»DA wurd ich Auch ganz blöde angeguckt«

Das moralische Spannungsfeld zwischen gesellschaftlichem Anspruch und individueller Integrität in einer Selbsthilfegruppe zum Thema Übergewicht

Sarah Hitzler

Journal für Psychologie, 28(2), 124–146

https://doi.org/10.30820/0942-2285-2020-2-124 CC BY-NC-ND 3.0 DE www.journal-fuer-psychologie.de

Zusammenfassung

Selbsthilfegruppen sind Orte, an welchen Personen mit Ausgrenzungserfahrungen einander gezielt suchen. Das erlebte individuelle Abweichen von gesellschaftlich gesetzten Normalitätserwartungen wird dabei oftmals in Begriffen von Moralität verhandelt. Moralisierende Narrative werden eingesetzt, um das Erleben des eigenen Abweichens zu beschreiben, um den Umgang anderer Personen mit diesem Abweichen zu erörtern, aber auch um über das Abweichen anderer Personen zu sprechen. An transkribierten Tonaufnahmen einer Gruppensitzung einer Selbsthilfegruppe für Personen mit starkem Übergewicht wird anhand konversationsanalytischer Methoden gezeigt, dass die hierfür herangezogenen Wertesysteme nicht homogen und stabil erscheinen. Gesellschaftliche Normen in Bezug auf Körperformen und lokale Normen von Gesichtswahrung und Empathie eröffnen ein Spannungsfeld von Erwartungshaltungen, das die Gesprächsbeteiligten in paradoxe Positionen versetzt. Vor diesem Spannungsfeld stellt sich die moralische Integration der Gruppe und Aufrechterhaltung der dortigen Solidarität als stetige und komplexe Arbeitsleistung dar. Eine Strategie hierfür ist spezifische Vagheit in Erzählungen, die affektive Affiliation befördert und inhaltliche Kritik vermeidet.

Schlüsselwörter: Moralisierung, Selbsthilfegruppen, Konversationsanalyse, Ausgrenzung, Erzählungen, Vagheit

Summary
»They gave me real funny looks THEre tOo«. The moral tension between societal norms and individual integrity in a self-help group on obesity

Self-help groups offer contexts for individuals with similar experiences of social exclusion to find each other. Members work to understand these experiences of individual deviation from societal norms by drawing on concepts of morality. Moralising narratives are used to discuss how this deviation is experienced and how it is addressed by others, but also how other individuals are perceived as deviating. Applying conversation analytical methods to transcribed audio recordings of a session of a self-help group for people with obesity, this article shows that the norms drawn on in this form of communication are neither homogenous nor stable. Societal norms regarding body shape and local norms of face saving and empathy form a constant tension of expectations resulting in paradoxical interactional positions. Morally integrating the group and maintaining a stance of solidarity proves to be constant hard and complex interactional work under these circumstances. One relevant strategy is the use of specific vagueness in narratives, which fosters affective affiliation while avoiding topical criticism.

Keywords: Moralising, self-help groups, conversation analysis, exclusion, narratives, vagueness

Einleitung

In der Einleitung zu ihrem zweibändigen Sammelwerk über die »kommunikative Konstruktion von Moral« vermuten Jörg Bergmann und Thomas Luckmann, dass »eine verbindliche kollektive Moral, die den Menschen ihre Plätze anweist, in unserer Gesellschaft nicht mehr auszumachen« sei (Bergmann und Luckmann 2013b, 34). Dies bedeute aber nicht, dass Moral gesellschaftlich keine Rolle mehr spiele, vielmehr habe sie sich in lokale, interaktive Zusammenhänge zurückgezogen, wo sie, trotz eines deutlich verringerten Geltungsanspruchs, der Integration begrenzter Gruppen diene (Bergmann und Luckmann 2013b, 34ff.). Die Studien, die sie in diesen Bänden versammeln, dienen der empirisch fundierten Ausgestaltung dieser Perspektive mit Blick auf eine große Vielfalt von Feldern und Kontexten. Der von Bergmann und Luckmann vorgeschlagene interaktionistische Blick auf Moral ermöglicht es, sich von Moral als dekontextualisiertem, innerlichen Phänomen zu lösen und stattdessen in den Blick zu nehmen, welchen (lokalen) sozialen Zweck ihre Externalisierung, nämlich das Moralisieren erfüllt. Der vorliegende Text versteht sich als Beitrag zu diesem Verständnis, indem er die Rolle von Moralisierungen in einem spezifischen Setting, einer Selbsthilfegruppe von Personen mit Adipositas, untersucht. Gleichzeitig möchte ich aufzeigen, dass Moralisierung sich hier trotz ihrer klar lokalen Verfasstheit nicht völlig von gesellschaftlichen Normen lösen kann, sondern dort, wo gesellschaftliche Zugehörigkeit strittig ist, an diesen Normen orientiert. Dies macht sie zu harter interaktiver Arbeit.

Moral als lokales Produkt und Ressource

»Moral ist in der Alltagskommunikation allgegenwärtig« (Bergmann und Luckmann 2013b, 14), sie ist ihr durch einen steten Rückbezug auf Werte, die den eigenen Handlungsentscheidungen zugrunde liegen, eingewoben und bleibt gerade dadurch oftmals unbemerkt. Der gemeinsame, unhinterfragte, intersubjektiv hergestellte und in einzelnen Begegnungen gefestigte Konsens mit Blick darauf, »was richtig und was falsch ist« (Luckmann 2002, 286), hat integrative Kraft. Erst dort, wo dieser Konsens durch ihm entgegengesetztes Handeln irritiert wird, wird er überhaupt offenbar und macht moralisierende Kommunikation relevant. Diese Kommunikation kann etwa dazu dienen, sich innerhalb einer Gruppe der Einigkeit zu vergewissern (Christmann 2013), eine negative Erfahrung als widerfahrenes Unrecht zu rahmen (Günthner 2013a) oder sich selbst in einem positiven Licht zu präsentieren (Goblirsch 2006). Ein erfolgreiches Format hierfür ist die Erzählung, die Handlungen anderer nachzeichnen und als moralisch fragwürdig darstellen kann, oftmals, ohne dass diese Bewertung explizit gemacht werden muss (etwa bei der Klatschkommunikation, Bergmann 1987, oder Beschwerdenarrativen, Baruch 1981 und Schegloff 2005). Der Bruch in der moralischen Erwartung verleiht diesen Geschichten ihre Erzählbarkeit (Tellability, Sacks 1995), gleichzeitig dient die Geschichte dem Beleg moralisch fragwürdigen Handelns, ohne dass dieses lediglich behauptet (oder auch überhaupt nur erwähnt) werden müsste. Darüber hinaus verortet die Erzählung auch ihre Produzent*innen in einem moralischen Gefüge, indem sie deren moralische Vorannahmen offenlegt. Während dies im Sinne einer positiven Positionierung durchaus beabsichtigt sein kann (Goblirsch 2006), setzt es aber voraus, dass die Rezipient*innen diese moralische Einschätzung teilen. Das Moralisieren ist demnach immer auch riskant: Die moralisierende Person setzt sich der Gefahr aus, selbst einem moralischen Urteil unterzogen zu werden (Bergmann und Luckmann 2013a, 30).

Selbsthilfegruppen

Selbsthilfegruppen sind Orte, welche Gesellschaftsmitglieder aufsuchen, die mit einem Problem in ihrem Leben konfrontiert sind, das sie in ihren alltäglichen sozialen Bezügen selbst nicht lösen können. Anders als die Konsultation von Expert*innen, an welche sich Menschen in einer solchen Situation häufig wenden (R. Hitzler et al. 1994), zielt aber der Besuch in einer Selbsthilfegruppe auf den Austausch mit Personen, denen das Problem selbst aus der Innensicht vertraut ist. Selbsthilfegruppen sind damit immer auch Orte, an denen sich von den Selbstverständlichkeiten der Gesellschaft abgegrenzt wird, die sich als Bezugspunkte zur Problembewältigung als nicht zureichend erwiesen haben. Hieraus resultiert das häufig zu den Qualitäten der Selbsthilfe gezählte »Verständnis« (etwa Straka 2006), das Gruppenmitglieder füreinander aufbringen, ohne sich erklären zu müssen: Bestimmte Erfahrungen werden als gültig vorausgesetzt, die für Personen, die nicht unter denselben Einschränkungen leiden, als nicht zugänglich oder auch nur verständlich erachtet werden.

Aus diesen Eindrücken von Andersartigkeit entspringen oftmals Erfahrungen von Exklusion oder Stigmatisierung, welche eng mit Fragen danach verzahnt sind, welche Erwartungen an andere Gesellschaftsmitglieder gestellt werden können. So wird in Gruppen zur Suchtbewältigung darüber debattiert, wie eine Weinflasche zu bewerten ist, die von einem über die eigene Suchterkrankung informierten Familienmitglied als Geschenk überreicht wird; Gruppen über chronische Erkrankungen tauschen sich über die Erfahrung aus, mit unspezifischen körperlichen Leiden durch medizinisches Personal als psychisch labil bewertet zu werden; in Gruppen interkultureller Familienkonstellationen werden Erfahrungen mit abwertenden Bemerkungen über das Aussehen der eigenen Kinder geteilt. Die individuellen Probleme, mögen sie körperlicher, psychischer oder politischer Art sein, umfassen demnach stets auch eine soziale Dimension, indem die Erfahrung gemacht wird, mit einer spezifischen Eigenheit gesellschaftlichen Normalerwartungen nicht zu entsprechen. Selbsthilfegruppen sind damit Kontexte, die die Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Normen und Erwartungen anhand konkreter Erfahrungen und damit die moralische Kommunikation befördern.

Auch in Selbsthilfegruppen erweisen sich Narrative als sehr zentrales Format (Arminen 2004; Paulus und Varga 2015). Sie ermöglichen es Mitgliedern, Inhalte und Themen in die Gruppe einzubringen, ohne diese abstrahierend benennen oder bewerten zu müssen. Allgemein geteilte Werte und Normen können mit konkreten Inhalten gefüllt und auf Individuen bezogen werden, was den Gruppenkonsens und -zusammenhalt stärken kann (Arminen 1998). Erfahrungen können anderen zur Einschätzung vorgelegt werden, ohne dass sie durch die erzählende Person bereits selbst ganz begriffen und bewertet sein müssen; Ratschläge können vermittelt durch die Darstellung eigener erfolgreicher Vorgehensweise nahegelegt werden, ohne anmaßend oder übergriffig zu erscheinen (S. Hitzler i.V.). Als natürliche Umgebung für die Bearbeitung von moralischen Inhalten bieten sich somit Erzählungen dafür an, wahrgenommene moralische Spannungen interaktiv zur Verfügung zu stellen und somit für die Gruppe bearbeitbar zu machen.

Methode

Die in diesem Beitrag analysierten Daten sind Teil eines an der Universität Bielefeld angelegten Korpus von Audioaufnahmen von Treffen verschiedener Selbsthilfegruppen, die sich in ihren Zielsetzungen und Themen unterscheiden. Es wurden dabei Gruppen aufgezeichnet, die als reine Peergruppen funktionieren: Alle Beteiligten sind selbst Betroffene. Analysiert werden die Gesprächsausschnitte anhand der Methode der Konversationsanalyse (Sacks 1995). Diese Methode gründet sich in Anschluss an die Ethnomethodologie in der Annahme, dass soziale Realität im lokal-situierten Miteinander von Gesellschaftsmitgliedern im zeitlichen Vollzug hergestellt und gefestigt wird (Garfinkel 1967). Soziale Variablen gelten nicht als a priori strukturell determiniert, sondern bekommen erst in ihrer Relevantsetzung in der tatsächlichen Interaktion Bedeutung. Dabei wird davon ausgegangen, dass diese Herstellungsleistungen von den Mitgliedern zwar auf feinkörnigen wechselseitigen Sinnzuschreibungen beruhen, gleichzeitig aber üblicherweise selbst unbemerkt bleiben. Datenformen, in welchen Selbstauskünfte elizitiert werden, wie etwa Interviews, können deshalb aus dieser Perspektive keine Auskunft über die Konstruktionen von Mitgliedern geben. Aus einem (eingeschränkt) naturalistischen Datenverständnis heraus bemüht sich die Konversationsanalyse, zum einen die zu analysierende Situation möglichst nicht zu beeinflussen, und zum anderen die Dokumentation und die Interpretation eines sozialen Ereignisses weitestgehend zu trennen (Bergmann 1985). Weit über den reinen Inhalt des Gesagten hinaus ist dabei auch dessen Form von Relevanz: Intonation, Lautstärke, Betonungen und Pausen sind allesamt Instrumente, die zur Herstellung von Sinn herangezogen werden können, und die deshalb für die Analyse zur Verfügung stehen müssen. Datengrundlage der Konversationsanalyse sind demnach stets Aufzeichnungen von möglichst unveränderten sozialen Interaktionen, anhand derer detaillierte Transkripte erstellt werden, die von der Prämisse geleitet sind, dass alle beobachtbaren Phänomene grundsätzlich zur Herstellung von Ordnung dienen können und deshalb nicht a priori als irrelevant behandelt werden dürfen. Die Analysen vollziehen sich kleinschrittig entlang der ursprünglichen zeitlichen Abläufe, um die Konstruktionsleistungen in ihren wechselseitigen Bezügen nachzeichnen zu können. Die hier zitierten Gesprächsausschnitte wurden nach GAT2 transkribiert (Selting et al. 2009); die Transkriptionskonventionen finden sich im Anhang.

Analyse

Die im Folgenden analysierten Gesprächssequenzen entstammen einer Selbsthilfegruppe von Personen, die sich als stark übergewichtig empfinden und diesem Übergewicht durch konventionelle Abnahme (also nicht durch operative Maßnahmen) entgegentreten möchten. Sie sind im Kontext einer im Zuge der Jahresplanung durch die Gruppe anberaumten Diskussion über die Stigmatisierung von Personen mit Übergewicht im Alltag zu verorten. Dabei werden verschiedene Situationen diskutiert, in welchen es zu Ausgrenzungen kommen kann; diese rangieren von Beispielen aus den (sozialen) Medien über generalisierte Beobachtungen hin zu individuellen Erfahrungen.

Der Zwiespalt zwischen gesellschaftlicher Norm und Gesichtswahrung

Im Rahmen der Diskussion finden sich bald Hinweise darauf, dass die Gruppenmitglieder mit Blick auf die Frage nach gesellschaftlicher Ausgrenzung mit moralischen Verstrickungen konfrontiert sind. Dies lässt sich anhand einer kurzen Erzählung aufzeigen, die Cordula1 in die Gruppe einbringt, als das Thema aufkommt, inwieweit Diskriminierung auch von Personen erfahren wird, die selbst übergewichtig sind.

Ausschnitt 1

Cordula berichtet von einer Situation, in der ihr selbst eine Person mit starkem Übergewicht negativ aufgefallen ist, weil diese ein Eis aß. Gleichzeitig wertet sie sich selbst für diese negative Zuschreibung stark ab. Die doppelte moralische Bewertung, die Cordula vornimmt, stellt sie als sequenziellen Ablauf von inneren Prozessen dar: Ihre erste – unmittelbare, unreflektierte – Reaktion besteht in einer höhnischen Kritik am Essverhalten der beobachteten Person, das unmittelbar mit deren Erscheinungsbild korreliert wird; diese Kritik wird darüber hinaus als (fiktive) direkte Ansprache formuliert, was den gesichtsbedrohenden Charakter noch verstärkt (»JA.=Iss dir noch_n eis.«, Z. 1/10). Die zweite Bewertung, welche im direkten Anschluss erfolgt, ist demgegenüber ein Metakommentar zu jener ersten Reaktion, der nicht nur die vorgenommene Zuschreibung, sondern deren Produzentin als Person stark kritisch herabwürdigt: »BI:N ich scheiße« (Z. 1/13). In dieser sehr harschen Reproduktion widersprüchlicher Zuschreibungen lassen sich zunächst Orientierungen an unterschiedlichen gesellschaftlichen Normen finden: auf der einen Seite die Orientierung am gesellschaftlichen Schlankheitsideal, gekoppelt mit Annahmen darüber, dass dieses erstens über Ernährung zu erreichen sei, dass es zweitens eine Verpflichtung dazu gebe, dies zu tun, und dass daher drittens der Verzehr von Eis übergewichtigen Leuten nicht zugestanden werden sollte. Auf der anderen Seite orientiert sich Cordula vermutlich ebenfalls an gesellschaftlichen Normen, welche jedoch, da sie hier keine Begründungsfigur liefert, implizit bleiben. Scheiße findet sie sich vermutlich aufgrund von mangelnder Toleranz, möglicherweise auch aufgrund von Strenge vor dem Hintergrund mildernder Umstände, welche bereits in der Einleitung der Erzählung rahmend aufgeführt worden sind (»es war S:U:per heiß«, Z. 1/04).

Dieses Dilemma von konfligierenden gesellschaftlichen Normen wird jedoch dadurch noch verschärft, dass Cordula sich der gleichen Kategorie zuordnet, der die Protagonistin ihrer Erzählung angehört: »die war Auch sehr stark übergewichtich« (Z. 1/07). Cordula urteilt also nicht aus der gesellschaftlich sicheren Warte einer dem Ideal entsprechenden (dünnen2) Person, sondern aus der Perspektive einer Person, der ebendiese Normen selbst starke persönliche Einschränkungen abverlangen. Ihre Selbstbewertung »BI:N ich scheiße« kann also auch auf diesen Konflikt zurückzuführen sein und sich darauf beziehen, dass sie keine solidarische, sondern im Gegenteil eine normaffirmative Haltung eingenommen hat, die die Stigmatisierung einer Gruppierung unterstützt, der sie sich zugehörig fühlt. Durch die massive Selbstkritik, und sei sie auch nur erzählt, nimmt Cordula an diesem Punkt auch mögliche Kritik der anderen (der angegriffenen Gruppierung ebenfalls zugehörigen) Teilnehmer*innen vorweg (vgl. Speer 2019, 816ff.).

Die Reaktion der anderen Gruppenteilnehmer*innen unterstützt diese Lesart. Der selbstabwertenden Formulierung, sie sei »scheiße«, wird von niemandem widersprochen. Dies ist für diese Art von Aussagen in der Interaktion sehr ungewöhnlich. Pomerantz beschreibt für Selbstabwertungen (Self-deprecations) eine Reihe von präferierten Reaktionen, die darauf zielen, dieser Selbstabwertung etwas entgegenzusetzen, und welche damit gesichtswahrenden Charakter haben (Pomerantz 1984). Da eine entsprechende Reaktion ausbleibt, nimmt Cordula selbst eine gesichtswahrende Handlung vor, indem sie mildernd hinzufügt, sie habe die abwertende Einschätzung nicht laut ausgesprochen. Dies ist nun eine Einladung zur Zustimmung, der die anderen aber wiederum nicht folgen. Wie zuvor wird nur durch verhaltenes Lachen reagiert, was ein Hinweis auf eine angespannte Situation sein kann (Adelswärd 1989). Cordula nimmt die Rechtfertigung daraufhin in einer Andeutung wieder zurück (»aber- °hh«, Z. 1/19), was eine ebenso angedeutete Zustimmung von Dunya elizitiert (»ja oh mann«, Z. 1/20). In zwei weiteren Beiträgen (Z. 1/21f.) schwächt Cordula nun selbst die Schwere ihrer Selbstkritik weiter ab, indem sie die Kritikwürdigkeit ihres Verhaltens zwar aufrechterhält, aber zunehmend mildere Formulierungen dafür findet (»scheiße« – »kacke« – »nicht so astrein«) und gleichzeitig das Agens verschiebt (»ich« – »von mir« – »das«). Dennoch findet sich weiter keine gesichtswahrende Aktivität der anderen Beteiligten. Die kritische Herabsetzung einer Person, die der gleichen Kategorie angehört wie die Gruppenmitglieder, scheint hier moralisch stark problematisch zu sein.

Das in dieser Sequenz aufscheinende Dilemma zwischen Solidarität und gesellschaftlichen Normen findet sich in verschiedenen Varianten vielfach in der darauffolgenden Diskussion. Cordulas Erzählung löst eine Erörterung über angemessenes Auftreten übergewichtiger Personen in der Öffentlichkeit aus, die durch das gleiche Spannungsfeld geprägt ist, und in welcher sehr heftig um eine angemessene Einschätzung und Bewertung von Verhaltensweisen übergewichtiger Personen gerungen wird (aus Platzgründen wird diese Diskussion hier nicht im Detail nachvollzogen). Die Mitglieder der Gruppe stehen wiederholt vor dem moralischen Dilemma, sich einerseits gesellschaftlichen Ansprüchen an körperliche Attraktivität verpflichtet zu fühlen und diese auch als allgemeingültige Bezugspunkte für andere geltend zu machen, andererseits diesen aber selbst nicht entsprechen zu können. Demnach laufen sie stetig Gefahr, durch die Kritik an Verhaltensweisen oder Erscheinungsbild anderer übergewichtiger Personen gleichsam reflexiv mitverletzt zu werden.

Es ist jedoch nicht nur die Gefahr der beiläufigen Mitverletzung, welche das Bewertungsdilemma für die Mitglieder der Gruppe so relevant werden lässt. Vielmehr kennen sie derartige verletzende Ausgrenzungserfahrungen natürlich auch aus erster Hand. Diese lassen das Dilemma noch deutlicher hervortreten: Die eigene soziale Ausgrenzung geschieht unter Bezug auf Normen, die grundsätzlich als gültig anerkannt werden, aber dennoch selbst nicht eingehalten werden können. So differenziert Cordula an anderer Stelle:

Ausschnitt 2

Cordula verurteilt das n-spruch-machen, also die verbale Herabwürdigung von Personen aufgrund ihres Körpergewichts, zwar grundsätzlich. Gleichzeitig differenziert sie aber zwischen solchen Kontexten, in welchen diese Herabwürdigung zumindest prinzipiell nachvollziehbar ist, und solchen, in welchen sie völlig ungerechtfertigt (und sanktionierbar – »ne klAtsche verdient«, Z. 2/08) ist. Diese Unterscheidung trifft sie (wenn auch implizit) wiederum entlang als gültig betrachteter gesellschaftlicher Normen: Wer übergewichtig dabei beobachtet wird, diesen körperlichen Zustand noch zu befördern (McDonalds), ist moralisch dafür belangbar; wer übergewichtig dabei beobachtet wird, etwas zu seiner Abnahme zu unternehmen (Fitnessstudio), weist den Willen zur Veränderung auf und verhält sich somit moralisch angemessen, sollte also nicht verurteilt werden. Aus dieser Perspektive ist das Übergewicht stets moralisch satisfaktionspflichtig; ein erkennbar angemessener Umgang damit, das heißt eine erkennbare Orientierung an den verletzten Normen, kommt aber dieser Pflicht bereits nach, sodass offene Kritik hier nicht mehr angebracht ist (ähnliche Beobachtungen macht Webb 2009 im Kontext von Sprechstunden bei der Adipositasbehandlung).

Das moralische Defizit wird hier demnach nicht an einer Verhaltensweise festgemacht, sondern an einer Eigenschaft. Dies scheint den Überlegungen von Bergmann und Luckmann zu widersprechen, die moralische Bewertung grundsätzlich an Wahlmöglichkeit und damit an Verantwortung geknüpft sehen (Bergmann und Luckmann 2013b, 26f.). Die moralische Bewertbarkeit resultiert hier daraus, dass die individuelle Eigenschaft des Übergewichts als Resultat einer Kumulation verurteilbarer Verhaltensweisen wahrgenommen wird: »zu viel« essen, »falsch« essen, sich nicht »ausreichend« bewegen (Bordo 1993; Barlösius 2014). Damit wird es der Person mit Übergewicht allerdings verunmöglicht, in einer gegebenen, gesichtsbedrohenden Situation anders zu wählen und sich vor dieser Perspektive moralisch angemessen zu verhalten – die Eigenschaft des sichtbaren Übergewichts bleibt, unabhängig davon, ob situiert auf ein Eis verzichtet wird oder nicht. Das Übergewicht lädt so zu jeder Zeit potenziell zu moralischer Kommunikation ein und macht damit stets und grundsätzlich angreifbar. Jede Handlungsentscheidung, die dazu dienlich ist, die kritische Eigenschaft zu stützen, ist so verwerflich.

Damit werden spezifische Verhaltensweisen wie Eisessen oder Zu-McDonalds-Gehen, die gesellschaftlich nicht per se als moralisch fragwürdig behandelt werden, in der Verknüpfung mit der unhintergehbaren Eigenschaft der Adipositas plötzlich zu kritisierbaren Entscheidungen. Das Übergewicht scheint in der Wahrnehmung der Gruppenmitglieder zu einer eigenen Klasse von Normen zu führen, welche mit den Normen für in der gesellschaftlichen Wahrnehmung Normalgewichtige nicht deckungsgleich sind. Worin diese Normen genau bestehen – wann etwa »n Spruch« moralisch angemessen ist und wann nicht –, ist jedoch uneindeutig, wie lange Diskussionen der Gruppe etwa über angemessene Kleidung nahelegen. Das eigene Verhalten erscheint vor dieser Perspektive als prinzipiell jederzeit kritisierbar. Vor der Maßgabe von Erwartungen an Gesichtswahrung sollte diese Kritik grundsätzlich nicht geäußert werden; wird sie doch geäußert, mag sie aber vor diffusen moralischen Erwartungen an Personen mit Übergewicht »nachvollziehbar«, also gerechtfertigt sein. Schließt man sich demnach den gesellschaftlichen Normen an, befindet man sich mit Übergewicht in einer konstanten moralischen Ungewissheit, die zur fortwährenden Gefahr eines im Grunde gerechtfertigten Angriffs auf die eigene Integrität führt.

Das Nichtsagbare im Spannungsfeld moralischer Erwartungen

Vor diesem Spannungsfeld werden auch Erfahrungen der Stigmatisierung und Ausgrenzung ambivalent. Dies lässt sich an der Darstellung derartiger Erfahrungen gut nachzeichnen. Im Kontext der Diskussion über stigmatisierende Erfahrungen steuert Birgit ein Erlebnis aus jüngeren Jahren bei:

Ausschnitt 33

Birgit berichtet von Stigmatisierungserfahrungen, die sie als junge Frau in einem Fitnessstudio gemacht hat. Im Versuch, Abwertungen auszuweichen, hat sie sich bereits im Vorfeld gegen ein »normales« Fitnessstudio entschieden und »reines Frauenfitnessstudio«4 gewählt, konnte sich durch diese Strategie aber dennoch nicht vor Ausgrenzung schützen. Interessant ist an dieser Erzählung insbesondere die Gewichtung und Ausgestaltung ihrer Elemente. Grundsätzlich lässt sich die Erzählung anhand des von Labov und Waletzky (1967) vorgeschlagenen Schemas für mündliche Erzählungen beschreiben. Birgit beginnt mit einem kurzen Abstract, das das Narrativ einleitet und bereits eine erste Schlussfolgerung anbietet; es folgt eine Orientierung, anhand welcher der zeitliche und örtliche Kontext des Geschehens präzisiert wird. Im Hauptteil wird der Plot dargeboten, der eine sequenzielle Ereigniskette wiedergibt, und an welchen sich eine Evaluation anschließt. Ungewöhnlich ist hier jedoch zum einen, wie viel Aufwand in die Orientierung der Erzählung gesteckt wird, und zum anderen, wie inhaltsleer der Plot selbst bleibt.

Im Orientierungsteil grenzt Birgit den Zeitraum einigermaßen vage als »ANfang der neunz_ENde der achtziger« (Z. 3/05) ein, bemüht sich aber um starke Präzision mit Blick auf den Ort: »fitnessstudio MARtje; (-) hier (.) [am kArlseck« (Z. 3/06f.). Sie liefert nicht nur den Namen des Studios, sondern verortet es darüber hinaus in der Stadtgeografie. Im Datenmaterial aus Platzgründen nicht gezeigt ist, wie die Mitglieder ausgiebig gemeinsam versuchen, durch Bezüge auf geteiltes Wissen über Orte innerhalb der Stadt zweifelsfrei einzuordnen, um welches Studio es sich handelt. Erst als auch Cordula zu erkennen gibt, dass sie den Ort zuzuordnen weiß (»okay dann wEiß ich wenigstens wo«, Z. 3/11) und anhand eines Prompts (Lerner 1992) Birgit zur Wiederaufnahme der Geschichte auffordert, fährt diese fort. Die sequenzielle Rekonstruktion der Ereignisse hingegen bleibt merkwürdig schemenhaft. Schon Cordulas Aufforderung bleibt vage und nur durch den weiteren (die Gruppe spricht seit einiger Zeit über Stigmatisierung) und engeren (Birgit hat mit ihrer Erzählung begonnen, diese aber noch nicht abgeschlossen) sequenziellen Kontext verständlich: »okay; (--) und DA wurdest du auch so::- (--)« (Z. 3/15f.). Cordulas Nachfrage ist konkret, indem sie sich auf den gemeinsam etablierten Ort bezieht (»da«), indem sie von einer thematischen Fortführung ausgeht (»auch«) und indem sie Birgit innerhalb der Erzählwelt eine Rolle als Patiens zuweist (»wurdest du«). Andererseits lässt sie durch das langgedehnte »so::« offen, was genau Birgit erlebt hat, was sich als Aufforderung begreifen lässt, diese spezifische Leerstelle zu füllen.

Birgit reagiert auf die Aufforderung zunächst mit einem inhaltlich ebenso vagen, prosodisch aber stark ausgestalteten »oh ^o:h JA« (Z. 3/17), das den Präsuppositionen in Cordulas Beitrag zustimmt, diese aber nicht ausdeutet. Hieran schließt sich die Rekonstruktion ihrer Entscheidung an, dieses und kein anderes Studio aufzusuchen. An der Stelle innerhalb der Erzählung, an welcher die Komplikation zu erwarten wäre – eine inhaltliche Präzisierung von Cordulas »wurdest du auch so::« –, folgt hingegen keine Beschreibung von Ereignissequenzen, sondern eine Art Platzhalter: »<<hauchend> °h_hach ja_h> (.) und das war- (.)« (Z. 3/24), gefolgt von einem kurzen Lachen. Die im Abstract bereits etablierte und durch Cordula wieder aufgerufene Leerstelle in der Erzählung wird hier erneut aktualisiert, aber nicht gefüllt. Allerdings wird die Erzählung trotzdem nicht als unvollständig oder unverständlich behandelt. Es folgt eine Nachfrage, die auf die genauen Akteure zielt – worin allerdings die erfahrene Stigmatisierung lag, wird nicht erfragt und nicht als erkennbar fehlend behandelt (»also die mItglieder oder die trAIner;«, Z. 3/27). Es gelingt Birgit, auf die Nachfrage nach den Akteuren auf eine Weise zu antworten, mit der sie weiter die genaue Erfahrung ausspart: »ah: sowOhl als Auch:._h (-) also nich:: (…) nich ALle trainer-aber da waren dUrchaus welche (-) welche bEi« (Z. 3/35). Obwohl Birgit weiter opak belässt, was sie im Einzelnen erlebt hat, gelingt es ihr hier durch Formulierungsarbeit, die Schwere der Ausgrenzungserfahrung dennoch erkennbar werden zu lassen. In der getakteten Betonung von »sowohl als auch« macht sie deutlich, dass sie mit beiden Personengruppen gleichermaßen ernstzunehmende negative Erfahrungen gemacht hat; in der Präzisierung, es seien nicht alle Trainer gewesen, verlässt sie die sehr verallgemeinerte Ebene und evoziert Vorstellungen von einzelnen Stigmatisierungssituationen, wobei anhand der verstärkenden Modalpartikel »durchaus« ebenso wie des Quantors »welche« gleichzeitig ausgeschlossen wird, dass es sich um zu vernachlässigende Einzelsituationen handeln könnte.

Obwohl Birgit hier selbstinitiiert von Ausgrenzungserfahrungen berichten möchte und auch einigen Aufwand in die Ausgestaltung ihrer Erzählung steckt, bleiben die tatsächlichen Ereignisse unbeschrieben. Es scheint ihnen eine gewisse Unerzählbarkeit innezuwohnen. Stattdessen fokussiert sie auf ihre eigenen emotionalen Reaktionen, die sie jedoch auch nicht beschreibt, sondern durch die formale Ausgestaltung (Betonungen, Dehnungen, Auslassungen) nahelegt. Birgit erstellt so eine Art Gerüst, in welches die anderen Gruppenmitglieder ihre eigenen Erfahrungen und emotionalen Reaktionen einfügen können. Indem sie darauf vertraut, dass dieses Gerüst für die anderen sinnhaft auffüllbar ist, macht sie deutlich, dass ihre Erfahrungen nicht außergewöhnlich, sondern für eine bestimmte Kategorie von Personen und Situationen typisch sind. Die zur Verfügung gestellten Informationen sind im Kontext der Selbsthilfegruppe genug, um Ausgrenzungserfahrungen zu teilen. Dies ist für eine Affiliation, eine Übernahme der Perspektive der Erzählerin (Stivers 2008), ausreichend, wie Cordulas Reaktion »<<tonlos> (boah)>« (Z. 3/32) zeigt.

Im Anschluss an Birgits Bericht ergeben sich Anschlusserzählungen (Second stories, vgl. Arminen 2004) über eigene Erfahrungen in Fitnessstudios, in welchen die Frage ausgelotet wird, ob Fitnessstudios Orte von Stigmatisierung sind oder nicht. Auch Elly berichtet von einer Erfahrung, die sie in jungen Jahren gemacht hat:

Ausschnitt 4

Ähnlich wie bei Birgits Erzählung wird hier nach einer Erzählankündigung eine sehr ausführliche, ko-produzierte Orientierung angeschlossen, welche wiederum durch einen Prompt abgeschlossen wird, der auf ähnliche Weise fokussierend wirkt: »okay. (-) da war_s AUch gruselig« (Z. 4/10ff.). Elly stimmt dieser Bewertung zu und paraphrasiert »GANZ schlimm« (Z. 4/14). Anders als Birgit geht sie nun zu einer Detailbeschreibung von funktional nicht weiter charakterisierten Personen aus dem Umfeld des Fitnessstudios über, indem sie sich abwertend über deren Äußeres sowie über unterstellte Motivationen für ihr Erscheinungsbild äußert. Die stark generalisierende Partikel »irgendwelche«, mit der sie sowohl die anwesenden Frauen als auch deren Kleidungsstücke belegt, verweist auf einen Unwillen, die individuellen Eigenheiten der beschriebenen Personen ernst zu nehmen. Sie grenzt sich damit aktiv dagegen ab, sich mit dieserart »hautengen schwarzen Anzügen« oder »mHM-Klamotten«5 intensiver auseinanderzusetzen. Die Bezeichnung der Frauen als »Tussen« verstärkt diesen abwertenden Eindruck, die Unterstellung, diese hätten bis zu einem als absurd dargestellten Maß (»damit die PObacken auch gUt geformt waren«, Z. 4/19) auf ihr Äußeres geachtet, ebenfalls. Mit dieser harschen, karikaturesken Charakterisierung der anderen Anwesenden im Studio erntet Elly in der Gruppe aufkeimendes Gelächter. Das evozierte Stereotyp scheint anschlussfähig und zur Abgrenzung geeignet zu sein. Der Fortgang der Erzählung fällt jedoch gegenüber dem detailreichen, überzeichneten Einstieg ab. Der Plot erschöpft sich in einem Satz: »DA wurd ich Auch ganz blöde angeguckt« (Z. 4/25). Elly beschreibt hier zwar das Verhalten, das sie als ausgrenzend erlebt hat, bleibt jedoch in dieser Beschreibung einigermaßen vage. Während sie die Antagonistinnen in ihrer Erzählung detailreich beschrieben hat, lässt sie eine Leerstelle mit Blick auf ihre eigene Rolle in der Situation. Wofür sie »ganz blöde angeguckt« wurde, bleibt so unerzählt.

Dass diese Leerstelle als solche wahrgenommen wird, lässt sich am weiteren Fortgang erkennen. Birgit lacht zwar kurz auf, ihr Lachen wird jedoch nicht aufgegriffen, und es entsteht eine kurze Pause. Hiernach (und zeitgleich mit Ellys Wiederaufnahme ihrer Erzählung, in welcher sie zur Evaluierung übergeht) schließt Cordula einen Beitrag in einem Format an, das Bergmann (1998) »Alternativpointe« nennt. Solche spontanen Pointen, die von Rezipient*innen einer Geschichte gleichsam parasitär in deren Darbietung eingewoben werden, kommen demzufolge insbesondere in geselligen Zusammenkünften zum Einsatz, in welchen das Spiel mit Faktizität dem Unterhaltungswert dient. Dabei wird der Fortgang einer Geschichte angeboten, der nicht unmöglich, aber unwahrscheinlich ist, wodurch für die anderen Gesprächsbeteiligten ein unerwarteter Bruch des Referenzrahmens entsteht. Derartige Brüche produzieren humorvolle Ereignisse, die Elemente des Frotzelns beinhalten können (Bergmann 1998, 116; Günthner 2013c).

Cordula füllt durch das Angebot einer Pointe die Lücke in der Erzählung, indem sie nach einer (humoristischen) Begründung für die unangenehmen Blicke sucht. Hierfür bedient sie sich der Elemente, mit denen Elly selbst ihre Erzählung aufgebaut hat, und verleiht deren ausführlicher Darstellung damit eine Art Rechtfertigung: Sie entwirft ein Szenario, in welchem auch Elly sich auf die Weise gekleidet hat, von der sie sich zuvor sehr deutlich abgegrenzt hat. Die Inkongruenz eines solchen Verhaltens stellt möglicherweise bereits einen ausreichend großen Bruch dar, um als humorvoll gelesen werden zu können. Allerdings liegt in der reinen Inkongruenz keine Erklärung für das Blöde-angeguckt-Werden, weshalb der Beitrag als Pointe der Erzählung nicht greifen würde. Der Bruch muss demnach in einem anderen Referenzrahmen begründet sein. Im Kontext der Selbsthilfegruppe liegt nahe, dass dieser Referenzrahmen durch die moralische Vorannahme gestellt wird, dass gewisse (insbesondere körperbetonte) Formen der Bekleidung nur Dünnen vorbehalten sind, und dass Übergewichtige in derselben Art Bekleidung unattraktiv bis lächerlich wirken. Vor dieser Annahme wird in Cordulas fiktivem Szenario Elly deshalb zum Zentrum der Aufmerksamkeit, weil sie sich auf eine Art und Weise verhält, die ihr als übergewichtiger Person moralisch nicht zusteht. Das »blöde Gucken« wird aus dieser Perspektive erwartbar, sogar verständlich.

Cordulas Alternativpointe löst eine Kaskade von Gelächter bei den anderen Gruppenmitgliedern aus. Elly hingegen fällt nicht in dieses Lachen mit ein. Günthner beschreibt Frotzeleien als »moralisch sensitive Aktivitäten […] zwischen Provokation und Spaß«, welche es dem Frotzelobjekt schwer machen, sinnvoll darauf zu reagieren (Günthner 2013b, 322). Es »steht vor dem Dilemma, einerseits ›mitzuspielen‹ und ›gute Miene zum teilweise bösen Spiel zu zeigen‹ und andererseits das ihm zugeschriebene Fehlverhalten, die Unterstellungen und die Vorwürfe zurechtzurücken und somit auf die sachlich-inhaltliche Ebene der Frotzeläußerung zu reagieren« (Günthner 2013b, 312). Gelungene Frotzeleien zeichnen sich ihr zufolge dadurch aus, dass Frotzelobjekte die Doppelbödigkeit des Angriffs aufgreifen, und zwar Zuschreibungen inhaltlich zurückweisen, dies gleichzeitig aber auf humorvolle Art und Weise tun (dies kann sich auch etwa in einem Geduldig-über-sich-ergehen-Lassen zeigen, wie es Drew 1987 beschreibt). Im vorliegenden Fall verweigert sich Elly konsequent der humorvollen Lesart der Alternativpointe. Sie fällt nicht in das laute und ausufernde Lachen mit ein, und arbeitet daran, die Pointe inhaltlich zu entkräften, indem sie auf Cordulas Frage explizit und in wörtlicher Wiederholung antwortet: »nEin ich hatte NICHT das gleiche an« (Z. 4/34), und im weiteren Verlauf präzisiert: »so was wÜrd ich zum beispiel NIE anziehen« (Z. 4/41f.). Auch ihr in beleidigtem Tonfall dargebotenes »<<f> blÖde ↑!ZIE:!ge>« (Z. 4/37), an Cordula gerichtet, bewirkt keine Rücknahme des gemeinsamen Vergnügens, vielmehr verstärkt Birgit die Frotzelsequenz, indem sie bestätigt, ihr sei derselbe Gedanke gekommen. Zu einer Annäherung kommt es erst zum Schluss, als Birgit das nun ihr zugedachte »auch blöde Ziege« als legitim anerkennt (»sach ruhich«) und Elly im Gegenzug zum ersten Mal ebenfalls, wenn auch nur kurz, auflacht. Zu einem Abschluss von Ellys Erzählung kommt es hingegen nicht mehr. Die Alternativpointe hat hier die ursprüngliche Erzählabsicht überschrieben.

In einer Situation, in welcher Elly von Ausgrenzungserfahrungen berichten wollte, wendet sich die Gruppe unerwartet gegen sie (eine Situation, die von Cordula in ihrem ironischen Kommentar reflektiert wird: »(wo/so) wird man nOch stigmatisiert.=IN der es ha ge«, Z. 4/56ff.). Statt Solidarität bezüglich der »blöden« Blicke, die sie erleiden musste, begegnet Elly die (wenn auch nicht ernsthafte) Unterstellung, sie habe sich nicht adäquat verhalten und habe damit zu solcherart Reaktion herausgefordert. Elly, die ja an einem solchen fiktiven Szenario mitwirken und damit für die Gruppe den Unterhaltungswert steigern könnte (vgl. Bergmann 1998), entschließt sich dafür, diese Lesart strikt zurückzuweisen. Damit verleiht sie ihr einiges Gewicht: Sie behandelt sie, als sei sie durchaus im Rahmen des Möglichen. Es erscheint aber insbesondere ob ihren abschätzigen Bemerkungen über die Kleidung der anderen Anwesenden im Fitnessstudio ohnehin außerordentlich unwahrscheinlich, dass Elly sich auf gleiche Weise gekleidet hätte. Im Rahmen des Möglichen muss es somit etwas anderes, durch die alternative Pointe Angedeutetes sein, was die Stärke der Zurückweisung legitimiert: die Vermutung, Elly habe sich in irgendeiner Weise so verhalten, dass die erfahrene negative Aufmerksamkeit gerechtfertigt gewesen sein könnte.

Diskussion: Die Fragilität lokaler Moral

Sowohl Birgit als auch Elly lassen in den Darstellungen ihrer Ausgrenzungserfahrungen systematische Leerstellen dort, wo der Plot, eine sequenzielle Beschreibung von Ereignissen, erwartbar wird. Beide stehen vor dem Dilemma, dass sie in der Beschreibung dessen, was ihnen widerfahren ist – was gesagt oder getan wurde, das sie als verletzend empfunden haben –, gleichzeitig auch die zugrunde liegende Situation beschreiben müssen. Sie müssen eine abwertende Einschätzung anderer wiedergeben, die in direkter Reaktion auf ihr eigenes Auftreten oder Handeln erfolgt ist. Wenn dieses Auftreten oder Handeln aber, wie beide vermuten, vor dem Hintergrund ihres Übergewichts bewertet wurde, ist es, wie oben diskutiert, in der Wahrnehmung der Gruppe grundsätzlich moralisch satisfaktionsfähig. Es ist für die Erzählerinnen hier also nicht auszuschließen, dass ihnen die Ausgrenzungserfahrungen aus dieser Perspektive zu Recht zugefügt wurden. Indem sie eine Beschreibung des Ausgrenzungsanlasses und der konkreten Demütigung umgehen, vermeiden sie also die Hinterfragbarkeit ihrer emotionalen Reaktion darauf. Sie vermeiden es, Ziel von etwaiger weiterer Kritik an ihrem damaligen Erscheinungsbild oder Verhalten zu werden, und sie vermeiden es, dass die erfahrenen Bewertungen anders oder als gerechtfertigt interpretiert werden. Demnach schöpfen sie in ihren Erzählungen aus dem moralischen Konsens, dass Gesichtswahrung grundsätzlich zu erwarten ist, und umgehen das moralische Problem, dass hier lokal für Personen mit Übergewicht besondere Verhaltensnormen angenommen werden.6

Diese Strategie ist jedoch nur für Birgit erfolgreich. Die Lücke, die sie lässt, ermöglicht es den anderen Gruppenmitgliedern, ihre Geschichte mit äquivalenten Erfahrungen auf eine Weise zu füllen, dass die vorweggenommene, vor allem mit emotionalem Ausdruck verknüpfte Schlussfolgerung »<<hauchend> °h_hach ja_h> (.) und das war- (.)« (Z. 3/24) sinnhaft damit in Zusammenhang gebracht werden kann. Die maximale Vagheit von Birgits Bericht verknüpft somit das zu diesem Zeitpunkt global verhandelte Thema Stigmatisierung aufgrund von Übergewicht vor allem mit einem Kontextrahmen, innerhalb dessen durch die Rezipient*innen eigene Stigmatisierungserfahrungen so eingefügt werden können, dass ein anschlussfähiger Eindruck entsteht, auch wenn unklar bleibt, was im Einzelnen tatsächlich geschehen ist. Details mit Blick auf die stigmatisierenden Parteien produziert sie erst auf Nachfrage, und belässt es auch hier bei möglichst umfassender Vagheit.

Auch Elly lässt eine Lücke, diese ist jedoch nicht so umfassend wie bei Birgit. Sie begnügt sich zur Kontextualisierung nicht mit der stadtgeografischen Verortung des Studios, sondern zeichnet zusätzlich eine Karikatur jener, von denen die Ausgrenzung ausging. Auch die empfundene Stigmatisierungshandlung bleibt nicht, wie bei Birgit, völlig opak. Gleichzeitig wird sie aber auch nicht präzisiert, sondern recht allgemein als »ganz blöde angeguckt« charakterisiert. Anders als bei Birgit steht den anderen Mitgliedern hier also durchaus Information zur Verfügung, anhand derer die Situation eingeschätzt werden kann; die Leerstelle taugt durch ihre punktuelle Präzision nicht ohne Weiteres als Lücke, in welche zur Sinnproduktion die eigenen Erfahrungen eingefügt werden können. Problematisch für die Affiliation können an dieser Stelle zwei Eigenschaften sein: Zum einen bleibt möglicherweise die beschriebene Stigmatisierung hinter der scharfen Skizze der Beteiligten zurück – »ganz blöde gucken« könnte zu den Erwartungen, die an derart unsympathisch dargestellte Personen bezüglich ihres Handlungsrepertoires gestellt werden, inkongruent sein. So mag diese Erfahrung nicht als berichtenswerte Ausgrenzungserfahrung eingeschätzt werden. Zum anderen greift Elly mit ihrer Karikatur aber Personen an, die der gesellschaftlichen Norm zunächst entsprechen. Die negative Charakterisierung ihres Aussehens und ihrer Selbstdarstellung kann nur dann Bestand haben, wenn sie mit deutlich negativen Verhaltensweisen verknüpft wird. Das beanstandete Verhalten ist aber nicht offen verletzend.7 In ihrem scharfen Urteil über die anderen Mitglieder des Fitnessstudios hat sich Elly damit dem Risiko des moralischen Urteilens über andere ausgesetzt: »[W]er in alltäglichen Kommunikationssituationen moralisiert, läuft […] selbst Gefahr, moralisch beurteilt und sanktioniert zu werden« (Bergmann und Luckmann 2013b, 30f.). Das sorgsam aufrechterhaltene Spannungsverhältnis zwischen gesellschaftlicher Norm und individuellem Schutz bricht hier kurzfristig zugunsten der Norm zusammen, und muss im Folgenden erst wieder hergestellt werden.

Die Solidarität, die die Kommunikation der Gruppe im Allgemeinen charakterisiert, scheint sich an dieser Stelle insbesondere aus Vagheit zu speisen. Garfinkel (1967) hat die Notwendigkeit von Vagheit für die Kommunikation klar herausgearbeitet; in den Worten von Ken Liberman:

»Glosses are produced before their sense and reference is fully worked out. In that way they are material tools that parties can use to accomplish a mutual recognition of the actions-in-context. That is, the glosses are used to create the very context of what they are glossing. […] The glosses are essentially vague, and require their vagueness […] in order to be flexible enough to handle the practical organizational tasks the parties face« (Liberman 2011, 85).

Vagheit ermöglicht Annäherungen an einen geteilten Sinn, auf dessen Grundlage die Interagierenden mit dem, was sie gemeinsam tun, fortfahren können. Diese grundsätzliche Eigenschaft kommunikativer Beiträge wird an dieser Stelle in der Selbsthilfegruppe maximal ausgenutzt. Redebeiträge werden vor dem Hintergrund einiger grob umrissener Annahmen eingebracht, etwa der Annahme, dass Übergewicht zu gesellschaftlicher Ausgrenzung führt und dass dies für alle Personen mit Übergewicht auf ähnliche Weise schmerzhaft ist. Vor diesem Hintergrund lassen sich Verständnis und Solidarität aufrechterhalten, die wichtiger zu sein scheinen als konkrete Erlebnisse. Dieser stille Konsens dient als – punktuell aber nur dünner – Schutz vor der Interferenz gegenläufiger Annahmen, die wohl ebenfalls geteilt sind, aber nicht dem Kontext der Gruppen, sondern der umgebenden Gesellschaft zu entspringen scheinen, und die diese Solidarität ins Wanken bringen können.

Schluss

Das Spannungsfeld von Werten, dem die Gruppenmitglieder individuell und in ihrem Alltag ausgesetzt erscheinen, reproduziert sich hier als Spannungsfeld für die Gruppe. In ihrem Selbstverständnis ist die Gruppe ein Schutzraum für Schicksalsgenoss*innen, welcher Verständnis und Empathie ermöglicht, die von Dünnen aufgrund ihrer anderen Lebensrealität nicht zu erwarten sind. Damit unterscheidet sich eine Selbsthilfegruppe von Gruppierungen, die sich vornehmlich aufgrund von Gesinnung oder politischen Interessen zusammenfinden, wie sie etwa im Kontext von Umweltschutz oder im Bereich der Atomkraftkritik beschrieben worden sind (Christmann 2013; Pütz 2020). Das moralische Selbstverständnis, das diesen Gruppen eigen ist, und das sich in mokierender oder entrüstender Abgrenzung niederschlägt (Günthner und Christmann 1996), basiert so, ganz entsprechend Bergmans und Luckmanns (2013b) Annahme, auf individueller Wahlmöglichkeit – die Gruppenmitglieder wählen ein ihren Werten entsprechendes Handeln, während Außenstehende diese Wahl nicht treffen und damit verurteilbar sind. In Selbsthilfegruppen lässt sich das integrative Moment nicht ausschließlich auf vergleichbare individuelle Handlungsentscheidungen zurückführen. Die Gemeinsamkeit – hier: das Übergewicht verknüpft mit dem Wunsch abzunehmen – taugt demnach nur bedingt zur Abgrenzung gegen die in der Gesellschaft vorherrschenden Annahmen. Im geteilten Bedürfnis nach Gewichtsverlust liegt ganz im Gegenteil eine Zustimmung zu gesellschaftlichen Werten, das eigene Übergewicht wird unabhängig davon, dass die gesellschaftliche Abwertung schmerzt, als Makel empfunden. Vollkommene moralische Abgrenzung ist in einer solchen Lage nur schwer möglich. Anders als Bergmann und Luckmann dies für die moderne Gesellschaft postulieren, machen sich die Mitglieder der Gruppe nicht frei von den Geltungsansprüchen gesellschaftlicher Normen, sie verfangen sich in Ansprüchen, denen sie selbst nicht genügen können. Um diese (Selbst-)Ansprüche aber nicht auf andere Gruppenmitglieder zu übertragen, fokussieren sie sich in der Interaktion auf die emotionalen Auswirkungen, nicht die Auslöser von Ausgrenzungserfahrungen. Den Normen bezüglich Körperformen wird die Norm der Gesichtswahrung entgegengesetzt. Die Solidarität der Gruppe besteht hier darin, Ausgrenzungserfahrungen unabhängig von ihren Einzelheiten als gegeben und für das Individuum schmerzhaft zu behandeln und Empathie und Aufmerksamkeit anzubieten. Sie bietet Räume für das Unsagbare – und auch dann, wenn es dennoch kaum ausgesprochen wird, wird es in seiner Existenz und Relevanz anerkannt. Dies macht die Gruppe schließlich zu einem Raum, der trotz der hierdurch entstehenden moralischen Spannungen gesellschaftliche Erwartungen relativieren und dadurch Trost und Solidarität bieten kann.

Anmerkungen

Anmerkungen

[1]
Bei allen verwendeten Personenamen handelt es sich um Pseudonyme.
[2]
Die Unterscheidung in zwei Gewichts-/Körperformkategorien ist keine objektiv treffbare, und auch deren Bezeichnungen lassen sich nicht implikationsfrei wählen. In Anlehnung an Barlösius (2014) verwende ich hier die emischen Kategorien der Gruppe, deren Mitglieder von sich meist als übergewichtig, von Nicht-Übergewichtigen meist als dünn sprechen. Dies löst das Problem der Implikativität nicht, vermeidet aber eine unreflektierte Übernahme gesellschaftlicher Kategorien.
[3]
Alle Ortsangaben wurden verfremdet.
[4]
In diesem Zusammenhang werden weitere moralische Vorannahmen erkennbar, die sich auf unterschiedliche Erwartungen mit Blick auf unterschiedliche Geschlechter beziehen. So wird nicht nur mit den Kategorien »Übergewichtige« und »Dünne« hantiert, sondern es wird auch eine Unterscheidung zwischen »normal« und »reines Frauen-X« getroffen, die quer dazu liegt. Diese Verquickungen können hier aus Platzgründen nicht genauer untersucht werden.
[5]
Das betonte »mHM« scheint an dieser Stelle ein Platzhalter für Ungebührliches oder unnötig Kompliziertes zu sein – es handelt sich nicht einfach um »Klamotten«, sondern um Kleidung, die einen spezifischen Namen trägt, den sich Elly hier aber nicht die Mühe macht zu nennen.
[6]
Das Problem der Glaubwürdigkeit, das hier dadurch entstehen könnte, dass den Rezipient*innen eine eigene Einschätzung der Abläufe versagt bleibt, lösen beide durch eine umfangreiche Verortung zu Beginn der Erzählung. Durch die gemeinschaftliche, detaillierte Erörterung des Ortes des Geschehens wird zum einen glaubhaft gemacht, dass es sich um konkrete, verortbare Geschehnisse handelt und nicht etwa um verallgemeinerte Stereotype etwa über Fitnessstudios. Darüber hinaus wird hier aber auch der Wissenshaushalt der Gruppe bestückt, wodurch die Erzählungen über ihre Bedeutung als Beschwerdeerzählung für die jeweilige Sprecherin hinausgehen: Sie werden für andere Gruppenmitglieder als Entscheidungsressource relevant, sollten diese vor der Frage stehen, welches Fitnessstudio sich für sie eignet.
[7]
Es entspricht somit in etwa der Strategie, die auch Cordula zuvor als Entschuldigung für ihre unsolidarische Einschätzung ins Feld geführt hat: »ich mein ich hab ja auch nichts ’gesAcht oder so« (Z. 1/15); sehr ähnlich argumentiert an anderer Stelle auch Elly, die sich gegen freizügige Kleidung bei Personen mit Übergewicht ausspricht: »ja ICH würde jetzt auch nich hIngehen und der sagen hier zieh mal (was schön) n schAl drüber« (hier nicht weiter aufgeführt).

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Transkriptionskonventionen (nach GAT2)

Die Autorin

Sarah Hitzler, Dr., wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Fakultät für Soziologie der Universität Bielefeld. Arbeitsschwerpunkte: Ethnomethodologische Konversationsanalyse, Gruppeninteraktionen, institutionelle Kommunikation, Herstellung von gesellschaftlicher Ungewöhnlichkeit und Gewöhnlichkeit in der Interaktion.

Kontakt: Dr. Sarah Hitzler, Universität Bielefeld, Fakultät für Soziologie, Postfach 10 01 31, 33501 Bielefeld; E-Mail: sarah.hitzler@uni-bielefeld.de