsieht, versteht sich explizit als ein Medium der Gleichstellung von Mann und Frau (Botschaft Elterliche Sorge 2011, S. 9087). Während die Rechtsprechung bisher ohne anderslautenden Antrag beider Eltern die elterliche Sorge einem Elternteil alleine und in der Regel der Mutter zusprach, sollen nun Mütter und Väter in dieser Entscheidung gleichgestellt werden.[1] Dabei bezieht sich das Gesetz ausschließlich auf biologische, heterosexuelle Elternpaare; Pflegeeltern und homosexuelle Eltern bleiben ausgeklammert.
Die rechtliche Gleichstellung von Frau und Mann konnte in den letzten 30 Jahren seit Einführung des Frauenstimmrechts in zentralen Bereichen etabliert werden. Diese spiegelt sich jedoch noch nicht annähernd in der gesellschaftlichen Realität mit ihren nach wie vor praktizierten Ungleichheiten wider. Obwohl Frauen mittlerweile gleich gut gebildet sind, wählen sie überraschend konsistent geschlechtsstereotype Berufe (Schwiter et al. 2014). Auch wenn seit 1996 die Lohngleichheit gesetzlich vorgeschrieben ist, verdienen Frauen insgesamt noch immer 21.3 Prozent weniger (Bundesamt für Statistik 2015a). Eine aktuelle Studie zeigt, dass bereits beim Berufseinstieg 7 Prozent Lohndifferenz vorhanden sind (Marti/Bertschy 2013). Auch in Haushalt und Familie zeigen sich Differenzen: Frauen leisten nach wie vor deutlich mehr Haus- und Familienarbeit, während Männer erheblich mehr bezahlte Arbeit leisten (Bundesamt für Statistik 2015b). Das verbreitete Familienmodell in der Schweiz ist neben dem »traditionellen bürgerlichen Modell« (37.3 Prozent aller Paarhaushalte mit Kindern unter sieben Jahren) das »modernisierte bürgerliche Modell« (36.5%). In beiden Fällen kommt dem Vater die Rolle des Familienernährers zu. Während die Frau im traditionellen Modell keiner Erwerbstätigkeit nachgeht, arbeitet sie im modernisierten Modell Teilzeit (Bundesamt für Statistik 2015b). Die Schweizer Gesellschaft besteht somit nach wie vor auf Grundlage eines Familienmodells, das einen männlichen Familienernährer und eine weibliche Hauptbezugsperson des Kindes annimmt (Levy 2007; Le Goff/Levy/Sapin/Camenisch 2009).
Praktizierte Differenz und der Anspruch an eine Gleichstellung der Geschlechter wie auch deren gesetzliche Verankerung stehen hier im Widerspruch; Persistenz und Wandel sind zur gleichen Zeit zu diagnostizieren (Maihofer 2007). Während egalitäre Partnerschaft und Arbeitsteilung zur angestrebten Norm geworden sind, hat die ungleiche Arbeitsteilung zugleich Bestand. Diese Paradoxie (Maiwald 2013) zwischen angestrebter Egalität und praktizierter Ungleichheit wird von soziologischer Forschung mit »latenten Geschlechterdifferenzierungen« in der Paarbeziehung (Koppetsch/Burkhart 1999), »habituellen Unterschieden« (Kaufmann 1994) oder »inkorporierten Handlungsroutinen« (Wetterer 2013) beschrieben. Es sind alte Gewohnheiten, die weitestgehend unthematisiert bleiben und durch die Macht des Schweigens eine traditionelle Arbeitsteilung der Geschlechter fortsetzen (Kaufmann 1994, S. 223).
Koppetsch und Burkart (1999, S. 156ff.) konstatieren diese Beobachtung in ihrer wegweisenden Studie »Die Illusion der Emanzipation«. In dem von ihnen beschriebenen »individualisierten Milieu« herrscht auf diskursiver Ebene ein Gleichheitsdiskurs, der eine egalitäre Beteiligung der Eheleute im Haushalt zur Selbstverständlichkeit macht. In der Praxis erledigen die Frauen jedoch nach wie vor deutlich mehr Hausarbeit. Frauen wie auch Männer erhalten die »Illusion der Gleichheit« aufrecht, indem sie dies nicht als der Gleichheit zuwiderlaufend thematisieren. Die praktizierte Ungleichheit wird hier als individuelle Entscheidung legitimiert und so mit der stark verankerten Gleichheitsnorm vereinbar gemacht. Die in der Alltagspraxis des Paares vorgefundenen Unterschiede in der Arbeitsteilung werden auf diskursiver Ebene verschleiert. Die Soziologin Wetterer hat diese Paradoxie als »rhetorische Modernisierung« beschrieben (Wetterer 2003). Die »Idee der Gleichheit« (Wetterer 2013, S. 253) wirkt kontraproduktiv: Sie entschärft nicht die bestehenden Ungleichheiten, sondern verschärft diese noch, da sie nicht mehr thematisiert werden können.
Mit unserer hier vorliegenden Analyse der Debatte der geteilten elterlichen Sorge im Schweizer gesetzgebenden Verfahren möchten wir die Mechanismen rhetorischer Modernisierung näher untersuchen, indem wir die Ungleichheit stabilisierenden Effekte dieses »Deckmantels der Egalität« (Benschop/Halsema/Schreurs 2001, S. 3, unsere Übersetzung) einer genaueren Analyse unterziehen. Hierfür halten wir eine diskurspsychologische Analyse für zielführend, die das Sprechen über etwas bzw. das Äußern einer Einstellung nicht als kognitiven und der Handlung vorausgehenden Prozess versteht, sondern als diskursive Praxis, die die Handlung legitimiert und zugleich eine Subjektposition im Diskurs etabliert (Dixon/Wetherell 2004; Potter/Wetherell 1987). Die Analyse widmet sich also nicht dem Widerspruch zwischen Diskurs und gelebter Praxis wie bei Wetterer (2003) oder Koppetsch und Burkart (1999), sondern diagnostiziert den bestehenden Widerspruch zwischen Gleichheit und Differenz innerhalb der diskursiven Praxis.
Im weiteren Verlauf gehen wir zunächst auf ein diskurspsychologisches Verständnis von rhetorischer Modernisierung ein. Es folgt ein kurzer Überblick über die gesetzgebenden Prozesse der Schweiz und die dabei für unsere empirische Analyse relevanten Dokumente. Die Resultate unserer Analyse zeigen, dass im Kontext getrennter Elternschaft sowohl über Gleichheit als auch Differenz gesprochen wird, ohne dass diese beiden Positionen als zwangsläufig gegensätzlich wahrgenommen werden: Während über Egalität explizit gesprochen wird, wird Ungleichheit über die Einführung von vergeschlechtlichten Subjektpositionen von Müttern und Vätern hergestellt.
Zur Erklärung der stabilisierenden Wirkung von »rhetorischer Modernisierung« gehen wir mit einer diskurspsychologischen Perspektive davon aus, dass die Diskursbausteine oder »interpretativen Repertoires« (Potter/Wetherell 1987) des Alltagswissens immer fragmentiert sind. Es ist gerade die Variabilität des Alltagswissens, die zentral ist für die Aufrechterhaltung einer bestimmten Ideologie und den damit verbundenen Machtverhältnissen. Billig et al. (1988) sprechen hier von »ideologischen Dilemmata«, die von den Sprechenden verhandelt werden, um bestimmte Wirklichkeitskonstruktionen als legitim zu etablieren und andere als nicht relevant stillschweigend und selbstverständlich zur Seite zu legen.
Beim Sprechen über Geschlecht haben demnach sowohl interpretative Repertoires der Gleichheit oder Egalität wie auch Repertoires der Differenz oder Ungleichheit nebeneinander Bestand (Maihofer 2004, S. 39; Maiwald 2013) und die »Gleichzeitigkeit von Differenz und Gleichheit« wird hier bereits auf diskursiver Ebene konstatiert (Nentwich 2004). Nentwich (2008) zeigt dieses kontinuierliche Wechseln zwischen Differenz- und Gleichheitsrepertoire in Interviews zur Arbeitsteilung in Schweizer Familien auf. Während zum einen die Wichtigkeit einer egalitären Paarbeziehung betont wird, werden an anderer Stelle Unterschiede zwischen Müttern und Vätern herangeführt, die die praktizierte Ungleichheit zu legitimieren vermögen. Verschiedene Studien zeigen, dass an dieser Stelle mit individuellen Vorlieben (Benschop et al. 2001), einem »wir haben es so gewollt« (Nentwich 2000, S. 102), mit in der Person liegenden Eigenschaften erklärt wird (Wilz 2002). Was sich verändert hat sind die Legitimierungspraktiken und was sich zur Legitimation einer bestimmten Alltagspraxis heranziehen lässt.
Heterosexuelle Elternschaft bietet in dieser Spielart nach wie vor eine Bühne, um Geschlecht zu dramatisieren. Differenz und Gleichheit stabilisieren sich gegenseitig, so die Erklärung mittels des ideologischen Dilemmas. So sehr einerseits für die Gleichstellung argumentiert wird, so notwendig wird das Differenzargument, um die nach wie vor bestehenden Unterschiede zu legitimieren und damit dem Anspruch an Gleichstellung nicht zu widersprechen (Benschop et al. 2001). Stabilisierend wirkt hier gerade, dass das Dilemma unthematisiert bleibt und verschiedene Erklärungsweisen nebeneinander stehen können, zwischen denen dann gewechselt werden kann (van den Berg 2004; Funder/May 2014).
Wetherell, Stiven und Potter (1987) haben gezeigt, dass das interpretative Repertoire der Egalität jeweils mit Referenz auf »praktische Überlegungen« von den interviewten Personen sowohl unterwandert als auch stabilisiert wird. In ähnlicher Weise analysiert Nentwich (2000) Legitimationsverläufe der Rollenverteilung in Familien der ehemaligen BRD und zeigt, dass die von den Interviewten ausnahmslos praktizierte traditionelle Rollenverteilung zur »individuellen Entscheidung« und damit zu einem Projekt der Moderne gemacht wird, zugleich aber durch Vorstellungen der Unterschiedlichkeit von Mutter und Vater legitimiert wird. Die Mutter wird nach wie vor als das »wichtigere« Elternteil betrachtet, das eine besondere Bindung zum Kind hat, »die Mutter ist nun mal die Frau« (Nentwich 2000, S. 107). Daraus ergibt sich für die Mutter das Primat von Haus- und Familienarbeit, während der Mann für die außerhäusliche Erwerbsarbeit zuständig ist. Die essentialistische Zuschreibung von Mütterlichkeit durch das Differenzrepertoire verhindert hier eine egalitäre Arbeitsteilung in der Familie, ohne dass dies im Gesprächsverlauf als die Gleichheitsnorm in Frage stellend thematisiert werden müsste.
Die Studie zeigt zudem, dass die Aushandlung von egalitärer oder aber traditioneller Arbeitsteilung immer mit Subjektpositionierungen einhergeht (Dixon/Wetherell 2004). Über Familie zu sprechen bedeutet somit immer auch »doing gender« (West/Zimmerman 1987), die (diskursive) Produktion von vergeschlechtlichten Subjektpositionen in Bezug auf Elternschaft: Mütter und Väter (Nentwich 2008). Und die Subjektpositionen von Müttern und Vätern sind zumeist als unterschiedlich angelegt. Dies zeigt z.B. Sunderland (2000) mit ihrer Analyse von Elternratgebern in Großbritannien. Während die Funktion der Mutter als »Hauptbezugsperson« des Kindes keiner Erwähnung bedarf sondern als selbstverständlich gesetzt wird, wird die Position des Vaters explizit eingeführt und begründet. Zudem kommt ihnen eine im Vergleich zur Mutter für die in den Broschüren thematisierte Baby- und Kleinkindphase durchwegs untergeordnete Rolle zu. Väter von Babys und Kleinkindern sollen »helfen«, »unterstützen« und mit ihren Kindern spielen. Es ist nicht vorgesehen, dass sie eine tragende Rolle in ihrer Versorgung übernehmen. Im umgekehrten Fall wird jedoch niemals hinterfragt, ob die Mutter fähig und gewillt ist, diese Pflichten zu übernehmen: »Like masculinity and femininity in the wider sense, I suggest that fatherhood and motherhood are relational and mutual constructs, to the extent that they construct each other even (or perhaps especially) when one of them is not mentioned« (Sunderland 2000, S. 266f.). Indem die Subjektpositionen von Müttern und Vätern als unterschiedlich in ihrer Beziehung zum Kind entworfen werden, wird Differenz hergestellt, ohne dass dies jedoch explizit thematisiert werden müsste.
Die heterosexuelle Familie mit ihren komplementär angelegten Subjektpositionen »Mutter« und »Vater« wird in einer diskurspsychologischen Perspektive durch den wechselweisen Bezug auf die interpretativen Repertoires der Egalität und der Ungleichheit hergestellt. Die Stabilität dieser Unterscheidungspraxis liegt gerade im Wechseln zwischen widersprüchlichen Bestandteilen des Alltagswissens begründet. In unserer diskurspsychologischen Perspektive auf Wetterers rhetorische Modernisierung sehen wir Bruch zwischen Egalitätsnorm im Sprechen und Differenzlogik im Tun, Egalität und Ungleichheit mit allen darin enthaltenen Widersprüchlichkeiten bereits im Sprechen über Elternschaft konstitutiv für die Legitimation traditioneller – und damit grundsätzlich unterschiedlicher – Verständnisse von Müttern und Vätern gegeben (Nentwich 2014).
Vor dem Hintergrund des hier dargelegten Forschungsstands diskurspsychologischer Studien zur Konstruktion von Arbeitsteilung in Familien, Elternschaft und Geschlecht fragen wir im weiteren Verlauf, wie die interpretativen Repertoires von Egalität und Ungleichheit in der Schweizer Gesetzesrevision der Elterlichen Sorge und des Kindesunterhalts Anwendung finden, welche ideologischen Dilemmata verhandelt werden und welche Konsequenzen für verschiedene Subjektpositionen von Müttern und Vätern daraus resultieren.
Für die diskurspsychologische Analyse wurden von der ersten Autorin verschiedene Arten von Dokumenten analysiert, die im Zuge der Gesetzesrevisionen der Elterlichen Sorge und des Kindesunterhalts entstanden sind (Tabelle 1). Der genaue Wortlaut der Gesetze wurde nicht in die Analyse einbezogen, da formale juristische Texte schwer mit umgangssprachlicheren Dokumenten wie Wortprotokollen zu vergleichen sind. Es handelt sich bei den Dokumenten (1) um Pressetexte über einen Zeitraum von 2009–2015, die in zwei der auflagestärksten überregionalen Tageszeitungen der Deutschschweiz, dem TagesAnzeiger und der Neuen Zürcher Zeitung, erschienen sind. Die 22 Artikel wurden per Stichwortsuche in der Datenbank »wiso« eruiert und vollständig für die Analyse verwendet. Weiter verwendeten wir vier thematisch relevante Texte aus dem »Mamablog«, einem vielbeachteten Blog zu Frauen- und Familienthemen der Tamedia-Gruppe. (2) Die Botschaften zur Änderung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches zur elterlichen Sorge und zum Kindesunterhalt, die neben dem Inhalt der Änderung auch die herrschende Rechtslage, den Hintergrund der Gesetzesänderung und die Überlegungen des Gesetzgebers erläutern. Die Texte der Botschaften wurden vollständig für die Analyse verwendet. (3) Transkripte der Nationalratsdebatten über die beiden Gesetzesvorlagen. Die gemeinsame elterliche Sorge wurde in der Herbstsession 2012 debattiert, der Kindesunterhalt in der Sommersession 2014. Die Wortprotokolle beider Sitzungen sind im Amtlichen Bulletin (www.parlament.ch/ab) einsehbar. Der Wortlaut der Nationalratsdebatten wurde ebenfalls vollständig für die Analyse verwendet. Nicht einbezogen wurden die Debatten des Ständerats (2. Kammer), da sie in Inhalt und Ablauf den Nationalratsdebatten gleichen. Bundesrätin Simonetta Sommaruga wird vergleichsweise häufig zitiert, was darauf zurückzuführen ist, dass sie als Vorsteherin des Eidgenössischen Justiz und Polizeidepartements (EJPD) die Gesetzesvorlage dem Parlament vorstellt und offene Fragen klärt. Hinzu kommen (4) Stellungnahmen von Interessensgruppen, die im Zuge des Vernehmlassungsverfahrens publiziert wurden. Die Vernehmlassung ist eine Phase in der Schweizer Gesetzgebung, in der der Bundesrat einen Vorentwurf eines Gesetzes oder einer Gesetzesänderung publiziert und um Stellungnahmen bittet. Die Stellungnahmen kommen von Parteien und politischen Einheiten (z.B. Kantonen), es werden jedoch auch die Stimmen von Interessensvertretern oder Verbänden der Zivilgesellschaft berücksichtigt. Auch Verbände und Einzelpersonen, die nicht ausdrücklich um eine Stellungnahme gebeten wurden, dürfen eine solche abgeben. Das Ziel des Vernehmlassungsverfahrens ist es, möglichst alle Implikationen einer Gesetzesänderung vorauszusehen und die Vorlagen möglichst mehrheitsfähig, sprich referendumssicher, zu gestalten. Für die Dokumentenanalyse ist die Vernehmlassung interessant, da sich hier auch Meinungen finden, die im institutionalisierten politischen Prozess wenig oder gar nicht zum Tragen kommen. Wir verwendeten sieben Dokumente aus den Vernehmlassungsprozessen, die explizit Minderheitenmeinungen vertreten und im Sinne des maximalen Kontrastes (Glaser & Strauss 1967) ausgewählt wurden.
(1) Mediendebatte: 12 Artikel TagesAnzeiger (TA), 10 Artikel Neue Zürcher Zeitung (NZZ), 4 Beiträge »Mamablog« |
Birrer, R. (11.06.2014). Es ist häufig rational, wenn die Frau zu Hause bleibt und für die Kinder sorgt. S. 4. Blumer, C. (31.5.2014). Alleinerziehende sollen Sozialhilfe-Risiko selber tragen. S. 7. Blumer, C. (13.4.2015). Probleme mit abwechselnder Obhut. S. 4. Burri, A. (31.7.2014). Die Väter halten sich zurück. S. 6. Fischer, A. (23.6.2014). Es wird nicht weniger Streit geben. S. 38. Frei, I. (2.7.2014). Sexistisches Rollenbild. S. 9. Guggisberg, R. (22.6.2015). Vielen Vätern fehlt das Interesse. S. 11. Häne, S. (28.8.2015). Verlieren Väter Sorgerecht an die Mütter? o.S. Schürer, S. (25.10.2013). Bundesrat kommt Vätern entgegen. S. 5. Soukup, M. (20.6.2014). Väter prüfen Referendum. S. 5. Tages-Anzeiger Leserforum. (27.6.2014). Fürs Kinderkriegen braucht es immer zwei. S. 11. Valda, A. (25.6.2014). Blankocheck für 10 Jahre. S. 9. |
Althaus, N. (23.11.2014). Mein Leben als voreingestellter Elternteil. S. 22. Fontana, K. (10.6.2014). Ledige Väter kommen an die Kasse. S. 9. Fontana, K. (1.7.2014). Praxistest für das Sorgerecht. S. 11. Kobler, S. (17.11.2014). Zu Hause bei Mutter und Vater. S. 9. Kobler, S. (28.3.2015). Der gleichgestellte Vater. S. 25. Kobler, S. (5.3.2015). Kontroverse um Betreuung. S. 10. Meyer Löhrer, B. & Bernard, S. (24.6.2014). Gemeinsames Sorgerecht – ungeklärte Praxisfragen. S. 19. Russo, C. (17.3.2015). Gemeinsame elterliche Sorge zunehmend die Regel. S. 21. Schweizerische Depeschenagentur (SDA). (27.1.2015). Alternierende Obhut bleibt umstritten. S. 10. Theunert, M. (15.6.2014). Die Ehe als Versorgungsgemeinschaft ist eine romantische Phantasie. S. 17. |
Binswanger, M. (2011). Scheidungsväter sind eine sozialpolitische Zeitbombe.
Braun, G. (2014). Darum müssen Mütter arbeiten gehen.
Theunert, M. (2014). Endlich haben Väter die gleichen Rechte.
Vader, J. (2011). Die Ohnmacht der Scheidungsväter. |
(2) Botschaften |
Botschaft Elterliche Sorge (2011): Botschaft zu einer Änderung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (Elterliche Sorge). URL: https://www.admin.ch/opc/de/federal-gazette/2011/9077.pdf Botschaft Kindesunterhalt (2013): Botschaft zu einer Änderung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (Kindesunterhalt). URL: https://www.admin.ch/opc/de/federal-gazette/2014/529.pdf |
(3) Transkripte der Nationalratssitzungen |
Nationalrat, Herbstsession 2012, 12. Sitzung 25.09.2012, Zivilgesetzbuch. (Debatte Elterliche Sorge I). Nationalrat, Herbstsession 2012, 13. Sitzung 26.09.2012, Zivilgesetzbuch. (Debatte Elterliche Sorge II). Nationalrat, Sommersession 2014, 15. Sitzung 19.06.2014, Zivilgesetzbuch. (Debatte Kindesunterhalt I). Nationalrat, Sommersession 2014, 16. Sitzung 19.06.2014, Zivilgesetzbuch. (Debatte Kindesunterhalt II). |
(4) Dokumente aus den Vernehmlassungen »Elterliche Sorge« und »Kindesunterhalt« |
Juristinnen Schweiz (2009). Stellungnahme zum Vorentwurf einer Teilrevision.
Marie Meierhofer Institut für das Kind (2009). Vernehmlassung zum Vorentwurf einer Teilrevision. Schweizerischer Anwaltsverband (2009).
Vernehmlassung des Schweizerischen Anwaltsverbandes (SAV). Schweizerische Vereinigung für gemeinsame Elternschaft (2015). GeCoBi Presseerklärung.
Netzwerk Kinderrechte Schweiz (2012). Vernehmlassung über die Änderung des Zivilgesetzbuches.
Schweizerische Konferenz der Gleichstellungsbeauftragten (2012). Änderung des Zivilgesetzbuchs (Kindesunterhalt).
Schweizerische Konferenz für Sozialhilfe (2012). Neuregelung des Unterhaltsrechts – Fachliche Überlegungen.
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Tabelle 1: Materialkorpus Dokumentenanalyse
Zur Analyse wurden die diskurspsychologischen Konzepte des »interpretativen Repertoires«, der »Subjektpositionen« (Potter/Wetherell 1987) und des »ideologischen Dilemmas« (Billig et al. 1988) angewendet. In einem ersten Lesedurchgang wurden die Dokumente mit Hilfe der Software ATLAS.ti nach inhaltlichen Gesichtspunkten kodiert.
»Interpretative Repertoires« sind als fragmentierte Bausteine von Diskursen im Alltagswissen zu verstehen. Sie stellen eine in sich stimmige Weise dar, über einen bestimmten Gegenstand zu sprechen. Edley (2001) vergleicht interpretative Repertoires mit Büchern in einer Bibliothek: sie stehen zur Verfügung, müssen jedoch nicht immer verwendet werden (S. 198). Die Metapher macht zudem deutlich, dass interpretative Repertoires nicht individuell erfunden werden. Sie stellen gesellschaftlich vorbereitetes Alltagswissen dar, auf das wir jederzeit zurückgreifen können. Es ist nicht selten, dass verschiedene interpretative Repertoires zueinander im Widerspruch stehen. Einen solchen Widerspruch bezeichnet die Diskurspsychologie als ideologisches Dilemma (Billig et al. 1988). Es gibt offensichtlich verschiedene Arten, beziehungsweise Repertoires, um über ein bestimmtes Thema zu sprechen. Interessant ist, dass der Wechsel zwischen verschiedenen interpretativen Repertoires und die entstehenden ideologischen Dilemmata meist nicht einmal bemerkt werden.
In der vorliegenden Analyse werden vier interpretative Repertoires identifiziert. Das erste ist das Repertoire der Egalität. Es zeigt sich in Äußerungen wie »Die gemeinsame Sorge ist die Gleichstellung der Eltern«, »Gleiche Rechte, gleiche Pflichten« und »Eltern bleiben Eltern«. Da insbesondere das revidierte Sorgerecht explizit als ein Akt der Gleichstellung der Geschlechter deklariert wird, war dieses Repertoire nicht schwer zu identifizieren. Egalität wird in den Dokumenten auf offensichtliche Weise verhandelt. Ebenso verhält es sich beim Repertoire des Kindeswohls. Das Kindeswohl ist das übergeordnete Prinzip des legislativen Prozesses und gleichsam die Legitimierung des staatlichen Handelns. Sowohl die neue Regelung des Sorgerechts als auch das Abweichen von dieser Regel werden durch das Kindeswohl legitimiert: »Angelpunkt für die Entscheidung, ob die gemeinsame elterliche Sorge auszusprechen ist – das ist in der Vorlage unbestritten –, ist das Kindeswohl. Über das Kindeswohl kann im konkreten Fall nur der Richter entscheiden.« (Debatte Elterliche Sorge I , 25.09.2012, Votum Nationalrat Daniel Jositsch, SP, o.S.).
Das Repertoire der Ungleichheit hingegen wird nicht offensichtlich angewendet. In keinem der Dokumente wird offen behauptet, Frauen und Männer würden sich aufgrund ihrer Biologie unterscheiden. Die Unterschiede werden subtiler konstruiert, meist mit einem Verweis auf die »Tatsache« der innerfamiliären Arbeitsteilung oder gesellschaftliche Realität. Das Repertoire der Ungleichheit zeigt sich auch durch Auslassungen. Wie Sunderland (2000, S. 266f.) konstatiert, sind gewisse Dinge so selbstverständlich, dass sie keiner Erwähnung bedürfen. In der vorliegenden Debatte wird oft über die Rechte und Pflichten des Vaters diskutiert, ohne dass Rechte und Pflichten der Mutter erwähnt würden, da diese als selbstverständlich erachtet werden. Solche Auslassungen sind für unsere Analyse wichtig, da sie nicht nur zeigen, dass Vater und Mutter als unterschiedlich betrachtet werden, sondern auch, wie tief verinnerlicht dieser Unterschied ist.
Das Repertoire der individuellen Lösungen bezieht sich auf staatlichen Liberalismus und individuelle Eigenverantwortung. Es handelt sich grundsätzlich um eine Legitimation des Staates, nicht ins Private eingreifen zu müssen. Die von uns identifizierten interpretativen Repertoires weisen damit eine bemerkenswerte Ähnlichkeit mit den von König (2012) in ihrer Analyse der bundesdeutschen medialen Debatte um das Elterngeld beschriebenen Topoi. Auch hier stehen die Egalität der Eltern und die Unterschiedlichkeit zwischen Vater und Mutter im Widerspruch, dasselbe gilt für die Familie als Privatangelegenheit und die Notwendigkeit von staatlichen Eingriffen (S. 98–115). Auch König verweist auf die Relevanz der nach wie vor geschlechtlich kodierten Sphärentrennung von öffentlichem und privatem Bereich. Durch den Verweis der Familienorganisation auf den sogenannten »privaten Bereich« wird legitimiert, warum diese nicht staatlich zu regeln sei.
Zentral für eine diskurspsychologische Auswertung ist jedoch nicht nur die Deskription der verwendeten Repertoires, sondern die Analyse hinsichtlich der Konsequenzen für entstehende Subjektpositionen. Das Konzept der Subjektpositionen verbindet Diskurse und interpretative Repertoires mit der sozialen Konstruktion eines »Selbst« oder einer Position im Diskurs (Edley 2001, S. 210). In einem zweiten Analyseschritt wurden die durch die jeweiligen Repertoires hervorgebrachten Subjektpositionen analysiert. Dabei ist zu beachten, dass es sich bei den Subjektpositionen nicht um Selbstpositionierungen handelt; getrennt lebende Eltern sprechen nicht selbst, es wird über sie gesprochen. Interessant dabei ist, dass Subjektpositionen für Mütter und Väter ausschliesslich durch das Repertoire der Ungleichheit entstehen. Die dem Repertoire der Egalität zugehörigen Subjektpositionen, wie z.B. die des »hauptbetreuenden Elternteils« blieben im Vergleich dazu blass.
Die Analyse zeigt, dass insgesamt vier interpretative Repertoires über das Material hinweg relevant gemacht werden: Das Repertoire der Egalität, das Repertoire Kindeswohl, das Repertoire der Ungleichheit und das Repertoire individuelle Lösungen. Alle Repertoires fanden sich in allen Quellenarten wieder; es gab jedoch Unterschiede darin, wie häufig und wie explizit sie erwähnt wurden. So beziehen sich z.B. Sprechende aller Parteizugehörigkeiten auf Gleichstellung oder Kindeswohl und bedienen sich der von uns analysierten Repertoires. Unterschiedlich ist die Kombination und Bewertung der jeweiligen Position. Diese Unterschiede dezidiert herauszuarbeiten, ist jedoch nicht Fokus der hier wiedergegebenen Analyse. Im Anschluss an eine kurze Darstellung der Repertoires über das gesamte Material hinweg analysieren wir erstens ihr jeweiliges Zusammenspiel anhand zweier zentraler ideologischer Dilemmata sowie zweitens die für Mütter und Väter resultierenden Subjektpositionierungen.
Ein als zentral betontes Ziel beider Gesetzesrevisionen ist, Väter und Mütter sowie Kinder lediger Eltern den Kindern verheirateter Eltern gleich zu stellen. Die Gleichstellung von Vater und Mutter bezüglich des Sorgerechts wird als wichtiger Schritt für die Herstellung von Gerechtigkeit betrachtet. Mehrfach wird darauf hingewiesen, dass die a priori Zuteilung des Sorgerechts an die Mutter bereits durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gerügt wurde (Botschaft Elterliche Sorge 2011, S. 9096ff.), und dass sämtliche Nachbarländer der Schweiz die gemeinsame elterliche Sorge bereits als Regelfall kennen. Oft ist auch von einem weiten gesellschaftlichen Konsens die Rede, der die Gleichbehandlung von Eltern verlange: »Die gemeinsame elterliche Sorge als Regelfall ist für den Bundesrat eine Selbstverständlichkeit. Sie gehört zu einem zeitgemässen Gesellschaftsbild, sie gewährleistet die Gleichbehandlung aller Kinder und aller Eltern.« (Debatte Elterliche Sorge I, 25.09.2012, Votum Bundesrätin Simonetta Sommaruga, o.S.).
Offen bleibt dabei jedoch, ob mit den gleichen Rechten auch gleiche Pflichten verbunden sein sollen. Die Regelung der gemeinsamen Sorge beinhaltet lediglich, wichtige Entscheidungen bezüglich des Kindes gemeinsam zu treffen, sie impliziert keine bestimmte innerfamiliäre Arbeitsteilung. Grundsätzlich wird es vom Gesetzgeber jedoch als erstrebenswert betrachtet, dass sich beide Elternteile den finanziellen Unterhalt und die Betreuung der gemeinsamen Kinder teilen:
»Wenn man davon ausgeht, dass die elterliche Sorge nicht nur ein Recht, sondern auch eine Pflicht ist, dass Eltern Eltern bleiben, auch wenn sie sich trennen oder scheiden, und dass sie es auch sind, wenn sie nicht verheiratet sind, dann ist klar, dass die elterliche Sorge für Mutter und Vater gilt, unabhängig von ihrem Zivilstand. Und genau das ist der Inhalt dieser Gesetzesrevision.« (Debatte Elterliche Sorge I, 25.09.2012, Votum Bundesrätin Simonetta Sommaruga, o.S.)
Die gleiche Verantwortung für das Kind bedeutet hier, dass die meisten Eltern die physische Sorge tatsächlich gleichmäßig teilen oder dass dies in einem idealen Arrangement der Fall sein sollte. Gleichstellung der Eltern wird hier gleichbedeutend mit einer gleichen Aufteilung von Rechten und Pflichten definiert, auch wenn diese Arbeitsteilung derzeit lediglich von einer Minderheit der Schweizer Familien gelebt wird (Bundesamt für Statistik 2015b).
Neben der Gleichstellung der Eltern steht insbesondere das Kindeswohl im Zentrum der Gesetzesrevisionen zur elterlichen Sorge. Auf keinen Grundsatz wird in der Parlamentsdebatte so häufig rekurriert wie auf das Kindeswohl. Jede Regelung auf Gesetzes- wie auch auf individueller Ebene muss zum Besten des Kindes sein, so der in der Debatte geäußerte Anspruch. Der Grundsatz soll lauten, dass das Kind Anspruch auf Fürsorge und ausreichenden finanziellen Unterhalt sowie regelmäßigen Umgang mit beiden Elternteilen habe. Die Gleichstellung der Eltern zu fördern wird dabei als auch förderlich für das Kindeswohl gesehen, bzw. darüber auch als wichtige Zielsetzung legitimiert: »Das Kind hat einen Anspruch darauf, dass seine Eltern gemeinsam Verantwortung für seine Entwicklung und Erziehung übernehmen. Die Mutter und der Vater sollen dabei gleichbehandelt werden«, heißt es in der Botschaft zur elterlichen Sorge (2011, S. 9092). Wie bereits beim ersten Repertoire, der Gleichstellung der Eltern, wird hier nicht spezifiziert, wie die Pflichten der Kindererziehung aufzuteilen sind, es wird nur festgehalten, dass eine Beteiligung von Mutter und Vater als ideale Situation im Sinne des Kindeswohls zu betrachten ist.
Für den Fall, dass die gemeinsame Sorge im Einzelfall nicht mit dem Kindeswohl vereinbar sein sollte, wird bereits im legislativen Prozess eine klare Priorisierung etabliert. Sind die Eltern nicht in der Lage, die gemeinsame Sorge wahrzunehmen, kann und muss das Gericht ein alleiniges Sorgerecht verhängen:
»Vorrang vor allen anderen Interessen muss immer – ich betone das – das Kindeswohl haben. In besonders konfliktträchtigen Fällen wird daher der Richter nicht umhinkommen, die elterliche Sorge dem Vater oder der Mutter zuzuteilen. Die neue Regelung darf unter keinen Umständen dazu führen, dass das Kindeswohl unter der Unverträglichkeit der Eltern leidet.« (Debatte Elterliche Sorge I, 25.09.2012, Votum Nationalrat Karl Vogler, CVP, o.S.)
Das Kindeswohl ist letztlich die stärkste Legitimierung für ein staatliches Handeln, sowohl auf Ebene des Gesetzes als auch gerichtlicher Ebene. Dennoch ist die Wahrung des Kindeswohls primär die Sache der Eltern und damit ein klar der privaten Sphäre zugewiesen.
Neben der Gleichberechtigung der Eltern wird auch deren Verschiedenheit verhandelt. Die Unterschiede spielen sich im Rahmen der Debatte um Trennung und Scheidung meist auf der Ebene der Arbeitsteilung ab: Da die Arbeitsteilung nun einmal nicht dem Ideal der Egalität entspreche, sondern zumeist die Mütter die Hauptbetreuung der Kinder übernehmen (Bundesamt für Statistik 2015b), müsse das Gesetz dem auch Rechnung tragen. Zur Legitimation der Unterschiede zwischen Mutter und Vater wird nur äußerst selten auf Tradition oder Biologie rekurriert. Der praktizierten Arbeitsteilung kommt jedoch Tatsachencharakter zu, sie scheint keine veränder- und verhandelbare Größe zu sein, sondern wird wie ein feststehender Zustand behandelt. Auch der Ursprung der »traditionellen« Arbeitsteilung wird nicht ausführlich diskutiert, gelegentlich wird jedoch auf gesellschaftliche Rahmenbedingungen verwiesen, die den Einfluss dieses Gesetzes überstiegen:
»Die SKG begrüsst explizit auch die unveränderte Grundausrichtung, wonach es den Eltern überlassen bleibt, sich bezüglich Aufgaben und Pflichten gegenüber den Kindern nach ihrem Gutdünken zu organisieren und folgerichtig darauf verzichtet wird, einen Grundsatz zu statuieren, wonach die Eltern die Betreuung und den finanziellen Unterhalt des Kindes zu gleichen Teilen zu übernehmen haben. Auch wenn eine gleichmässigere Beteiligung beider Eltern an der Betreuung der Kinder wünschenswert ist und auch gefördert werden soll (Drittbetreuung, Vereinbarkeit von Familie und Beruf), so steht diesem Modell in der Realität nach wie vor viel im Wege. [...] Der Trennungszeitpunkt der Eltern ist in aller Regel der schlechtest mögliche Zeitpunkt, die Betreuungssituation auf den Kopf zu stellen.« (Vernehmlassung Kindesunterhalt, Stellungnahme der Schweizerischen Konferenz der Gleichstellungsbeauftragten, 05.11.2012, S. 1–2)
Der Tatsachencharakter der sozialen Begründung für die praktizierte Arbeitsteilung und damit der Legitimation von Unterschieden zwischen Müttern und Vätern wird auch dadurch gefestigt, dass die jeweilige »Entscheidung« über die innerfamiliäre Arbeitsteilung in den Dokumenten auf einen Zeitpunkt vor der Trennung verlegt wird (z.B. die Familiengründung). Nach der Trennung muss das Elternpaar mit diesem Status Quo leben; eine Neuverhandlung der Arbeitsteilung wird nicht thematisiert. Die »traditionelle« Arbeitsteilung bekommt somit den Status einer Tatsache, die als Platzhalter für ehemals biologistische Argumente die Faktizität dieser Verhältnisse zementiert.
Während Arbeitsteilung und damit auch das Familienmodell im ersten und auch im dritten Repertoire als durch gesellschaftliche Verhältnisse bedingt gesehen und im zweiten Repertoire normativ aufgeladen wird, wird sie im Repertoire vier zur individuellen Entscheidung der Eltern. Jede Familie, getrennt oder nicht, soll frei darin sein, eine bestimmte Lebensform und Arbeitsteilung zu wählen. Dies entspräche einem weiten Konsens von Staat und Zivilgesellschaft. Das Gesetz soll Familien Raum geben, eine für sie passende Lösung zu finden, soll jedoch keine Lebensform bevorzugen. Eingriffe ins Privatleben einer Familie sind nur in Ausnahmefällen zulässig; beispielsweise wenn das Kindeswohl nicht anders gewahrt werden kann. In der legislativen Debatte wird wiederholt betont, dass der Staat eine solche Befugnis gar nicht wünsche, sondern die Regelung der Lebensverhältnisse den Bürgerinnen und Bürgern überlassen möchte. Das Parlament habe lediglich die Aufgabe, die Gesetze an eine veränderte gesellschaftliche Realität anzupassen, darüber hinaus sollte kein Lebensmodell dem anderen vorgezogen werden.
»Diese Ausgestaltung von Absatz 2 (der Vorlage zum Kindesunterhalt) führt dazu, dass ein Lebensführungsmodell aufgezwungen wird. Gerade aber die Wahlfreiheit ist für uns Liberale ein wichtiges Gut in der Familienpolitik. Wir wollen ein Umfeld schaffen, in dem Mann und Frau eben identische Möglichkeiten haben, ihre individuellen Entwürfe zu leben.« (Debatte Kindesunterhalt II, 19.06.2014, Votum Nationalrätin Gabi Huber, FDP, o.S.)
Die Kehrseite dieser proklamierten Freiheit ist der Appell an die Eigenverantwortung der Eltern. Getrennte Eltern, so wird impliziert, müssen individuell für ihre Familienkonstellation passende Lebensform und Arbeitsteilung finden und implementieren. Unklar bleibt dabei, was passieren soll, wenn die Eltern nicht in der Lage sind, diese Entscheidung gemeinsam zu treffen und sie sich z.B. nicht einigen können. Unklar bleibt aber auch, was geschehen soll, wenn schlichtweg die ökonomische Situation das präferierte Modell nicht zulässt. In der Konsequenz wird der Staat jeglicher Verantwortung enthoben, sich zu »privaten« Dingen wie der innerfamiliären Arbeitsteilung zu äußern oder die Konsequenzen schlechter elterlicher Entscheidungen zu tragen.
Zwischen dem ersten und dem dritten Repertoire ist deutlich das ideologische Dilemma von Differenz und Gleichheit zu erkennen (Nentwich 2004). Eltern könne nicht Rechte und Pflichten egalitär teilen und zugleich eine traditionelle Arbeitsteilung leben, insbesondere kann nicht beides das vorrangige Ziel darstellen. Ein zweites ideologisches Dilemma wird zwischen der geforderten individuellen Entscheidungsfreiheit der Eltern und der Verantwortung des Staates, in diese Freiheit einzugreifen, deutlich. Der Staat benötigt hier eine Legitimation, um in den als privat markierten Bereich der Familie einzugreifen. Das Kindeswohl und in einem geringeren Ausmaß die rechtliche Gleichstellung der Eltern sind Gründe, die dem Staat nicht nur erlauben, sondern unter bestimmten Umstände auch dazu zwingen können, solche Eingriffe zuzulassen. Beide Dilemmata werden in der Debatte nicht thematisiert, sie scheinen widerspruchsfrei nebeneinander zu existieren. Uns interessiert an dieser Stelle, wie diese scheinbare Widerspruchsfreiheit der interpretativen Repertoires argumentativ aufrechterhalten werden kann und welche Konsequenzen daraus für die Subjektpositionen von Müttern und Vätern resultieren.
Eine Konsequenz des ideologischen Dilemmas von Gleichheit und Differenz sind die sich jeweils unterschiedlich ausgestaltenden Subjektpositionen für Mütter und Väter. Während das Repertoire der Egalität die Gleichheit in der Arbeitsteilung als Ideal verfolgt, finden wir keine Subjektpositionen, die dies näher thematisieren würden. »Eltern« werden entweder zur geschlechtsneutral formulierten gemeinsamen Gruppe, deren mögliche Unterschiede nicht thematisiert werden, oder aber sie werden explizit als »Väter« und »Mütter« angesprochen, ohne aber an dieser Stelle die geforderte Egalität in der Arbeitsteilung zu thematisieren:
»Die gemeinsame elterliche Sorge als Regelfall gibt beiden Eltern, unabhängig von ihrer Beziehung, als Erwachsenen die grundsätzlich gleichen Rechte und Pflichten für die Erziehung und Entwicklung ihrer Kinder. Damit wird eine grundsätzliche Gleichberechtigung beider Eltern ausgedrückt.« (Debatte Elterliche Sorge I, 25.09.2012; Votum Nationalrat Lukas Reimann, SVP, Debatte Elterliche Sorge I, o.S.)
Sobald die Subjektpositionen von Müttern und Vätern nun näher beschrieben werden, zeichnet sich jedoch eine deutliche Orientierung an den traditionell bürgerlichen Positionen des familienernährenden Vaters und der fürsorglichen Mutter ab. Während das Repertoire der Egalität von »allen Eltern« spricht, jedoch sich nicht näher mit Müttern und Vätern beschäftigt, liefert das Repertoire der Differenz klare Vorstellungen, wie diese Mütter und Väter sind und sein sollten. Die »polarisierten Geschlechtscharaktere« (Hausen 1976, S. 162), die historisch auf die Entwicklung des Bürgertums im 19. Jahrhundert zurückgehen, werden in den beiden folgenden exemplarisch ausgewählten Textstellen deutlich nachgezeichnet:
»Mit dem gemeinsamen Sorgerecht, das ab Anfang Juli gilt, sollen die Männer künftig gleich viele Rechte haben wie die Frauen und nicht mehr auf die Rolle des Zahlvaters reduziert werden.« (NZZ, 10.06.2014)
»Stellen Sie sich ganz konkrete Fragestellungen für wichtige Entscheide zum Wohl des Kindes vor: Die hauptbetreuende Mutter, die sich Tag und Nacht an fast allen Tagen des Jahres für das Kind engagiert, will aufgrund ihres Beschäftigungsgrades das Kind in eine Kindertagesstätte bringen. Ja, muss sie dann den Vater fragen?« (Debatte Elterliche Sorge I, 25.09.2012, Votum Nationalrätin Margret Kiener Nellen, SP, o.S.)
Der Vater wird hier als Verdiener dargestellt, der keine Betreuungsaufgaben übernimmt. Die Mutter erscheint als aufopfernd und ständig für das Kind verfügbar. Die unter Verwendung des Repertoires der Gleichheit von Nationalrat Reimann skizzierte partnerschaftliche Arbeitsteilung ist an dieser Stelle kein Thema mehr, Gleichstellung wird hier als von den Hauptakteuren losgelöst verhandelt. Zentral ist hierfür eine politisch korrekte Terminologie, mit der von einem »hauptbetreuenden« und einem »unterhaltspflichtigen« Elternteil gesprochen wird, oder eben in der Konstellation des Vaters als Verdiener und der Mutter als Betreuerin. Anders gesagt, obwohl über Gleichstellung gesprochen wird, wird zugleich von einer Verschiedenheit von Mutter und Vater ausgegangen.
Die Detailanalyse der Subjektpositionen zeigt, dass für Mütter insgesamt vier unterschiedliche Subjektpositionen entworfen werden:
Mütter |
Die selbstverständlich verfügbare Mutter: Sie leistet unhinterfragt und unsichtbar die reproduktiven Aufgaben der Kinderbetreuung und der Haushaltsführung. Es wird niemals in Frage gestellt, ob die Mutter fähig und willens ist, sich um ihre Kinder zu kümmern. Ihre Position in Bezug auf die Kinder ist oft so klar, dass sie gar nicht erwähnt wird. »Wenn irgendein 22-Jähriger mit einer Partnerin, die er kaum kennt, ein Kind zeugt, soll er dann für die nächsten 18 oder 25 Jahre Beträge in derselben Höhe bezahlen? Ist das die Absicht der Revision? Oder ist die Absicht, dass dann die Betreuungspersonen den Unterhalt dieses Kindes bereitstellen?« (Debatte Kindesunterhalt I, 19.06.2014, Votum Nationalrat Luzi Stamm, SVP, o.S.) |
Die Alleinerziehende: Die alleinerziehende Mutter ist doppelbelastet durch Beruf und Kinderbetreuung und daher vermutlich überfordert. Sie ist armutsgefährdet und braucht deshalb den Schutz und die Unterstützung des Staates. Sie ist zu bedauern, ist letztlich jedoch selbst verantwortlich für ihre Situation. »Nach wie vor haben aber alleinerziehende Frauen ein stark erhöhtes Armutsrisiko, und diesen Gegebenheiten müssen wir Rechnung tragen. Wir dürfen die betroffenen Frauen und Kinder mit ihren wirtschaftlichen Nachteilen nicht alleinlassen.« (Debatte Kindesunterhalt I, 19.06.2014, Votum Bundesrätin Simonetta Sommaruga, SP, o.S.) |
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Die zentrale Bezugsperson: Die Mutter ist, vor allem für kleine Kinder, das »wichtigere« Elternteil, sei es aus sozialen oder gesellschaftlichen Gründen oder bereits von der Biologie bestimmt. Auch: die traditionelle Mutter. »Damit bietet der Vorentwurf (zur Gesetzesänderung zur elterlichen Sorge) für die Mehrzahl der heute noch vorherrschenden Lebenssituationen keine Gleichberechtigung zwischen Vätern und Müttern, sondern degradiert die Hauptbezugsperson des Kindes zur Marionette des Besuchsberechtigten.« (Vernehmlassung Elterliche Sorge, Stellungnahme Juristinnen Schweiz, 26.04.2009, S. 5-6) |
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Die kontrollierende Mutter: Sie kontrolliert und reguliert die Interaktionen des Kindes mit dem Vater. Sie geniesst möglicherweise unverdiente rechtliche und gesellschaftliche Vorteile. »Damit (der Gesetzesrevision zur Elterlichen Sorge) zeigt der Gesetzgeber all jenen Elternteilen die Rote Karte, die glauben, ihren Ex nicht nur aus dem Bett, sondern auch aus der Familie vertreiben zu können.« (Theunert, Mamablog, 02.07.2014). |
Tabelle 2: Subjektpositionen für Mütter
Gemeinsam ist allen Subjektpositionen, dass sie eine »selbstverständlich verfügbare Mutter« skizzieren. Die Mutter ist der Elternteil, der eine funktionierende (vielleicht sogar auch exklusive) Beziehung zum Kind hat und immer den Großteil der reproduktiven Kinderbetreuung übernimmt. Auffallend ist auch, dass alle mütterlichen Subjektpositionen für sich selbst stehen. Das Vorhandensein der (gegensätzlichen) Vaterposition ist weder notwendig noch vorgesehen. Die Familieneinheit Mutter-Kind ist auch ohne Vater denk- und definierbar, was die unhinterfragte Selbstverständlichkeit dieser Verknüpfung noch verstärkt. Dies ist beim Vater nicht der Fall. Alle drei für Väter entworfenen Subjektpositionen kommen nicht ohne die ergänzende Position der Mutter aus.
Väter |
Der rechtlose Vater: Der Vater ist dem Goodwill der Mutter ausgeliefert um Zeit mit seinen Kindern zu verbringen. Er hat keine Möglichkeit, an übergeordnete Stellen wie zum Beispiel die Justiz zu appellieren, sondern muss sich dem Willen der Mutter fügen. Auch: der Zahlvater, der ohnmächtige/wütende Vater und der Kämpfer für soziale Gerechtigkeit. »Ja, in gewisser Weise gibt das Gesetz (zur elterlichen Sorge) den Vätern ein Stück ihrer Würde zurück. Denn die bisherige Regelung machte sie faktisch zum Spielball des mütterlichen Goodwill – und manövrierte sie damit in die Rolle, mit der Männer in der Regel extrem schlecht umzugehen wissen: in die Rolle des Ohnmächtigen, des Ausgelieferten.« (Theunert, Mamablog, 02.07.2014) |
Der zurückhaltende/uninteressierter Vater: Er ist mit einer Rolle zufrieden, in der er keine substanzielle Verantwortung trägt und lediglich eine Besucherrolle innehat. Er trägt nicht viele Pflichten, wie zum Beispiel Besuchstage und Unterhaltsbeiträge, hat wenig Rechte und möchte an dieser Situation nichts ändern. »Doch nur eine kleine Minderheit der geschiedenen Väter hat Interesse am gemeinsamen Sorgerecht angemeldet: Bis heute sind bei den Berner Regionalgerichten lediglich 53 übergangsrechtliche Anliegen eingegangen.« (Guggisberg, TagesAnzeiger, 01.09.15) |
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Der neue Vater: Dieser Vater war vor der Trennung in der Betreuung seiner Kinder engagiert und will dies auch weiterhin bleiben. Er hat sich in gewissem Sinne das Recht auf Kinderbetreuung erarbeitet. Allerdings ist der neue Vater keine ausschließliche Position; er wünscht sich lediglich eine regelmäßige Partizipation am Alltag seiner Kinder. Die Mutter ist nach wie vor mindestens zur Hälfte, möglicherweise auch hauptsächlich, für die Betreuung der Kinder verantwortlich. »(La loi nouvelle) reconnaîtra et renforcera aussi le rôle que le papa doit jouer dans l’éducation de ses enfants. On ne peut pas exiger de ces nouveaux pères qu’ils s’investissent dans la vie familiale et, dès qu’une séparation ou un divorce intervient, les priver de toute implication au niveau de l’éducation de leurs enfants.«[2] (Debatte Elterliche Sorge I, 25.09.2012, Votum Nationalrätin Francine John-Calame, Grüne Partei, o.S.) |
Tabelle 3: Subjektpositionen für Väter
Den väterlichen Subjektpositionen fehlt das Zentrum, das bei den mütterlichen Subjektpositionen selbstverständlich angenommen wird. Sie sind nicht unabhängig (vielleicht mit Ausnahme bestimmter Aspekte des neuen Vaters), sondern jeweils nur mit der komplementären Mutterposition lesbar. Allgemein hat die Subjektposition des getrennten Vaters keine unabhängige Beziehung zu den Kindern; die Mutter ist immer notwendig, um die Beziehung zwischen Vater und Kind zu gestatten oder zu ermöglichen. Keine der väterlichen Subjektpositionen repräsentiert die primäre Bezugsperson oder den primären Versorger des Kindes; für die ökonomische Sicherheit der Familie zu sorgen scheint keine Aufgabe zu sein, die diese Subjektposition zu legitimieren vermag.
Es wird deutlich, dass die Subjektpositionen für getrennte Mütter und Väter äußerst traditionell entworfen werden. Sie betonen praktisch ausnahmslos die Verschiedenheit von Mutter und Vater, während die durch das Repertoire der Egalität thematisierte Gleichstellung sich nicht in den Subjektpositionen niederschlägt. Die weiblichen Subjektpositionen erscheinen als privilegiert in ihrer Beziehung zum Kind, sind jedoch in Bezug zur öffentlichen Sphäre (z.B. Erwerbsleben) eingeschränkt und unselbstständig. Die Mutterpositionen sind »Nur-Mütter«: sie sind selbstverständlich und unhinterfragt dazu in der Lage, die emotionalen und physischen Bedürfnisse ihrer Kinder zu befriedigen, werden jedoch in ihrer Beziehung zur Gesellschaft als schwach wahrgenommen. Sie sind überfordert, finanziell abhängig und ganz allgemein zu bedauern. Die einzige dominante mütterliche Subjektposition ist die kontrollierende Mutter, und diese ist bezeichnenderweise sehr negativ konnotiert, da ihre Stärke mit Kontrolle und Ausbeutung (des Mannes oder des Staates) einhergeht.
Im Gegensatz dazu sind die Vaterpositionen in ihrer Beziehung zur Gesellschaft unabhängig und stark. Auch finanziell sind sie unabhängig. Wird ein Mangel an finanziellen Mitteln thematisiert, resultiert dieser aus der Pflicht, die Expartnerin und die Kinder finanziell versorgen zu müssen. Väter werden zwar in Bezug auf die Kinder als rechtlich diskriminiert dargestellt (Der rechtlose Vater), sind deswegen jedoch nicht gesellschaftlich marginalisiert oder zu bedauern. Im Gegenteil, die »entrechteten« Väter sind laut, artikuliert und politisch organisiert (Der Kämpfer für soziale Gerechtigkeit). Im Gegenzug fehlt den Vaterpositionen die selbstverständliche und unabhängige Beziehung zum Kind. Keine der väterlichen Subjektpositionen ist dazu in der Lage, dem Kind die Mutter zu ersetzen. Auch der neue Vater, der sich aktiv an der Kinderbetreuung beteiligt, ist nicht als das alleinige oder wichtigste Elternteil vorgesehen, er bleibt auch hier »mother’s bumbling assistant« (Sunderland 2000, S. 262).
Ein weiteres ideologisches Dilemma spannt sich zwischen dem Repertoire der individuellen Entscheidungen und der Möglichkeit des staatlichen Eingriffs auf. Auf der einen Seite steht die individuelle Freiheit jedes Menschen, sein oder ihr Leben eigenverantwortlich zu gestalten, auf der anderen Seite die Pflicht des Staates, abhängige Personen und besonders Kinder zu schützen und dem Recht, beispielsweise der Gleichberechtigung von Mann und Frau, Geltung zu verschaffen. Das Repertoire des Kindeswohls und in einem geringeren Ausmaß das Repertoire der Egalität sind hier geeignet, staatliche Eingriffe zu legitimieren. Ein staatlicher Eingriff zugunsten des Kindeswohls erscheint dabei relativ unproblematisch:
»Ein modernes und auch liberales Verständnis von Familienrecht geht davon aus, dass eine erwachsene Person in der Lage ist, eigenverantwortlich zu entscheiden. Solche Entscheidungen sind zu respektieren. Je mehr Eigenverantwortung der Staat aber dem Einzelnen einräumt, desto genauer muss er auch darauf achten, dass die Freiheit, die er gewährt, nicht zulasten der Kinder geht.« (Debatte Elterliche Sorge I, 25.09.2012, Votum Bundesrätin Simonetta Sommarunga, o.S.)
Ein Eingriff zur rechtlichen Gleichstellung der Eltern erscheint zulässig, zugleich wird die Arbeitsteilung in der Familie und damit das Geschlechterverhältnis klar von dieser Regelung ausgenommen. Es fragt sich nun, wie dieses offensichtliche ideologische Dilemma zwischen staatlicher Regelungshoheit und privatem, selbstbestimmten Familienleben scheinbar widerspruchsfrei verhandelt werden kann. Da es durch das Kindeswohl angezeigt scheint, möchte der Gesetzgeber eine möglichst vollständige Gleichstellung von Mutter und Vater etablieren:
»Es ist unbestritten, dass das Wohl des Kindes auch massgeblich dadurch bestimmt wird, dass es zu beiden Elternteilen eine möglichst gleichwertige und sehr gute Beziehung aufbauen kann. Das setzt Kontakte voraus, das setzt Zusammensein mit beiden Elternteilen voraus.« (Debatte Kindesunterhalt I, 19.06.2014, Votum Nationalrat Daniel Vischer, Grüne Partei, o.S.)
Gleichzeitig äußert sich der Gesetzgeber nicht zur Frage der Arbeitsteilung in getrennten Haushalten (beziehungsweise zur familiären Arbeitsteilung im Allgemeinen). Obwohl man annehmen könnte, dass die Gleichstellung der Eltern am Besten durch eine egalitäre Arbeitsteilung gefördert werden kann, ist das Parlament abgeneigt, eine familiäre Lebensform der anderen vorzuziehen. Stattdessen wird auf individuelle Lösungen rekurriert:
»Der Bundesrat pflegt ein liberales Gesellschaftsmodell, das heisst, er will keinem Paar vorschreiben, nach welchem Modell es sein Leben organisieren soll; das heisst, jede Aufteilung der Betreuung zwischen den Eltern ist möglich, keine wird mit dieser Vorlage favorisiert. Es soll vielmehr den Eltern möglich sein und ihnen überlassen werden, ihr Betreuungsmodell zu wählen.« (Debatte Kindesunterhalt, 19.06.2014, Votum Bundesrätin Simonetta Sommaruga, o.S.)
Das heißt, erwünscht ist zwar ein möglichst egalitäres Betreuungsmodell, wie dies umgesetzt werden soll, ist jedoch Sache der jeweiligen Familie. Die Diskussion über innerfamiliäre Arbeitsteilung wird somit aus dem politischen Diskurs auf die individuelle Ebene geschoben. Denn wenn der Staat weder ins Familienleben eingreifen kann noch will muss er von seinen Bürgerinnen und Bürgern erwarten, dass sie diese Probleme selbst lösen. Die Freiheit, ein Familienmodell zu wählen, beinhaltet somit die Verantwortung, auch ein passendes Modell zu finden und umzusetzen.
Die beschworenen »individuellen Lösungen« geben zwar Raum für pluralistische Familienformen, verschleiern jedoch die Realitäten der innerfamiliären Arbeitsteilung. Erstens ist es nicht einfach, ein »passendes« Modell zu finden und zu finanzieren. Bei Trennungen gibt es zudem eine gewisse Pfadabhängigkeit: Wer vor der Trennung eine traditionelle Arbeitsteilung mit Alleinernährer und Hausfrau gelebt hat, wird dies nicht von heute auf morgen in ein System der egalitären Arbeitsteilung ändern können, ganz zu schweigen davon, dass das Steuerrecht und Bestimmungen zur Altersvorsorge das Alleinernährermodell privilegieren. Zweitens sind Entscheidungen, die wir als individuell und passend empfinden, nicht selten ein Ausdruck traditioneller Vorstellungen (Nentwich 2000; Schwiter 2011).
Die Gleichstellung von Mann und Frau im Zusammenhang mit den Gesetzesänderungen zur Elterlichen Sorge und zum Kindesunterhalt ist als »rhetorische Modernisierung« einzuordnen, da über die nach wie vor praktizierten Ungleichheiten nicht gesprochen werden kann. Allerdings manifestiert sich das Dilemma nicht erst im Unterschied von Sprechen und Handeln wie von Koppetsch und Burkhart (1999) dezidiert ausgeführt, sondern ist bereits vollumfänglich in den diskursiven Aushandlungen angelegt. Das ideologische Dilemma zwischen dem Repertoire der Egalität und dem Repertoire der Ungleichheit kann jedoch unerkannt und unthematisiert bleiben, da jegliche Abweichung von der Egalität zur individuellen Entscheidung erklärt wird, die sich der Regelungshoheit des Staates entzieht. Das spezifische Zusammenspiel der interpretativen Repertoires ermöglicht es den Sprechenden, einer Gleichheitsnorm zu folgen, ohne dabei das Repertoire der Ungleichheit aufgeben zu müssen.
Im Gegenteil, letztlich kann sich die Vorstellung der Gleichheit der Geschlechter nicht gegen den wirkungsmächtigen Subtext des Unterschiedes zwischen Mutter und Vater behaupten. Im Zweifelsfall ist die traditionelle Arbeitsteilung nicht eine von mehreren gleichwertigen Lösungen, sondern ein normativer Anspruch an die Eltern. Ein »guter Vater« sorgt finanziell für seine Kinder und in geringerem Ausmaß auch für deren Mutter, während eine »gute Mutter« immer für ihre Kinder verfügbar ist und ein etwaiges berufliches Engagement hinten anstellt. Somit schließt sich der Kreis: Ein Kind braucht Mutter und Vater, es braucht jedoch nicht nur die beiden Individuen sondern ihre »speziellen Eigenschaften« als Mutter und Vater. Dies dient dem Kindeswohl, widerspricht aber einer faktischen Gleichstellung der Eltern. Zu einem ähnlichen Befund kommen auch Koppetsch und Burkart (1999) in ihrer Untersuchung des individualisierten Milieus. Da die Illusion der Gleichheit zwischen den Eheleuten auch angesichts der Ungleichverteilung der Hausarbeit aufrecht erhalten bleiben muss, werden die faktischen Unterschiede mit persönlichen Vorlieben erklärt. Die Unterschiedlichkeit der Geschlechter verschwindet somit in der individuellen Entscheidung (ebd., S. 196ff.).
Unsere diskurspsychologische Analyse zeigt darüber hinaus, dass sowohl der Anspruch der Egalität als auch der Subtext der Ungleichheit auf diskursiver Ebene fest verankert sind. Es handelt sich weniger um ein Paradox zwischen Diskurs und Alltagspraxis, als mehr um ein bereits auf diskursiver Ebene angelegtes ideologisches Dilemma. Zudem läuft das Repertoire der Ungleichheit von Mutter und Vater nicht nur der »Illusion der Emanzipation« entgegen, sondern produziert darüber hinaus die zentralen Bausteine vergeschlechtlichter Subjektpositionen. Die Verschiedenheit von Mutter und Vater, beziehungsweise von Mann und Frau, herzustellen und zu legitimieren entspricht damit nach wie vor einer relevanten Anforderung an familiäre Arbeitsteilung und ist ein wesentliches Ergebnis des Unterschiedsrepertoires.
Die Anforderungen an getrennte Familien kommen vor diesem Hintergrund einer Quadratur des Kreises gleich: Einerseits soll die Arbeitsteilung möglichst egalitär sein, andererseits müssen die »besonderen Eigenschaften« von Vater und Mutter, sprich die traditionellen Vorstellungen der Mutter- und Vaterrolle, gebührend berücksichtigt werden. Gleichstellung findet dabei vor allem im öffentlichen und politischen Diskurs statt, jegliche Abweichung davon ist Ausdruck einer individuellen Lösung und somit ein »privates« Problem. Dies zeigt sich auch in den äußerst traditionellen Subjektpositionen für Väter und Mütter. Der Mann als Oberhaupt der Familie mag ausgedient haben, die Mutterliebe scheint aber nach wie vor konstitutiv für das Wesen der Frau zu sein. Die dominante Position der Mutter wird trotz der proklamierten Egalität der Eltern nicht ernsthaft in Frage gestellt.
Dies zeigt sich deutlich am ersten Bundesgerichtsentscheid zum neuen Sorgerecht vom 28.8.2015. Hier wurde entschieden, dass im Falle eines Dauerkonflikts zwischen getrennten Eltern die Zuweisung der alleinigen elterlichen Sorge an die Mutter durch das Zürcher Obergericht statthaft sei. Das Gericht stützt sich dabei explizit auf die Beratungen im Parlament, die das Kindeswohl in den Mittelpunkt der Überlegungen stellten (Schweizerisches Bundesgericht 2015, S. 3). Interessant ist auch hier die stillschweigende Dominanz der mütterlichen Position. Weder das Obergericht, das Bundesgericht noch der Antragssteller selbst (der Vater) scheinen die alleinige Zuteilung des Sorgerechts an den Vater in Erwägung zu ziehen. Gleichzeitig wird in der gesamten Urteilsbegründung kein einziges Mal explizit darauf hingewiesen, dass die Mutter nach der Trennung die Hauptbetreuung der gemeinsamen Tochter übernahm. Die Sorge durch die Mutter wird hier einmal mehr zur Selbstverständlichkeit und damit unsichtbar. Mit derselben Selbstverständlichkeit wird dann vom Grundsatz der Egalität der Eltern abgewichen und das Kind zum alleinigen Verantwortungsbereich der Mutter erklärt.
Mit unserer diskurspsychologischen Analyse haben wir einen Fall rhetorischer Modernisierung beschrieben und gezeigt, dass diese vollumfänglich bereits auf diskursiver Ebene stattfindet: Das erklärte Ziel der Gesetzesänderungen besteht in der Gleichstellung der Eltern, gleichzeitig verhindert diese postulierte Egalität, dass über die nach wie vor wirksame Annahme der Unterschiedlichkeit von Mutter und Vater gesprochen wird. Wenn der Staat sich nun veranlasst sieht, im Sinne des Kindeswohls in die private Sphäre einzugreifen, kommen diese unhinterfragten und wirkungsmächtigen Vorstellungen über die Differenz von Müttern und Vätern zum Tragen: Den Anforderungen an die Gleichstellung der Eltern zuwiderlaufend wird im Zweifelsfall das Kind als der Mutter zugehörig betrachtet.
Soll eine tatsächliche Gleichstellung zwischen Eltern hergestellt werden, muss dieses Primat der Mutter auf das Kind in Frage gestellt werden dürfen. Unsere Analyse zeigt, dass hierfür insbesondere eine Erneuerung der Subjektpositionen der Mutter notwendig wäre. Sowohl die Vorstellung, dass die Mutter das »wichtigere« Elternteil ist, als auch die Annahme, dass sie sich »by default« um die Kinder kümmert, sind problematisch und limitierend – für Väter wie Mütter. Schließlich sollte es auch möglich sein, auf einer öffentlich-politischen Ebene über die Arbeitsteilung innerhalb der Familie zu sprechen. Wenn die Arbeitsteilung zum rein privaten »Problem« gemacht wird, behält sie auch weiterhin ihre Funktion als Platzhalter für essentialistische Geschlechtszuschreibungen. Flexiblere Vorstellungen der Aufgaben von Vater und Mutter würden letztlich bedeuten, mehr Möglichkeiten zu haben, getrennte Elternschaft zu leben.
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Wilz, Sylvia M. (2002): Organisation und Geschlecht. Strukturelle Bindungen und kontingente Kopplungen. Opladen (Leske + Budrich).
Noch ausgeprägter war die Ungleichbehandlung bei unverheirateten Paaren: Nach der Geburt eines Kindes stand das Sorgerecht allein der Mutter zu, unabhängig davon, ob die Eltern zusammen lebten oder nicht. Um ein gemeinsames Sorgerecht zu erreichen, mussten die Eltern einen bewilligungspflichtigen Antrag stellen (Botschaft Elterliche Sorge 2011, S. 9084f.)
(Das neue Gesetz) wird auch die Rolle des Papas bezüglich der Erziehung seiner Kinder berücksichtigen und stärken. Man kann von diesen neuen Vätern nicht verlangen, sich einerseits in das familiale Leben einzubringen, und sie dann im Fall einer Trennung oder Scheidung jeglicher Rechte an der Beteiligung an der Erziehung ihrer Kinder zu berauben.