Rebecca Maskos
Journal für Psychologie, 26(2), 50–74
https://doi.org/10.30820/8248.04 www.journal-fuer-psychologie.deRollstühle sind Fortbewegungsmittel. Sie haben vier Räder, einen Metallrahmen und einen Stoffbezug mit Polster. Rollstühle sind praktisch und nützlich – eigentlich. Doch in dominanten Diskursen zu Behinderung umgibt Rollstühle ein Nimbus des Problems, der Angst, des sozial Alarmierenden. Rollstühle signalisieren etwas, z. B. Passivität, Gefangensein und Abhängigkeit. Demgegenüber stehen Diskurse, die Rollstühle als befreiende, alltägliche und einverleibte Hilfsmittel sehen, die ein selbstbestimmtes Leben (wieder) ermöglichen. Dennoch zögern viele stark gehbeeinträchtigte Menschen Jahre, bevor sie sich für die Nutzung eines Rollstuhls entscheiden. Dieser Beitrag beschäftigt sich mit Prozessen der Aneignung von Rollstühlen und ihren gesellschaftlichen Rahmenbedingungen. Er schließt vorläufige Ergebnisse einer qualitativen Befragung gehbeeinträchtigter Menschen mit ein und geht Diskursen im Kontext von Disziplinierung und einer Verinnerlichung von Stigma und »ableism« nach.
Schüsselwörter: Rollstuhl, Hilfsmittelakzeptanz, Technik, Stigma, ableism, Behinderung, soziale Konstruktion
Wheelchairs are means of transportation. They have four wheels, a metal frame, a fabric seating and a seat cushion. Wheelchairs can be seen as convenient and useful. But in dominant discourses wheelchairs are overshadowed by the problematic, by fear and social alarm. Wheelchairs signal something, e. g. passivity, dependency, being trapped. In opposition to this there are discourses that promote the wheelchair as a liberating, mundane and as an embodied assistive device that (re-)enables an independent life. However, a lot of severely walking impaired people hesistate for years, until they opt for using a wheelchair. This contribution is looking at wheelchair acquisition and acceptance processes and their societal framework. It includes preliminary results of a qualitative interview study with people with walking impairments and tries to unravel discourses of disciplining and of the internalisation of stigma and ableism.
Keywords: wheelchair, assistive device abandonment, technology, stigma, ableism, disability, social construction
Viele stark gehbeeinträchtigte Menschen zögern jahrelang, einen Rollstuhl zu nutzen, obwohl dies einen eindeutigen Mobilitätsgewinn für sie bedeuten würde. Für einen solchen Verzicht gibt es vielfältige Gründe. Rehabilitationswissenschaftler*innen weisen darauf hin, dass eine Untersuchung der Akzeptanz des Rollstuhls seine soziale und kulturelle Symbolik sowie seine Funktion als »Stigma-Symbol« (Goffman, 1967, S. 117ff.) berücksichtigen sollte, was allerdings zu selten der Fall ist (Barker et al., 2004; Bates et al., 1993; Gitlin, 1995; Krantz, 2009). Goffman schreibt in seinem grundlegenden Werk Stigma:
»Ein Individuum, das leicht in gewöhnlichen sozialen Verkehr hätte aufgenommen werden können, besitzt ein Merkmal, das sich der Aufmerksamkeit aufdrängen und bewirken kann, dass wir uns bei der Begegnung mit diesem Individuum von ihm abwenden […]. Es hat ein Stigma, das heißt, es ist in unerwünschter Weise anders, als wir es antizipiert hatten« (Goffman, 1967, S. 13).
Behinderte Menschen gehören – je nach den in einer Gesellschaft dominanten Körper- und Normalitätserwartungen – zu den potenziell stigmatisierbaren Personen. Hilfsmittel wie Hörgeräte, Gehstützen und Rollstühle sind klassische Stigma-Symbole, die zu einem Mittel der Informationskontrolle werden können: Zeigt sich eine Person mit diesem Symbol öffentlich, kann sie von einer »diskreditierbaren« Person – einer, der man das Stigma nicht sofort ansieht – zur »diskreditierten« Person werden (ebd., S. 56ff., 116ff.). Gesellschaftliche Diskurse über Behinderung bilden den Hintergrund von Stigmatisierungsprozessen. Ich beziehe mich dabei auf einen Diskursbegriff, der Diskurse nicht nur als Sprach- und Wissensordnungen, sondern auch als Praxisformationen betrachtet (z. B. Foucault, 1977; siehe auch Keller, 2011). Diskurse, die Autonomie, Stärke und Leistungsfähigkeit verlangen und Abhängigkeit und Schwäche negieren, scheinen den Rollstuhl zu einem besonders brisanten Stigma-Symbol für Passivität, der »Endstation«, dem »Gefangen-Sein« zu machen. Ein plastisches Beispiel dafür ist die Redewendung »an den Rollstuhl gefesselt«. Gegenüber dem dominanten Diskurs zu Rollstuhlnutzung prägen Rollstuhlnutzer*innen einen umgekehrten Diskurs: Einmal für den eigenen Alltag angeeignet, verschafft der Rollstuhl neue Freiheit und Selbstständigkeit. Seine Nutzung geht vielfach einher mit einer Neukonstruktion subjektiver Bedeutungen von Behinderung.
Mein Beitrag stützt sich auf vorläufige Ergebnisse einer qualitativen Studie im Rahmen meines Promotionsprojekts an der Hochschule Bremen. In ihm wurden bisher sieben gehbehinderte Menschen in problemzentrierten Interviews (Witzel, 2000) nach ihrer Beziehung zum Stigma-Symbol Rollstuhl und den ihm zugeschriebenen Bedeutungen im Kontext alltäglicher Nutzungsgewohnheiten befragt. Dabei sollen neben dem individuellen Aushandeln des Verhältnisses von »Diskreditierbarkeit« und »Diskreditierung« durch den Verzicht oder die Benutzung des Rollstuhls auch die mögliche Verinnerlichung gesellschaftlicher Diskurse untersucht werden. Damit beziehe ich mich vor allem auf den in den Disability Studies erarbeiteten Begriff des »ableism« (Campbell, 2009; Köbsell, 2015; Maskos, 2015; Wolbring, 2008). Diesem liegt eine essenzialisierende Fassung von Behinderung zugrunde:
»[…] a network of beliefs, processes and practices that produces a particular kind of self and body (the corporeal standard) that is projected as the perfect, species-typical and therefore essential and fully human. Disability then is cast as a diminished state of being human« (Campbell, 2009, S. 5).
Ziel meiner Studie ist, über die bloße Untersuchung der Akzeptanz von Rollstühlen hinauszugehen und die Konstruktion von Behinderung und Nichtbehinderung im Kontext von Stigma und »ableism« anhand des Beispiels Rollstuhlnutzung zu analysieren. Im Fokus stehen Prozesse, die zunehmend beeinträchtigte Menschen »auf dem Weg in den Rollstuhl« durchlaufen. Meine Untersuchung fragt danach, auf welche Weise gehbehinderte Menschen bzw. Rollstuhlfahrer*innen dabei ihr Bild von Behinderung und Nichtbehinderung (re-)konstruieren und ob ihre jeweiligen Entscheidungen für oder gegen den Rollstuhl einen Zusammenhang mit einer »ableistischen« Gesellschaft haben. Beleuchtet wird auch die Frage, ob dies verbunden ist mit einem Wandel ihrer Identität (Keupp et al., 2008).
Wissenschaftliche Literatur über Rollstühle und Rollstuhlnutzer*innen findet sich in erster Linie im Bereich der medizinischen Rehabilitation, also in der (Wieder-)Herstellung von Arbeitskraft und Funktionsfähigkeit (Oliver, 1993, S. 8ff.). Es dominieren Arbeiten zu technischen oder medizinischen Aspekten – z. B. zur technischen Ausstattung eines Rollstuhls, Fahrsicherheit, ergonomischer Ausgestaltung, oder zur Anpassung an seine Nutzer*innen (z. B. Bönisch, 2002; Portnow, 1994; van der Woude et al., 2006). Darüber hinaus findet das Thema Hilfsmittelakzeptanz Beachtung in den Rehabilitationswissenschaften, insbesondere die Akzeptanz und Aneignung von Rollstühlen und Rollatoren. Außerdem weisen sozialwissenschaftlich orientierte Beiträge, vor allem aus den Disability Studies, sowie ethnografische Einzelfallstudien und Studien zu Erfahrungen von Rollstuhlfahrer*innen auf eine Einbeziehung des Rollstuhls in das Körperschema hin (siehe Abschnitt 2.1). In diesen Studien werden auch gesellschaftliche Diskurse aufgegriffen, in die die Entscheidung für oder gegen Rollstuhlnutzung eingebettet ist (Abschnitt 2.2).
Obwohl Nutzer*innen in aller Regel von Rollstühlen profitieren (Bates et al., 1993; Furnham & Thompson, 1994; Hedberg-Kristensson et al., 2007; Pettersson et al., 2006) – sei es durch eine verbessere Mobilität, soziale Partizipation oder ein gesteigertes Sicherheitsgefühl – überwiegen dem Rollstuhl gegenüber besonders zu Anfang der Nutzung ambivalente bis kritische Gefühle. Die Auseinandersetzung mit dem Rollstuhl erzeugt Scham, Fremdheit, Angst und Irritation (Bates et al., 1993; Gitlin et al., 1998; Hedberg-Kristensson et al., 2007). Einige Autor*innen beschreiben eine anfangs große Abwehr dem Rollstuhl gegenüber, der als Symbol von Abhängigkeit, Asexualität und nicht-lebenswertem Leben wahrgenommen wird (Bates et al., 1993). Müller weist darauf hin, dass nicht Rollstühle selbst Auslöser dieser Assoziationen sind, sondern dass sie zu Projektionsflächen emotionaler Abwehr werden. Mit Bezug auf Hilfsmittel allgemein schreibt sie:
»[V]iele Patienten [fürchten] die Wahrnehmung durch andere Menschen als ›alt‹, ›gebrechlich‹, als ›hoffnungsloser Pflegefall‹. Diese nicht unberechtigte Angst kann emotional stark besetzte Abwehrreaktionen auslösen. Gefühle wie Wut, Verzweiflung und Scham über die eigene Lebenssituation wenden sich häufig gegen die Hilfsmittel, die zum Ausgleich der verlorenen Fähigkeiten dienen sollen – und gegen Personen (in erster Linie pflegende Angehörige und professionell Pflegende), die deren Gebrauch oft recht vehement nahelegen. Nicht wenige alte und pflegebedürftige Menschen stehen dem Einsatz von Hilfsmitteln ablehnend gegenüber, da sich in ihrem Gebrauch die eigene Gebrechlichkeit, ihre persönliche Kränkung, nach außen manifestiert« (Müller, 2009, S. 206).
In einer Studie von Hedberg-Kirstensson et al. (2007) berichten einige der Befragten von einer emotionalen Schwelle oder Barriere, die sie überwinden mussten, um Mobilitätshilfsmittel wie z. B. Rollstühle nutzen zu können. So ein Hilfsmittel sei »die letzte Option«, die »nur alte Leute« benutzten (ebd., S. 18).
Barker et al. (2004, S. 223ff.) identifizierten bei Rollstuhlnutzer*innen nach einem Schlaganfall drei Varianten, den Rollstuhl zu akzeptieren. In der ersten Variante wird der Rollstuhl als »Notwendigkeit« betrachtet – es entsteht eine »widerstrebende Akzeptanz« (»reluctant acceptance«). In der zweiten Variante wird der Rollstuhl als großer Gewinn (»great asset«) betrachtet – es entsteht laut Barker et al. eine »dankbare Akzeptanz« (»grateful acceptance«). Die dritte Variante geht noch darüber hinaus und sieht den Rollstuhl als Teil des Körpers, als Ersatz oder Ergänzung beeinträchtigter Körperteile (»part of me«). Der Rollstuhl ist hier nicht mehr nur bloßes Transportmittel, sondern ein integraler Teil des Selbst- und Körperbildes. Daher nennen Barker et al. diese Variante auch »innere Akzeptanz« (»internal acceptance«) (ebd., S. 225).
Papadimitriou (2008) hat diese Verkörperung des Rollstuhls (im engl. Orig. »embodiment«; siehe auch Gitlin, 1995) in einer ethnografisch-phänomenologischen Studie untersucht. In qualitativen Interviews mit querschnittsgelähmten Patient*innen einer Rehabilitationsklinik zeigte sich der Rollstuhl weniger als technische »Ergänzung« des Körpers einer beeinträchtigten Person, sondern als inkorporierte Technik. Sie ermöglicht eine neue Art von Befähigung und Subjektivität, die über die Dichotomie behindert/nicht behindert hinausgeht (»newly abled«; vgl. Papadimitriou, 2008, S. 691f.). Diesen Prozess nennt Papadimitriou »becoming en-wheeled«, ein kaum übersetzbarer Begriff, der die aktive Einbeziehung des Rollstuhls in ein neues Körperschema umschreibt (ebd., S. 698). Entgegen dominanter Konzepte zeigten sich Behinderung und Rollstuhlnutzung in Papadimitrious Forschung nicht als soziale oder medizinische Abweichungen, sondern als Teil der menschlichen Variation.
Andere Autor*innen sprechen von einer »cyborgification« und einer Art Verschmelzung des Rollstuhls mit dem Körper (Sparkes et al., 2017; Watts Belser, 2016). Darüber hinaus ist im Zuge der weltweiten Behindertenbewegung eine Disability Culture (Longmore, 2003) entstanden, in der Rollstühle vom bloßen Fortbewegungsmittel zur Kunst erhoben werden und Rollstuhlnutzung Teil einer kreativen Identitätsdarstellung wird (Kuppers, 2007; Linton, 2006; Watts Belser, 2016). Watts Belser zeigt, wie in der Aneignung von Rollstühlen aus der »toten Materie« scheinbar belebte Objekte werden:
»Disability brings people into intimate relations with material things. Wheelchairs, prostheses, screen readers, cochlear implants, and other forms of accessible technology are often central to the lived experience of disability. […] [W]heelers tend to highlight our chairs’ animacy and aliveness. Wheelchairs occupy an intimate space: simultaneously an expression of our own body-forms and a distinct, independent entity – a vital, vibrant being« (Watts Belser, 2016, S. 6f.).
Beispiele dafür seien Performances und Tänze, in denen der Rollstuhl die Rolle eines Kunstobjekts einnimmt, außerdem die Gewohnheit vieler Rollstuhlfahrer*innen, ihren Rollstühlen Namen zu geben (Gehlhaar, 2016, S. 29; Watts Belser, 2016). Ob als Beziehungs- und Kunstobjekt, Teil des Körpers oder als bloß hilfreiche Mobilitätshilfe – der Rollstuhl scheint für die meisten Nutzer*innen einen großen Zugewinn an Freiheit zu bedeuten.
Dennoch werden die ähnlich gelagerten Fortbewegungsmodi Rollen und Laufen sehr unterschiedlich bewertet (Parent, 2016; Oliver, 1993). Die Fortbewegung im Rollstuhl hat eindeutig Nachteile angesichts gesundheitlicher Folgen von ständigem Sitzen (Oberhofer, 2015), einer meist nicht barrierefreien Umgebung und vielen Naturerlebnissen (wie z. B. Wandern, Strandspaziergänge), die mit ihm nicht genossen werden können. Darüber hinaus aber ist die Abwehr gegenüber Rollstühlen – sowohl bei vielen Rollstuhlfahrer*innen zu Beginn einer Erstversorgung als auch in gesellschaftlich dominanten Diskursen – aus diesen Nachteilen nicht erklärbar, vor allem dann, wenn die Alternative eine kaum eigenständige Mobilität bei starker Gehbeeinträchtigung ist.
Eine historische Reflexion der Geschichte von Rollstühlen zeigt diverse Bedeutungen, die ihnen durch die Jahrhunderte zugeschrieben wurden. Frühe Rollstuhlfahrer*innen und ihre Vorgänger*innen teilten ihre Mobilitätsform häufig mit der von Reichen und Adligen. »Kranke« wurden, genau wie Würdenträger und Wohlhabende, oft in Sänften oder sänftenähnlichen Geräten transportiert (Cooper, 1998; Kamenetz, 1969). Die ersten Rollstühle wurden für Könige hergestellt – z. B. 1595 für den durch Gicht beeinträchtigten König Phillip II. von Spanien (Kamenetz, 1969), außerdem 1686 für Louis XIV, an dessen Hof in Versailles zwanzig Rollstühle zum bequemen Transport von Majestät und Hofstaat vorgehalten wurden (Cooper, 1998; Kamenetz, 1969). Auch auf der Wiener Weltausstellung im Jahr 1873 gab es Rollstühle, um vor allem Damen mit ausladenden Kleidern und Schleppen beschwerliche Wege zu erleichtern – sie ließen sich von livrierten Dienern über das Ausstellungsgelände schieben (Werfring, 2014). Im britischen Bath, einem weiteren Ort der »Rollstuhlinnovation«, wurde 1783 ein Gefährt erfunden, das man als Vorläufer des heutigen Rollstuhls werten kann – der Bath Chair oder »invalid carriage«, ausschließlich für »Invalide und Damen« bestimmt. Viele Rollstuhlmodelle wurden von behinderten Menschen selbst entworfen – beispielsweise vom querschnittsgelähmten Altdorfer Uhrmacher Stephan Farfler, dessen Modell aus dem Jahr 1655 an ein Rollstuhl-Handbike von heute erinnert (Watson & Woods, 2015).
Diese Beispiele zeigen – wer einen Rollstuhl benutzte, galt entweder als krank und gebrechlich bzw. als »Dame« oder aber er bzw. sie hielt etwas auf sich. Dass reiche und wohlhabende Menschen ohne einen medizinischen Grund einem Rollstuhl nutzen, scheint heute undenkbar. Das Ende des 18. Jahrhunderts, als Rollstühle in medizinischen Katalogen auftauchten, markiert laut Parr, Watson und Woods (2006) den Beginn des Bedeutungswandels von Rollstühlen hin zum reinen Krankenfahrzeug. Dadurch, dass Rollstühle bis heute von Ärzt*innen verschrieben werden, und sie darüber entscheiden, wer welchen Rollstuhl bekommen darf, fungieren sie als »Gatekeeper« und zementierten einen Diskurs von Gehbehinderung als medizinisches Problem und Rollstühle als rein medizinische Geräte (Oliver, 1993; Parr et al., 2006). Parr, Watson und Woods schreiben:
»[W]heelchairs remain distant from the status of everyday objects – sitting uneasily between the mundane and the exotic: simultaneously recognizable and yet alien. […] This, along with the inextricable ties between wheelchairs and injury/illness, has had the effect of rendering the technology synonymous with loss, tragedy, passivity and dependency. Wheelchairs are often viewed with trepidation: as machines that disable, confine, and remove from their occupant a state of independence. As medical devices doctors prescribed only to the sick, the wounded, the elderly« (Parr et al., 2006, S. 161f.).
Die Wandlungen des Rollstuhldesigns im 20. Jahrhundert konnten die dominierende Assoziation des Rollstuhls mit Krankheit und Gebrechen offenbar kaum auflösen. Auf der einen Seite korrigierte die zunehmende Verbreitung von leichtgängigen und transportablen Faltrollstühlen die Vorstellung, dass der Ort für (vor allem schwer-)behinderte Menschen das familiäre Zuhause oder die Behinderteneinrichtung ist (Watson & Woods, 2005a, 2005b). Designs des Rollstuhlsports, die eine verbesserte Wendigkeit ermöglichen, wurden zunehmend auch auf Standardrollstühle übertragen (Portnow, 1994).
Auf der anderen Seite blieb der Rollstuhl trotz veränderter gesellschaftlicher Bedeutungszuschreibungen mit Diskursen verbunden, in denen er als das Symbol für Behinderung und Krankheit schlechthin erscheint (Ben-Moshe & Powell, 2007; Fritsch, 2013; Marusek, 2005). Plastisch wird dies durch das »International Symbol of Access« (ISA), das das Piktogramm eines Rollstuhls darstellt und auf Behindertenparkplätzen, an Rampen, Fahrstühlen, Behindertentoiletten etc. Barrierefreiheit signalisieren soll. Obwohl hier jeweils auf einen Zugang für Menschen mit verschiedenen Beeinträchtigungsformen hingewiesen werden soll, wird im Piktogramm lediglich schematisch ein Rollstuhl inklusive Nutzer*in gezeigt (womit ironischerweise noch nicht mal eine Beeinträchtigung selbst zu sehen ist, sondern ein Hilfsmittel). Dadurch repräsentiert das Symbol für Zugänglichkeit visuell nur eine ganz bestimmte Beeinträchtigung: Gehbeeinträchtigung. Ben-Moshe und Powell (2007, S. 497) sprechen daher auch von der »Totalität« des ISAs: »Not only does the ISA represent disability and designate spaces where it can exist, it also defines the very boundaries of physical otherness« (ebd., S. 494). Auch Marusek und Fritsch merken an, dass durch diese Symbolik in der öffentlichen Wahrnehmung alle anderen behinderten Menschen von diesem Status ausgenommen sind: Als »richtig behindert« und damit berechtigt, barrierefreie Angebote wie Behindertenparkplätze oder barrierefreie Eingänge zu nutzen, gilt man erst mit einem Rollstuhl (Fritsch, 2013). Das ISA habe dadurch disziplinierendes Potenzial: Behinderte Personen ohne Rollstuhl geraten unter Zugzwang, ihre Ansprüche auf Zugänglichkeit legitimieren zu müssen (Marusek, 2005).
Als Symbol für Behinderung ist die Wahrnehmung des Rollstuhls eingebettet in Diskurse, die Behinderung vielfach mit Differenz, Leid und Abhängigkeit gleichsetzen (z. B. Cloerkes, 1997; Davis, 1995; Siebers, 2017; Garland Thomson, 1997; Rommelspacher, 1999; Waldschmidt, 2012; Wendell, 1996). Behinderung wird nicht immer negativ bewertet (Gill, 2001), kann – im Fall von Rollstuhlfahrer*innen deutlich sichtbar durch das Hilfsmittel – jedoch zum »master status« werden, der alle anderen Merkmale dominiert (Brusten & Hohmeier, 1975). Auf diese Weise wird behinderten Menschen vielfach Schwäche und Inkompetenz zugeschrieben, ein Unvermögen, selbstbestimmt zu handeln und zu denken, sie werden als hilflos und abhängig wahrgenommen, teilweise als asexuell (Barnes, 1985; Klee, 1987; Köbsell, 2010; Morris, 1991; Murphy, 1990; Shapiro, 1993). Generell wird oft unterstellt, behinderte Menschen seien anders als Nichtbehinderte – und dass dieses Anderssein in ihrer Beeinträchtigung begründet liegt (Furnham & Thompson, 1994; Wendell, 1996). Diese Naturalisierung und Individualisierung von Differenz als normabweichend ist grundlegend für moderne Diskurse der Behinderung (Waldschmidt, 2008).
Mit einer besonderen Zuspitzung auf Rollstuhlfahrer*innen bzw. Gehbehinderte werden diese Diskurse nur selten untersucht (Furnham & Thompson, 1994). Im Folgenden möchte ich kursorisch einige der wenigen Befunde nennen. Der Rollstuhl gilt als Zeichen von Schwäche und Verletzlichkeit (Lüke, 2006; Poore, 1998). Rollstuhlfahrer*innen erleben zuweilen eine Behandlung, als seien sie kognitiv und sozial eingeschränkt und keine handlungsfähigen Subjekte (z. B. Cooper, 1998; Gill, 2001; Mairs, 1990; Murphy, 1987; Sapey et al., 2005; Wright, 1983). Es kommt vor, dass über ihren Kopf hinweg gesprochen wird, meist mit der Begleitperson, die als stellvertretend verantwortliche*r »Betreuer*in« wahrgenommen wird (Cooper, 1998). Vielfach erleben sie sich entweder als hyper-sichtbar oder als unsichtbar (Mairs, 1990; Murphy, 1987), manchmal behandelt wie ein unbeseelter Gegenstand – was Phillips (1988) in ihrem Aufsatztitel »Damaged Goods« auf den Punkt bringt. Als Adressat*innen von privaten Fragen (z. B. nach dem Grund der Rollstuhlnutzung), körperlichen Berührungen (z. B. unangekündigtes Helfen) und manchmal als Objekt des Anstarrens sehen sie sich vermehrten Invasionen ihrer Privatsphäre ausgesetzt (Gill, 2001; Olkin, 1999). Cahill und Eggleston (1994) erforschten die »emotionale Arbeit«, die Rollstuhlfahrer*innen aufbringen müssen, wenn sie sich in der Öffentlichkeit bewegen. Im Anschluss an Goffman (1967) zeigen sie Dilemmata auf, in denen sich Rollstuhlfahrer*innen befinden, beispielsweise entweder als »Nicht-Person« oder als sehr öffentliche Person behandelt zu werden: »Like children, wheelchair users are alternately treated like ›open persons‹ […] and subjected to ›non-person-treatment‹ in public places« (Cahill & Eggleston, 1994, S. 304). Rollstuhlfahrende nutzten Strategien wie Humor, Takt, Dankbarkeit und Höflichkeit gegenüber grenzüberschreitenden, ungewünschten Hilfsleistungen und intimen Fragen, um Akzeptanz und Sympathien in oft von Abhängigkeit gekennzeichneten Situationen zu erhalten.
Die Gleichsetzung des Rollstuhls mit einem schweren, leidvollen Leben ist in der gesellschaftlichen Wahrnehmung so durchgesetzt, dass offensichtlich nicht-leidende Rollstuhlfahrer*innen immer wieder Erstaunen und Beifall ernten, oft für Alltägliches. Sie werden dafür gelobt, »sich nicht unterkriegen zu lassen« und ihre Ziele »trotz« Rollstuhl und »vorbildlich« zu erreichen (Murphy, 1987; Young, 2012). Besonders große Begeisterung für ihre Vitalität und Leistungsfähigkeit ernten vor allem Rollstuhlsportler*innen, insbesondere Paralympics-Athlet*innen, sowie beruflich erfolgreiche Rollstuhlfahrer*innen – in der US-Behindertenbewegung auch »supercrips« genannt (Hockenberry, 1995; Shapiro, 1993).
Subjektive Konstruktionen und Rekonstruktionen von Behinderung und Nichtbehinderung sowie Bedeutungszuschreibungen zu Rollstühlen können mit quantitativen Verfahren nur unzureichend abgebildet werden. Für eine vertiefte Ergründung dieser Prozesse zeigten sich in den im vorherigen Kapitel genannten Studien qualitative Methoden als geeignet. Von ihnen hält das problemzentrierte Interview (Witzel, 2000) als halbstandardisierte Befragungsmethode am besten das Gleichgewicht zwischen einer narrativen Öffnung des Themenfeldes und der Fokussierung auf die Fragestellung. Das »induktiv-deduktive Wechselverhältnis« (Witzel, 2000, Abschnitt 2) ermöglicht es, dem Wissen der Befragten Raum zu geben und dabei die Subjektivität der Interviewerin (ebenfalls Rollstuhlfahrerin) reflektiert einzubeziehen (Charmaz, 2014).
Das Sample besteht derzeit aus sieben Personen im mittleren Lebensalter mit Gehbeeinträchtigungen, die entweder einen Rollstuhl bereits ständig oder teilweise nutzen, oder vor der Frage stehen, ob sie einen Rollstuhl zukünftig nutzen wollen. Eine befragte Person befindet sich bereits im hohen Lebensalter. Vier der Befragten sind Männer, drei sind Frauen. Zwei der Befragten sind chronisch an Multipler Sklerose erkrankt, zwei weitere an anderen, zum Teil altersbedingten chronischen Beeinträchtigungen. Drei sind von Geburt an beeinträchtigt und erfahren derzeit durch Alterungsprozesse zunehmende Einschränkungen. Behinderte Menschen, bei denen der Rollstuhl immer schon »alternativlos« war (z. B. durch einen Unfall querschnittsgelähmte Menschen) sind bewusst nicht Teil des Samples, denn von besonderem Interesse ist hier der längerfristige Entscheidungs- und Annäherungsprozess an den Rollstuhl. Die Befragten leben in verschiedenen Regionen Deutschlands, im groß- und kleinstädtischen Raum und verfügen über ein mittleres bis hohes Bildungsniveau. Keiner der Befragten hat einen Migrationshintergrund. In Anlehnung an das Konzept des theoretischen Samplings wird beabsichtigt, weitere Interviews zu führen, bis eine theoretische Sättigung erreicht ist (Glaser & Strauss, 1998): Befragt werden sollen noch Personen mit Migrationshintergrund sowie Personen im Seniorenalter, die erst spät in ihrem Leben mit der Beeinträchtigung konfrontiert worden sind. Der Feldzugang erfolgte bisher über private und berufliche Netzwerke der Autorin.
Begonnen werden die Interviews mit einer offenen, Narrationen generierenden Einleitungsfrage: »Sie nutzen einen Rollstuhl. Wie kam es dazu?« Oder aber: »Sie haben eine Gehbehinderung. Wenn Ihnen jemand empfiehlt, einen Rollstuhl zu nutzen, wie denken Sie darüber?« Konkreter wird dann z. B. nach Situationskontexten gefragt. Dies dient zur Anregung von Erzählungen aus der alltäglichen Erlebniswelt mit dem Rollstuhl und der Gehbehinderung und stellt im Fall von Rollstuhlnutzer*innen einen Vergleich zum früheren Alltagserleben ohne Rollstuhl her. Eine wichtige Perspektive bildet außerdem der Blick auf (frühere) Einstellungen zu Rollstühlen. Witzel beschreibt dies als Wechsel zwischen erzählungsgenerierenden und verständnisgenerierenden Fragen (2000, Abschnitt 4a und 4b). Darüber hinaus wurden »Ad-hoc-Fragen« und einige situativ entstehende Nachfragen gestellt, sogenannte »allgemeine Sondierungen« (ebd., Abschnitt 4a).
Grundlage der Auswertung der Interviews sind vollständige Transkriptionen der mittels eines digitalen Aufnahmegeräts aufgezeichneten Interviews. Markierungen mit Stichwörtern sind Grundlage für den Aufbau eines Codierrasters, in dem die Codes als Schlagwörter fungieren. Begleitend zum Interview- und Auswertungsprozess werden (reflexive) Memos erstellt. Witzel folgend werden in Anlehnung an Glaser und Strauss (1998) außerdem inhaltliche Auffälligkeiten mit »In-vivo-codes« – etwa alltagsnahen Begriffen – verbunden. Angelehnt an die Grounded-Theory-Methodologie wird zur Theoriegenerierung eine offene Kodierung des Materials sowie eine darauf aufbauende axiale und selektive Kodierung vorgenommen (Strauss & Corbin, 1996). Bislang ist eine erste Durchsicht und Gesamtschau der Interviews erfolgt, außerdem die offene Kodierung erster Interviews. Eine dann angefertigte Falldarstellung oder biografische Chronologie wird im nächsten Schritt in einem Dossier bzw. einer Fallbewertung kommentiert (Witzel, 2000, Abschnitt 5). Dabei sollen auch zentrale Themen und Typologien und ein kontrastierender Fallvergleich erarbeitet werden.
Eine vollständige Auswertung der Interviews liegt zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Artikels noch nicht vor. Dennoch erscheinen erste Themenschwerpunkte, wiederkehrende Muster und Strukturen im Prozess der Bedeutungszuschreibung zur Rollstuhlnutzung. Im Folgenden möchte ich fallübergreifend und aufbauend auf prägnanten, anonymisierten Interviewpassagen fünf Beobachtungen präsentieren.
Einige Interviewpartner*innen betonen, dass sie »immer sportlich« waren und alternativ zum Rollstuhl lieber »weiter trainieren« wollten. Hilfsmittel werden als etwas wahrgenommen, gegen das man »kämpfen« muss. So erzählt Andrea W., Anfang 50, vom Beginn ihrer MS-Erkrankung mit Mitte 20: »Ich hatte einfach nur Vorurteile über diese Krankheit. Rollstuhl war klar. […] Ich hab’ auch gedacht, das kann alles gar nicht sein. So gut wie ich- so sportlich, wie ich auch immer gewesen bin früher, kann doch gar nicht sein.« Sport assoziiert sie mit Aktivität und Lebendigkeit, und beides sah sie durch die Behinderung gefährdet:
»Ich bin auch immer unendlich weit Fahrrad gefahren und so weiter und, ähm, gewandert und auf Berge gestiegen und alles. Und ich war auch sehr aktiv. Und, ähm, ja. Ich wollte das Leben so nicht aufgeben. Also dieses wilde Leben (lacht).«
Später, als sie zunehmend Probleme mit dem Laufen hatte, rieten Menschen in ihrem Umfeld zu Hilfsmitteln. »Und dann habe ich mich auch durchgekämpft, tapfer, Jahr für Jahr. […] Ich sag’ nein, ich will das nicht, ich will trainieren, ich will trainieren.« Unumkehrbar sei der Schritt in den Rollstuhl – das dachte sie lange Zeit, unter anderem durch Hinweise eines Mitpatienten in einer Rehaklinik: »Wenn du erst im Rollstuhl- irgendwer hatte auch mal zu mir gesagt, in den vielen Reha-Kliniken oder so: Wenn du da erst drinsitzt, da stehst du nicht wieder auf. Und da hab’ ich gedacht: Nein, dann sitz’ ich da erstmal nicht drin (lacht).«
Ähnliches berichtet in der Rückschau Peter M., der durch eine chronische Nierenerkrankung und einen Hüftbruch zeitweise einen Rollstuhl nutzt. Die ersten Begegnungen mit dem Rollstuhl fanden im Krankenhaus nach einer OP statt. Damals wollte er »als Kämpfer« den Rollstuhl schnell wieder loswerden, um sich und anderen zu zeigen, dass es ihm besser geht. Auch später, als er längst einen Rollstuhl beantragt und bewilligt bekommen hatte, weckte dieser negative Impulse in ihm: »Genau das- ähm, ich will ja auch niemandem zur Last fallen, ähm, im Sinne von: So, jetzt setze ich mich mal da rein und dann macht mal, bitte schön.«
Niemandem zur Last fallen möchte auch Anton S. – Anfang 80 und durch Arthritis inzwischen stark gehbeeinträchtigt. Sein Umfeld rät ihm zum Rollstuhl oder zumindest zu einem Rollator. Anton S. steht Hilfsmitteln nicht ablehnend gegenüber; er bewundert, was heute technisch alles möglich ist. Aber das betreffe ihn alles nicht – er könne ja noch laufen und möchte sich diese Beweglichkeit und Lebendigkeit, wie er sagt, gerne erhalten: »[…] gegenüber meiner jetzigen […] Situation, dann würde ich ja, äh, Wege, die ich jetzt zu Fuß gehe, vielleicht etwas mühsam, aber doch gehe, die würde ich dann mit dem Rollstuhl fahren. […] Das- und das heißt, ich würde also, äh, praktisch bettlägerig.« Auf Nachfrage, was er mit Bettlägerigkeit meint, sagt Anton S.: »Ja, weil, weil ich im Rollstuhl halt erliege irgendwie. […] Ich, ich wäre doch in [.] in weiterem Maße [.] passiv.« Anton S. empfindet sich bereits jetzt als Belastung für seine Familie. Die Vorstellung, einen Rollstuhl zu nutzen, würde dies verstärken:
»Wenn man, wenn man das gan- (hustet) das ganze Leben lang für andere, äh, eine Hilfe war und dann selber zu ’ner Belastung wird, das tut weh.« Ein Hilfsmittel wie ein Rollstuhl würde dies auch nach außen zeigen: »[…] dass jemand (hustet) damit offeriert, anzeigt, dass er nicht, [.] nicht mehr komplett [.] für sich sorgen kann.«
Auch für Gabriele P., Mitte 40, Mitarbeiterin einer NGO im Umweltbereich und sporadische Rollstuhlnutzerin, erinnert sich, dass sie den Rollstuhl früher als abträglich für ihre Außendarstellung und ihre Attraktivität empfand. Obwohl sie durch eine angeborene Dysmelie ein verkürztes Bein hat und Prothesenträgerin ist, wäre ein Rollstuhl im Kindes- und Jugendalter und auch als junge Erwachsene unvorstellbar für sie gewesen, auch wenn das Laufen oft sehr mühsam war. »Einfach […] ich hab’ immer gesagt: Damit, damit, dann sehe ich echt behindert aus.«
Dass der Rollstuhl anzeigt, eine »richtige Behinderung« zu haben und es sich obendrein noch »bequem« zu machen, das glaubten auch die Eltern von Katharina D., die ebenfalls mit einer angeborenen Gehbeeinträchtigung lebt. Wegen einer Fehlbildung der Wirbelsäule und verkürzten Beinen kann Katharina D. nur mit einer speziellen Orthese laufen, in der sie bis zum Oberkörper eingeschnürt ist. »Also, ich, ich glaube schon, dass Rollstuhl so’n Stückchen weit auch zum damaligen Zeitpunkt ein Synonym für Versagen war«, sagt sie. Ihre Eltern und sie hatten Angst, dass sie so wird wie ein ihr bekanntes Mädchen mit derselben Behinderung, die »ab dem 12. Lebensjahr nur noch im Bett« lag.
Dem elterlichen Wunsch nach Normalisierung zu entsprechen, das war auch Alex S.’ Motivation, im Jugendalter den Rollstuhl zu vermeiden. Er erzählt von einer Zeit, in der er nach einer Operation einen Rollstuhl nutzen musste. »Und wenn ich mit meinem Vater unterwegs war, dann [.] musste er irgendwie ständig den Leuten erzählen, dass ich normalerweise nicht im Rollstuhl sitze. Das war dem immer ganz wichtig so: Der läuft normalerweise.«
Der Rollstuhl bedeutet für einige Interviewpartner*innen vor allem vor oder zu Anfang einer Erstversorgung »das Ende« von Leben und Lebendigkeit, von Aktivität und Autonomie. Er steht sinnbildlich für das Ende einer Abwärtsspirale, für das gesundheitliche und funktionelle Scheitern und einen verlorenen Kampf. Das »Scheitern« scheint endgültig und unumkehrbar zu sein, und dies erhöht die Schwelle, den Rollstuhl zu nutzen und zu akzeptieren. Er steht stellvertretend für ein Bild von Behinderung, das assoziativ mit Bequemlichkeit, Passivität, Abhängigkeit von anderen, sozialer Wertlosigkeit und Anormalität verknüpft ist.
Andrea W. hat sich nur langsam an die Nutzung des Rollstuhls herangetastet. Sie hat ihn auf eigene Initiative besorgt, hat ihn dann aber erstmal einige Jahre beiseitegestellt, weil sie ihn nicht allein ins Auto heben konnte. Viele Jahre verließ sie kaum das Haus, auch nicht, als sie einen Rollator nutzte. Mit dem kam sie nur kurze Strecken voran und stürzte mehrfach. Erst ein Umzug vom Land in die nächstgelegene größere Stadt und die Ermunterung einer Physiotherapeutin halfen ihr, den Rollstuhl öfter auszuprobieren. Dies wandelte ihre Sicht deutlich, sie empfindet ihn heute als Erleichterung. Auf die Frage, warum sie den Rollstuhl erst so spät nutzte, sagt sie: »Weil ich mich noch selber bewegen wollte. Ich hatte irgendwie- genau, jetzt haben wir’s. Das geht irgendwie auch ein bisschen einher mit die Selbstständigkeit verlieren. So fühlte sich das für mich an. Es ist inzwischen eher umgekehrt. Aber das konnte ich ja nicht wissen. Weil, ich bin viel selbstständiger durch den Rollstuhl inzwischen.«
Dass der Rollstuhl ihnen größere Mobilität, Aktivität und auch Freiheit verschafft und ihren Aktionsradius erweitert, sagen alle Interviewpartner*innen – bis auf Anton S., der keinen Rollstuhl nutzt. Zwei der Interviewten berichten, dass sie von Anfang an ein positives Verhältnis zum Rollstuhl hatten. Einer der beiden, Alex S., Mitte 30, ist durch Spina Bifida gehbeeinträchtigt. Er ist früher ausschließlich gelaufen, tut dies auch immer noch hin und wieder an Krücken. Aus praktischen Gründen hat er sich für den Rollstuhl entschieden. Er war mit den Krücken immer langsamer als seine Partnerin, die dauerhaft einen E-Rollstuhl nutzt. Alex S. ist in der DDR aufgewachsen und hat – wie jedes körperbehinderte Kind in der DDR – ausschließlich Sonderschulen besucht. Behinderung und behinderte Menschen waren für ihn immer alltäglich.
»Nee, nee. […] Vermissen tu ich’s nicht [das Laufen; R. M.]. Also […] ich merke einfach, wenn ich – wenn ich mit dem Rollstuhl, äh, unterwegs bin und da [.] keine Barrieren groß habe und da [.] nutze ich den auch sehr gerne. Äh […] deswegen find’ ich’s natürlich auch immer, immer schade, wenn so Leute von außen irgendwie dann immer so denken: Oh Gott, der sitzt im Rollstuhl und das ist ja alles ganz schlimm und so. Aber Rollstuhl ist ja wirklich mehr ein Freiheitsding, so. Also [.] ohne Rollstuhl könnte ich bestimmte Strecken einfach nicht so zurücklegen.«
Gabriele P. beschreibt, wie wichtig das »Laufen-Können« als Quelle der Anerkennung in ihrer Jugend war – und dass der Rollstuhl diese Anerkennung infrage gestellt hätte. Den Prozess, der sie zu einer unabhängigen Entscheidung für die heutige (zeitweilige) Rollstuhlnutzung und damit zu einer Sichtbarkeit ihrer Behinderung geführt hat, benennt sie als »Arbeit«:
»Während in meiner ganzen Kindheit und Jugend das immer eine große Rolle gespielt hat, dass ich so gut laufe, das ist ja- dass ich ja- dass man eben mir nicht ansieht, dass ich eine Behinderung habe. Sprich, das Ziel der Erziehung, sowohl von meinen Eltern als auch von der Klinik und den Ärztinnen und Ärzten her war ja dieses von wegen mich möglichst dahin zu bekommen, dass es nicht zu sehen ist, dass ich ’ne Behinderung habe. Und entsprechend, äh, dann irgendwann da hinzukommen, dass ich sage: Nee, das ist aber vielleicht – ich brauche für manche Situationen wirklich auch eher den Rolli oder ich schränke mich total ein, wenn ich ihn nicht nutze. Und dann aber ja auf den ersten Blick als Behinderte, äh, gesehen werde, das war erstmal auch Arbeit für mich.«
Etwas später im Gespräch ergänzt sie: »Halt – hätte ich das schon vorher mal – hättet ihr mir das früher schon mal gesagt (lacht), dass das so viel leichter ist und ich so viele Dinge damit machen kann, die ich ansonsten nicht getan hätte.«
Viele Bedeutungszuschreibungen von langjährigen Nutzer*innen stehen denen von beginnenden Nutzer*innen und Nicht-Nutzer*innen diametral gegenüber. Nur wenn der Rollstuhl selbst genutzt und erlebt wird, wandelt sich seine Bedeutung. Der Prozess des Bedeutungswandels wird als mühevoll (»Arbeit«) erlebt. Einen Einfluss auf den Bedeutungswandel haben der Alltagsnutzen des Rollstuhls und die Dauer seiner Nutzung, außerdem der Grad der Vertrautheit mit Rollstühlen schon vor der eigenen Rollstuhlnutzung.
Andrea W. beschreibt im Interview, welchen konkreten Nutzen der Rollstuhl für sie im Alltag hat: »Und dann habe ich aber schnell festgestellt, dass ich beide Hände frei habe und dass ich meinen Haushalt viel schneller erledigen kann als mit Rollator. Und, äh, dass ich ja auch viel weitere Wege fahren kann.« Zusätzlich zum größeren Aktionsradius sagen einige Interviewpartner*innen, dass der Rollstuhl ihnen Sicherheit gibt und die Angst vor Stürzen nimmt.
Über den Alltagsnutzen hinaus hat der Rollstuhl aber oft noch zusätzliche Bedeutungen. Peter M. nennt mehrere von ihnen gleich zu Beginn des Interviews: »Und äh, bin mit ihm so erstmal als Hilfsmittel, aber auch als Freund als auch als Statussymbol bin ich mit ihm zufrieden, ja.« Besonders die »Carbonoptik« macht den Rollstuhl »vorzeigbar«, sagt Peter M., der seinen Rollstuhl gerne pflegt und putzt.
Auch Martin G. ist angetan von den technischen Feinheiten seines Rollstuhls. Früher bastelte er oft an seinem Fahrrad, heute an seinem Rollstuhl.
»Und [.] hab’ da einfach gemerkt, wie – wie- hilfreich der Rollstuhl ist. Wie einfach der zu benutzen ist, wie, ja, wie viel Spaß das auch macht. Also so zum ersten Mal Rollstuhl fahren, kann man vergleichen wie mit ein neues Mountainbike kriegen oder so. Und dann […] was kann man damit machen, wie kann ich damit Bordsteinkanten hochfahren, oder runter, und was geht, was geht nicht? Und das auszuprobieren, das war ein Spaß am Anfang.«
Für Gabriele P. hat die Symbolkraft des Rollstuhls auch eine politische Funktion. Sie nutzt ihn beispielsweise auf Demos und behindertenpolitischen Veranstaltungen.
»Oder ich manchmal auch bei so Empfängen, ähm, äh, zum Beispiel von (unverständlich), dann auch manchmal denke: Ja, da kriegen Menschen im Rollstuhl echt gleich nochmal ’ne andere Aufmerksamkeit. Die merkt man sich dann. […] Also eigentlich alles eher, eher Gründe, warum ich ja ganz, ähm [.] warum ich eher früher, also noch so in jungen Jahren, Anfang meines Studiums oder, oder noch früher, das eher negiert hätte, überhaupt einen Rolli- mich in ’nen Rolli zu setzen, ne, durch diese Sichtbarkeit. Das hat sich echt gewandelt.«
Meistens nutzt Gabriele P. den Rollstuhl allerdings aus pragmatischen Gründen, z. B. im Museum oder bei Konzerten, um nicht so lange stehen zu müssen, außerdem bei längeren Laufstrecken. Diese flexible Nutzung des Rollstuhls, je nach Situation und Tagesform, findet sich auch bei Peter M. und bei Katharina D. Sowohl Peter M. als auch Gabriele P. sprechen unisono von ihrem »rollenden Stuhl« – ein Stuhl, den sie mitnehmen können, um sich zwischendurch auszuruhen. Dazu sagt Peter M.:
»Aber andererseits ist es dann auch so, dass ich ihn wie einen Rollator benutze, ne, also, um dieses- den Gang zu stabilisieren. Und manchmal reicht ja schon tatsächlich nur der eine Finger, den ich auf den Griff – und dass ich da nebenhergehen kann, ist für mich die Sicherheit, dass der Körper ausgependelt ist. […] Und, ähm, ich bringe meinen eigenen Stuhl immer mit.«
Gabriele P. beschreibt ihren Wunsch, dass eine solche Nutzung viel alltäglicher und verbreiteter sein sollte:
»als […] flexibles Fortbewegungsmittel, in das sich eigentlich auch wirklich alle mal reinsetzen können, weil ich meine, es gibt, gibt viele Menschen, für die es echt auch komfortabel wäre. Und so für mich, entweder, weil sie ’ne- weil sie tatsächlich ’ne Behinderung haben oder [.] ähm, aus welchen Gründen auch immer. Weil sie gerade keine Kraft haben oder keine Energie oder was nicht machen könnten und sagen: Oh nee, ich schaff’ das jetzt nicht irgendwie, da noch hinzulaufen. Und ähm, für die dann echt ein Rolli echt ’ne komfortable Situation wäre. Aber das ist überhaupt nicht verankert gesellschaftlich.«
Der Rollstuhl erfüllt vor allem für langjährige Nutzer*innen verschiedene Funktionen auf Basis von sehr individuellen Bedürfnissen und situativen Bedingungen. Die Nutzung des Rollstuhls erfolgt oft temporär und nicht immer den ganzen Tag hindurch. Darüber hinaus schreiben die Nutzer*innen ihm positive Bedeutungen zu, die über die eines bloßen Hilfsmittels hinausgehen.
Der Rollstuhl macht eine teilweise unsichtbare Behinderung erst sichtbar und wirkt als Markierung für die soziale Identität »behindert«. Dieser (nach Goffman, 1967) Übergang von der »diskreditierbaren« zur »diskreditierten Person« kommt einem »Outing« gleich: »[…] offensichtlich […] behindert. Offensichtlich mehr als mit dem Gehstock«, wie Martin G. es bezeichnet. Peter M. sagt über seine erste Rollstuhlbenutzung: Als
»ich das erste Mal ihn auf der Straße dann ausprobierte, hatte ich so ein total mulmiges Gefühl, so: Oah, jetzt guckt jeder zu. Aber irgendwie auch so ein, so’n, so’n so Stolz, so dieses: So, ich oute mich jetzt. Also, ich hab’ jetzt praktisch so um das so, so’n bisschen zu beschreiben für mich auch, ähm, war so, ich hab’ jetzt endlich mal das Schild dran gemacht praktisch, ich bin nämlich gehbehindert.«
Diese Vereindeutigung ihrer sozialen Identität – bei Goffman (1967, S. 10) die von anderen zugeschriebene Identität – scheint sich allerdings nicht auf die Ich-Identität (etwa das Selbstbild einer Person; ebd., S. 132) auszuwirken. Unisono verstehen sich die Interviewpartner*innen nicht »als Rollstuhlfahrer*innen«, sondern als Personen, denen der Rollstuhl im Alltag hilft. Der Rollstuhl wird bei den meisten auch nicht als Verlängerung des Körpers wahrgenommen, die man vermisst, wenn sie mal nicht da ist – der internetaffine Peter M. beispielsweise fände es schlimmer, das Handy zu verlieren, als den Rollstuhl irgendwo stehen zu lassen. Die Identität »behindert« schreiben sich die meisten jedoch schon zu. Einstieg in diese Selbstdefinition war für viele Interviewten die Beantragung des Behindertenausweises. Denn: Sozial dient der Rollstuhl als »Platzhalter« für die Kategorie »behindert«. Ihre Grenzen werden überschritten, sobald der Rollstuhl verlassen wird. Sichtbar wird dies an der Irritation, wenn Gabriele P. zwischendurch aus dem Rollstuhl aufsteht. Mit der Bedeutung, ein »flexibles Fortbewegungsmittel« zu sein, so wie es sich Gabriele P. wünscht, scheint der Rollstuhl tatsächlich von Außenstehenden nicht assoziiert zu werden.
»Wo die Leute wirklich gucken oder zum Teil dann auch echt zickig reagieren, ist, wenn ich dann aufstehe. […] Das muss ich tatsächlich nach, ähm, nach meiner psychischen Verfassung machen, weil ich dann eher Negativ-Kritik krieg. […] Und dann aber weiter nicht dran denke und irgendwie irgendwo drankommen muss und zwischendurch mal aufstehe. Dann auch mal ’nen blöden Kommentar von den, von, äh, von, von dem Bahnfahrer irgendwie bekommen hab’ nach dem Motto, ähm: Sag mal, ähm, ver- vergackeiern kann ich mich auch selber oder so, ne.«
Auch Peter M. hat solche Erfahrungen gemacht, wenn er seinen Rollstuhl verlässt und ihn selbst schiebt. Er vermutet, dass Außenstehende bei Rollstuhlfahrer*innen grundsätzlich eine Querschnittslähmung annehmen, und dass die Tatsache, dass er seine Beine bewegen kann, für viele sehr überraschend ist. Er berichtet von einer Situation, in der er den Rollstuhl eine Steigung hinaufschob, weil das für ihn kräftesparender war, als im Rollstuhl sitzend hinaufzufahren. Zwei ältere Damen kommentierten dies mit: »Da hat einer seinen Kranken verloren.« Auch in anderen Situationen wird ihm, als Schiebender eines Rollstuhls, die Rolle des »gesunden Pflegers« zugeschrieben, der auf keinen Fall selbst Rollstuhlnutzer sein kann.
»Ähm, aber grundsätzlich, wenn ich mit dem Rolli im Supermarkt unterwegs bin, ist wie Moses mit dem Meer, also, es wird Platz gemacht. Was mir dann, ähm, als Fußgänger nicht passiert, weil man es mir einfach nicht ansieht. […] Und in dem Moment, wo ich das Ding nur schiebe, äh, ist es so – d- dieser Kinderwageneffekt ist noch nicht mal da, wo viele Menschen auch – oh, da ist eine Frau mit Kinderwagen, da müssen wir Platz machen, sondern einfach dieses: Naja, das ist sogar einer, der hilft dem, ne. Dem, den er jetzt gerade nicht dabeihat. Der braucht gar keinen besonderen Vorrang als solches, ne.«
Den Effekt der zweigeteilten sozialen Wahrnehmung – als Gehender gesund und stark, im Rollstuhl hinfällig und krank – zeigen auch bekannte Personen der Interviewten. Gabriele P. berichtet von einem zufälligen Treffen ihrer Nachbar*innen auf einem Stadtfest. Anders als sonst saß sie dabei im Rollstuhl.
»Und das erste Mal entweder sowas ist wie Erschrecken, so nach dem Motto: Oh Gott, ist dir was passiert? […] Und aber das, was man schon merkt, ist irgendwie völlige, völlige Irritation. Dann so einen kurzen Moment: Ist das noch die Gleiche? Also, können wir denn jetzt genau so mit der irgendwie umgehen oder nicht?«
Ob er noch »der Gleiche« ist, fragte sich auch eine Frau, die Peter M. auf einer Feier kennengelernt und mit der er sich lange unterhalten hatte. Einen Moment später, nach der Verabschiedung, traf er die Frau auf der Straße wieder – anders als zuvor nicht im Rollstuhl, sondern stehend. Er hatte den Rollstuhl bereits ins Auto geladen.
»Ich ging um’s Auto rum. […] Gehe als Gehender ohne Rollstuhl. Und sie kommt praktisch von der anderen Seite dieses großen Gebäudes, kommt so auch – [.] sieht mich, guckt mich an und ich sag’ noch: Ach, hier, guck, so trifft man sich wieder. Tschüss dann nochmal. Und ich sehe in ihren Augen – […] Wer ist das? Wer ist das? Ne. Also, es war wirklich so interessant und sie aber auch – wir haben uns dann nochmal darüber unterhalten, sie so: Ich hab’ das in dem Moment überhaupt nicht wahrgenommen, dass du das bist. Und nicht wegen der Sonneneinstrahlung, sondern da war ein ganz anderer Mensch. Ne, also, warum spricht der mich jetzt an?«
Andrea W. erlebte eine ähnliche Situation auf dem Fußballplatz ihres Sohnes, wo sie – normalerweise stehend, mit dem Rollator – schon oft zusammen mit den anderen Eltern das Spiel angeschaut hatte. Eines Tages tauchte sie im Rollstuhl auf. Einige Eltern grüßten sie nicht mehr, andere kamen ihr völlig schockiert vor.
Der Rollstuhl erscheint als äußerst signifikantes Symbol, das die soziale Identität dominiert. Die Ich-Identität verändert sich durch ihn nicht zwangsläufig. Die Sichtbarkeit der Behinderung durch die Nutzung des Rollstuhls wird von Interviewpartner*innen wie ein »Outing« empfunden. Die Benutzung des Rollstuhls scheint gesellschaftlich polarisiert wahrgenommen zu werden: Sitzt man in ihm, ist dies Ausdruck einer Beeinträchtigung oder deren Zunahme. Schiebt man den Rollstuhl, ist das ein Zeichen von Gesundheit und Normalität.
Die mit dem Rollstuhl verknüpften Assoziationen wurden allen Interviewpartner*innen in der Öffentlichkeit unmittelbar deutlich, wenn auch in unterschiedlichen Ausprägungen. Während Gabriele P. sagt, dass sie kaum negative Reaktionen auf sie als Rollstuhlfahrerin erlebt (bis auf die Situationen, in denen sie aus dem Rollstuhl aussteigt) und auch Andrea W. von viel positivem Feedback und Hilfsbereitschaft erzählt, fällt beispielsweise Katharina D. ein deutlicher Unterschied auf zu den Situationen, in denen sie mit ihrer Orthese steht und läuft. Sie hat den Eindruck, in Einzelfällen im Rollstuhl nicht ernst genommen und wie ein Kind behandelt zu werden. Auch Andrea W. beschreibt, dass sie sich im Rollstuhl manchmal nicht mehr wie eine erwachsene Person behandelt fühlt: »War- man ist nicht mehr auf Augenhöhe mit den Menschen. Das kennst du ja bestimmt auch. Ich gucke immer hoch wie ein Kind.« Sie erzählt von einer Situation auf einem Markt.
»Und ich bin mit S., mit einer Freundin unterwegs gewesen und S. hat dann so von oben mit der Frau gesprochen und ich wollte aber die Schüssel kaufen. Und dann hab’ ich was gefragt und dann hat sie wieder S. geantwortet. Und äh, S. hat, S. hat das dann gesagt, dann sagt sie, ja ich sag’ jetzt einfach mal gar nichts. Und dann ging das auch. Aber, ähm [.] man ist immer – nicht immer, man darf das nicht so pauschalisieren. Aber es passiert leicht, dass sie erstmal mit dem Gesunden sprechen. Weil sie – weil sie einfach auch nicht wissen, wie sie mit einem umgehen können oder sollen […].«
Peter M. fällt auf, dass er, sobald er den Rollstuhl benutzt, viel öfter ungewollten Hilfsleistungen ausgesetzt ist. »Und ähm, ist es eigentlich tagtäglich, dass mich jemand anfasst und mich ungefragt irgendwie reinschiebt oder an die Seite schiebt.« Das »Image« des Hilflosen fällt auch Martin G. auf. Als er noch mit seinem Gehstock unterwegs war, bekam er deutlich weniger Hilfe als mit dem Rollstuhl – obwohl er sie zu der Zeit viel stärker gebraucht hätte:
»Ja, weil ich viel – da hatte ich die Hilfe auch gebraucht, mit dem Stock. Da wurde mir auch nicht so oft Hilfe angeboten, auch wenn ich gar keine gebraucht habe. Sondern da war das wirklich erst, wenn ich Hilfe gebraucht habe. Im Rollstuhl wird mir oft Hilfe angeboten, obwohl ich gar keine Hilfe brauche, offensichtlich keine Hilfe brauche. […] Leerer U-Bahnhof, warte auf die U-Bahn, ich steh’ da und warte halt. Und dann kommt jemand vorbei und fragt: ›Brauchst du Hilfe?‹ Wo sich bei mir als Erstes die Frage ergibt: Wobei? (Beim Warten?) Im Nachhinein denke ich, meint wahrscheinlich beim Einsteigen später. Aber, das ist ja – ›Oh, da steht ein Rollstuhlfahrer, der braucht bestimmt Hilfe.‹ […] Ja. […] Das würde mir wahrscheinlich ohne Rollstuhl nicht passieren. Das ist wahrscheinlich ein Zeichen nach außen hin: ›Oh guck mal, ein armer, schwerbehinderter Mensch.‹«
Sowohl Alex S. als auch Martin G. beschreiben Situationen, in denen sie aufmunternde Worte oder Komplimente dafür bekamen, im Rollstuhl bei einem Konzert oder bei einer Party dabei zu sein. In beiden löste es viel Verwirrung darüber aus, dass diese für sie alltäglichen Situationen für Außenstehende eine besondere Leistung darstellten. Ein*e Rollstuhlfahrer*in erscheint vielen Nichtbehinderten – in den Worten von Anton S. – als ein »armes, armes Schwein«. Treffend fasst es Martin G. zusammen: »Ein Behinderter in der Gesellschaft heißt immer, äh: abhängig sein, ist man ja auch. Aber eben auch kein vollständiges Mitglied in der Gesellschaft zu sein, kein gleichwertiger Partner zu sein. Ja, so ist das, denke ich. In der Gesellschaft.«
Die durch den Rollstuhl verstärkte Sichtbarkeit der Behinderung zieht eine Vielfalt an Reaktionen nach sich, in denen Konstruktionen von Behinderung als leidvoll, inkompetent und abhängig erscheinen. Diese erleben die Interviewpartner*innen oft als eine Verminderung ihres sozialen Status, als ein Mangel an »Augenhöhe«. Statt als handlungs- und entscheidungsfähige Subjekte fühlen sich Rollstuhlfahrer*innen oft als unmündige Objekte behandelt.
Die Auszüge aus den bisher vorliegenden Interviews bestätigen Forschungsergebnisse, die den Rollstuhl als dominantes Symbol für Behinderung und die damit verknüpften Diskurse wahrnehmen. In der Rückschau assoziierten viele Interviewte mit ihm anfangs das Ende von Autonomie, Lebendigkeit und Aktivität, die Angst, als gescheitert, hilflos, bequem oder nutzlos wahrgenommen zu werden. Seine Nutzung kommt einem »Outing« gleich: Die vorher nur latent sichtbare Beeinträchtigung wird nun zur offensichtlichen Behinderung, mit allen sozialen Konsequenzen einer »Diskreditierung«. Dadurch, dass der Rollstuhl als Markierung des Status »behindert« wirkt (in den Worten von Peter M.: »ich hab’ jetzt endlich mal das Schild dran gemacht praktisch, ich bin nämlich gehbehindert«) und gesellschaftlich oft als einzig legitimer »Ausweis« des Behindert-Seins verstanden wird, erscheint das Aufstehen aus ihm und seine flexible Nutzung (als »rollender Stuhl«, in dem nicht ständig gesessen wird) als Provokation. Trotz der zwiespältigen, zuweilen patronisierenden Reaktionen auf den Rollstuhl und seiner entwertenden diskursiven Rahmung schreiben die Interviewten ihm nahezu einhellig positive Bedeutungen zu. Er wirkt als Freiheits- und Sicherheitsbeschaffer, als »Freund« und Statussymbol.
Der offenbar mühevolle und langsame Prozess dieses Bedeutungswandels, sowie die vor allem anfängliche Angst, im Rollstuhl eine Belastung für andere zu sein, zeigt meines Erachtens zum einen die Medikalisierung des Rollstuhls, die seine Nutzung als »flexibles Fortbewegungsmittel« negiert und ihn auf den Bereich der Rehabilitation von »Kranken« reduziert. Zum anderen weist sie auf eine Rahmung durch ableistische Diskurse hin, die Autonomie und Leistungsfähigkeit verlangen und Minderwertigkeit dort konstatieren, wo ein Mangel an Fähigkeiten festgestellt wird (Campbell, 2009; Köbsell, 2015, Maskos, 2015). Der Schrecken des Rollstuhls ist nicht zu trennen von generalisierten Fähigkeitserwartungen, die eine kapitalistische, heteronormative Gesellschaft für alle bereithält – eine Form von »compulsory ablebodiedness«, eine Art »Zwangs-Nichtbehinderung«, wie McRuer (2006) es nennt. Die Abwehr von Rollstühlen, die auch bei den Interviewten beobachtbar ist, speist sich möglicherweise darüber hinaus aus einer Abwehr von Trauer über den Verlust von Fähigkeiten, die vor dem Hintergrund einer »compulsory ablebodiedness« naheliegend ist. Der Prozess des Fähigkeitsverlusts kann aus der Perspektive der Lebenslaufforschung auch als krisenhafte Statuspassage betrachtet werden (Glaser & Strauss, 2011). Da dieser Verlust – in diesem Fall des eigenständigen Gehens – bei den meisten Interviewpartner*innen nicht vollständig ist, zeigt sich bei ihnen auch kaum eine »internal acceptance« (Barker et al., 2004) bzw. keine Einverleibung des Rollstuhls (Papadimitriou, 2008). Im Anschluss an Barker et al. (2004) zeigt sich bei den Interviewten eher eine »grateful acceptance« – der Rollstuhl wird als großer Gewinn gesehen, aber er beeinflusst kaum die Ich-Identität. Statt als Erweiterung des Körpers wird der Rollstuhl in den Interviews eher als Werkzeug begriffen, das flexibel den Alltag erleichtert und den Bewegungsradius erweitert. Die flexible Nutzung des Rollstuhls trifft jedoch auf eine Form von gesellschaftlicher Disziplinierung, nach der man entweder »vollständig behindert« – und dann auch ausschließlich »im Rollstuhl« – oder »vollständig fähig« zu sein hat. Eine »dazwischen« verortete soziale Identität scheint bislang nicht akzeptiert zu sein, wozu die Repräsentation von Behinderung durch das ISA (Ben-Moshe & Powell, 2007) möglicherweise beiträgt. Dies ist einer der möglichen Gründe dafür, dass die Benutzung des Rollstuhls bei den Interviewten lange aufgeschoben und die Disziplinierung damit gegen sich selbst gekehrt wird: Wenn der Rollstuhl die »Endstation« bedeutet, aus der »man nicht mehr aufsteht«, dann braucht es einen »Kampf« dagegen. Als ein »rollender Stuhl« gesehen, der bei Bedarf unterstützt, wäre der Rollstuhl ein Werkzeug für viele – vergleichbar einem Fahrrad oder einem Kinderwagen. Aber dieser entstigmatisierte Diskurs dieses Hilfsmittels ist – in den Worten von Gabriele P. – längst noch nicht »gesellschaftlich verankert«. Stattdessen werden Rollstühle derzeit in Dienst genommen für etwas, das Mürner und Schönwiese (2005, S. 111) »Angstabwehr in der Produktion von Behinderung« nennen:
»[D]ie normalisierte und alltägliche gesellschaftliche Funktion von Behinderung [ist] darin zu sehen, Projektionsfeld für existenzielle und gesellschaftlich produzierte Ängste zu sein. An behinderten Personen können Probleme abgewehrt und abgehandelt werden, vor denen alle Angst haben: Unfall, Krankheit, Armut, Tod. Der Schrecken in der Betrachtung behinderter Personen nährt sich daraus« (ebd.).
Die Konstruktion von Nichtbehinderung scheint offenbar immer noch einen konstruierten Gegenpart, die Behinderung – verkörpert im sozial alarmierenden Hilfsmittel Rollstuhl – zu brauchen. Die vielfältigen Bedeutungen, die der Rollstuhl aktuell für die meisten Interviewten selbst hat, gehen in den dominanten Konstruktionen von Behinderung derzeit noch unter.
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Rebecca Maskos, Dipl.-Psych., ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Hochschule Bremen, Fakultät Gesellschaftswissenschaften, und schreibt ihre Dissertation im Bereich Disability Studies.
Kontakt:
Hochschule Bremen, Neustadtswall 30, 28199 Bremen, E-Mail:
rebecca.maskos@hs-bremen.de