Auf abgründigen Pfaden in die Sozialwissenschaft?

Studentische Skepsis und didaktische Erwiderungen in der Lehre qualitativer Forschungsmethoden

Jirko Piberger

Journal für Psychologie, 27(1), 72–97

https://doi.org/10.30820/0942-2285-2019-1-72 www.journal-fuer-psychologie.de

Zusammenfassung

In der Lehre zur Einführung in qualitative Forschungsmethoden, meist zu Beginn eines wissenschaftlichen Studiums, sehen sich Dozierende zuweilen mit einer studentischen Skepsis gegenüber den pluralistischen Wahrheitsansprüchen sozialer Wirklichkeiten und ebenso gegenüber abstrahierten Analyseergebnissen einer qualitativ forschenden Sozialwissenschaft konfrontiert. Anhand einer ausführlichen Reflexion über Gültigkeit und Legitimation von Wahrheitsansprüchen sozialwissenschaftlicher Methoden versucht dieser Beitrag, derlei artikulierte Vorbehalte systematisch zu fassen und auf der Grundlage eigener Lehrerfahrungen didaktische Erwiderungsmöglichkeiten vorzustellen, um Studierenden eine konstruktivistisch-sozialwissenschaftliche Haltung nahezubringen.

Schlüsselwörter: qualitative Methoden, qualitative Sozialforschung, sozialwissenschaftliche Methodologie, Geltungsansprüche, Grundlagenreflexion, Skepsis, Lehrmaterialien, Didaktik

Summary
On inscrutable paths into the social science? Student skepticism and didactic reactions in the teaching of qualitative research methods

Lecturers frequently have to deal with skepticism from undergraduates whilst teaching qualitative research methods. This skepticism either refers to the pluralistic claims of truth within the variety of social realities or to the analytic results of qualitative inquiries. Based on personal teaching experiences, this article tries to systematically summarize reservations that have been articulated by students and wants to further present didactic possibilities of rejoinders. The basis of these thoughts is an extensive reflection of the foundational principles of social sciences.

Keywords: qualitative methods, qualitative research, teaching methods, social science methodology, validity, foundational principles, skepticism, teaching materials, didactics

Einleitung

Erstsemesterstudierende sehen sich einer Vielzahl neuer Anforderungen gegenübergestellt, die nicht nur organisatorischer Natur sind. Dieser Beitrag wirft einen Blick auf die Herausforderungen, die mit der Einführung in die Lebenswelt (Sozial-)Wissenschaft einhergehen, genauer, mit der Einführung in die qualitative Forschung und deren Methoden. Im Zuge einer Reflexion rezenter epistemologischer Debatten wird auf der Grundlage eigener Lehrerfahrungen aus einer Dozierendenperspektive zum einen beschrieben, wie sich studentische Vorbehalte gegenüber einem qualitativ forschenden Denkstil in entsprechenden Lehrveranstaltungen regelmäßig im Modus der Skepsis artikulieren. Diese werden hier – im Interesse der Argumentation – einer artifiziellen Differenzierung unterzogen. Zum anderen werden exemplarisch didaktische Vorschläge unterbreitet,1 die sich für einen kreativen, lebensweltorientierten Umgang mit den studentischen Zweifeln aussprechen. Meine These lautet, dass es Lehre zu qualitativen Forschungsmethoden, die sich – curricular bedingt – in der Regel zuerst rein theoretisch prozessiert, dergestalt nicht gelingen kann, ihren Gegenstand lebendig werden zu lassen. Infolgedessen scheitert sie daran, Studierende zur Einnahme eines aufgeschlossenen und neugierig interessierten Verhältnisses zu diesem Gegenstand beziehungsweise zum Einlassen auf eine sozialwissenschaftlich affine Haltung zu motivieren. Die nachfolgenden Beispiele sind in der eigenen Lehrtätigkeit erprobt worden. Gemeinsam haben sie, dass sie gerade nicht unbedingt dem sozialwissenschaftlichen, mitunter nicht einmal dem wissenschaftlichen Bereich entstammen. Ihrem originären Kontext entnommen, werden sie entsituiert und somit auf die jeweilige Lehr-Lern-Situation didaktisch zugeschnitten zum Einsatz gebracht. Das Ziel des vorliegenden Artikels begründet sich demnach darin, Einblicke in getätigte Erfahrungen zu geben, von einem, der auszog, das (qualitative) Forschen – und eben nicht das Fürchten – zu lehren und sich dabei nicht mit disziplinspezifischen Kursmaterialen wie Lehrbuchbeiträgen oder exemplarischen Studien zufriedengab.

Beginnen werde ich mit einem Problemaufriss. Anschließend folgt eine separate Betrachtung studentischen Unbehagens und wie diesem begegnet werden kann. Abschließend soll außerdem die Frage thematisch werden, inwieweit (qualitative) Sozialforschung eine politische Praktik sei, inwieweit also mit dem Verstehen der sozialen Welt ein Imperativ zutage trete, gegen potenziell identifizierte Missstände zu intervenieren oder gar, inwieweit einem solchen Imperativ forschungsprozessual womöglich ohnehin bereits nachgegangen werde; kurz: Welche Rolle spielt Kritik in der qualitativen Sozialforschung? Solcherlei Fragen sind kein bloßes Glasperlenspiel und ebenso wenig Ausdruck einer politischen Agenda meinerseits. Stattdessen soll das didaktische Potenzial solcher Überlegungen zum Ausdruck gebracht werden. Neben dem primären Fokus auf vordergründig theoretisch ausgerichtete Bachelor-Einführungsveranstaltungen – denn höheren Semestern scheint jedwede Skepsis zunehmend institutionell abtrainiert – argumentiert dieser Beitrag aus einer dezidiert erziehungswissenschaftlichen Perspektive. Darin begründet sich der Versuch, der in Lehr-Lern-Fragen vorherrschenden Dominanz der Lernpsychologie und einer daraus resultierenden diskursiven Verlagerung vom Lehren hin zum Lernen offensiv entgegenzutreten.

Lebenswelt Sozialwissenschaft – ein Problemaufriss

Wissenschaft – so Max Webers prominentes Diktum – sei die »Entzauberung der Welt« (2018 [1919], 59), trage einer sich sukzessive entfaltenden Intellektualisierung Rechnung und ermögliche eine reglementierte, allen voran rationale Orientierung innerhalb der Welt (vgl. 2018 [1919], 58). In den Disziplinen der Geistes- und Sozialwissenschaften konzentriert sich eine solche Entzauberung auf soziale Zusammenhänge und die Sinnhaftigkeit menschlichen Handelns, um damit verbundene empirische Phänomene zu verstehen und nach Möglichkeit begrifflich hinreichend zu erfassen. Das entsprechende Feld, welches für derartige epistemologische Verstehens- und Erklärungsversuche sowohl unterschiedliche Datenerhebungs- als auch Auswertungsinstrumentarien bereithält, ist die empirische Sozialforschung. Unter methodisch kontrolliertem Vorgehen artikuliert sich ihr Anspruch in einer systematischen Analyse gegenstandsbezogener Fragestellungen, um empirisch fundierte Aussagen treffen zu können, die über den konkreten (Einzel-)Fall hinausreichen (vgl. Flick 2009, 15). Der Forschungsgegenstand der Sozialforschung – das Soziale, als eine Assemblage von Individuen, die als denkende, sinnstiftende und handelnde Akteur_innen agieren – erweist sich indes als ungemein komplex, wie allein dieser Versuch einer Minimaldefinition zutage fördert. Das standardisierte, rein deduktive Vorgehen mitsamt seines falsifikatorischen Wahrheitsbegriffs (vgl. Hörisch 2005, 19) muss daher schlechterdings des Öfteren an die Grenzen des Messbaren, Quantifizier- und Repräsentierbaren stoßen, zeichnet sich doch das Soziale gerade durch dessen Unebenheit (vgl. Laclau 2002, 73) sowie dessen Unübersichtlichkeit (vgl. Habermas 1985) aus, sodass es zuweilen eines ausdifferenzierteren Denkstils bedarf, um einen solch vielschichtigen Gegenstand zu erfassen. Insbesondere zwei Thesen aus den 1980er Jahren unterstreichen das sysiphale Unterfangen, den je besonderen Phänomenen sozialer Wirklichkeit mithilfe eines bloßen Überstülpens allgemeingültiger Regeln und Gesetze habhaft zu werden. Einerseits die Individualisierungsthese (vgl. Beck 2016 [1986]), die eine Diversifizierung von Lebenslagen, -stilen, -weisen und -(ver)läufen konstatiert. Andererseits die Anerkennung des postmodernen Paradigmas beziehungsweise der Flüchtigkeit moderner Parameter, in der jedwede Form sozialer Zusammenhänge, Beziehungen und Bindungen allenfalls vorübergehend sei (vgl. Bauman 2016 [2000]) – ebenso wie Werte und Wissen auf Basis bislang allgemeingültig legitimierter Erzählungen, aufgrund eines »Veralten[s] des metanarrativen Dispositivs der Legitimation« (Lyotard 2015, 24; frz. Orig. 1979). Dies hat jedoch keineswegs die »Auflösung des Legitimationsproblems von wissenschaftlichem Wissen überhaupt zur Folge, sondern führt zu einer Konkurrenz zwischen zwei denkbaren Alternativen: der Legitimation von wissenschaftlichem Wissen durch Performativität (Geltung durch Wirksamkeit) oder durch Paralogie (Geltung durch innovativen Regelbruch)« (Kubac 2009, 21). Angewandt auf die qualitative Sozialforschung eröffnet das sogenannte »Sinnproblem der Wissenschaft« (Weber 2018 [1919], 56) unter ebendiesen Prämissen eine zusätzlich unbehagliche Dimension. Zum einen wäre da die von Weber konstatierte prinzipielle Gefahr, das eigens produzierte und sorgfältig ausgearbeitete Wissen könne alsbald überholt sein – wobei dies zugleich zum Postulat einer autonomen, voraussetzungslosen Wissenschaft zu zählen sei. Zum anderen offenbart die beschriebene Pluralisierung der Lebenswelten und deren potenziell differenzierter Wirklichkeitskonstruktionen (vgl. Berger und Luckmann 2007 [1966]) eine epistemologische Letztbegründungsproblematik (vgl. Albert 1991 [1968]). Daraus resultieren nicht nur Bedenken hinsichtlich einer Limitation der Reichweite theoretischer Aussagen (vgl. Merton 1995; engl. Orig. 1949), wie sie insbesondere qualitativ forschend generiert werden. Weitaus gravierender scheint der in Anbetracht dessen sich nicht unberechtigterweise artikulierende Skeptizismus, mit dem Lehrende – führen sie in die qualitative Sozialforschung ein – früher oder später konfrontiert werden und der sich in Weber’scher Manier wie folgt formulieren ließe: »Warum betreibt man etwas, das in der Wirklichkeit nie zu Ende kommt und kommen kann?« (2018 [1919], 57); und ich möchte ergänzen: Warum betreibt man etwas, das mithilfe immens aufwendiger Verfahren ein Wissen produziert, welches entweder gar nicht neu ist oder dessen Generalisierungs- beziehungsweise Wirkungsgrad allenfalls zweifelhaft anmutet. Diese Vorbehalte lassen sich zu Fragen der Güte – oder besser: der Qualität – qualitativer Forschung verdichten, zeugen jedoch zugleich von einer Diskrepanz zwischen Alltagswissen (Doxa) und Wissenschaftswissen und lassen sich ferner auf noch unzureichende Kenntnisse hinsichtlich eines forschend-analytischen Vorgehens zurückführen.

Obliegt einem nun der Auftrag, Studierende mit der qualitativen Forschung bekannt zu machen – denn allzu oft lag ihnen diese Art des Wissenserwerbs wie gleichermaßen der damit einhergehende spezifische Blick auf die Welt fern –, lassen sich meines Erachtens zwei Möglichkeiten differenzieren. Es ließe sich darauf beschränken, Studierende mit der Methodenvielfalt vertraut zu machen, ihre jeweiligen Ansprüche und Verfahrensweisen darzulegen und vielleicht sogar, auf ihre potenziellen Relationierungen hinzuweisen: Was hängt miteinander zusammen; was baut aufeinander auf; was ist an der gleichen Wissensform interessiert etc.? Dergestalt trüge man einem (Aus-)Bildungsauftrag Rechnung, der Bildungsinstitutionen seit der Bologna-Reform innewohnt, nämlich einem umfassenden Kompetenzerwerb. Im Idealfall wären Studierende am Ende des Semesters somit in der Lage, den in der jeweiligen Prüfungsordnung checklistenartig aufgezählten Lernzielen Genüge zu leisten. Die Universitäten oder Hochschulen kleiden sich mit derlei Prüfungsordnungen – wie sie flächendeckend zu finden sind – in den Mantel einer meritokratischen Gesellschaftsidee, die gar nicht erst den Anspruch hegt, progressiv denkend vorauszuschauen, sondern sich hingegen mit einem Bestand bloßer Kompetenzen zufriedengibt. Dass dieser Mantel allenfalls ein Flickwerk ist und das Wissen – einst erworben, um es in bisweilen gar standardisierten Prüfungen wiederzugeben – unmittelbar durch die löchrigen Taschen verloren geht, scheint einerlei. Lehrveranstaltungen vom Typus teaching to the test genügen sich mit dem prüfungsvorbereitenden Nennen und Erklären von Wissen – in diesem Fall: Forschungsmethoden. Das Verstehen, beispielsweise indem ausführlich das den unterschiedlichen Methoden zugrunde liegende sozialtheoretische Fundament offenbart wird, ist nicht Ziel solcher Veranstaltungsreihen und kann es schlechterdings nicht sein, lassen sich doch Verstehensprozesse nicht in separate Lernziele operationalisieren. Natürlich ist dies eine bewusste Persiflage der Curricula von Bachelorstudiengängen. So beschränkt sich die Idee solcher Methodenkurse selbstredend nicht auf die erfolgreiche, aber letztlich irgendwie unnütze Wissenswiedergabe, deren Lernprozess gerne als bulimisches Lernen (vgl. Florin 2014, 61) karikiert wird. Vielmehr wird von Studierenden durchaus eine Art Basiskompetenz erwartet, die später, im Zuge etwaiger Forschungsseminare, zur Anwendung kommen soll. Dort wird methodisches Know-how nunmehr vorausgesetzt, um eigene Forschungserfahrungen zu sammeln und das besagte Wissen im Modus eines erfahrungsbasierten, wiederum sinnstiftenden – weil gleichermaßen aktiven wie reflexiven – Lernens (vgl. Dewey 2011; engl. Orig. 1938) zu festigen. Was in diesen sogenannten Forschungsseminaren erwartet wird, sind Studierende, die es vermögen, eine qualitativ forschende Haltung einzunehmen beziehungsweise eine solche zu (re-)aktivieren. Dies hätte jedoch vorausgesetzt, die besagten Einführungsveranstaltungen – in denen Lernende mit den Gegebenheiten wissenschaftlichen beziehungsweise qualitativ-sozialforschenden Arbeitens erstmalig konfrontiert wurden – nicht auf eine basale Vorstellung und aneinanderreihende Aufzählung mehr oder weniger differenzierter Forschungsmethoden zu beschränken, sondern sense und sensibility zu lehren. Es hätte bedurft, den Studierenden zu ermöglichen, eine entsprechende Haltung kennenzulernen, diese idealiter zu inkorporieren und somit letztlich eine Einführung in einen Denkstil (vgl. Fleck 2017 [1935]) vorzunehmen. Denn jener Denkstil ist es, der letztlich vorausgesetzt wird und dessen allzu häufig offensichtliches Nichtvorhandensein später wiederum auf Verwunderung, wenn nicht gar auf Unverständnis vonseiten der Dozierenden stößt.

Diese Missstände zum Ausgangspunkt nehmend möchte ich nachfolgend auf ein adaptiertes Lehrprojekt aufmerksam machen, das den Anspruch hegt, auch innerhalb von Lehrkonzeptionen, die ein Erfahrungslernen in Anbetracht prekärer Rahmenbedingungen notgedrungen auszuklammern haben, zumindest eine Ahnung dessen anzubieten, was es bedeutet, auf qualitativ forschende Weise Wissenschaft zu betreiben und welche Legitimation oder gar Vorzüge solch ein methodisches Vorgehen aufzuweisen vermag.

Spannungszustände im Lehren und Lernen qualitativer Forschungsmethoden2

Qualitative Forschung erfährt in den Sozialwissenschaften zunehmend Aufmerksamkeit, darauf lässt allein die Vielzahl entsprechender Publikationen schließen – von Überblicks-, Einführungs- und Spezifizierungswerken bis hin zu Qualifikationsarbeiten. Dass es sich jedoch mitnichten um einen geradlinigen, ungehinderten Siegeszug handelt, lässt sich anhand der Disziplin der Bildungs- und Erziehungswissenschaften exemplifizieren. Allein deren Bezeichnung erfuhr in den zurückliegenden Dekaden einige Neujustierungen. Aus der allgemeinen, sich als normierende Geisteswissenschaft verstehenden Pädagogik wurde die sozialwissenschaftlich fundierte Erziehungswissenschaft,3 welche weitgehend auf den kritischen Rationalismus (vgl. Popper 2002 [1934]) und dessen positivistisches Theorieverständnis rekurriert. Diese hegemoniale Referenz bleibt nicht ohne Konsequenzen, denn »[d]as bedeutet auf einer epistemologischen Ebene den Verzicht auf eine philosophische Begründung systematischer Überlegungen, wenn unter philosophischer Begründung die kategoriale und begriffliche Erschließung von Realitätsphänomenen verstanden wird« (Casale 2011, 47). Die gegenwärtig zu beobachtende Verschiebung des Aufmerksamkeitsbereichs und infolgedessen sukzessive sich in der Eigenbezeichnung niederschlagende Neuausrichtung von der Erziehungs- hin zur Bildungswissenschaft markiert nicht etwa eine Rückbesinnung auf normative Ursprünge, sondern fällt im Fahrwasser der PISA-Studien einer sich abermals dem quantitativen Paradigma verschriebenen empirischen Bildungsforschung (Stichwort Kompetenzdiagnostik) anheim. Die Zäsuren der realistischen Wende (vgl. Roth 1963; Brezinka 1975 [1967]), des sogenannten Positivismusstreits (vgl. Adorno et al. 1971) sowie letztlich der (zweiten) empirischen Wende im Zuge der internationalen Schulleistungsstudien leisten einer Dominanz quantitativ ausgerichteter empirischer Sozialforschung weiterhin Vorschub, wenngleich in der Erziehungswissenschaft durchaus eine bemerkenswerte qualitative Forschungslandschaft existiert (vgl. Friebertshäuser et al. 2013). Nichtsdestotrotz erweist sich die Vorherrschaft des standardisierten Denkens, mit dem Studierende oftmals bereits auch vor ihrer Zeit an höheren Bildungsinstitutionen in Berührung kamen, in der Lehre dezidiert qualitativer Methoden durchaus als bedeutsame Hürde. Während Mittelwert, Normalverteilung und Standardabweichung nicht unbedingt unbekannt sind und Zahlen offenbar ohnehin einen höheren, wenn nicht Wahrheits-, so doch wenigsten Objektivitätsanspruch für sich geltend machen können, scheint die Tatsache, dass methodisch kontrolliert zustande gekommene Ergebnisse mithilfe qualitativer Verfahren ebenfalls einen Geltungsanspruch erheben, der sich jedoch einerseits nicht numerisch übersetzen lässt und andererseits womöglich gar geltendem Wissen opponiert, recht schnell anmaßend zu wirken und von studentischer Seite nicht selten auf sichtbare Skepsis bis hin zu artikulierter Resistenz zu stoßen: »Das ist ja jetzt deren Interpretation«, heißt es zuweilen; insbesondere dann, wenn die Analysen Emotionen evozieren und Menschen oder Menschengruppen vermeintlich in »Schubladen« zu stecken scheinen. Das Lyotard’sche Diktum, wonach eine Arbeitshypothese nach einer bestimmten Distinktion und demnach nach einem gewissen Diskriminierungsgrad verlange (vgl. Lyotard 2015, 37),4 liegt ihnen fern. Dieser Umstand mag disziplinspezifisch variieren. So scheint es beispielsweise Unterschiede zu geben zwischen Studierenden, die einen weitgehend praxisnahen Studiengang absolvieren, und solchen, deren Zukunftsszenarien facettenreicher aufgestellt sind und nicht selten auch im Wissenschaftsbetrieb münden. Gerade Studierende der Erziehungswissenschaft scheinen allzu oft durch einen ausgeprägten Altruismus ausgezeichnet, sodass sie sich schwertun, Bezeichnungen vorzunehmen und Dinge, Sachverhalte oder Phänomene begrifflich zu fixieren. Ferner liegt dieser Fachrichtung ohnehin eine wahrnehmbare Problemlösungsambition zugrunde. Mit wissenschaftlichen Analysen einhergehende Abstraktionen stoßen infolgedessen mitunter auf eine doppelt begründete Widerstandshaltung: Die Untersuchungsergebnisse führten am konkreten Problem vorbei und seien darüber hinaus nicht nur rein subjektiv, sondern zudem verletzend und diskriminierend. Die Fetischisierung des Individuellen und Partikularen einerseits sowie die dogmatische Setzung vorhandenen Alltagswissens andererseits scheinen einer Anerkennung sozialwissenschaftlichen Denkens zu opponieren beziehungsweise mit Letzterem phasenweise schlichtweg unvereinbar.5 Dieser Aspekt erweist sich gegenwärtig als besonders virulent, ob des zunehmenden Skeptizismus der politischen Öffentlichkeit gegenüber der Wissenschaft und ihren Erkenntnissen im Allgemeinen – bis hin zur Diffamierung.

Alltagswissen versus wissenschaftliches Wissen

Das Ziel von Wissenschaft ist ein epistemologisches; ihre Orte sind die Universitäten und Hochschulen. Derrida schreibt über die Universität, dass an ihnen »nichts anderes stattfindet als die Erzeugung und Lehre von Wissen, das heißt von Erkenntnissen, die prinzipiell in Form nicht performativer, sondern konstativer Äußerungen zur Sprache gebracht werden« (Derrida 2001, 41; Hervorh. i. O.). Für das im Seminarraum auftretende Konkurrenzverhältnis von Alltags- und Wissenschaftswissen ist dieser rein konstative Gehalt problematisch, da dies bedeutet, dass akademisches Wissen als Autorität schlichtweg präsentiert wird, mit der Erwartungshaltung, dass dieses von Studierenden unhinterfragt anerkannt werde – schließlich partizipieren sie nunmehr an der Perpetuierung der Institution und deren Wahrheitsdispositiv (vgl. Foucault 1978). Berücksichtigt man jedoch Foucaults Analysen hinsichtlich der Relationierung von Wissen und Macht,6 verkompliziert sich notgedrungen die Lehranforderung. Wie lassen sich Studierende auf der einen Seite für wissenschaftliche Analysen erreichen, wie lässt sich eine dahingehende Offenheit konstituieren, ohne auf der anderen Seite zugleich einen wünschenswerten, zum Teil wiederum im Alltagswissen begründeten, kritischen Blick von Vornherein im Keim zu ersticken. Hier wird deutlich, dass das von Studierenden mitgebrachte außerakademische Wissen und die daraus resultierende Skepsis natürlich ihren Wert haben. Ziel ist es nicht, in eine naive Obrigkeitshörigkeit hinein zu sozialisieren, sondern ein Austarieren von Offenheit und Skepsis zu erreichen. Voraussetzung dafür bleibt jedoch, dass Studierende zumindest die Dominanz ihrer Alltagserfahrungen relativieren; dass sie bereit sind, »sich der Autorität des Gewussten zu entziehen« (Steinweg 2018, 17). Zwar sind beide Wissensformen erfahrungsbasiert, jedoch liegen ihnen unterschiedliche Intensitäten von Handlungsdruck beziehungsweise -entlastung zugrunde, sie lassen sich in ihrem Einsatz von Intuition und abgesichertem, theoretischem Wissen differenzieren, sie stellen verschiedene Ansprüche hinsichtlich Konkretion und Abstraktion, und verlangen schließlich unterschiedliche Grade an Kontrolle und intersubjektiver Nachprüfbarkeit (vgl. Flick 2014, 13). Um Studierenden dies nahezubringen, kann ein Heraustreten aus der sozialwissenschaftlichen Disziplin helfen. So scheint ein Führwahrhalten wissenschaftlicher Erkenntnisse gemeinhin bei medizinischen Exkursen auf höhere Bereitschaft zu stoßen (vgl. etwa Fleck 2017 [1935]). Dass Ludwig Fleck sich argumentativ auf die begriffliche »Entstehungsgeschichte« der Syphilis stützt, ist insofern interessant, da auch ich nachfolgend zwei dahingehende Beispiele vorstellen werde, die sich hinsichtlich der Ambivalenz von Alltags- und Wissenschaftswissen didaktisch gewinnbringend ins Feld führen lassen.

Zu den biografischen Schriften Michail Bulgakows gehören die sogenannten Arztgeschichten (vgl. 1993; sowj. Orig. 1926). In einer Passage wird beschrieben, wie Bulgakow – seinerzeit als einziger Arzt in einer abgelegenen ländlichen Region tätig – bei einem Patienten, der allein des Halswehs wegen den medizinischen Rat sucht, nach gründlicher Anamnese Syphilis diagnostiziert. Der Dialog, in welchem dem Patienten schließlich die Diagnose mitgeteilt wird, offenbart auf gleichermaßen einprägsame wie amüsante Weise, wie unterschiedliche Diskursformen kollidieren und nach einer Übersetzung suchen:

»›Schauen Sie, Sie haben eine üble Krankheit, die Syphilis.‹ […]

›Was ist das?‹ fragte der Mann mit der marmorierten Haut. […]

›Sie haben Syphilis! Das ist eine sehr ernste Krankheit, die den ganzen Organismus erfaßt. Ihre Behandlung wird lange dauern.‹ […]

›Ich bin heiser‹, sprach der Patient. […] ›Ich müßt was für den Hals kriegen.‹ […]

So ging das Gespräch weiter. […] Es war kein Gespräch, es war ein Monolog. Ein glänzender Monolog, für den jeder Professor dem Studenten im fünften Studienjahr eine Eins gegeben hätte. Ich entdeckte in mir gewaltige Kenntnisse auf dem Gebiet der Syphilis und einen nicht alltäglichen diagnostischen Riecher. […]

›Sie werden Einreibungen machen. Sie bekommen sechs Päckchen Salbe. Ein Päckchen pro Tag … so…‹ […] ›Heute den Arm, morgen das Bein, dann wieder den Arm, den anderen.‹ […] ›Außerdem müssen Sie aufmerksam Ihre Zähne beobachten und den ganzen Mund für die Dauer der Behandlung. Ich geb Ihnen was zum Gurgeln. Jedesmal nach dem Essen gurgeln.‹

›Und der Hals?‹ fragte der Patient heiser, und ich merkte, daß er nur bei dem Wort ›gurgeln‹ aufhorchte.

›Ja, auch den Hals.‹« (Bulgakow 1993, 90ff.)

Die Geschichte kulminiert, als der Patient das Behandlungszimmer verlässt und im Warteraum die ärztlichen Kompetenzen gegenüber einer anderen Patientin bewertet. Bulgakow wird zufällig Zeuge dieses Verdikts:

»›Schlecht behandelt er. Ist noch jung. Verstehst du, ich hab einen Frosch im Hals, aber er kuckt und kuckt … auf die Brust, den Bauch. […] Mein Gott! Mir tut der Hals weh, und er gibt mir ’ne Salbe für die Beine.‹« (1993, 93)

Der relevante, hier etwas verkürzte Auszug dieser Geschichte umfasst keine vier Seiten. Man kann ihn gemeinsam mit Studierenden lesen, oder ihnen die entscheidenden Abschnitte präsentieren. Die Absurdität der Erzählung ist selbstevident, sodass sich anschließend diskutieren lässt, weshalb die dargelegte Resistenz gegenüber der ärztlichen Diagnose unklug, ja gar lächerlich sei, warum jedoch zugleich eine Skepsis – an dieser Stelle ließen sich im Seminarkontext etwaig bereits zur Sprache gekommene Beispiele anbringen – gegenüber sozialwissenschaftlich generiertem Wissen bisweilen weiterhin vorherrscht. Studierende werden auf diese Weise in eine Reflexion gezwungen; sowohl ihrer eigenen Wissens- und Glaubensgrundsätze als auch ihrer persönlichen Ansprüche an die Geltung wissenschaftlichen Wissens.7

Das zweite Exempel entspringt der Feder Yanko Tsvetkovs (vgl. 2013), der einen Atlas der Vorurteile konzipierte. Einführend erläutert er die Konzepte der Vorurteile und Ressentiments anhand der Historie von Syphilis, allen voran durch die divergierende Benennung des symptomatischen Auftretens dieser Krankheit an unterschiedlichen geografischen Orten – bevor Syphilis im Jahr 1530 als solche begrifflich geprägt wurde:

»Die Italiener, die Deutschen und die Polen nannten sie die ›Französische Krankheit‹, während die Franzosen von der ›Italienischen Krankheit‹ sprachen. Die Holländer beharrten auf der ›Spanischen Krankheit‹. Auf der anderen Seite des Kontinents waren die Russen davon überzeugt, dass es die ›Polnische Krankheit‹ sei. Die osmanischen Türken im Süden waren nicht so kleinlich und sprachen einfach von der ›Christen-Krankheit‹« (Tsvetkov 2013, 14).

Zweifellos stehen bei dieser Narration weniger akkurate bakteriologische Charakteristika oder politische Geschichtsschreibungen im Vordergrund als vielmehr die Versinnbildlichung der gesellschaftlichen Konstruktion von Wirklichkeit – und eben nicht, wie Helmuth Plessner (vgl. 2007, IX) zu Recht insistiert, die Konstruktion gesellschaftlicher Wirklichkeit. Auf diese Weise kann im Sinne des das sozialwissenschaftliche Denken und Arbeiten gleichermaßen rahmenden interpretativen Paradigmas (vgl. Wilson 1973) verdeutlicht werden, dass die soziale Welt nicht als gegeben vorauszusetzen sei (vgl. Plessner 2007, IX), sondern »daß die Kriterien jeder Art von Wirklichkeit sozialen Charakter haben« (2007, IX): Menschliche Akteur_innen deuten und sinnbefüllen die Welt aktiv, um auf der Grundlage dieser Wirklichkeitskonstruktionen zu handeln. Im Anschluss an diese Beispiele ließe sich zu den Kennzeichen qualitativer Forschung überleiten. Die Notwendigkeit einer methodischen und theoretischen Gegenstandsangemessenheit, die Diversität von Perspektiven beteiligter Akteur_innen, somit ebenso die unablässige Reflexivität von Forschung sowie Forschenden und schließlich die daraus sich nahezu von selbst verstehende Pluralität theoretischer Ansätze und qualitativer Forschungsmethoden (vgl. Flick 2009, 26–30) können auf diese Weise – so meine Erfahrung – plausibel dargelegt werden.

Individuelle wie kollektive Lebenserfahrungen – so sollte Lernenden verdeutlicht werden – sind prägend, aber eben potenziell je unterschiedlich prägend für die jeweilige Biografie. Das beschriebene Beispiel zur Relationierung von Syphilis und Vorurteilen ist recht simpel gestrickt. Daher muss in Lehrveranstaltungen darauf hingewiesen werden, dass die eigene Wissensfundamente konstituierenden Erfahrungen mitunter jedoch weniger offensichtlich und dementsprechend durch beforschte Personen potenziell gerade nicht ohne Weiteres zu explizieren seien. Stattdessen vollziehen sie sich nicht selten »heimlich und verstohlen, mehr, indem sie etwas anregen als in Gang setzen, und mehr durch ein Set von Optionen, das sie abgrenzen, als durch bewusste, wohlüberlegte Wahl« (Bauman 2017, 35). Die Aufgabe qualitativer Forschung – so könne entsprechend herausgehoben werden – liege darin, die für das jeweilige Handeln prägnanten Erfahrungen und insbesondere die diesbezüglichen Interpretationen dieser Handelnden zu rekonstruieren.

Aus dieser Einsicht kann und sollte eine Irritation aufseiten der Studierenden vonstattengehen, nämlich die Erkenntnis der Negation einer reinen Wahrheit als Ergebnis sozialwissenschaftlicher Forschung, zugunsten einer Relativierung und Ausdifferenzierung von Wahrheiten, derer es so viele gibt »wie Fenster, hinter denen Leut’ sitzen, die irgendetwas gesehen oder gehört oder gerochen oder immer schon gewusst haben wollen« (Seethaler 2018 [2012], 238). Die Lehre hat bewusst in die studentischen Vorstellungen von Eindeutigkeit, Geschlossenheit und einem begrifflich immer schon vollends Bestimmten zu intervenieren, um die Aufmerksamkeit auf die Komplexität und Kontingenz der Welt zu richten (vgl. Steinweg 2018, 59) und den Blick für Neues und Künftiges zu öffnen (vgl. Oevermann 1991).8 Ebenso wie die Studierenden diese Widersprüche auszuhalten haben, gilt es für Dozierende, studentische Unsicherheiten zu akzeptieren, diese immer wieder exemplarisch aufzunehmen und in die Veranstaltungskonzeption zu integrieren.

Ein weiteres – hier nur kurz angeführtes – Beispiel bietet in diesem Zusammenhang ein Interviewauszug aus einem journalistischen Gespräch zwischen Richard Schneider und dem inzwischen verstorbenen Uri Avnery (vgl. Schneider 1998). Auf die Frage nach Avnerys Mitgliedschaft als Jugendlicher in einer als extremistisch klassifizierten jüdischen Organisation antwortet dieser:

»Meine Erfahrung sagt, dass der Unterschied zwischen Terrorismus und Befreiungsarmee darin besteht, daß die Terroristen immer auf der anderen Seite sind und die Befreiung immer auf unserer Seite. Daher betrachteten wir uns nicht als Terroristen, sondern als Freiheitskämpfer – die andere Seite betrachtete uns als Terroristen« (1998, o. S.).

Ziel der Lehre muss demnach sein, einer Vereinfachung beziehungsweise Vereindeutigung (vgl. Bauer 2018) Vorschub leistenden Naivität und fehlenden Reflexion gegenüber einer hegemonialen abendländischen Diskursstrategie vernunftbasierter Rationalisierung – die immer schon eine Eindeutigkeit der Welt zu implizieren scheint – zu opponieren.9 Nichtsdestotrotz verfügt die bislang stark gemachte Irritation über eine Kehrseite, die sich nun regelmäßig auf die seminarspezifische Agenda drängen wird, nämlich die Frage nach dem Objektivitäts- sowie Wahrheitsgehalt qualitativer Forschung.

Objektivitäts- und Wahrheitsfragen?

Die diesem Abschnitt zugrunde liegende Frage lautet: Wie kann in Anbetracht pluralistischer Wahrheiten auf der Mikroebene des Sozialen, in Verbindung mit der Subjektivität der_des Forschenden als unumgänglich involviertes Instrument des gesamten Forschungsprozesses (von der Formulierung der Forschungsfragestellung über die Datenerhebung bis hin zu deren Auswertung), überhaupt von Ergebnissen mit einem Anspruch auf Generalisierung und Gültigkeit die Rede sein? Meines Erachtens werden hier zwei Ambivalenzen thematisch, die eine Ins-Verhältnis-Setzung zum Lehr-Lern-Gegenstand beeinflussen können: zum einen Aspekte der epistemologischen Möglichkeitsbedingungen von qualitativ generierten Theorien mit hinreichendem Geltungsanspruch – also die Frage nach Güte und Qualität qualitativer Forschung. Zum anderen wird hier jene Dimension tangiert, die nach dem praktischen Zustandekommen von Aussagen mit Generalisierungscharakter fragt: Wie lässt sich überhaupt vom Fall zur Theorie (vgl. Funcke und Loer 2018) beziehungsweise zum Typus (vgl. Kelle und Kluge 1999) gelangen?

Zur Güte und Qualität qualitativer Forschung?

Während das Vertrauen in naturwissenschaftliche Forschungsergebnisse ungebrochen scheint, werden von Studierenden des Öfteren Zweifel an sozialwissenschaftliche Analysen herangetragen; dabei gerät die vermeintliche Standfestigkeit ersterer mitunter durchaus ins Wanken. Die Wissenschaftsgeschichte ist voll von scheinbar wahren Erkenntnissen, die nicht nur zwei Epochen erfahren haben – »eine klassische, in der alles auffallend stimmt und dann eine zweite, in der sich erst die Ausnahmen melden« (Fleck 2017 [1935], 15) –, sondern denen eine dritte widerfuhr: jene der umfassenden Widerlegung. Warum also nicht didaktisch abermals das Moment der Irritation nutzen und Studierenden verdeutlichen, dass die Subjektivität der Forschenden in jede Art epistemologischen Vorgehens unhintergehbar inskribiert ist, um so den fadenscheinigen Begriff der Objektivität von dem urteilenden Denken abzuwenden.

Auf das diesbezüglich erste, beinahe schon tragische Beispiel rekurrieren Daston und Galison (vgl. 2017). Es ist die Geschichte des Physikers Arthur Worthington (vgl. bspw. 1877), der Ende des 19. Jahrhunderts Experimente durchführte, in denen er unterschiedliche Flüssigkeiten auf eine Oberfläche tropfen ließ. Das Beobachtete fixierte er durch Handzeichnungen und schrieb somit – wie von ihm ohnehin vermutet – die »Morphologie der Natur […] in perfekter Symmetrie« (Daston und Galison 2017, 9) fest. Somit wirkte er an dem seinerzeit rezenten Projekt mit, »die Welt in ihren […] Regelmäßigkeiten zu erfassen« (2017, 9). Als Worthington später schließlich die Fotografie zu Zwecken verbesserter Genauigkeit und intensivierter Objektivität in seine Experimente mit einzubeziehen vermochte, musste er zu seinem eigenen Erschrecken feststellen, dass sich die angefertigten und über Dekaden hinweg publizierten Zeichnungen symmetrischer Bilder als »idealisierte Trugbilder« (2017, 11) herausstellten:

»Ich muß zugeben daß ich bei der Durchsicht meiner ursprünglichen Zeichnungen viele unregelmäßige oder nichtsymmetrische Figuren abgebildet finde, aber für die Abfassung der Geschichte mußte ich diese weglassen, schon deswegen, weil genau gleiche Unregelmäßigkeiten nie zweimal vorkommen. So hat der Beobachter vor seinem inneren Auge einen idealen Spritzer […] von einer Vollkommenheit, die sich in der Realität vielleicht nie findet« (Worthington 1895; zit. n. Daston und Galison 2017, 11).

Das zweite Bespiel lässt sich zusammengefasst in der New York Times nachlesen (vgl. Mooallem, 2010) und zeigt auf ähnlich frappierende Weise, wie das, was Forschende zu sehen glauben, immer schon in das durch sie produzierte Wissen eingeschrieben sein kann. So rüttelten die Biolog_innen Brenda Zaun und Lindsay Young infolge ihrer Forschung zu Laysanalbatrossen zufällig an dem hegemonialen Heteronormativitätsnarrativ, dessen Vormachtstellung beispielsweise davon zeugt, dass dieses konstruierte Ideal in einer anthropomorphen Askription auf die Tierwelt übertragen wird. Laysanalbatrosse finden sich nach mehrmonatiger Trennung zeit ihres Lebens jedes Jahr aufs Neue mit ihren Partner_innen zusammen, um sich fortzupflanzen und gemeinsam zu brüten. Es ist die ideale Liebesgeschichte, die gar von Gleichberechtigung hinsichtlich des Brutvorgangs, der Betreuung des Nachwuchses sowie der Nahrungsversorgung zeugt. Biologisch sind weibliche Laysanalbatrosse – deren Geschlechtszuweisung sich der offensichtlichen Identifizierung entzieht – lediglich zum Legen eines Eies jährlich in der Lage. Und dennoch: Bereits seit 1919 fanden Biolog_innen regelmäßig Nester mit zwei Eiern; ein Phänomen, das sogar einen wissenschaftlichen Terminus (supernormal clutch) erhielt, um somit wiederum dem gängigen Wahrheitsdispositiv begrifflich Rechnung zu tragen. Die Erklärungen ließen nicht lange auf sich warten. Entweder müsse es sich um einen genetischen Defekt handeln, der den betroffenen Weibchen das Legen von zwei Eiern ermöglicht, oder es muss sich wiederholt zutragen, dass Eier in falschen Nestern (ab-)gelegt werden, oder aber, das gleiche Nest würde – selbstredend zu unterschiedlichen Zeiten – von zwei Weibchen benutzt werden müssen. Als Zaun und Young 2004 in einer Kolonie auf Kaena Point (O’ahu Hawaii) eine Regelmäßigkeit im Auftreten des supernormal clutch hinsichtlich der betroffenen Nester beobachteten, nahmen sie einer Ahnung wegen DNA-Proben und stellten fest, dass diese Albatrosse zwar tatsächlich monogam zu leben scheinen, jedoch knapp ein Drittel aller Paare dies in gleichgeschlechtlichen Lebenspartner_innenschaften tut (vgl. Young et al. 2008).

Die aufgeführten Studien können didaktischen Einsatz finden, um auf die Ubiquität von Subjektivität jedweder Forschung hinzuweisen. Der »Blick von nirgendwo« (Haraway 1995, 80) existiert nicht; er kann schlechterdings nicht existieren. Die Erkenntnistheorie ist an Erkennende gebunden, die ihrerseits unumgänglich situiert sind und mit einer bestimmten Perspektive, gar mit einem spezifischen Erkenntnisinteresse auf die Welt und die sie interessierenden Phänomene blicken. Umso wichtiger – und dies beansprucht die qualitative Sozialforschung für sich ausdrücklich –, diese Situiertheit, diese Subjektivität hinreichend zu reflektieren.10 Letztlich muss Studierenden überzeugend dargelegt werden, was bei der wissenschaftlichen Erkenntnisproduktion zu beachten sei, nämlich dass es nicht darum gehe, lediglich das zu finden, dessen man sich immer schon sicher war und es gegebenenfalls gar den Daten überzustülpen, denn: »Wenn jemand ein Ding hinter einem Busche versteckt, es eben dort wieder sucht und auch findet, so ist an diesem Suchen und Finden nicht viel zu rühmen« (Nietzsche 2015 [1896], 17). Im Sinne einer gebotenen Offenheit haben sich Forschende vielmehr fortwährend zu fragen, was zum Teufel hier eigentlich los sei (vgl. Geertz 2015 [1987], 38).

Fragen der Güte – wie sie hier thematisch wurden – werden in der scientific community vielfältig besprochen (siehe etwa Steinke 2000; Misoch 2015; und für ein überfälliges Weiterdenken insb. Strübing et al. 2018). Mit Geertz (2015 [1987], 42f.) ließ sich deren Notwendigkeit sinnbildlich akzentuieren:

»Mich hat das Argument, daß man – da vollständige Objektivität in diesen Dingen ohnehin unmöglich sei (was natürlich zutrifft) – genausogut seinen Gefühlen freien Lauf lassen könnte, nie überzeugt. […] [So] könnte man dann mit gleichem Recht sagen, daß man – da eine völlig keimfreie Umgebung nicht möglich sei – Operationen auch in einer Kloake vornehmen könnte.«

Um Gütekriterien dezidiert im Seminar – auch unter Einbezug der Erwartungshaltung von Studierenden – anhand empirischer Arbeiten zu diskutieren, haben sich zudem Studien als konstruktiv erwiesen, die aufgrund ihres polarisierenden Forschungsgegenstandes politisch wie medial kontrovers diskutiert werden, beispielsweise die Untersuchung zu Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit in Ostdeutschland des Göttinger Instituts für Demokratieforschung (vgl. Michelsen et al. 2017) oder auch die Studie des Instituts für Protest- und Bewegungsforschung zu den Gewalteskalationen der Proteste zum G20-Gipfel 2017 in Hamburg (vgl. Malthaner et al. 2018). Hier lassen sich ins Feld geführte Subjektivitätsvorwürfe gegenüber den Forschenden im Plenum diskutieren. Argumentativ gestützt auf diskursiv divers verortete Zeitungsartikel können Studierende etwaige eigene Bedenken äußern und sich auf der Grundlage bislang erworbenen Wissens selbst positionieren. Gerade die dafür notwendige Reflexionsleistung begünstigt ein Ins-Verhältnis-Setzen zu den Zielen, Anforderungen und Möglichkeitsbedingungen qualitativen Forschens. Letztlich – vielleicht sollte dies als Minimallehrinhalt transportiert werden – ist jede Forschung nur so gut, gründlich, vertrauens- und glaubwürdig wie ihre Forscher_innen (vgl. Morse et al. 2002, 17).

Vom Fall zur Theorie?

Wie gelangt man nun aber praktisch vom konkreten Einzelfall zu generalisierbaren Analysen? Dies lässt sich auf einer ausschließlich theoretischen Ebene vermutlich kaum hinreichend verständlich machen, weswegen die vielen Vorbehalte und Einsprüche in theoretisch orientierten Einführungsveranstaltungen, welche sich die Vermittlung einer Bandbreite an methodischem Wissen auf die Agenda geschrieben haben, nur allzu nachvollziehbar sind. Regelmäßig hört man Forderungen von Studierenden, an einer aktuellen Forschung – wenn auch nur beobachtend – teilhaben zu können. Warum dies kaum möglich sein kann, lässt sich wiederum aufgreifen, wenn über Datenschutzbestimmungen gesprochen wird. Auch haben meine Kolleg_innen und ich uns nach vielen Durchläufen dazu entschieden, von einer parallel durchzuführenden Forschung in solchen Grundlagenseminaren gänzlich abzusehen, da diese in Anbetracht des Ungleichverhältnisses von Lerninhalten und zur Verfügung stehender Zeit schlechterdings fadenscheinig bleiben muss und mehr Fragen aufwirft, als sie zu beantworten vermag. Stattdessen bieten sich kleine praktische Übungen (zum Feldzugang, zur Interviewführung, zu Beobachtungssituationen etc.) an, wie sie beispielsweise von Helfferich (2011) vorgeschlagen werden.

In sogenannten Forschungsseminaren, die einen gesamten Forschungsprozess unter Fokussierung eines spezifischen methodischen Vorgehens zu durchlaufen beabsichtigen, kann diesem Vorhaben hingegen ausreichend Raum gegeben werden. Hier empfiehlt es sich, in einer Art Erwartungsrunde bestehende Unsicherheiten, Misstrauen und Bedenken im Vorfeld zu erheben und diese am Ende des Seminarzyklus – bei der Ergebnispräsentation – wieder aufzugreifen. So äußerte beispielsweise in einer Lehrveranstaltung eine studierende Person Unverständnis hinsichtlich des grundsätzlichen Nutzens qualitativer Forschung, denn was bringe es ihr, wenn sie nach der Auswertung eines Interviews wüsste, was eine konkrete Person über einen konkreten Sachverhalt denken würde. Derlei Ergebnisse würden doch lediglich auf diese eine Person zutreffen und jeder Versuch der übertragenden Verallgemeinerung müsse schlechterdings scheitern. Hier wurde also ein Unbehagen gegenüber Einzelfallstudien artikuliert, dass sich »im Fetisch der Stichprobengröße als Gütesiegel« (Oevermann 1981, 1) kleidet. Im Seminarverlauf führten der_die Student_in und die dazugehörige Forscher_innengruppe eine Interviewstudie zu der Fragestellung durch, wie sich eine chronische Krankheit auf den Lebensalltag Betroffener auswirke. Die erhobenen Daten wurden objektiv-hermeneutisch ausgewertet; der gesamte Forschungs- und insbesondere der Interpretationsprozess wurde sorgfältig protokolliert. Die Protokolle wurden zu jeder Sitzung – als Versuch einer weitgehend intensiven Betreuung bei einer Seminarstärke von über 30 Studierenden – kleinschrittig kommentiert. Bei der Vorstellung der aufwendig herausgearbeiteten Analysen gelang es der besagten Gruppe, eine Fallstruktur freizulegen, die sowohl dem konkreten Fall als auch dem diesen immer schon inhärenten Allgemeinen gerecht wurde. Sie erreichten ein Abstraktionsniveau, mit dem sie einen kritischen Blick auf gesellschaftliche Strukturen und den generellen Umgang mit chronisch kranken Menschen zu werfen vermochten. Nachdem diese ausdifferenzierte Fallstruktur vorgetragen wurde, konnten die einst zum Ausdruck gebrachten Bedenken daran gespiegelt werden. Auf der Grundlage dieser Retrospektion vermag die Einsicht, dass sich Forschungsergebnisse nicht bloß auf das Wissen um die Meinung Einzelner beschränken, reflexiv Wirkung zu entfalten. Dies geschieht, indem Studierenden ihre eigenen anfänglichen Bedenken – die sie im Zuge des durchlaufenden Forschungsprozesses sukzessive aus den Augen verlieren zu scheinen – in Erinnerung gerufen werden.

Inwiefern Abstraktionsleistungen ohnehin im alltäglichen Leben unhintergehbar in Erscheinung treten, lässt sich Studierenden allerdings ebenso verdeutlichen, ohne dass diese auf jüngst erworbene Forschungserfahrungen zurückblicken können. So lässt sich beispielsweise die Geschichte über Ireneo Funes und dessen unerbittliches Gedächtnis (vgl. Borges 2013; arg. Orig. 1942) didaktisch zum Einsatz bringen: Infolge eines Reitunfalls ist der besagte Protagonist nicht nur irreversibel gelähmt, sondern hat über jenes körperliche Leiden hinaus jegliche Fähigkeit zur Abstraktion verloren. Letzteres wird hingegen weniger als Einschränkung, denn vielmehr als eine Art Erweckungserlebnis dargelegt. So beschreibt Ireneo, er sei »gewesen wie alle: blind, taub, zu nichts nütze, ohne Gedächtnis« (2013, 115). Die Gegenwart, nun überwältigend in Anbetracht der Vielzahl an Details und unmittelbaren Einzigartigkeiten, schließt ebenso ihr Gewordensein mit ein; das Ontische und das Ontologische sind in seiner Wahrnehmung gleichermaßen präsent. Der Protagonist ordnet die Welt für sich neu und ist bestrebt, der Nichtverallgemeinerbarkeit eines jeden Phänomens, eines jeden Gegenstandes, eines jeden Seins sprachlich eindeutig gerecht zu werden: »Jedes Wort hatte sein eigenes Sinnbild, eine Art Markenzeichen« (2013, 116). Die Konsequenz dieses unmissverständlichen Denkens führt die Figur in Borges’ Werk – aus sozialer Perspektive – in die Sinnlosigkeit und auch selbst muss Funes anerkennen, dass seine Versuche aufgrund der Komplexität der Welt letztlich der Aporie anheimfallen müssen. Die Geschichte kulminiert in einer Passage, die sich exemplarisch in der Lehre einsetzen lässt, um zu verdeutlichen, inwiefern Abstraktionen immer schon Teil des alltäglichen Denkens sind und sein müssen, um die Welt in händelbare Einheiten zu ordnen; eine Aufgabe, die methodisch kontrolliert zu erfüllen sich qualitative Forschung auf die Fahnen schreibt:

»Nicht nur machte es ihm Mühe zu verstehen, daß der Allgemeinbegriff Hund so viele Geschöpfe verschiedener Größe und verschiedener Gestalt umfassen soll; es störte ihn auch, daß der Hund von 3 Uhr 14 (im Profil gesehen) denselben Namen führen sollte wie der Hund von 3 Uhr 15 (gesehen von vorn). […] Er war der einsame und geistesklare Beobachter einer vielgestaltigen, augenblicklichen und fast unerträglich deutlichen Welt« (Borges 2013, 117f.; Hervorh. i. O.).

Und somit kommt der_die Erzähler_in der Geschichte abschließend zu dem Urteil, dass Ireneo Funes zum Denken nicht länger befähigt sei, hieße doch Denken, Unterschiede ignorieren zu können, Phänomene zu verallgemeinern, vermeintlich Singuläres zu abstrahieren (vgl. 2013, 118). Jorge Luis Borges lehrt, dass es gleichermaßen sinnlos wie unmöglich sei, die Wirklichkeit identisch einzufangen und abzubilden, würde doch damit jede Erklärungslogik prinzipiell verunmöglicht.

Von der Kompetenz zur Haltung?

Das Verstehen der jeweiligen sozialtheoretischen Sichtweise stellt die Voraussetzung für das Einlassen auf und die erfolgreiche Durchführung von eine(r) Methode dar, weil durch den spezifischen Blick die methodische Gegenstandsangemessenheit diktiert wird. Aus ihr heraus begründet sich der forschungsperspektivische Fokus (auf subjektive Sichtweisen, die Herstellung sozialer Situationen oder die Hermeneutik objektiver beziehungsweise latenter Strukturen) und somit die Entscheidung für die konkrete(n) Datenerhebungs- und Auswertungsmethode(n). Ohne hinreichenden Nachvollzug dieser Prämissen kann eine sozialforschende Haltung – ein konstitutives Verhältnis zum empirisch-sozialforschenden Denkstil – unmöglich eingenommen werden. Das nachfolgende Beispiel fand daher in meiner Lehre Verwendung, um zu verdeutlichen, wie die gesellschaftliche Wirklichkeitskonstruktion vonstattengeht:

Was (auch jungen) Erwachsenen inzwischen zu selbstverständlich ist, um es sich in Erinnerung oder vor Augen führen zu können, müssen Kinder erst aufwendig lernen, und zwar bereits bevor sie über Bildungseinrichtungen gesellschaftlich institutionalisiert werden. Als primäres Lernmedium erweisen sich währenddessen nicht selten Kinderbücher, die in jede gewünschte soziale Situation einzuführen vermögen: Warum sind Opa oder Oma nicht mehr da? Warum hat mein_e Freund_in zwei Mütter, aber keinen Vater; oder eine Mutter und keinen Vater? Warum essen manche Menschen kein Fleisch? Wie finde ich Freund_innen? Solche Kinderbücher bieten ein ungeheures didaktisches Potenzial, um auf die soziale Konstruktion und Reglementierung von Wirklichkeit(en) gleichermaßen hinzuweisen. So wählte ich Kinderbücher über den Tod, um über die Regeln des kulturell »richtigen« Trauerns und Verabschiedens ins Gespräch zu kommen und anhand dessen zu diskutieren, wie sehr soziales und somit auch individuelles Denken und Handeln präformiert und präfiguriert sind. Aus didaktischer Sicht lohnt sich der Einsatz dieses Mediums allein wegen der mutmaßlichen Unvereinbarkeit, über Kinder zu reden und zugleich das soziale Phänomen des Todes zu thematisieren. Ein solches Unterrichtsmaterial fasziniert durch dessen scheinbar paradoxale Struktur und bindet infolgedessen uneingeschränkt die Aufmerksamkeit der Teilnehmer_innen.

Weniger emotional herausfordernd können jedoch ebenso der Seminarkontext und die typische Lehr-Lern-Situation thematisiert und diskutiert werden: Wer darf während der Lehre durch die Gänge schweifen, wer nicht; wer spricht, wer hingegen schweigt; warum findet keine reziproke Begrüßung statt; warum entschuldigen sich Studierende, die zu spät eintreffen etc.? Kurz – und in Anlehnung an Tolstoi: Warum gleichen alle institutionellen Lehr-Lern-Situationen einander, und inwiefern ist jede Lehr-Lern-Situation auf ihre eigene Weise unterschiedlich?

Kritik als der qualitativen Forschung inhärenter Modus?

Qualitative Sozialforschung soll in erster Linie Erkenntnisse schaffen. So weit, so eindeutig. Versucht man diese »Erkenntnisse« jedoch näher zu bestimmen, stelle man also die Frage, was des Forschungsaufwandes Wert sei, so ließe sich wiederum mit Hélène Cixous (2017, 33) vorbringen: »Man forscht nur nach dem was noch niemand gefunden hat, was aber dennoch existiert.« Für eine weitere Präzisierung müsse man schließlich eingestehen, dass sich ein Großteil der Forschung auf soziale Probleme konzentriere. »Führt ihr auch Interviews zu angenehmen Themen?«, wurden meine Kolleg_innen und ich einst von einer außenstehenden Person in einem informellen Gespräch gefragt. Und selbst wenn sich diese Frage bejahen ließe, würde und müsste Sozialforschung nicht des eigenen Anspruchs wegen in letzter Konsequenz dennoch aufdecken und anklagend benennen, was sich im Zuge eines rekonstruktiven Verstehenwollens gesellschaftlicher Wirklichkeit(-svorstellung-)en sowie des Aufbrechens von Selbstverständlichkeiten, hegemonialer Perspektiven und Normalitäten regelmäßig zeigt, nämlich: Ungerechtigkeiten, Ungleichheiten, asymmetrische Machtverhältnisse etc.? Dieser Punkt ist unter qualitativ Forschenden nicht unumstritten und wurde jüngst auf dem Symposium des 14. Berliner Methodentreffens diskutiert (vgl. Poferl et al. 2018). Die Einstellungen divergierten, jedoch ließe sich als Minimalkonsens festhalten, dass qualitative Forschung zumindest die Möglichkeitsbedingung eines kritischen Einsatzes eröffne. Ob Wissenschaftler_innen nun Position beziehen müssen, um im Zuge ihrer Arbeit einem Transformationsanspruch gerecht zu werden oder ob sich die kritische Forschungsperspektive im Motiv eines »epistemischen Engagement[s]« (Mecheril und Thomas-Olalde 2016, 502) schlichtweg erschöpfen muss, kann hier nicht aufgelöst werden.

In der Lehre lassen sich jedoch Fragen der Ethik sehr gut aktivierend einsetzen. Dies kann auf unterschiedlichen Ebenen geschehen. Zum einen auf einer rein methodischen, mit Fokus auf die Beziehung zwischen den Forschenden und deren Forschungssubjekten. Dafür böte die US-amerikanische Studie Laud Humphreys’ (vgl. 1970), die unter dem Namen »Tearoom-Trade« einige Berühmtheit erlangte, hinreichendes Potenzial. Darin wurden homosexuelle Praktiken zwischen Männern auf öffentlichen Toiletten verdeckt-teilnehmend beobachtet. Später identifizierte der Forscher die zumeist in festen, wiederum heterosexuellen Partner_innenschaften lebenden Akteur_innen und suchte sie unangekündigt sowie ohne deren explizite Zustimmung in ihren Privatwohnungen auf, um sie zu interviewen – abermals unter Vorspiegelung falscher Tatsachen. All das geschah zu einer Zeit, in der sich die Auslebung von Homosexualität gesellschaftlichen Sanktionen gegenübersah. Die Studie steht für eine ethische Auseinandersetzung Pate, in der die Inkaufnahme einer potenziellen Schädigung der Forschungssubjekte zu einem etwaigen gesellschaftlichen Mehrwert durch zutage geförderte Erkenntnisse ins Verhältnis gesetzt wird. Es ist die Kontroverse zwischen der Bindung an forschungsethische Prinzipien und dem unbedingten Einsatz zur Erlangung und Freilegung von Wissen, das hegemonial kriminalisiert und somit illegalisiert wurde. Ebendiese Divergenz lässt sich im Seminarkontext verhandeln – beispielsweise indem Lager festgelegt oder gebildet werden und eine moderierte Diskussionsrunde initiiert wird.

Im Zuge dessen ließe sich die wissenschaftliche Praxis per se didaktisch als ein potenziell politisches Tun auf eine ethische Ebene heben (vgl. dazu Lagasnerie 2018). Studierende könnten miteinander aushandeln, inwieweit Wissenschaft und Forschung zu einem politischen Einsatz avancieren. Dergestalt würden sie dazu herausgefordert, Wirklichkeit(en) zu schärfen beziehungsweise gegebenenfalls zu redefinieren (vgl. Steinweg 2018, 196).

Der langen Rede kurzer Sinn … !

Die hier besprochenen Herausforderungen, vor die sich Lehrende qualitativer Forschungsmethoden womöglich gestellt sehen, treten in Form unterschiedlicher, gleichwohl miteinander verstrickter Ambivalenzen zutage, aus denen der Stoff für die Skepsis gegenüber einer sozialwissenschaftlichen Denkungsart gewoben ist: die unreflektierte Priorisierung des eigenen Alltagswissens sowie eine Affirmation positivistischen Denkens. Sie fordern heraus, aber es lässt sich ihnen, wie dieser Beitrag zu zeigen beabsichtigte, konstruktiv und kreativ gegenübertreten. Wesentlich ist meines Erachtens, Studierende (lebensweltlich) zu erreichen. Das klingt banal und das ist es auch. Und dennoch findet sich die Inspiration für ein solches Unterfangen selten zwischen den Buchdeckeln der jeweiligen Fachbibliotheken. Studierende zu erreichen heißt, sie bei ihren Wissensbeständen und Glaubenssätzen abzuholen und diese auf lebhafte und einprägsame Weise forciert zu irritieren, sie ins Wanken zu bringen. Erst im Zuge der Abgründigkeit dogmatisch gesetzter Gründe lässt sich eine analytische, interventionistische Distanzeinnahme zum Evidenzanspruch realisieren, um den Weg für die ersten und zentralen Schritte einer Einübung ins sozialwissenschaftliche Denken zu ebnen und infolgedessen die Einnahme einer qualitativ-forschenden Haltung zu begünstigen. Nichts Geringeres, als sich beharrlich an Wissensbeständen abzuarbeiten, bedeutet wissenschaftliches Arbeiten. Nichts Geringeres, als ein solches Denken zu ermöglichen, bedeutet akademisch adäquate Lehre. »Man lernt zu denken, und der Boden unter den Füßen bewegt sich« (Heydorn 2004 [1971], 19); pointiert ergänzt Sabrina Schenk (2017, 49) ebenjenes Zitat, indem sie konstatiert: »Der dauerhafte Verlust des ›festen Bodens unter den Füßen‹ läuft Gefahr, die Strauchelnden in die Psychiatrie zu führen – oder in die Wissenschaft.«

Der Eintritt in ein sozialwissenschaftliches Denkkollektiv (vgl. Fleck 2017 [1935]) bedeutet, die soziale Wirklichkeit mit anderen Augen zu betrachten. Es ist die Distanzeinnahme zur Alltagswelt und der darin eingenommenen Rollen, indem der eigene Blick dem immer schon Vertrauten entrissen wird, um Letzteres infolgedessen zu verfremden (vgl. Amann und Hirschauer 1997). Erstes Ziel in der Lehre qualitativer Forschungsmethoden muss die Vermittlung einer Haltung sein, die »im Bewusstsein der Kontingenz menschlicher Wahrnehmungs-, Denk- und Handlungsschemata vermeintliche Universalisierungen […] verflüssigt, die, zu Selbstverständlichkeiten geronnen, als Selbstverständlichkeiten dem fragenden Blick unsichtbar entzogen sind« (Kubac 2013, 140). Somit kann wissenschaftliches Denken und Arbeiten als ein kreativer Akt (vgl. 2013, 140) verstanden werden, der Wissen und Gewissheiten nicht nur irritiert, sondern – in Foucault’scher Manier (vgl. Foucault und Rabinow 1984) – problematisiert. Eine solche Irritation versucht, die unreflektierte Vorherrschaft bestehenden Alltagswissens potenziell zu untergraben und die Skepsis gegenüber sozialwissenschaftlichem Wissen aufzubrechen, die aus einer falsch gesetzten Verhältnismäßigkeit der Kategorien von Subjektivität und Objektivität resultiert. Die erste Etappe der Forschungslehre begründet folglich das Fremdwerdenlassen des Vertrauten. Studierende können daraufhin in der Konstitution eines neuen Fundaments unterstützt werden, das in die disziplinspezifischen Sprachspiele einführt und Begriffe sowie Zusammenhänge veranschaulichend nahebringt. Die Aufgabe von Dozent_innen liegt derweil darin, eine analytische und reflektierte Verarbeitung des »neuen« Wissens und dessen Positionierung beziehungsweise Einordnung gegenüber dem Bestehenden zu gewährleisten. Die Lehre qualitativer Sozialforschungsmethoden erfährt weniger Widerstände, wenn sowohl das der einzelnen Methode zugrunde liegende theoretische Fundament als ebenso deren epistemologischer Anspruch begründet und nachvollziehbar dargelegt wird.

Das »Wissendmachen des Unwissenden« (Koch 2012, 17) erweist sich somit als eine didaktisch ideenreiche und zugleich notwendig über Dritte vermittelte Prozedur. Das bedeutet, dass sich methodische Kompetenzen womöglich anhand von Lehr- und Handbüchern – wie sie als Basisliteratur gerne auszugsweise in der Lehre eingesetzt zu werden scheinen – durchaus aneignen und auch vermitteln lassen. Der Einsatz solcher Kompendien begünstigt jedoch nicht, eine bereitwillige, entgegenkommende, konziliante Haltung zugunsten der »Umsetzung eines ganzheitlichen Forschungsstils« (Breuer und Schreier 2010, 410) einzunehmen. Ihre Limitation liegt darin, dass sie sense und sensibility eben nicht nahezubringen vermögen. Dazu bedarf es Dozierender, die einerseits Interesse wecken, indem sie Einblicke in ihre eigene Forschungstätigkeit geben (wozu auch Narrationen des eigenen forschungspraktischen Scheiterns gehören) und denen es andererseits gelingt, den Gegenstand – beispielsweise durch fachfremde Beispiele – lebendig werden zu lassen. Wichtig ist, einen gemeinsamen Denkraum einzurichten. Das wiederum setzt voraus, dass wissenschaftliche Einsichten und Ergebnisse nicht einfach qua Lehrautorität dogmatisch konstatiert werden, als fielen sie wie reife Früchte vom Baum der Erkenntnis. Vielmehr sind sie in den Lehrveranstaltungen herzuleiten und anhand einer konkreten Beschreibung des prozessualen Vorgehens »emergieren« zu lassen (vgl. Weiß 2012).

Das Lernen qualitativer Forschung erfordert eine hohe Ambiguitätstoleranz aufseiten der Studierenden, da sind sich Dozierende einig, die Einblicke in ihre Lehrerfahrungen offerieren (vgl. Rogers 2003; Poulin 2007; Breuer und Schreier 2010). Das macht es erforderlich, die vielfach enttäuschten Erwartungen, beispielsweise nach Eindeutigkeit, Wahrheit und Struktur, zu kompensieren; vor allem, indem der eigene Lehrauftrag ernst genommen und die Verantwortung nicht an die Lernenden abgeschoben wird. Lernziele sind in Lehrziele zurückzuüberführen und diese allen voran nicht aus institutionellen Prüfungsleistungen heraus zu bestimmen. Schaffen wir Lehrenden es nicht, Studierende für qualitative Forschung empfänglich zu machen, gelingt es uns nicht, sie mit neuen und gewinnbringenden Erkenntnissen zu überraschen und zugleich von deren Geltungsanspruch zu überzeugen, bringen wir die eigene Profession – die ohnehin schon nicht im Gleichschritt läuft – weiter aus dem Takt; wir bringen sie gar ins Straucheln und letztlich zum Stolpern. Die Zukunft der Profession liegt nicht allein in ihrer Unbedingtheit, ergo Bedingungslosigkeit (vgl. Derrida 2001), sondern ebenso – und im Zuge rezenter gesellschaftspolitischer Entwicklungen zunehmend – in deren Anerkennung. Mit entgegengebrachter Skepsis lässt sich umgehen. Es bedarf jedoch der Bereitschaft, provozierte Unsicherheiten auszuhalten und Studierende wie auch und insbesondere deren Irritationen und kritischen Nachfragen ernst zu nehmen.

Anmerkungen

[1]
Dabei geht es allerdings nicht darum, konkrete didaktische Unterrichtstechniken wie das Stationenlernen, Fishbowl oder dergleichen vorzustellen. Vielmehr werden Lehrmaterialien präsentiert, die für den spezifischen Themenbereich auf den ersten Blick womöglich merkwürdig anmuten.
[2]
Mein Dank gilt den Studierenden, die mir in den vielen Veranstaltungen nicht nur das Lehren lehrten. Insbesondere möchte ich Nicole Voss und Kerstin Claudia Küppers für die intensiven und anregenden Rückmeldungen als Repräsentant_innen der Studierendensicht aufrichtig danken. Außerdem danke ich ausdrücklich meinen Kolleginnen Silke Migala und Sarah Rasche für die regelmäßigen Beratschlagungen sowie – nicht zuletzt – Patricia Piberger für die kritischen Diskussionen.
[3]
Der Anschaulichkeit halber wird dies hier ungeachtet der berechtigten Kritik Rita Casales (vgl. 2011) simplifiziert.
[4]
Während Lyotard im französischen Original mit einem womöglich durchaus bewusst ambigen Sprachgebrauch operiert: »Ce qui est demandé à une hypothèse de travail, c’est une forte capacité discriminante.« (Lyotard 1979, 17), ist in die deutschsprachige Übersetzung eine gewisse Unschärfe eingeschrieben: »Was von einer Arbeitshypothese verlangt wird, ist ein starker Unterscheidungswert« (Lyotard 2015, 37; Hervorh. d. A.) In diesem Zusammenhang sei Richard Kubac gedankt.
[5]
Das bedeutet nicht, dass empirisch individuell und partikular vorherrschendes Wissen – beispielsweise Subjektivierungserfahrungen wie Rassismus, Klassismus, Sexismus etc. – für qualitative Forschung nicht von Wert seien. Im Gegenteil, begründet sich doch darin der wissensbasierte Datenpool, an dem die Forschung interessiert ist. Hingegen soll hier zum Ausdruck gebracht werden, dass die Tendenz der Überhöhung des Individuellen als Singuläres der Möglichkeit analytischen Denkens zuwiderhandelt.
[6]
Beispielsweise bemerkt Foucault: »Er [der Intellektuelle als Exekutivakteur innerhalb des Wahrheitsdispositivs] wirkt oder kämpft auf der allgemeinen Ebene dieser Ordnung der Wahrheit, die für die Struktur und das Funktionieren unserer Gesellschaft fundamental ist. Es gibt einen Kampf ›um die Wahrheit‹, oder zumindest ›im Umkreis der Wahrheit‹, wobei nochmals gesagt werden soll, daß ich unter Wahrheit nicht ›das Ensemble der wahren Dinge, die zu entdecken oder zu akzeptieren sind‹, verstehe, sondern ›das Ensemble der Regeln, nach denen das Wahre mit spezifischen Machtwirkungen ausgestattet wird‹; daß es nicht um einen Kampf ›für die Wahrheit‹ geht, sondern um einen Kampf um den Status der Wahrheit und ihre ökonomisch-politische Rolle. Man darf die politischen Probleme der Intellektuellen nicht in den Kategorien ›Wissenschaft/Ideologie‹ angehen, sondern in den Kategorien ›Wahrheit/Macht‹« (1978, 53).
[7]
Vielleicht hat gar Bourdieu diese Erzählung im Kopf, als er die Aufgabe sozialwissenschaftlichen Denkens zu erklären suchte: »In der Tradition des Hippokrates beginnt die wirkliche Medizin mit der Kenntnis der unsichtbaren Krankheiten, also der Dinge, über die der Kranke nicht spricht, weil sie ihm nicht bewußt sind oder er vergißt, sie zu erwähnen. Das gilt auch für die Sozialwissenschaft, die sich um Kenntnis und Verständnis der wirklichen Ursachen des Unbehagens bemüht, das nur durch schwierig zu interpretierende gesellschaftliche Anzeichen zu Tage tritt« (Bourdieu 1996, 68).
[8]
Das bedeutet auch, bislang Ungesehenes zu sehen, Ungehörtes zu hören, nicht Wahrgenommenes wahrzunehmen; kurz: zu Mikroanalytiker_innen des Sozialen zu avancieren.
[9]
Damit ließe sich zugleich an sprachliche Präzision appellieren. So weist Karen Poulin (vgl. 2007) darauf hin, dass sie Studierende im Zuge ihrer Lehrveranstaltungen über explizite Rückfragen auffordert, die sozialtheoretische Perspektive – ergo die axiomatische Grundlage – der jeweiligen Äußerung oder Frage ebenso zu benennen oder sich reflexiv bewusst zu machen.
[10]
Für einen resümierenden Exkurs zu den Kategorien Objektivität, Subjektivität und Selbstreflexivität in der qualitativen Forschung siehe Hella von Unger (2014, 22ff.) Zur Genealogie der Relationierung von Objektivität und Wissenschaft, in Verbindung mit der Konstitution des wissenschaftlichen Subjekts und epistemischen Tugenden, siehe Daston und Galison (2017).

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Der Autor

Jirko Piberger, Erziehungswissenschaftler M. A., Erziehungs-, Politik- und Verwaltungswissenschaftler B. A. Derzeit als wissenschaftlicher Projektmitarbeiter am Institut für psychosoziale Intervention und Kommunikationsforschung an der Universität Innsbruck tätig. Zuvor dozierte er im Fachbereich Erziehungswissenschaft und Psychologie der Freien Universität Berlin zum wissenschaftlichen Arbeiten und Methoden der qualitativen Sozialforschung. Auf der Basis studentischer Evaluationsergebnisse wurde seine Lehre von der Ausbildungskommission wiederholt ausgezeichnet. Die Arbeitsschwerpunkte liegen in den Bereichen Bildungstheorie und qualitative (Kindheits-)Forschung.

Kontakt: jirko.piberger@uibk.ac.at