»Kritische Psychologie mit kleinem q«

Anschlüsse zwischen subjektwissenschaftlicher Theorie und queer-feministischen Ansätzen

Lisa Malich & Tanja Vogler1

Journal für Psychologie, 26(2), 160–183

https://doi.org/10.30820/8248.09 www.journal-fuer-psychologie.de

Zusammenfassung

Durch den Fokus auf das Konzept der Bedingungs-Bedeutungs-Begründungsanalyse (BBBA) sollen Anknüpfungspunkte zwischen Kritischer Psychologie und queer-feministischen Theorien herausgearbeitet werden. Hierzu werden zunächst die jeweiligen Begriffe dieses Konzepts, das ein wichtiges Analysewerkzeug der subjektwissenschaftlichen Forschung bildet, vorgestellt, um dann Annäherungsmöglichkeiten an queer-feministische Ansätze aufzuzeigen. So bietet der Begriff der Bedingungen Anschlussmöglichkeiten an Theorien des New Materialism und der feministischen Ökonomiekritik. Der Bedeutungsbegriff soll dem für viele queer-feministische Ansätze zentralen Diskursbegriff in Anlehnung an Foucault angenähert werden. Die Begründungsanalyse wiederum bietet die Gelegenheit zu erfassen, warum Menschen, die in ähnlichen materiellen Bedingungen und gesellschaftlichen Bedeutungskonstellationen leben, sich unterschiedlich zu diesen verhalten. Hierbei dient das Beispiel von alleinerziehenden Müttern dazu, die Facetten der Bedingungs-Bedeutungs-Begründungsanalyse zu veranschaulichen. Ziel ist es, Möglichkeiten zu eröffnen, innerhalb derer das Potenzial der Kritischen Psychologie für queer-feministische Ansätze fruchtbar gemacht werden kann.

Schlüsselwörter: Kritische Psychologie, Queer Theory, Feminismus, Subjektwissenschaft, Theorie, New Materialism, Diskurstheorie

Summary
»Critical Psychology, written with a lower-case q«. Intersections between subject-scientific theories and queer-feminist approaches

This paper aims at connecting the Berlin school of Critical psychology with queer-feminist theories by focusing on the concept of the analysis of conditions-meanings-justifications (Bedingungs-Bedeutungs-Begründungsanalyse, BBBA). To this end, we will firstly exemplify basic aspects of the BBBA-concept, which forms an important analytical tool of Critical psychology. Secondly, we will present possible connecting lines to queer-feminist approaches. In so doing, we will argue that the concept of conditions offers links to feminist theories of New Materialism and critical economy. The concept of meaning contains parallels to the Foucauldian concept of discourse, which is central to many queer-feminist approaches. In turn, justification-analysis provides an opportunity to understand why subjects who live in similar material conditions and social constellations of meaning behave differently. The example of single mothers serves to illustrate the facets of the BBBA-concept and the conditions-meanings-justifications-analysis. In this way, we want to emphasize the potential of Critical psychology for queer feminist approaches.

Keywords: Critical Psychology, Queer Theory, Feminism, Subject-science, theory, New Materialism, Discourse Theory

1. Einleitung

Unser Vorhaben ist wagemutig – vielleicht ist es sogar zum Scheitern verurteilt. Denn in diesem Artikel wollen wir das Potenzial der Kritischen Psychologie für queer-feministische Ansätze aufzeigen und einige Anknüpfungspunkte zwischen beiden Theorieschulen herausstellen. Als emanzipative Wissenschaft kann die Kritische Psychologie wichtige methodische Vorgehensweisen liefern. Zudem kann ihr paralleler Fokus auf gesellschaftliche Bedingungen und auf Subjektpositionen besonders für queere und feministische Perspektiven in der Psychologie vielversprechend sein. Unser mögliches Scheitern – oder zumindest eine massive theoriebezogene Wagemutigkeit – prognostizieren wir dennoch aus zwei Gründen.

Erstens handelt es sich in beiden Fällen um komplexe konzeptionelle Felder, die in sich jeweils heterogene Ansätze und teilweise unterschiedliche Interpretationen vereinen. Diese Diversität betrifft gerade queer-feministische Perspektiven, aus denen heraus wir im Folgenden primär argumentieren wollen. Dabei verstehen wir unter der queer-feministischen Perspektive als kleinstem gemeinsamen Nenner alle diejenigen gendertheoretischen Ansätze, die gesellschaftliche Herstellungsformen von Geschlecht und Sexualität berücksichtigen, die meist an sogenannte postmoderne Theorien anschließen und die, neben der sozialen Ungleichheit zwischen Frauen* und Männern*, auch Zweigeschlechtlichkeit, Heteronormativität und weitere intersektionale Diskriminierungsformen problematisieren (z.B. Degele, 2008). Solche Ansätze fanden auch (zumindest in Maßen und meist im angloamerikanischen Raum) Eingang in psychologische Felder, die sich unter dem Begriff der queer-feministischen Psychologien zusammenfassen lassen (Sieben & Scholz, 2012). Dagegen beziehen wir uns mit Kritischer Psychologie auf die Theorie von Klaus Holzkamp (z.B. 1983) und Ute Holzkamp-Osterkamp (z.B. 1975), die hauptsächlich ab den 1960er und 1970er Jahren in Berlin auf Grundlage von marxistischen Prinzipien entwickelt wurde und unterschiedliche Rezeptionen erfahren hat (Aumann, 2003; Markard, 2009). Als Kritische Psychologie mit großem K wird sie von heterogenen kritischen Psychologien mit kleinem k abgegrenzt, die im deutschsprachigen Raum vor allem durch die Zeitschrift Psychologie und Gesellschaftskritik vorangetrieben werden (Mattes, 1998, 2017, S. 25) und besonders im englischsprachigen Kontext existieren (Teo, 2005). Wenn wir uns in diesem Text auf beide Theorieschulen beziehen, dann also im Bewusstsein, dass jeweils nur einige zentrale Punkte thematisiert werden können und dazu auch notwendige Verkürzungen beider Ansätze gehören.

Zweitens – und das ist das größere Indiz unseres Wagemuts – bestehen vielfältige Widersprüche und Inkommensurabilitäten zwischen beiden Ansätzen. Gerade aus queer-feministischer Perspektive lassen sich mehrere gewichtige Kritikpunkte an der Kritischen Psychologie formulieren. Dies betrifft beispielsweise das Fortschrittsdenken und die Orientierung am dialektischen Materialismus, die kaum mit postmodernem Widerstand gegen lineare und homogene Erzählungen in Einklang zu bringen sind. Wie Anna Sieben und Fiona Kalkstein (2015) fundiert herausgearbeitet haben, ist aber vor allem die explizite Thematisierung von Geschlecht und Sexualität problematisch: Nicht nur berücksichtige die Kritische Psychologie patriarchale Strukturen unzureichend, sondern auch Begriffe wie Fortpflanzung oder Familie würden unsystematisch, naturalisierend und ahistorisch verwendet. Ergänzend zu dieser Kritik kommen noch weitere schwierige Aspekte hinzu, beispielsweise, dass Holzkamp-Osterkamp zwischen menschlichen Lebewesen auf »primitivem gesellschaftlichen Niveau« und kulturellem Niveau unterscheidet (1975, S. 274), was durchaus rassistische Implikationen in sich birgt (Tißberger, 2017). Angesichts dieser Problemstellungen werden und können wir im Folgenden nicht leisten, die Geschlechtskonzepte der Kritischen Psychologie grundlegend zu überarbeiten, wie Sieben und Kalkstein (2015) es vorschlagen. Stattdessen greifen wir einige Elemente der Kritischen Psychologie heraus, die sehr viel weniger in einem eklatanten Gegensatz zu queeren und feministischen Ansätzen stehen und die zudem sinnvolle forschungspraktische Aspekte beinhalten.

Unseren zentralen Ausgangspunkt bildet hierbei die sogenannte Bedingungs-Bedeutungs-Begründungs-Analyse (BBBA), die ein zentrales methodisches Element Kritisch-psychologischer Forschung2 darstellt. Zwar verwendete Holzkamp in seiner Grundlegung die konkrete Begriffskombination der BBBA noch nicht, sie trat in der Forschungspraxis der Folgezeit aber zunehmend in den Vordergrund (Aumann, 2003; Markard, 2010). Im Folgenden werden wir die einzelnen Bestandteile der BBBA vorstellen. Allerdings sind diese nicht getrennt voneinander zu betrachten. So lassen sich die Lebensbedingungen nie klar von den mit ihnen einhergehenden Handlungsmöglichkeiten und der symbolischen Ebene, also den Bedeutungen, trennen.3 Aus pragmatischen Gründen wollen wir in unserer Darstellung dennoch eine heuristische Trennung der Bedingungen und Bedeutungen vornehmen, um zentrale Momente von beiden Begriffen zu identifizieren und mögliche Verbindungen zu und Erweiterungen durch feministische und queere Ansätze aufzuzeigen.

2. Bedingungen

Unter Bedingungen werden in der Kritischen Psychologie reale Gegebenheiten und grundlegende Verhältnisse verstanden. Sie sind diejenigen Voraussetzungen, die Leben möglich machen oder beeinflussen. Dazu zählen sowohl Bedingungen, die für alle Lebewesen gelten, als auch Bedingungen, die spezifisch für Menschen sind. Noch spezifischer gehören dazu Bedingungen, die den Rahmen für das menschliche Leben in kapitalistisch geprägten Gesellschaften abstecken, ebenso wie Bedingungen, die eine individuelle Person und den Verlauf ihrer Biografie beeinflussen. Holzkamp schreibt in seiner Grundlegung mehrfach von »Bedingungen« (1983, S. 79), die er gelegentlich auch »Daseinsverhältnisse« nennt (S. 354). Entsprechend kommen auch in fast allen weiteren Ausarbeitungen der Kritischen Psychologie diesbezügliche Termini vor – insbesondere die der »Bedingungen« und »Lebensbedingungen« (z.B. Markard, 2009, S. 170 und S. 147).

Angesichts solch einer zentralen Rolle und durchgängigen Nennung mag es überraschen, dass der Begriff der Bedingungen innerhalb der Kritischen Psychologie wenig systematisch definiert wurde. Gerade im Vergleich zu Holzkamps detaillierten und ausführlichen Versuch, psychische Kategorien und Vorbegriffe zu bestimmen, kommt dieser Begriff auffallend kurz. Anstelle einer expliziten und umfassenden Definition betonen viele Vertreter*innen der Kritischen Psychologie, dass Bedingungen stets gesellschaftlich vermittelt und mit Bedeutungen verknüpft seien. Wenn im Folgenden deswegen also zunächst die Bedingungen eingehender im Fokus stehen, ist deren Verwobenheit mit Bedeutungen, die ja in der Einleitung bereits thematisiert wurde, stets mitzudenken. Auch kann zwar keine erschöpfende Definition dieses Kritisch-psychologischen Begriffs geleistet werden, es werden aber zwei zentrale Momente des Bedingungskonzepts herausgestellt. Diese beiden Dimensionen sollen an zwei Ansätze angeschlossen werden, die aktuell für queere und feministische Forschung relevant sind, nämlich an die Theorien des New Materialism und an die der feministischen Ökonomiekritik.

2.1 Anknüpfungen von Bedingungen an queer-feministische Positionen

2.1.1 New Materialism

Das erste Anschlussmoment betrifft das Verständnis von Bedingungen als materiellen Gegebenheiten der realen Welt. In diesem Sinne sind unter dem Begriff körperliche und physikalische Phänomene zu begreifen, die auf und in Organismen wirken können. Solche Phänomene bilden den materiellen Rahmen für bestimmte Daseinsformen, sie ermöglichen oder behindern Leben. Dieses Verständnis von Bedingungen wird gerade in Holzkamps naturhistorischen Abhandlungen deutlich, in denen er sich, ausgehend von der Evolutionstheorie, mit der Entwicklung von Organismen befasst. Hierbei spricht er beispielsweise von basalen Umweltfaktoren wie Temperatur oder dem Vorhandensein von Nahrung, mit denen Organismusfaktoren interagieren, zu welchen Beweglichkeit oder Reizbarkeit gehöre. Holzkamp verwendet in diesem Kontext für Umwelt- oder Organismusfaktoren immer wieder den Begriff Bedingungen. Er spricht hier beispielsweise von »organismusunabhängigen Außenweltbedingungen« (Holzkamp, 1983, S. 72) oder von »äußeren und inneren Bedingungen« (ebd., S. 64), die in und außerhalb eines Lebewesens wirkten. Auch Schmalstieg beschreibt unter anderem »sinnlich-stoffliche Bedingungen« und nennt hierzu beispielsweise »unbelebte Materie/Dinge« ebenso wie Aspekte »des eigenen Körpers« (2006, S. 11).

Die Definitionsebene von Bedingungen als materiell-körperliche Phänomene bietet Anschlussmöglichkeiten an Ansätze des sogenannten New Feminist Materialism. Diese theoretische Strömung in der Geschlechterforschung – wie sie sich etwa in einem einflussreichen Sammelband von Stacy Alaimo und Susan Hekman (2008a) darstellt – zielt darauf ab, den linguistic turn durch einen materialist turn zu ergänzen. Statt sich, wie viele vorangehende Ansätze der Gender Studies und feministischen Wissenschaftskritik, ausschließlich mit Sprache, symbolischen Repräsentationen, Diskursen und Epistemologien zu beschäftigen, möchten diese Positionen gerade auch den Einfluss der Materialität, der Dinge, Körper und der Ontologien mit einbeziehen. Dies bedeutet eine Hinwendung zu materiellen Aspekten von Umwelt und Organismen. Dadurch erfahren auch Kategorien, die zuvor als essenzialisierend kritisiert wurden, wie Realität (Barad, 2003), Biologie (Wilson, 2008) oder Natur (Alaimo & Hekman, 2008a), eine partielle Rehabilitation und Redefinition – ebenso wie mitunter auch die Evolutionstheorie (Grosz, 1999). Solche ontologischen Kategorien sollen gerade den Ausgangspunkt neuer feministischer Theorien und Analysen bilden – etwa indem Auswirkungen von Nahrungsmitteln auf Organsysteme untersucht werden oder die Interaktion von Umwelt und Organismus im Vordergrund steht. Julia Scholz (2017) hat das Potenzial des New Materialism bereits für queere Psychologien erörtert – hier soll sein Potenzial für die Kritische Psychologie im Vordergrund stehen. Denn die Beschäftigung mit dem Materiellen weist eine große Nähe zum oben ausgeführten Kritisch-psychologischen Verständnis der Bedingungen auf. Davon ausgehend schlagen wir vor, den materiellen Bedingungsbegriff der Kritischen Psychologie in den theoretischen Rahmen des New Material Feminism zu integrieren und hierzu besonders in Bezug auf zwei Aspekte zu erweitern:

Zum einen gehört a) hierzu, materielle Bedingungen gerade nicht als passiv und gegeben zu verstehen, sondern als aktiv zu konzipieren (Alaimo & Hekman, 2008b). Deswegen sprechen zentrale Theoretiker*innen des New Materialism von der Aktivität von materiellen Entitäten, Donna Haraway (1995) bezeichnet etwa Dinge und Körper als Akteure, ähnlich betont Karen Barad (2003) die Agency von materiellen Phänomenen. In Bezug auf diese Aktivität ist hier teilweise ein theoretischer Einfluss aus der Actor-Network-Theorie (Latour, 2007; Latour & Woolgar, 1986) festzustellen, die gesellschaftliche Partizipationen von Dingen betont und seit den letzten 40 Jahren gerade die Wissenschaftsforschung stark beeinflusst hat. Gemäß diesen unterschiedlichen materiell-feministischen Ansätzen sind Dinge und Körper nicht einfach Gegebenheiten, die beliebig modifiziert und interpretiert werden können, sondern sie sind fähig zu eigenen Tätigkeiten und Praktiken. Entsprechend haben Dinge und Körperteile – von Steinen und Muscheln über Wetterphänomene bis hin zu Mikroben oder Hormonen – Kraftwirkungen und können andere Dinge und Körper modifizieren.

Solch eine Perspektive auf die Aktivität von materiellen Bedingungen stellt eine theoretische Erweiterung des Bedingungsbegriffs dar, der nicht unbedingt in der Kritischen Psychologie angelegt ist und ihr in Teilen sogar widersprechen mag. Denn Holzkamp denkt zwar in der evolutionstheoretischen Analyse seiner Grundlegung durchaus die Aktivität des Materiellen mit, beispielsweise wenn er den Organismus-Umwelt-Zusammenhang beschreibt oder von »Agentien« spricht (1983, S. 71). Allerdings trennt die auf dem historischen Materialismus gegründete Kritische Psychologie strikt zwischen menschlichen und nicht menschlichen Seinsformen und legt ihren Fokus allein auf menschliche Handlungsfähigkeit bzw. Subjektivität, was in einem Spannungsverhältnis zu einer Vorstellung der Aktivität der Dinge steht, wie sie die Actor-Network-Theory und der New Materialism vertreten.

Zum anderen bedeutet b) die Integration des Bedingungsbegriffs in den New Materialism, keine dichotome Trennung von Natur und Kultur bzw. von Materiellem und Diskursivem oder Organischem und Technischem anzunehmen. Stattdessen gilt es in diesem theoretischen Rahmen zu betonen, dass solche Kategorien stets miteinander verwoben sind und sich untrennbar aufeinander beziehen. Zwar kann ein materielles Phänomen eine Wirkung haben – z.B. kann eine bestimmte biologische Substanz eine hormonelle Wirkung auf bestimmte Körperorgane haben. Um in diesem Beispiel solch eine Substanz aber als spezifisches Hormon beschreiben und untersuchen zu können, ist stets Sprache nötig. Ebenso sind hierfür symbolisierende Praktiken, Kulturtechniken, Werkzeuge und gesellschaftliche Kooperation notwendig, die dann schließlich dazu führen, ein Hormon wie etwa Prolaktin zu isolieren und chemisch bestimmen zu können. Das Hormon Prolaktin ist also nicht ausschließlich natürlich und materiell, sondern auch stets gesellschaftlich hergestellt und kulturell geprägt. Um derartige stetige Interaktionen zwischen Natürlichem und Kulturlichem zu betonen, prägte Haraway (1995) den Ausdruck der materiell-semiotischen Akteure. Aus ähnlichem Grund führt sie die theoretische Figur des Cyborgs ein, die klare Grenzziehungen zwischen Kategorien unterläuft. Vergleichbar spricht Barad von »material-discursive forces« (2003, S. 811) und verwendet den Terminus der Intra-Aktion statt der Inter-Aktion, um die inhärente Verwobenheit von Sozialem und Biologischem fassen zu können (vgl. auch Scholz, 2017). Die Annahme solcher Verwobenheit bietet viele Anschlusspunkte an theoretische Positionen der Kritischen Psychologie, passt die doch gerade zur bereits erwähnten konzeptuellen Überlappung von Bedingungen und Bedeutungen. Außerdem weist diese Vorstellung Nähe zu einem weiteren Postulat der Kritischen Psychologie auf, nämlich zur Annahme, »daß die menschliche Natur gesellschaftlich ist« (Holzkamp, 1985, S. 393). Demgemäß sei es in der menschlichen Evolution durch Werkzeuggebrauch und die Kollektivierung dieser Werkzeuge zu qualitativen Sprüngen gekommen, durch die Menschen ihre Lebensbedingungen selbst erzeugten, sodass in der menschlichen Entwicklung Natur und Kultur untrennbar würden. Mag diese Herleitung in der Kritischen Psychologie auch eine andere sein, als sie in einigen Ansätzen des New Materialism erfolgt, ist die Denkbewegung einer inhärenten Überlappung von natürlichen und gesellschaftlichen, von technologischen und organischen Kategorien durchaus ähnlich.

2.1.2 Feministische Ökonomiekritik

Die zweite Anschlussmöglichkeit zwischen der Kritischen Psychologie einerseits und feministischen Ansätzen andererseits bezieht sich auf eine weitere Begriffsdimension der Bedingungen – nämlich auf das Verständnis von Bedingungen als Gegebenheiten innerhalb eines kapitalistischen Systems. Holzkamp schreibt immer wieder von »kapitalistischen Bedingungen« (1983, S. 309) und bemüht zu deren Analyse eine historische Perspektive, die sich an der materialistischen Dialektik orientiert. Er erklärt, dass »die Lebensbedingungen der Menschen weder naturgegeben noch zufällig sind, sondern im sozialhistorischen Prozess gewordene formations- und klassenspezifische Ausprägungen« besäßen (ebd., S. 42). Entsprechend erklärt auch Markard »Kapitalismus/Kapitalismen« zu einem zentralen analytischen Bezugspunkt (2009, S. 152). Allgemeiner und knapper verweist etwa auch Schmalstieg in Bezug auf Bedingungen auf »gesellschaftliche Strukturzusammenhänge« (2006, S. 11). Gemäß der Kritischen Psychologie ergibt sich aus der gesellschaftlichen Natur des Menschen ein doppeltes Verhältnis zu Bedingungen: Einerseits seien Menschen ihren Lebensbedingungen unterworfen, andererseits produzierten Menschen ihre Lebensbedingungen auch selbst und könnten diese entsprechend potenziell verändern. Eine mögliche Veränderung werde jedoch oft durch soziale Machtverhältnisse im Kapitalismus verhindert. Zugleich führen kapitalistische Ordnungen dazu, dass die Lebensbedingungen von Menschen durch ungleiche Ressourcenverteilung, Klassengegensätze, Unterdrückung, Mehrwertproduktion sowie durch die damit einhergehende Verwertung von Arbeitskraft geprägt seien. Solche Unterschiede führten zu »lage- und positionsspezifischen Lebensbedingungen« von Individuen (Holzkamp, 1983, S. 357), die durch verschiedene Zugänge zu Produktionsmitteln und durch ökonomische Ungleichheit geprägt seien.

Dieses Kritisch-psychologische Verständnis von Lebensbedingungen als kapitalistisch und ökonomisch geprägt lässt sich mit einer weiteren Theorieschule der Geschlechterforschung in Einklang bringen, nämlich mit Ansätzen queer-feministischer Ökonomiekritik. Allerdings ist solch ein subjektwissenschaftliches Verständnis keineswegs mit diesen geschlechtertheoretischen Ansätzen deckungsgleich, denn bei den besagten Ansätzen geht es um eine feministische Kritik kapitalistischer Verhältnisse, die gerade nicht vom Primat der Klasse ausgeht – und (anders als die Kritische Psychologie) entsprechend auch nicht den sogenannten Hauptwiderspruch von Klassen gegen einen vermeintlichen Nebenwiderspruch von Geschlecht ausspielt. Bereits seit den 1970er Jahren existierten verschiedene feministische Ansätze, die teilweise marxistische Kapitalismuskritik integrieren wollten. Ab den späten 1990ern rückte hierbei Nancy Frasers (2003) Kritik an einer geschlechtsbezogenen Repräsentationspolitik ohne Berücksichtigung sozialer Fragen in den Vordergrund. Schließlich gab es gerade seit den 2010er Jahren vermehrt Initiativen, queer-feministische Perspektiven auf Ökonomie zu entwickeln (z.B. Federici, 2013; Hanafi El Siofi et al., 2010).

Ein gemeinsames Thema dieser heterogenen feministischen Ansätze ist, dass nicht nur die Trennung der Arbeiter*innen von Produktionsmitteln ein essenzieller Bestandteil kapitalistischer Systeme ist, sondern auch die Teilung der zwei Sphären – also die Trennung von Produktion und Reproduktion. Hierbei benennt Produktion die Tätigkeiten, bei denen Waren bzw. Wert hergestellt wird. Reproduktion zielt auf den Erhalt der eigenen Arbeitskraft und derjenigen anderer Menschen – dies umfasst Tätigkeiten wie Kindererziehung, Pflege, Hausarbeit und Fürsorge. Während Produktionsarbeit in Gesellschaften öffentlich gewürdigt wird, oft den Gegenstand von Arbeitskämpfen darstellt, entlohnt wird und als traditionell männliche Sphäre gilt, ist Reproduktionsarbeit oft unsichtbar, wird meist von Frauen* erledigt und ist nicht (oder gering) entlohnt. Ausgehend davon setzen sich viele Ansätze feministischer Ökonomiekritik intensiv mit Fragen der Reproduktions- bzw. Care- oder Sorge-Arbeit auseinander.

Hinzu kommt ein Fokus auf intersektionale Ansätze, die – statt ausschließlich auf Klassenwidersprüche zu setzen – die Verschränkung mit verschiedenen Machtverhältnissen mitdenken, etwa Geschlecht, Heteronormativität, Nationalität, Rassifizierung, Antisemitismus oder Ableism. Ein Beispiel hierfür ist, dass etwa das Putzen der Wohnung in heterosexuellen Partnerschaften mit Mittelklasse-Einkommen oft nicht partnerschaftlich geteilt oder gar von Männern* übernommen wird, sondern weiterhin im Aufgabenbereich der Frauen* bleibt. Diese lagern die Aufgabe aber oft an oft schlecht bezahlte, prekarisierte Frauen* (die z.B. nicht die entsprechende Nationalität besitzen) aus. Solche Punkte feministischer Ökonomiekritik – die Beschäftigung mit Reproduktionstätigkeiten und intersektionalen Perspektiven – können damit auch für ein Kritisch-psychologisches Konzept von kapitalistischen Lebensbedingungen fruchtbar gemacht werden. Denn zu den Bedingungen des Kapitalismus gehören gerade auch die des Geschlechts (sowie weitere Differenzmerkmale wie Nationalität oder Rassifizierung).

2.2 Beispiel für Bedingungen

Insgesamt schlagen wir also vor, den Kritisch-psychologischen Bedingungsbegriff in queer-feministische Ansätze zu integrieren. Um Möglichkeiten solch einer Integration zu illustrieren, möchten wir hier ein etwas ausführlicheres Beispiel geben – nämlich eines, das die Lebensumstände einiger alleinerziehender Mütter* in heutigen westlichen Gesellschaften thematisiert. Dabei soll der doppelte Bedingungsbegriff als zweifache Formen des Materiellen (das stofflich Materielle und das ökonomisch Materielle) an dem Beispiel konkreter ausgeführt werden.

Die erste Form – das Verständnis der Bedingungen im Sinne des New Materialism – beläuft sich hier auf körperliche und materiell-situative Aspekte, die einige alleinerziehende Frauen* betreffen. Zu diesem Bereich des Körperlich-Materiellen zählt etwa, dass nur einige Organismen in der Lage sind, schwanger zu werden. Ebenso können nicht alle Körper das Hormon Prolaktin herstellen und nach der Geburt in Brüsten Milch bilden, die das Baby trinken kann. Zu diesem Bereich gehören aber auch weitere Bedingungen, etwa, ob das Kind in den Nächten durchschläft, ob sich in der nahen Umwelt bestimmte Krankheitserreger befinden und ob die Mutter* physisch zu bestimmten Tätigkeiten – etwa dem Umhertragen des Kindes – in der Lage ist. All diese Bedingungen variieren und sind keineswegs universell bei allen Müttern* vorhanden. Wichtig ist, dass sich dieser spezifische, erste Begriff von Bedingungen allein auf die materiellen Aktivitäten und somatischen Phänomene an sich bezieht. Dieser Bedingungsbegriff umfasst somit, strenggenommen, auch noch nicht die hier vorliegende Versprachlichung des Beispiels, denn das wäre bereits die diskursive Seite – oder die der Bedeutungen, zu der wir noch kommen werden. Auch die Begriffe alleinerziehend, Frau und Mutter gehören zur Dimension der diskursiven Bedeutungen, nur die materielle Aktivität von Körper und Umwelt zählen zum ersten Bedingungsbegriff.

Die zweite Form der Bedingungen – ihre Auffassung als Lebensbedingungen in kapitalistischen Gesellschaften – bezieht sich auf die materiell-ökonomische Situation, die der Alleinerziehenden-Status auf struktureller Ebene mit sich bringen kann. In vom Neoliberalismus geprägten Geschlechterordnungen bedeutet dies oft, dass viele Mütter* ohne Partner*in in beiden gesellschaftlichen Sphären – der Produktions- und Reproduktionsarbeit – funktionstüchtig sein müssen. Zu den möglichen Bedingungen, die für alleinerziehende Frauen* dabei eine Rolle spielen, gehört z.B. die Frage, ob sie ausreichend Geld haben, um etwa Milchersatzprodukte zu kaufen, wenn sie nicht selbst stillen möchten oder können – oder ob sie über genug ökonomische Ressourcen verfügen, um sich problemlos eine zusätzliche Kinderbetreuung durch andere Personen zu kaufen. Zu diesem Bedingungsbereich zählt etwa auch, ob eine Frau* selbst eine vorteilhafte Staatszugehörigkeit besitzt, wodurch ihr bestimmte finanzielle Unterstützungsmöglichkeiten offenstehen. Der Bereich umfasst aber ebenso allgemeine strukturelle Bedingungen, die Mütter* betreffen, etwa, dass es in vielen Gegenden Deutschlands und Österreichs ein erhebliches Unterangebot an Ganztags-Kinderbetreuung gibt und dass Frauen* mit Kindern hier sehr viel geringere Chancen auf eine gut bezahlte Stelle haben als Männer* mit Kindern – was sich für Alleinerziehende noch potenziert. Aus diesem Grund sind Kinder gerade für Frauen* ein Armutsrisiko. Entsprechend sind alleinerziehende Frauen* überdurchschnittlich oft auf staatliche Unterstützung angewiesen. 2010 erhielten in Deutschland z.B. 31% aller alleinerziehenden Mütter* Transferleistungen wie Hartz IV und Sozialhilfe (Statistisches Bundesamt, 2010). Bedingungen wie diese und viele mehr – die sowohl Fragen der spezifischen Körperlichkeit als auch der strukturellen gesellschaftlichen Gegebenheiten umfassen – müssten berücksichtigt werden, wenn es darum geht, den Einzelfall einer alleinerziehenden Mutter* zu analysieren.

3. Bedeutungen

Gesellschaftliche Bedeutungsstrukturen fassen das Verhältnis zwischen Individuum/Psyche und Bedingungen. Individuen und Bedingungen nehmen nicht unmittelbar, sondern vermittelt über gesellschaftliche Bedeutungsstrukturen aufeinander Bezug:

»Der Charakter dieses Konzepts der ›Vermittlungskategorie‹ liegt darin, daß (wie ausgeführt) ›Bedingungen‹ und ›Gründe‹ hier nicht äußerlich gegenübergestellt, sondern Begründungszusammenhänge im ›Medium‹ von Bedeutungsstrukturen und deren Repräsentanz in Denk- und Sprachformen als ›subjektiv‹ -handlungsrelevanter Aspekt der Bedingungszusammenhänge gefasst sind« (Holzkamp, 1983, S. 348).

Im Gegensatz zu dem Konzept der Lebensbedingungen gibt es in der Grundlegung der Psychologie ausführlichere Beschreibungen zu dem, was unter Bedeutungen verstanden wird. Holzkamp unterscheidet drei Stufen von Bedeutungen: Orientierungsbedeutungen, Arbeitsmittelbedeutungen und gesamtgesellschaftliche Bedeutungsstrukturen. In der BBBA ist die dritte Stufe, die der gesamtgesellschaftlichen Bedeutungsstrukturen, zentral. Diese dritte Stufe bietet auch Anschlussmöglichkeiten an den Diskursbegriff, insofern gesellschaftliche Bedeutungsstrukturen in »Denk- und Sprachformen« repräsentiert sind und als solche auch eigene Bedeutungen produzieren (ebd., S. 233).

Ein notwendiger Bestandteil subjektwissenschaftlicher Forschung ist es, gesellschaftliche Bedeutungsstrukturen herauszuarbeiten (Markard, 2010, S. 170f.). Durch die Definition von Bedeutungen als symbolische Strukturen und Repräsentationen, als Produkte sozialer Interaktion sowie als Sprachliches und Semantisches ergeben sich – so unsere Argumentation – zahlreiche Anschlusspunkte an queer-feministische Positionen, die im Folgenden aufgezeigt werden.

3.1 Anknüpfung von Bedeutungen an queer-feministische Psychologien

Die gesellschaftlichen Bedeutungsstrukturen, die in Sprach- und Zeichenformen repräsentiert werden, kommen, wie wir aufzeigen wollen, dem, was in Anlehnung an Foucault als Diskurs bezeichnet wird, sehr nahe. Holzkamp selbst nimmt in seinem letzten großen Werk Lernen, das 1993 erstveröffentlicht wurde, teilweise Bezug auf Foucault:

»Wenn ich […] auf Foucaults Arbeit zurückgreife, so deshalb, weil die Art und Weise, wie er die verschiedenen Bestimmungen der ›Schuldisziplin‹ aus ihrer historischen Entstehung analysiert, tatsächlich in wesentlichen Hinsichten meinen Vorstellungen von ›schulischen Bedeutungsstrukturen‹ nachkommt« (ebd., S. 347).

Zehn Jahre nach Erscheinen der Grundlegung der Psychologie (1983), und nach einer eingehenderen Foucault-Lektüre, stellt Holzkamp nun Anfang der 1990er Jahre also selbst eine Verbindung zwischen dem Bedeutungsbegriff und den diskursorientierten Arbeiten Foucaults her. Dabei war er nicht der Erste.

Bereits in den 1980er Jahren zogen einige Forscherinnen, die zunächst an Kritischer Psychologie orientiert waren, ähnliche Verbindungslinien und wendeten diese schon direkt auf Geschlechterfragen an. So wurden vom Projekt Frauenforum (PFF)4 die »Bedeutungsanordnungen der Geschlechterverhältnisse« mit dem Konzept des Sexualitätsdispositivs von Foucault gefasst. Schmalstieg sieht darin Anknüpfungspunkte zur Bedingungs-Bedeutungs-Analyse der Kritischen Psychologie:

»Die vom PFF in der Reinterpretation Foucaults gewonnenen Thesen zur Sexualisierung der Körper bzw. zur Wirkungsweise der ›Sex-Anordnung‹ lassen sich subjektwissenschaftlich als auf die menschlichen Körper verweisende Bedeutungsanordnung begreifen, in der die Individuen ihr Verhältnis zu sich selbst und zur Welt entwickeln« (Schmalstieg, 2006, S. 26).5

In und über den Diskursbegriff bieten sich aber vor allem auch Anknüpfungsmöglichkeiten an feministische Theorien, die schwerpunktmäßig ab den 1990er Jahren in den Vordergrund traten. Dazu gehören die Queer Theory (und entsprechend eine queer-feministische Psychologie) ebenso wie die feministische Wissenschaftsforschung von Haraway und Barad. Der Foucault’sche Diskursbegriff ist in der queer-feministischen Theorie intensiv rezipiert worden und ein unerlässlicher Bestandteil dieser Theorien. Besonders fruchtbar für feministische Theorien sind Foucaults komplexe Vorstellungen von Machtbeziehungen, die es ermöglichen, verschiedene Kategorien zu denken, ohne die eine der anderen überzuordnen, aber auch das »Politische in das sogenannte Private« hineinzutragen (Mills, 2007, S. 84f.). Auch bei Judith Butler, die im deutschsprachigen Raum als eine der prominentesten Vertreter*innen der Queer-Theorie gilt, spielen Macht-Diskurs-Regime im Sinne Foucaults bei der Konstitution vergeschlechtlichter Subjekte eine bedeutende Rolle (Meißner, 2010, S. 25). Neben der Theoretisierung von Machtbeziehungen ermöglicht es der Diskursbegriff, Geschlecht nicht als etwas Natürliches, sondern durchgängig als »soziale (diskursive) Kategorie« zu erfassen (Wedl, 2014, S. 276). Bei Vertreter*innen des New Materialism wie Barad und Haraway prägte der Diskursbegriff Foucaults ihre Konzepte des Diskursiven bzw. des Semiotischen.

Für den Diskursbegriff, wie er in Anlehnung an Foucault rezipiert wird, gibt es zahlreiche Definitionen. Da es uns in diesem Artikel vordergründig um Anknüpfungen an den Bedeutungsbegriff als Analysekategorie in der subjektwissenschaftlichen Forschung geht, beziehen wir uns primär auf Diskursverständnisse aus der deutschsprachigen kritischen Diskursforschung. Die kürzeste Definition kommt von Jürgen Link: »wir verstehen darunter institutionalisierte, geregelte redeweisen, insofern sie an handlungen gekoppelt sind und also machtwirkungen ausüben [sic]« (Link, 1986, S. 71). Siegfried Jäger, dessen Diskursforschung an Jürgen Link und früher auch an Leontiev6 anknüpfte, versteht Diskurs als »Fluss von Wissen bzw. sozialen Wissensvorräten durch die Zeit« (2012, S. 26). Für ihn stellen »Wissensvorräte« unter anderem auch den Handlungsrahmen für die Subjekte, im Sinne Holzkamps, bereit (ebd., S. 140).

Für die genannten Vorstellungen von Diskurs und gesellschaftlichen Bedeutungsstrukturen kann der gemeinsame Nenner zunächst darin verortet werden, dass es um gesellschaftlich geregeltes und produziertes Wissen geht, das gleichzeitig den Handlungsrahmen für die Subjekte darstellt. Das heißt aber nicht, dass Diskurse etwas dem Subjekt rein äußerliches sind. Bei Foucault konstituieren Diskurse Subjekte, die sich entsprechend verhalten und die Möglichkeiten haben, in einem kreativen Akt an den Grenzen der Diskurse neue Möglichkeiten des Seins denkbar zu machen (Meißner, 2010, S. 132). Während bei Foucault der Fokus auf der Konstitution von Subjekten liegt, steht bei Holzkamp (1983) die Beteiligung des Einzelnen bei der Schaffung des Handlungsrahmens, oder in seinen Worten: der »gesellschaftlichen Lebensmöglichkeiten« im Vordergrund. Aber auch er spricht davon, dass sich die »individuelle Existenz«, wie er es nennt, entwickelt und erhält, indem die »gesellschaftlichen Lebensmöglichkeiten« realisiert werden (ebd., S. 193). Diese wechselseitige Beziehung zwischen Individuum und der Welt ist, wie oben erwähnt, vermittelt über gesellschaftliche Bedeutungsstrukturen. Anders als Foucault gehen bei Holzkamp aber im Modus der »verallgemeinerten Handlungsfähigkeit« die Möglichkeiten des Handelns über das in den Diskursen Denkbare hinaus (Holzkamp, 1985, S. 25). Neben dem oben genannten kleinsten gemeinsamen Nenner gibt es weitere Reibungsflächen zwischen den theoretischen Gebäuden, die hinter dem Diskursbegriff bzw. dem Konzept der Bedeutungsstrukturen stehen. Zwei solcher Reibungsflächen spielen im Zusammenhang ebenjener beiden Begrifflichkeiten, die hier aneinander angenähert werden sollen, eine zentrale Rolle. Hierbei handelt es sich um die Frage der Macht und die Frage nach der Rolle des Materiellen bzw. Sprachlichen/Diskursiven.

a) In der Link’schen Definition des Diskursbegriffs wird explizit die Rolle der Macht hervorgehoben. Auch Jäger spricht nicht nur von »Wissensvorräten«, sondern ebenfalls in Anlehnung an Foucault von »Macht-Wissenskomplexen« (2012, S. 38). Macht – Holzkamp spricht von Herrschaft – spielt auch im Kontext gesellschaftlicher Bedeutungsstrukturen eine Rolle. Bedeutungen strukturieren gesellschaftliche Anordnung in Abhängigkeit von dominanten, herrschenden Strukturen und begrenzen die Handlungsmöglichkeiten der Subjekte. Auf der anderen Seite trägt die spezifische Art und Weise, wie Subjekte in und aufgrund gesellschaftlicher Bedeutungsstrukturen handeln, dazu bei, Herrschaftsverhältnisse zu stabilisieren bzw. zu destabilisieren (Holzkamp, 1983, S. 232f.). Holzkamp wird aber ein sehr einseitiges Machtverständnis zugeschrieben, das nur zwischen eindeutig Herrschenden und eindeutigen Unterdrückten unterscheidet. Schließlich orientiert er sich in der Grundlegung klar marxistisch, primär am »Klassenantagonismus«, hinsichtlich dessen er von der »herrschenden Klasse« spricht (ebd., S. 331), welche er der »ausgebeuteten Klasse«, die in »Unterdrückung« lebe (ebd., S. 364) und »Druck ›von oben‹« ausgesetzt sei (ebd., S. 365), gegenüberstellt. Dahingegen wendet Foucault sich gerade gegen ein Machtverständnis im Sinne von Repression und spricht von Machtbeziehungen, die gleichzeitig beschränkend und ermöglichend sind (die er wiederum von einem enger gefassten Begriff der Herrschaft abgrenzt) (Foucault, 1983, 1994 [1982]). Holzkamp, der Jahre später selbst auf Foucaults genealogische Arbeiten zurückgreift, merkt in diesem Zusammenhang zwar durchaus an, dass »Foucaults Konzept der Disziplinaranlagen« keineswegs in Konkurrenz mit »Marx Anatomie der bürgerlichen Gesellschaft steht« (1996, S. 128). In Foucaults komplexem Machtverständnis sieht er sogar einen hohen Erklärungswert, »indem hier nicht eine einfache Einwirkung von ›oben‹ nach ›unten‹ angenommen wird« (ebd., S. 129). Diese mögliche Wendung im Machtkonzept des späten Holzkamp, das zwei Jahre vor dessen Tod in Lernen erschien, taucht in seiner Rezeption jedoch wenig auf. Diesbezüglich beeinflusste wohl vor allem die Grundlegung die weitere Theorieentwicklung bzw. Tradierung der Kritischen Psychologie.

b) Neben der Tatsache, dass Holzkamp zumindest zu Zeiten der Entstehung der Grundlegung ein recht einseitiges Machtverständnis hat, welches schwer mit demjenigen Foucaults vereinbar ist, bietet die Frage nach der Rolle des Materiellen bzw. des Diskursiven eine weitere Reibungsfläche. Für Holzkamp sind die in der Sprache repräsentierten Bedeutungen zunächst materiellen Ursprungs, insofern sie primär auf arbeitsteilige Strukturen verweisen, während in der Diskursforschung das Verhältnis von Materiellem und Diskursivem zumeist darauf hinausläuft, dass sich Diskursives materialisiert. Holzkamp selbst kritisiert die Dichotomisierung von Materiellem und Ideellem als »ideologischen Schein innerhalb philosophischer Kategorienbildung« (1983, S. 227). Denn nach einem Kritisch-psychologischen Verständnis ist Sprachliches von Anbeginn an Arbeitsmittelbedeutungen gekoppelt. Zudem beinhalten gesellschaftliche Bedeutungsstrukturen auch die in den Denk- und Sprachsystemen selbst produzierten »Sinnbezüge« (ebd., S. 233).

In der Diskursforschung wird das Verhältnis von Materiellem und Diskursivem zum Teil recht unterschiedlich gefasst. Ein sehr breiter Diskursbegriff, wie ihn beispielsweise Laclau und Mouffe (1991) vertreten, sieht sich dem Vorwurf einer Diskursontologie ausgesetzt, weil sich alles Materielle im Diskurs aufzulösen scheint. Doch bedeutet ein breiter Diskursbegriff nicht unbedingt, dass alles Diskurs ist, sondern dass nichts außerhalb diskursiver Konstitutionsprozesse zugänglich ist (van Dyk et al., 2014, S. 348). Um sich von einer vermeintlichen Diskursontologie abzugrenzen, produzieren andere Diskursforscher*innen wiederum eine strikte Trennung zwischen Diskursivem und Nicht-Diskursivem (Materiellem) (vgl. Bührmann & Schneider, 2008; Keller, 2008), die zum einen nicht trennscharf ist und zum anderen wenig über das Verhältnis von Materiellem und Diskursivem aussagt (van Dyk, 2010; Wrana & Langer, 2007). Aber auch im heterogenen Feld der Diskursforschung gibt es Ansätze, die in Anlehnung an Theorien des New Materialism eine Grenzziehung zwischen Diskursivem und Materiellem zu überwinden versuchen, indem sie Dingen eine »ko-konstituierende« Rolle im Prozess der diskursiven Konstitution zusprechen (van Dyk et al., 2014, S. 355).

3.2 Beispiel für Bedeutungen

Um an einem Beispiel zu konkretisieren, wie die subjektwissenschaftlichen Bedeutungsstrukturen diskursanalytisch herausgearbeitet werden könnten, kommen wir auf das zu Beginn eingeführte Beispiel der alleinerziehenden Mütter* zurück. Für diese stellen die gesellschaftlichen Bedeutungsstrukturen nun die Möglichkeiten bereit, sich zu den Bedingungen (körperliche Merkmale, ökonomische Situation etc.), die im zuvor beschriebenen Verhältnis zu den Bedeutungen stehen, zu verhalten. Zur Herausarbeitung der gesellschaftlichen Bedeutungsstrukturen, die den Handlungsrahmen für alleinerziehende Mütter* bereitstellen, können Diskurse um Familie, Arbeit, Geschlecht, Körper (u.v.m.) diskursanalytisch aufgearbeitet werden. Diese verschiedenen Diskursstränge – in der Terminologie Jägers gesprochen –, die sich auch überlappen und wechselseitig verstärken oder abschwächen, kommen wiederum auf verschiedenen Diskursebenen zum Vorschein, die sich ebenfalls überschneiden. So können die Diskursstränge unter anderem auf der Ebene (familien-)politischer Diskurse, rechtlicher Diskurse (z.B. Ehegattensplitting), wissenschaftlicher Diskurse (medizinisch, psychologisch, pädagogisch) oder von Alltagsdiskursen (z.B. Frauenzeitschriften) analysiert werden. Dabei sind aktuelle Bedeutungsanordnungen nur aus ihrer historischen Entstehung heraus verständlich.

Durch Diskurse von Zweigeschlechtlichkeit, Heteronormativität und biologischer Elternschaft gehen beispielsweise bestimmte Ausschlüsse vonstatten, die bestimmen, wer überhaupt als Mutter* bzw. als alleinerziehende Mutter* symbolisch und sozial anerkannt wird. So wird etwa eine Person, die elterlich für ein Kind sorgt und zugleich intersexuelle Körpermerkmale oder einen Penis besitzt, von vielen gesellschaftlichen Institutionen oft gar nicht erst als Mutter artikuliert. Entsprechend findet ihre spezifische Situation auch in den Debatten über alleinerziehende Mütter* meist keinerlei Erwähnung.

Weiblichkeitsdiskurse führen wiederum dazu, dass für diejenigen Personen, die in der diskursiven Ordnung gemeinhin als alleinerziehende Mütter gelten, mit der Zuschreibung als Frau und Mutter in unserer heutigen westlichen Gesellschaft bestimmte Anforderungen und Erwartungen einhergehen. Die Tatsache, dass es zumeist Mütter* sind, die im Falle einer Trennung für das Kind sorgen, liegt zu großen Teilen darin begründet, dass Frauen* immer noch mehr Kompetenzen in der Sorgetätigkeit zugeschrieben werden. Das ist historisch betrachtet zurückzuführen auf Diskurse der idealen, heterosexuellen Kleinfamilie, wie sie in den 50er Jahren in der BRD dominant waren und die sich politisch und rechtlich manifestiert haben (Rinken, 2010; Vinken, 2001). Solche Diskurse sind zugleich mit unterschiedlichen Bedingungen verbunden, etwa unter anderem damit, dass Frauen* heute noch wesentlich weniger verdienen als Männer*, was begünstigt, dass diese eher in Karenz oder Elternzeit gehen, bzw. ganz auf die Kinder aufpassen.7 Das wiederum stabilisiert ebenjene bereits genannten Diskurse, die Frauen* die Pflicht und die Kompetenzen der Sorgetätigkeiten zuschreiben. Dazu gehören auch naturalisierende Bedeutungszuschreibungen – etwa evolutionspsychologische Diskurse (Ruck, 2012) oder die teils wissenschaftlichen, teils populären Diskurse zur psychischen Wirkung von Prolaktin und dem vermeintlichen Kuschelhormon Oxytocin, die fürsorgliches Verhalten fördern sollen (z.B. Bartens, 2009; Russel et al., 2001). Gemäß derartigen Modellen sind Frauen*, die ja gerade in Schwangerschaft und Stillzeit mehr Prolaktin und Oxytocin produzierten, von Natur aus für die Rolle der Hauptfürsorgerin geradezu prädestiniert. Auch andere wissenschaftliche Diskurse wie traditionelle psychoanalytische Diskurse werteten die Erwerbstätigkeit der Mutter als negativ für die Erziehung des Kindes und trugen so dazu bei, den Diskurs um die »Rabenmutter« zu festigen, der interessanterweise nur Frauen* zugeschrieben wird (Rinken, 2010, S. 95). Alleinerziehende Mütter stehen – oft noch mehr als Mütter generell – aufgrund der in den Bedeutungszuschreibungen liegenden Erwartungen unter dem Druck, gleichzeitig keine Rabenmutter sein zu wollen und genügend finanzielle Ressourcen aufzubringen.

4. Begründungen

Solche (und andere) gesellschaftlichen Diskurse stellen den Handlungsrahmen bereit, in dem alleinerziehende Mütter* zum Teil aber ganz verschieden als Subjekte konstituiert werden und sich entsprechend auch unterschiedlich verhalten. Foucaults Diskurstheorie wird häufig dafür kritisiert, dass sie zwar diesen Handlungsrahmen bzw. Subjektpositionen erfassen kann, die Subjekte einnehmen können, dass sie aber nicht erklären kann, warum manche Menschen diese einnehmen und andere nicht (Butler, 2001, S. 11; Hall, 2004, S. 178). Auch »das PFF kritisiert, dass Foucault die Aktivität der Subjekte, die Aneignung der Diskurse nicht in den Blick nimmt« (Schmalstieg, 2006, S. 16).8 Genau an diesem Punkt setzt das Konzept der subjektiven Handlungsgründe bzw. die Begründungsanalyse von Holzkamp an: »Wir haben davon auszugehen, daß sämtliche Erscheinungsformen menschlicher Befindlichkeit/Handlungsfähigkeit und die daraus resultierenden Handlungen subjektiv begründet und funktional […] sind« (Holzkamp, 1983, S. 352).

Die subjektiven Handlungsgründe bzw. die subjektive Funktionalität erklärt, warum Menschen, die sich in ähnlichen Bedingungs-Bedeutungs-Konstellationen befinden, trotzdem zum Teil unterschiedlich handeln. Die jeweils individuellen Begründungszusammenhänge beruhen auf Prämissen, die in den »historisch bestimmten lage- und positionsspezifischen Lebensbedingungen der Individuen« verortet sind (ebd.). Dabei handelt es sich nicht nur um die gesellschaftlichen Bedingungen im Allgemeinen, sondern auch um konkrete »personale« Lebensbedingungen, wie sie sich »realbiographisch« herausgebildet haben (ebd., S. 353). Das bedeutet zum einen trotzdem, dass den Bedingungen/Bedeutungen das Primat zukommt (Markard, 2009, S. 159), zum anderen, dass die »subjektiven Handlungsgründe« nichts darstellen, was bloß im Subjekt selbst verortet ist (Holzkamp, 1983, S. 348). Vielmehr ergeben sie sich aufgrund der spezifischen Position und Lebenslage, in der die Personen sich aktuell befinden, und aufgrund eines spezifischen Erlebens, das wiederum auf unterschiedliche realbiografische Erfahrungen zurückzuführen ist. Diese Aspekte führen dazu, dass unterschiedliche Handlungsmöglichkeiten wahrgenommen werden und dass diese für die Subjekte unterschiedliche Bedeutungen haben, bzw. auf spezifische Weise als subjektiv funktional erfahren werden oder eben nicht.

Da Subjekte unterschiedlich mit partiell ähnlichen Bedingungs-Bedeutungs-Konstellationen umgehen können, kann dies, neben Anpassung und Integration, folglich auch zu Aneignung, Umdeutung und Subversion führen. So werden etwa der Muttermythos und der Diskurs der Rabenmutter von einzelnen Frauen* durchaus infrage gestellt und in ihrer diskursiven Bedeutung verändert – ein Beispiel bildet hier der Schweizer Blog Rabenmutter (www.rabenmutter.ch), dessen Autorin sich diese diffamierende Bezeichnung im Titel aneignet und die sich kritisch mit gesellschaftlichen Ressentiments gegen erwerbstätige Mütter auseinandersetzt. Zudem können sich Subjekte auch unterschiedlich zu den körperlichen Bedingungen der Reproduktion und feminisierenden Diskursen verhalten.

Um zu erfahren, warum eine Person so handelt, wie sie handelt, und von welchen individuellen wie gesellschaftlichen Bedingungs-Bedeutungs-Konstellationen sie hierbei beeinflusst ist, wird eine Begründungsanalyse durchgeführt. Diese Analyseform ist ein entscheidender Schritt im Kritisch-psychologischen Vorgehen und an eine qualitative Methodik gekoppelt. Sie geht über eine reine Diskursanalyse auf der Ebene der Bedeutungen hinaus, da sie sich mit der Position der Subjekte befasst.

4.1 Beispiel für Begründungen

Um unser Beispiel fortzuführen, würde dazu etwa methodologisch gehören, in Anlehnung an Kritisch-psychologisches Vorgehen Interviews mit Müttern* zu ihrer Biografie und ihrer spezifischen Situation zu führen (vgl. Eichinger, 2009) – etwa mit einem Fokus auf dem Problem der Doppelbelastung. Eine alleinerziehende Mutter* kann sich zu den Anforderungen der Doppelbelastung je nach spezifischer Position und Lebenslage, in der sie sich befindet, begründet verhalten. Je nachdem was sie für einen Job hat, welchen anderen Formen der Diskriminierung sie vielleicht ausgesetzt ist oder welche Unterstützung sie von Freund*innen oder Verwandten hat und welche Aspekte für sie welche Bedeutung haben, kann sie mit den Anforderungen unterschiedlich umgehen. So könnte es im Rahmen von fiktiven Interviews etwa Frau A. geben, die als alleinerziehende Mutter arbeitet und nebenbei jede freie Sekunde ihren Kindern widmet, weil sie gern mit diesen zusammen ist und den Eindruck hat, dass diese sie brauchen. Frau B. dagegen engagiert sich vielleicht nebenbei gewerkschaftlich, weil sie von der Notwendigkeit überzeugt ist sich gemeinsam mit anderen für bessere Arbeitsbedingungen einzusetzen, leidet aber darunter, wegen der Abendtermine bei der Gewerkschaft noch weniger Zeit mit ihrem Kind verbringen zu können. Frau C. zieht ihre Kinder vielleicht in alternativen, nicht-eheförmigen und -biologischen Familien groß, weil sie als Kind mit ihren eigenen Eltern schlechte Erfahrungen machte und Herr D., der sich nicht als weiblich definiert, aber zugleich als Mutter bezeichnet, arbeitet Teilzeit, weil er ein relativ hohes Einkommen hat und mehr Zeit mit seinen Kindern verbringen möchte. Frau E. wiederum kann es sich leisten, eine Tagesmutter anzustellen, die vielleicht selbst auch Kinder hat und den Job braucht, um diese versorgen zu können. All diese Beispiele sollen dazu dienen, zu verdeutlichen, dass es verschiedene Möglichkeiten des Verhaltens-Zu gibt, die teilweise von den spezifischen subjektiven Positionierungen im Bedingungs-Bedeutungs-Gefüge beeinflusst werden und die auch unterschiedlich begründet werden können – diese Begründungsmuster müssten in real durchgeführten Interviews allerdings sehr viel eingehender ausgearbeitet werden, als es hier möglich ist. Das Konzept der subjektiven Handlungsgründe kann folglich aufzeigen, dass und warum Mütter* unterschiedliche Gründe und Interessen haben und sich spezifisch zu in den Bedingungen/Bedeutungen liegenden Handlungsrahmen verhalten.

4.2 Rückwirkungen von Begründungen auf Bedingungen und Bedeutungen

Darüber hinaus bleibt die Kritisch-psychologische Analyse nicht allein beim Warum stehen, sondern fragt auch, ob sich Probleme durch bestimmte Verhaltensweisen ergeben könnten und inwiefern sie Ausdruck sozialer Widersprüche sind. Vor allem aber fragt sie danach, welche alternativen Handlungsmöglichkeiten möglicherweise bestehen und wie sich bestimmte Bedingungen und Bedeutungen verändern lassen. Dies erfolgt zusammen mit den interviewten Personen, die als Subjekte statt als Forschungsobjekte betrachtet werden. Denn die Subjektwissenschaft fokussiert in ihrem methodischen Vorgehen gerade auf das Erweitern von Handlungsfähigkeit als ihr primäres Ziel. Dieser Aspekt der Handlungsfähigkeit wird auch von Sieben und Kalkstein als zentraler Anknüpfungspunkt zu queer-feministischen Psychologien betrachtet (2015, S. 247ff.). Mit Frau B. ließe sich diesbezüglich beispielsweise gemeinsam nach Strategien suchen, etwa, ob sich bei der (meist männlich geprägten) Gewerkschaft Sitzungstermine durchsetzen ließen, die sich besser mit ihren Sorge-Tätigkeiten vereinbaren lassen, oder ob ihr die Organisation anderweitige Ressourcen zukommen lassen könnte.

Dabei soll es in der Kritischen Psychologie aber nicht einfach darum gehen, individuelle Lösungen zu finden, sondern letztlich auch darum, gesellschaftliche Veränderungen anzustoßen und so eine »verallgemeinerte Handlungsfähigkeit« zu erreichen (Holzkamp, 1985, S. 397). Allerdings impliziert die Idee der »verallgemeinerten Handlungsfähigkeit«, dass sich die vielfältigen Begründungszusammenhänge auf ein gemeinsames universelles Ziel ausrichten lassen. Dem entgegen ist unter postmodernen Bedingungen gesellschaftliche Veränderung als Effekt von Differenz und Dissens innerhalb auch »restriktiver Handlungsfähigkeit« denkbar (Mattes, 1994, S. 35). Da im Sinne Holzkamps »verallgemeinertes Handeln« streng genommen nur die Auflösung und Zerschlagung der kapitalistischen Produktionsbedingungen bedeuten kann (1985, S. 29), lässt sich im Folgenden wohl eher von gesellschaftlicher Veränderung im Sinne »restriktiver Handlungsfähigkeit« sprechen. In unserem Beispiel, der Begründungsanalyse von alleinerziehenden Müttern in Bezug auf Doppelbelastung, beinhaltet solch ein Vorgehen unter Umständen auch, unterschiedliche politische Interventionen zu diskutieren sowie mögliche gesellschaftliche Forderungen zu entwickeln. Hierbei sind verschiedene Entwürfe denkbar. Ausgehend vom Fall Frau B.s ließe sich etwa die Forderung an Gewerkschaften entwickeln, sich – statt nur auf Lohnarbeit oder auf das sogenannte Normalarbeitsverhältnis zu fokussieren – stärker mit unbezahlter Sorge-Arbeit, prekarisierten Arbeitsformen oder transnationaler Ungleichheit zu beschäftigen. Aus den verschiedenen Beispielen könnten auch weitere Strategien entwickelt werden, die sich auf der Ebene der Bedingungen und Bedeutungen, des Materiellen und der Diskurse bewegen – vom gemeinsamen Schreiben queerer Schwangerschaftsratgeber über Ideen zu einer Steuergesetzgebung, die Alleinerziehende nicht mehr benachteiligt, bis hin zu Versuchen einer Kollektivierung der Sorge-Arbeit. Diese Beispiele sollen illustrieren, inwiefern die Kritische Psychologie und queer-feministische Theorien gerade das Ziel einer positiven gesellschaftlichen Veränderung eint. Die Verbindung dieser Ansätze kann so das Potenzial emanzipativer Wissenschaften erweitern.

5. Fazit

Queere und feministische Theorien lassen sich mit der Kritischen Psychologie verbinden. Dazu bietet sich das Bedingungs-Bedeutungs-Begründungs-Konzept der Kritischen Psychologie als Ausgangspunkt an. In diesem Artikel haben wir versucht, für die einzelnen Begriffe aufzuzeigen, wo wir Anknüpfungspunkte, aber auch Schwierigkeiten einer Annäherung sehen und wo eine solche Annäherung auch eine Erweiterung des Begriffsinstrumentariums der Kritischen Psychologie möglich macht.

So kann mit dem Begriff der Bedingungen – im Anschluss an Ansätze des New Materialism, die in queer-feministischen Theorien immer prominenter werden – der Relevanz materiell-körperlicher Phänomene Rechnung getragen werden. Ähnlich wie es das Bedingungs-Bedeutungs-Konzept der Kritischen Psychologie bereits nahelegt, ermöglicht der Rahmen des New Materialism es, eine strikte Grenzziehung zwischen Materiellem und Diskursivem zu überwinden und diese Bereiche als sich gegenseitig konstituierend zu verstehen. Zusätzlich können die materiellen Bedingungen aus der Kritischen Psychologie in Anlehnung an Ansätze des New Materialism selbst als Akteure verstanden werden, sodass damit eine produktive Erweiterung der Subjektwissenschaft stattfindet. Eine weitere Dimension, die der Bedingungsbegriff in den Vordergrund stellt, ist das Ökonomische. Während queer-feministischen Ansätzen vorgeworfen wird, mit dem Aufkommen der Postmoderne die Kategorie Klasse vernachlässigt zu haben (Roßhart, 2016, S. 19), ermöglicht es der Bedingungsbegriff im Sinne einiger aktueller queer-feministischer Ansprüche, das Ökonomische (wieder) verstärkt in den Blick zu nehmen. Auf der anderen Seite bedarf es aber auch einer Erweiterung des kapitalismuszentrierten Bedingungskonzepts der Kritischen Psychologie in Anlehnung an Ansätze der Intersektionalität um weitere Machtverhältnisse wie Geschlecht, Heteronormativität, Rassifizierung, Nationalität, Antisemitismus oder Ableismus.

Nachdem mit dem Bedingungsbegriff materiell-körperliche Aspekte sowie gesellschaftlich-ökonomische Strukturverhältnisse gefasst werden, können unter dem Bedeutungsbegriff gesellschaftliche Diskurse verstanden werden. Dabei ist dem Diskurs- und Bedeutungsbegriff gemeinsam, dass es sich um gesellschaftlich produziertes Wissen handelt, welches an Machtverhältnisse gekoppelt ist und den Handlungsrahmen für die Subjekte bereitstellt. Hier gilt es jedoch zu berücksichtigen, dass der Kritischen Psychologie und der Diskurstheorie in Anlehnung an Foucault unterschiedliche wissenschaftstheoretische Fundierungen zugrunde liegen. In diesem Zusammenhang ergeben sich insbesondere zwei Reibungspunkte, und zwar erstens bezüglich des Machtverständnisses, da (der frühe) Holzkamp seine Theorien zunächst auf einem einseitigen Herrschaftsbegriff aufbaute, der sich wenig mit einem Foucault’schen Machtmodell in Einklang bringen lässt. Eine zweite Reibungsfläche stellt die Frage nach der Betonung des Materiellen bzw. des Diskursiven dar.

Während mit den Bedingungen und Bedeutungen die materiellen wie diskursiven Handlungsrahmen der Subjekte erfasst werden können, kann mit der Kategorie der Begründungen nach der Perspektive des Subjekts gefragt werden. Der Fokus liegt hier auf den subjektiven Gründen für die unterschiedliche Art und Weise, sich zu diesen Bedingungs-Bedeutungs-Konstellationen zu verhalten. In der konkreten Forschungspraxis geht die Kritische Psychologie über die Frage nach den Handlungsgründen hinaus, indem sie zudem, entsprechend ihres emanzipatorischen Anspruchs, nach alternativen Handlungsmöglichkeiten sucht. Gerade der emanzipatorische Anspruch, der in der Kritischen Psychologie immer mitschwingt, kann als übergeordnete Verbindungslinie zu queer-feministischen Ansätzen gesehen werden, die zumeist eng an queer-feministische Praxen und Utopien gekoppelt sind.

Trotz aller Schwierigkeiten stellt die BBBA also Analysekategorien bereit, die queer-feministische Psychologien gerade im Rahmen empirischer Fallanalysen sinnvoll nutzen können. Wir hoffen, mit diesem Artikel Denkanstöße für eine produktive Synthese und Überkreuzung von Theorien geschaffen zu haben – für eine emanzipative Kritische Psychologie, mit einem klar queer-feministischen Anspruch; eine Kritische Psychologie mit kleinem q sozusagen.

Anmerkungen

[1]
Alphabetische Reihenfolge, geteilte Erstautorinnenschaft. Wir bedanken uns für die produktiven Kommentare der beiden Peer-Reviewer*innen des JfP sowie bei Paul S. Ruppel und Günter Mey. Außerdem bedanken wir uns bei Nora Ruck für ihre wertvollen Rückmeldungen zum Text und bei Luise Smolka für formale Korrekturen.
[2]
Um zu markieren, dass die Kritische Psychologie der Berliner Schule gemeint ist, haben wir uns dazu entschlossen, in diesem Fall auch entsprechende Adjektive und Adverbien mit Großbuchstaben zu schreiben.
[3]
Das drückt sich etwa darin aus, dass Catharina Schmalstieg (2006) in ihrer Beschäftigung mit Kritischer Psychologie meist in einem kombinierten Begriff von »Bedingungen/Bedeutungen« spricht, um deren prinzipielle Untrennbarkeit zu fassen (S. 10f.).
[4]
Das PFF ist eine der Kritischen Psychologie nahen Forschungsgruppe unter anderem von Wissenschaftler*innen wie Frigga Haug und Cornelia Hauser.
[5]
Diesen beiden frühen kritisch-psychologischen Bezügen zu Foucault ist jedoch gemeinsam, dass sie diesem nicht in Gänze gerecht werden können, beziehungsweise wollen. Holzkamp (1993) verweist auf die Gefahr mit der Erfassung der Bedeutungsanordnung der »Schuldisziplin« in Anlehnung an Foucault in einer »restriktiven Alternative« verhaftet zu bleiben. Für ihn stellt diese Verwendung der Bestimmung der Bedeutungsstrukturen Schule ein Griff in dessen »Werkzeugkiste« dar und insofern fasst er die Schuldisziplin als Grundstruktur auf, die dazu beiträgt die »Begründungsprämissen für schulisches Lernhandeln« besser zu erfassen (S. 348f. und S. 359). Das PFF leistet laut Schmalstieg (2006) mit ihrer frühzeitigen Rezeption Foucaults innerhalb deutschsprachiger feministischer Kontexte »bahnbrechende Arbeit« (S. 15). Doch auch dem PFF (1983) greift das widerständige Potential Foucaults zu kurz (S. 139f.). Sie stellen mit ihren eigenen Worten gesprochen das »Dispositiv auf die Füße«, um der »Selbstbestimmtheit der Menschen« Rechnung tragen zu können. In diesem Zusammenhang verstehen sie das Dispositiv ähnlich dem Ideologischen »als die Weise in der ideologische (fremdbestimmte) Vergesellschaftung stattfindet« (S. 142).
[6]
Leontievs Tätigkeitstheorie ist einer der wichtigsten Bezugspunkte für die Grundlegung.
[7]
Laut dem Statistischen Bundesamt verdienten in Deutschland Frauen* durchschnittlich im Jahr 2016 21% weniger als Männer* (Statistisches Bundesamt, 2016).
[8]
Allerdings sehen sie die Möglichkeiten des widerständigen Handelns bei Foucault darauf beschränkt, die Dispositive zu studieren, um sich »kompetenter« darin bewegen zu können, und werfen ihm einen konservativen Kern vor, weil Subjekte die Strukturen, deren Effekte sie sind, nicht willentlich beeinflussen können (Haug, 1980, S. 139f.).

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Die Autorinnen

Lisa Malich, Dipl.-Psych., Dr. phil., ist Juniorprofessorin für die Wissensgeschichte der Psychologie an der Universität zu Lübeck. Ihre Arbeits- und Forschungsschwerpunkte sind: Geschlechterforschung und Psychologiegeschichte.

Kontakt:
Königstraße 42, 23552 Lübeck
E-Mail: malich@imgwf.uni-luebeck.de

Tanja Vogler, MSc, ist Doktorandin am Institut für Erziehungswissenschaften der Universität Innsbruck und Stipendiatin der Heinrich-Böll-Stiftung. Sie hat folgende Arbeits- und Forschungsschwerpunkte: Diskursforschung, Kritische Psychologie, Queer Theory und Soziale Bewegungsforschung.

Kontakt:
Sonnenburgstraße 17, A-6020 Innsbruck
E-Mail: Tanja.Vogler@student.uibk.ac.at