Anerkennung im Kontext von Arbeit und Beruf

Ralph Sichler

Zusammenfassung

Der Beitrag geht der Bedeutung von Anerkennung im Rahmen der Arbeit und der beruflichen Identität nach.[1] Zunächst wird versucht, durch terminologische Überlegungen den Begriff der Anerkennung zu präzisieren. In einem weiteren Schritt wird das traditionelle Verständnis von Arbeit modifiziert. Dem instrumentellen, vornehmlichen am Gegenstand der Arbeit orientierten Begriff wird eine Perspektive gegenübergestellt, welche Arbeit genuin als Interaktion oder soziales Handeln begreift. Denn erst wenn Arbeit als Beitrag im gesellschaftlichen Leistungsaustausch betrachtet wird, stellt sich die Frage der Anerkennung von Arbeit. Vor diesem Hintergrund wird unter Berücksichtigung von neueren psychoanalytischen Einsichten und sozialphilosophischen Überlegungen Axel Honneths der Begriff der Anerkennung in seiner Bedeutung und Tragweite für den Kontext von Arbeit und Beruf charakterisiert. Anerkennung erweist sich dabei als wichtiger Faktor der sozialen Integration des Einzelnen in eine durch Arbeitsteilung und Individualisierung ausdifferenzierten Gesellschaft. Zum Schluss des Beitrags werden eigene Forschungsergebnisse vor allem zum Verhältnis von Anerkennung und Arbeitsmotivation präsentiert und vor dem Hintergrund der theoretischen Überlegungen diskutiert.

Schüsselwörter: Anerkennung, Arbeit, Arbeitspsychologie, Sozialphilosophie, primäre Intersubjektivität, berufliche Identität, Arbeitsmotivation

Summary

This paper treats the meaning of recognition within the field of work and the frame of professional identity. The first steps serve to state the concept of recognition more precisely. Then the common understanding of work is modified. Opposite to the instrumental concept which focuses mainly the object of work a perspective is evolved where work is conceived as interaction or social action. Only in the case which comprehends work as contribution to the exchange of achievements within the society the problem of recognition in the field of work arises. In consideration of modern psychoanalytical approaches and of the social philosophy by Axel Honneth the concept of recognition then is characterized with regard to its significance and scope in the field of work and profession. Thereby recognition turns out be a determining factor that feeds social integration of the individuals as parts of a differentiated society which can be characterized by division of work and individualization. Finally results of empirical research mainly regarding the relation of recognition and work motivation are presented and discussed.

Keywords: Recognition, work, industrial psychology, social philosophy, primary intersubjectivity, professional identity, work motivation

Arbeit – insbesondere gute Arbeit – verdient Anerkennung. Diese Aussage gilt als Allgemeinplatz und wird von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, Führungskräften sowie Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern in Wirtschaft und Verwaltung weitgehend geteilt. Natürlich sieht die Praxis in den einzelnen Organisationen oft anders aus. Viele arbeitende Menschen wünschen sich, dass ihre Arbeit mehr Anerkennung finden sollte – von welcher Seite auch immer. Allerdings stellt sich schon an dieser Stelle die Frage, was der oder die Einzelne als Anerkennung überhaupt subjektiv erlebt und was als Anerkennung von Arbeit überhaupt gelten kann. So kann es als strittig bezeichnet werden, ob als Anerkennung bereits die Entlohnung der Arbeit zählt. In gewisser Hinsicht natürlich schon, es ist aber durchaus denkbar, dass viele Menschen diesen Aspekt nicht unbedingt als Anerkennung ihrer Arbeit betrachten, zumindest dann nicht, wenn das Gehalt eher als eine Selbstverständlichkeit, als Sicherung der eigenen Existenz aufgrund von verrichteter Arbeit verstanden wird, nicht aber als Auszeichnung für Erfolge in der Arbeit.

Wie auch immer: Arbeit und Anerkennung stehen einerseits in einem offenkundigen, andererseits aber auch mehrfach ungeklärten Zusammenhang. Durch das Alltagswissen insbesondere in Organisationen wird er immer wieder hervorgehoben. Meist wird dabei davon ausgegangen, dass dieser Zusammenhang von positiver, unterstützender Natur ist oder zumindest sein könnte. Anerkennung für seine oder ihre Arbeit zu finden, sei wichtig und unverzichtbar – etwa für die Motivation oder die Arbeitszufriedenheit, dies wird von Führungskräften und Beschäftigten, aber auch von Personalberatern und Sozialwissenschaftlerinnen oft betont. Gleichzeitig wird immer wieder gesagt, dass Arbeit per se eine herausragende Möglichkeit darstellt, so etwas wie Anerkennung für das eigene Handeln oder gar für die gesamte Person zu finden – eine Form von Anerkennung, die etwa Arbeitslosen versagt wird. Auf der anderen Seite ist dieser teils implizit, teils explizit unterstellte und durch die Alltagspraxis in Organisationen mehr oder minder beglaubigte Zusammenhang von sozialwissenschaftlicher Seite bislang nur wenig beleuchtet worden. Es gibt weder eine klar erkennbare psychologische oder soziologische Forschungstradition, die sich der Wechselwirkung von Arbeit und Anerkennung mittels empirischer Studien annehmen würde, noch existiert eine ausgearbeitete sozial-, arbeits- oder organisationspsychologische Theorie zum Verhältnis von Arbeit und Anerkennung sowie zur Bedeutung von Anerkennung in der Arbeitswelt und in Organisationen.[2]

Allerdings wird inzwischen seit mehr als zehn Jahren gerade das Thema »Anerkennung« in geistes-, sozial- und kulturwissenschaftlichen Diskursen verstärkt aufgenommen und diskutiert. Dies betrifft vor allem die Sozialphilosophie, welche – ein Thema der frühen Schriften Hegels aufnehmend – ihr Augenmerk vermehrt auf die Frage der Konstitution des Subjekts in modernen Gesellschaften und der Wechselwirkung von Individuum und Sozialsystemen richtet. Dies geschieht meist eher implizit vor dem Hintergrund der zunehmenden Ausdifferenzierung unserer Gesellschaft in verschiedene Subsysteme und der damit einhergehenden Individualisierung von Lebenslagen und Lebensformen. Angesichts dieser Entwicklung stellt sich Frage, was eine von Erosionen und Dissoziationen in verschiedensten Formen bedrohte Gesellschaft eigentlich noch zusammenhält und dabei wird auf die Bedeutung von sozialen Institutionen mit integrierender Wirkung verwiesen. Solche Institutionen sind beispielsweise die Familie, unser Rechtssystem, auch die Politik wird genannt – insbesondere wenn man Non-Governmental-Organisationen hinzunimmt. Die Institution 'Arbeit' hat hier eher am Rande Beachtung gefunden, in den letzten Jahren allerdings in zunehmenden Maße. Der Fokus richtet sich dabei auf soziale Anerkennungsverhältnisse und die damit verbundene subjektiv-sinnhafte Erfahrung von Arbeit. Damit im Zusammenhang steht auch eine Verschiebung der Analyseperspektive bei jenen Teilen der Sozialwissenschaften, die sich mit Arbeit befassen – vor allem mit Formen von Arbeit, die für den modernen Kapitalismus typisch sind. Neben die objektive, arbeitswissenschaftliche und ökonomische Dimension treten nun zunehmend Aspekte, die mit der Erfahrung und dem Sinn von Arbeit zu tun haben sowie mit der damit in Verbindung stehenden beruflichen Identität.

An dieser Stelle setzt auch der vorliegende Beitrag an. Es sollen – ohne Vollständigkeit anzustreben – nach m. E. elementare und bedeutende Aspekte des Themas angesprochen und diskutiert werden. Anerkennung im Kontext von Arbeit und Beruf bezieht sich dabei zum einen auf die erfahrene oder erwünschte Anerkennung in konkreten Interaktionen des Arbeitslebens (dies deckt vor allem den Kontext der Arbeit ab), zum anderen aber auch auf die Anerkennung des eigenen professionellen Handelns durch die Ausübung einer bestimmten beruflichen Tätigkeit (dies meint vor allem den Kontext des Berufs). Zunächst soll es im Beitrag darum gehen, den Begriff der Anerkennung nach strukturellen und inhaltlichen Kriterien zu beleuchten. Es wird auf diesem Weg keine präzise Definition gegeben werden können, es wird aber erkennbar, welche semantischen und pragmatischen Implikationen der Begriff im Kontext von Arbeit und Beruf hat. Die hier zu entfaltende, sozialphilosophische Überlegungen weiterführende Perspektive beruht auf einem interaktionstheoretischen Arbeitsbegriff. Dies bedeutet, dass Arbeit als eine bestimmte, gesellschaftlich vermittelte Form sozialen Handelns verstanden wird. Nach der Klärung des Begriffs der Arbeit werden auf der Grundlage entwicklungspsychologischer Überlegungen und des theoretischen Zugangs von Axel Honneth verschiedene gesellschaftliche Dimensionen des Konzepts der Anerkennung unterschieden und in ihrer Relevanz für den Kontext von Arbeit und Beruf diskutiert. Abschließend sollen erste Forschungsergebnisse zum Zusammenhang von Anerkennung und Arbeitsmotivation vorgestellt und vor dem Hintergrund der theoretischen Überlegungen bewertet werden.

Der Begriff der Anerkennung

Beginnen wir mit einer formalen und strukturellen Bestimmung des Begriffs der »Anerkennung«. Dabei soll zunächst vom zugehörigen Verb »anerkennen« ausgegangen werden. Vorab ist festzuhalten, dass der Prädikator »anerkennen« auf eine Relation verweist. Innerhalb der analytischen Sprachphilosophie und konstruktivistischen Wissenschaftstheorie wird diesbezüglich von mehrstelligen Prädikatoren oder Relatoren gesprochen (vgl. z. B. Janich, Kambartel & Mittelstraß 1974, 56). Sozialphilosophisch bedeutet dies, dass »anerkennen« sich auf eine Interaktionssituation bezieht. Oder: Anerkennung schließt zwei miteinander interagierende Subjekte ein, jemanden der Anerkennung gibt oder erteilt und jemanden, der Anerkennung erhält oder erfährt. Diese Feststellung ist alles andere als trivial, weil sie deutlich macht, dass Anerkennung immer auf eine soziale Situation verweist. Es handelt sich um ein Geschehen, welches mindestens zwei Akteure als Interaktionspartner umfasst und somit eine eigene Realität darstellt. Mit anderen Worten: Anerkennung konstituiert sich in Beziehungen und ist auch in diesem Zusammenhang zu thematisieren.

Um die Bestimmung weiter zu konkretisieren, ist darauf hinzuweisen, dass im Wort »anerkennen« das Wort »erkennen«, somit ein kognitiver Vorgang, enthalten ist. Dies gilt auch für andere europäische Sprachen: Im Englischen bedeutet »Anerkennung« »recognition«, dies enthält den Ausdruck »cognition«. Im Französischen verhält es sich ähnlich: »anerkennen« heißt »reconnaître«, was wiederum die entsprechende Vokabel für »erkennen« einschließt. Aus Paul Ricoeurs (2006) exemplarischer Studie »Wege der Anerkennung« kann in diesem Zusammenhang der Hinweis entnommen werden, dass Anerkennung immer mit einem Prozess der Identifizierung und Zuschreibung von etwas als etwas einhergeht. Anerkennung richtet sich somit nicht nur auf andere Interaktionspartner, sie beinhaltet zusätzlich einen Bezug oder Aspekt, woraufhin Anerkennung erteilt wird. Die Anerkennung von Arbeit etwa bezieht sich auf den bestimmten Beitrag, den ein Individuum im Zusammenhang des wirtschaftlich und politisch organisierten Leistungsaustausches unserer Gesellschaft liefert. Die Anerkennung einer bestimmten Arbeitsleistung bedarf der Erkenntnis dieses Beitrags, ansonsten wäre die Anerkennung im wahrsten Sinn des Wortes gegenstandlos. Wenn diese Einsicht mit der Struktur des Begriffs der Anerkennung in Verbindung gebracht wird, so ist festzuhalten, dass »es sich um eine dreistellige Relation, in der x y als z anerkennt« (Bedorf 2010, 122), handelt. Dies bedeutet: Wenn einer Person Anerkennung für ihre Arbeit erteilt wird, schließt dies immer den Beitrag oder Gegenstand ein, wofür oder in welcher Hinsicht die Person anerkannt wird. Ein essentieller Bestandteil des Sprachspiels »Anerkennung« gerade im Kontext von Arbeit und Beruf ist somit die Identifizierung einer Referenz, aufgrund derer Anerkennung zugesprochen wird. Dies mag ein Grund dafür sein, dass Anerkennung von Arbeit in Organisationen, wenn sie »einfach so dahin« – das heißt, ohne Bezug zu einer Leistung – ausgesprochen wird, ihren Adressaten nicht wirklich erreicht und wirkungslos ist. Die sprachliche Handlung wird dann als Anerkennung von geleisteter Arbeit gar nicht wahrgenommen.

Versucht man, den Begriff inhaltlich näher zu charakterisieren, so meint Anerkennung insbesondere im Kontext von Arbeit und Beruf eine wertschätzende Rückmeldung über ein Verhalten, eine Leistung, eine wahrzunehmende Rolle oder ähnlichem. Sie stellt einen Akt der Zustimmung dar, was auch kritische Elemente in dieser Rückkopplung nicht ausschließt. Es ist ein Allgemeinplatz der menschlichen Kommunikation, dass die Nichtbeachtung der Person, des Verhaltens oder einer Leistung eines Interaktionspartners als weitaus herabwürdigender erfahren wird als eine Ablehnung oder Kritik (vgl. etwa Watzlawick, Beavin & Jackson 1969, 85f.). Denn der mit einer Kritik verbundene Widerspruch schließt ja die Wahrnehmung und damit Anerkennung der betreffenden Referenz ein. Diese in jeder Anerkennungsinteraktion enthaltenen Wege der Erkenntnis fördern somit auch die Selbsterkenntnis beim Adressaten, und zwar in der Weise, dass er über bestätigende und kritische Prozesse der Anerkennung auch in die Lage versetzt wird, das dort ihm Zugesprochene sich selbst zuzusprechen. Dies gilt insbesondere für den Fall der Entwicklung von beruflicher Kompetenz und Identität. Anerkennung kann somit einen Prozess der Identitätsbildung in Gang bringen, im Fall von Anerkennung im Feld der Arbeit und des Berufs geht dies mit der Ausbildung von Professionalität, beruflicher Identität und organisatorischer Rollenidentität einher.

Aus dem Gesagten geht auch hervor, dass Anerkennung generell eine weitreichende Rolle in Interaktionsbeziehungen einnimmt. Ohne wechselseitige Anerkennung ist gesellschaftliches Zusammenleben kaum vorstellbar. Eine Vielzahl sozialer Austauschprozesse in den verschiedensten Subsystemen unserer Gesellschaft werden über Prozesse der Anerkennung mit geregelt. Es geht dabei jeweils um den Anderen in seinem Status als Rechtssubjekt, in seiner Bedeutung für das Fortbestehen für unsere Gesellschaft und in seiner unverwechselbaren Individualität. In gewisser Weise werden wir durch Anerkennung erst das, was wir sind.

Der Begriff der Arbeit in der Sozialphilosophie und in der Arbeitspsychologie

Bevor diese Überlegungen zum Begriff der Anerkennung weitergeführt werden, ist es nötig, den Begriff der Arbeit näher zu betrachten, zumal die vorliegende Erörterung das Konzept der Anerkennung auf den Kontext von Arbeit und Beruf zu beziehen beabsichtigt. Ich möchte für die Bestimmung des Arbeitsbegriffs auf zwei maßgebliche Diskurse zurückgreifen. Einer wird im Feld der Arbeitspsychologie, der andere im Bereich der Sozialphilosophie geführt. Dabei fällt auf, dass in beiden Domänen ein überraschend einvernehmliches Verständnis des Arbeitsbegriffs vorherrscht. Dieser Befund ist deshalb überraschend, weil beide Diskurse sich gegenseitig so gut wie gar nicht zur Kenntnis nehmen. Hier wie dort wird Arbeit in erster Linie als gegenständliches und instrumentelles Handeln verstanden. Die soziale und damit gesellschaftliche Dimension des Arbeitsbegriffs wird in der Regel ausgeblendet, übersehen oder nur am Rande beleuchtet.

Eine der in der Sozialphilosophie prominentesten Bestimmungen des Arbeitsbegriffs geht auf die Unterscheidung zwischen Arbeit und Interaktion (vgl. Habermas 1968) zurück. Danach wird Arbeit als zweckrationales und vornehmlich instrumentelles Handeln begriffen und von der Interaktion als symbolisch vermitteltes soziales Handeln geschieden. Dass diese Unterscheidung immer noch Gewicht hat, zeigt eine Jahrzehnte später veröffentlichte philosophische Monographie von Martin Seel (1995) zu der Form des Glücks. Danach sind die zentralen Dimensionen und Inhalte eines guten menschlichen Lebens, die als existentielle Möglichkeiten einem glückenden Lebensvollzug immer offenstehen sollten, gelingende Arbeit und gelingende Interaktion sowie – auf diese beiden Dimensionen bezogen – gelingendes Spiel und gelingende Betrachtung. Arbeit und Interaktion beziehen sich auf gelingende Praxisformen einerseits im Umgang mit äußeren Gegebenheiten, andererseits mit einem menschlichen Gegenüber. »Im ersten Fall haben wir es mit der Behandlung eines Objekts durch ein Subjekt, im anderen Fall mit einer Begegnung unter Subjekten zu tun« (Seel 1995, 140).

Den Ausdruck Arbeit gebraucht Seel (1995, 142) abkürzend »für alle Arten eines mit einem gewissen Aufwand verbundenen intentionalen Vollbringens externer Zwecke.« Dabei geht es um einen möglichst effektiven Einsatz von Mitteln zur Realisierung eines Zwecks oder einer Reihe von Zwecken, die nicht – als interne – im handelnden Vollbringen selbst liegen, sondern vielmehr – als externe – durch das Handeln herbeigeführt werden und unabhängig von ihm bestehen bleiben sollen. Das heißt, »alle Arbeit bemüht sich um eine wie immer unscheinbare oder weitreichende Veränderung der ihr vorgegebenen Wirklichkeit – derjenigen Wirklichkeit, die jeweils Gegenstand der arbeitenden Tätigkeit ist. Eine Arbeit ist erfolgreich, wenn ein Ausschnitt der Wirklichkeit in der beabsichtigten Weise eine Veränderung erfährt« (Seel 1995, 142). Auch wenn das Ziel einer Arbeitstätigkeit einem externen Zweck verpflichtet ist, so folgt das Arbeiten selbst einem internen Zweck: nämlich dem Zweck des Bewirkens von Welt, des Herstellens einer gegenständlichen und dauerhaften Welt, wie es Hannah Arendt (1967) formulieren würde. Zugleich schließt das Bewirken von Welt auch die Konstitution des tätigen Subjekts selbst mit ein. In und durch Arbeit wird der Mensch zu einem sinnlich-praktischen, schöpferischen Wesen. Kurzum: der Mensch bewirkt in und durch Arbeit Welt, aber auch sich selbst.

Interessant an diesen Ausführungen von Seel ist, dass der Prozess der Weltkonstitution und Selbstwerdung in Begriffen des instrumentellen Umgangs mit der gegenständlichen Umwelt beschrieben wird. Gelingendes Leben im Zuge von Arbeit vollzieht sich in Auseinandersetzung mit der Welt der Objekte. Seel folgt damit der eingangs skizzierten Grundunterscheidung von Habermas zwischen Arbeit und Interaktion, zwischen instrumentellen oder zweckrationalem Handeln, das technischen Regeln folgt und dem kommunikativem oder verständigungsorientiertem Handeln, das an Regeln des Zusammenlebens, also an Normen und Werten des zwischenmenschlichen Umgangs orientiert ist.

Seel ist sich allerdings auch dessen bewusst, dass in der alltäglichen Praxis Arbeit von Interaktion nicht strikt getrennt werden kann. Jede dialogische Interaktion, die in Anlehnung an Habermas' Begriff des kommunikativen Handelns (Habermas 1981) auf Verständigung allein um der Verständigung willen abzielt, kann zugleich auch ein Arbeitsvollzug sein bzw. einen wesentlichen Teil einer Arbeitshandlung ausmachen. Seel weist sogar darauf hin, dass Interaktionen, die zugleich als Arbeit anzusehen sind, nicht auch strategische Interaktionen sein müssen, wie es das ebenfalls in der Theorie des kommunikativen Handelns entwickelte Schema von Handlungstypen nahelegt. Die gemeinsame Arbeit an gemeinsamen Zwecken etwa bei einem wissenschaftlichen Projekt kann den Charakter einer offenen dialogischen Interaktion besitzen. »Andererseits sind strategische Interaktionen, wie sie mit hierarchisch organisierter Arbeit meist verbunden sind, nicht immer für eine dialogische Praxis offen« (Seel 1995, 153), aber auch nicht gänzlich verschlossen, wie zu ergänzen wäre und wie man am Beispiel eines an den regulativen Idealen der Gerechtigkeit und sozialen Akzeptanz orientierten Personalauswahlprozesses zeigen kann (vgl. dazu Sichler 1996).

Arbeit und Interaktionen können sogar derart koexistieren, dass eine menschliche Handlung (etwa das gemeinsame Reparieren eines Autos oder das Abschließen eines Bausparvertrags) beides zugleich sein kann – Arbeit und Interaktion. Das heißt, beide »können sich unabhängig voneinander oder in Verbindung miteinander vollziehen« (Seel 1995, 153) Doch auch in diesen Fällen wird Seel zufolge die grundsätzliche Differenz zwischen beiden Tätigkeitsweisen aufrechterhalten, da »Arbeit notwendigerweise eine Realisierung externer Zwecke, dialogische Interaktion hingegen notwendigerweise ein selbstzweckhaftes Aufeinandereingehen darstellt. So sehr Arbeit auch selbstzweckhaft sein kann, sie ist immer auf externe Zwecke gerichtet. So sehr dialogische Interaktion oft zweckgerichtet ist, sie ist immer selbst ein Zweck der an ihr Beteiligten. Wie immer die eine Tätigkeit in die andere eingebettet sein mag, der einen geht es primär um das Bewirken eines Zustands der Welt, der anderen geht es primär um einen Austausch mit einem Gegenüber« (Seel 1995, 153f.).

Wenn man sich dem zweiten Diskurs zuwendet, so fällt auf, dass auch hier ein instrumentelles Verständnis von Arbeit vorherrscht. Die Betrachtung von Arbeit im Kontext arbeitspsychologischer Theorienbildung und Forschung wird in erster Linie durch die Arbeitstätigkeit oder die Arbeitsaufgabe bestimmt. In der Arbeit gibt sich die Auseinandersetzung des Menschen mit der Natur zu erkennen, in diesem Sinne spiegelt sich dort die Umgestaltung der materiellen und sozialen Welt nach menschlichen Zielsetzungen. Betrachtet man verschiedene, dem arbeitspsychologischen Kontext nahe stehende Definitionen, so wird dieses Charakteristikum der zweck- oder bedürfnisbezogenen Bearbeitung von Natur und Gesellschaft mehr oder minder deutlich zum Ausdruck gebracht und in den Mittelpunkt gestellt (vgl. z. B. Neuberger 1985, 1ff.; Rosenstiel 2007, 53ff.). Arbeit wird dort als zielbezogene, meist planvolle Aktivität zur Herstellung von Gütern (einschließlich Dienstleitungen) konzipiert.

Diesen gegenständlichen, instrumentellen oder auch zweckrationalen Arbeitsbegriff betrachte ich als verkürzt, weil die in meinen Augen essentielle und in diesem Beitrag akzentuierte gesellschaftliche Vermittlung menschlicher Arbeit in diesem Begriffsverständnis keinen systematischen Stellenwert besitzt. Sie wird zwar in einigen Definitionen mit aufgeführt (vgl. etwa Neuberger 1985, 1), Hacker (1998, 46f.) hebt sogar in einem eigenen Definitionspunkt die gesellschaftliche Bestimmung von Arbeitstätigkeiten eigens hervor. Ähnlich weist Oesterreich (1997, 58f.) im Rahmen einer handlungspsychologischen Erörterung auf die gesellschaftliche Einbettung von Arbeitstätigkeiten hin. Kennzeichnend für den arbeitspsychologischen Zugang zu menschlichen Arbeitstätigkeiten ist jedoch die Akzentuierung des Gegenstandsbezugs (vgl. etwa Hacker 1998, 46f. oder Oesterreich 1997, 56ff.).

In den letzten Jahren mehrten sich allerdings Stimmen, die eine Neuorientierung der Arbeitspsychologie einfordern (vgl. z. B. Moldaschl 2002). Dabei wird unter anderem darauf hingewiesen, dass die derzeit verfügbaren, vorherrschenden Ansätze in der Arbeitspsychologie (und dazu zählen vor allem handlungsregulationstheoretische Konzepte) nur wenig dazu beitragen können, die gegenwärtig mehr und mehr die Oberhand gewinnenden neuen Arbeits- oder Beschäftigungsformen (vgl. etwa Sichler 2006, 15ff.) sowie – damit im Zusammenhang – die zunehmende Ökonomisierung fachlicher, besonders aber überfachlicher Arbeitsaspekte theoretisch befriedigend zu durchleuchten und kritisch zu hinterfragen. Mit einem Wort: Der gesellschaftliche Analyse- und Gestaltungsauftrag, den die Arbeitspsychologie sowie die Arbeitswissenschaften insgesamt bislang zumindest teilweise ins Werk setzen konnten, droht verlustig zu gehen.

An diesem gesellschaftlichen Wendepunkt scheint mir eine theoretische Neuorientierung innerhalb der Arbeitspsychologie dringend geboten zu sein. Eine solche Neuausrichtung kann an verschiedenen Punkten ansetzen (vgl. z. B. Moldaschl 2002), ich selbst habe dies am Beispiel des Autonomiekonzepts im Kontext von Arbeit und Lebensführung aufzuzeigen versucht (vgl. etwa Sichler 2004, 2006). In diesem Beitrag setze ich am Begriff der Arbeit selbst an. Dabei soll die zweistellige Relation zwischen Arbeitssubjekt und Arbeitsgegenstand zu einer dreistelligen, triadischen Relation erweitert werden. Neben das arbeitende Individuum und das zu bearbeitende Objekt tritt – in meinen Augen unverzichtbar – das konsumierende Subjekt, jene Person, zu dessen Bedürfnisbefriedigung eine Arbeitstätigkeit überhaupt erst aufgenommen und ausgeführt wird.

In diesem Zusammenhang soll im Anschluss an Hacker (1998, 46) auf den für die Charakterisierung von Arbeit essentiellen Sachverhalt hingewiesen werden, »dass im wirtschaftlichen Prozess, dessen Bestandteil die Arbeitstätigkeit ist, ein für andere auf dem Markt nützliches Resultat unter festgelegten Bedingungen erzielt werden muss. Damit hat jede Arbeitstätigkeit den Charakter eines Auftrags. Der jeweilige Auftrag ist das grundlegende Ausgangsmoment jeder psychologischen Analyse der Arbeitstätigkeit.« Menschliche Arbeit ist demnach stets mit dem Ziel der Erledigung eines solchen Arbeitsauftrags verbunden. In diesem umfassenden Sinn besitzt jede Form von Arbeit gewissermaßen einen Dienstleistungscharakter. Arbeit ist damit unhintergehbar immer auch soziales Handeln. Das vorgeschlagene triadische Basis-Modell trägt somit bereits im Kern dem Grundgedanken Rechnung, dass Arbeitstätigkeiten, auch im Grenzfalle kooperationsloser Einzeltätigkeiten, stets gesellschaftliche Vorgänge sind. »Sie ergeben sich aus der gesellschaftlichen Arbeitsteilung und werden wegen der Erzeugung eines Produkts für andere gegen einen Lohn stets gesellschaftlich bewertet. Diese gesellschaftliche Bewertung wird vom arbeitenden Menschen vorweggenommen und reguliert in dieser Vorwegnahme seine Tätigkeit in ausschlaggebendem Umfange mit« (Hacker 1998, 56)

Die gesellschaftliche Bestimmung und Bewertung von Arbeit ist, obwohl von Hacker als psychologisch relevant beurteilt, in der Arbeitspsychologie jedoch kaum oder allenfalls nur am Rande thematisiert worden. Inzwischen wird zwar die soziale Dimension wie etwa bei der Teamarbeit im Rahmen so genannter kollektiver Regulationserfordernisse (vgl. Weber 1997) mit berücksichtigt. Auch der Dienstleistungsaspekt (vgl. z. B. Nerdinger 1994) und die vor allem bei personenbezogenen Dienstleistungen zu vollbringende Interaktions- und Emotionsarbeit (vgl. z. B. Büssing & Glaser 2003) werden in der Arbeitspsychologie inzwischen stärker einbezogen und eingehend erforscht. Dies hat aber keine Konsequenzen für den Arbeitsbegriff selbst. Es führt nicht dazu, Arbeit selbst als soziales Handeln zu begreifen. Natürlich soll mit dieser Charakterisierung nicht der Gegenstandsbezug menschlicher Arbeitstätigkeit geleugnet werden. Arbeit ist stets auf einen bestimmten Gegenstand gerichtet, doch allein durch diesen Bezug können wir sinnvollerweise noch nicht von Arbeit sprechen. Arbeit – so meine These – liegt erst dann vor, wenn jemand im Zuge des gesellschaftlichen Leistungsaustauschs wertschöpfend für andere tätig ist. Und Tätigkeit für andere ist per se soziales Handeln.

Der institutionelle Arbeitsbegriff: Arbeit als Interaktion

Zu klären ist nun in einem weiteren Schritt, welche Aspekte des Begriffs der Arbeit ihn zu einem Begriff sozialen Handelns machen. Hier möchte ich vor allem Überlegungen von Friedrich Kambartel (1993) und Angelika Krebs (2002) aufgreifen und weiterführen. Kambartel begreift Arbeit vor dem Hintergrund ihrer Erscheinung in modernen arbeitsteiligen Gesellschaften. Im Unterschied zu den Konzeptionen von Arbeit als zweckrationales oder instrumentelles Handeln sowie als mühevolle Tätigkeit gewinnt der Arbeitsbegriff für moderne Gesellschaften vor allem als politisch-ökonomischer Begriff entscheidende Bedeutung. In diesem Sinne tritt Arbeit vornehmlich als rechtlich und ökonomisch geregelte Leistung im Rahmen ihrer gesellschaftlichen Teilung in Erscheinung.

Daraus leitet Kambartel (1993, 241) folgenden Bestimmungsversuch ab: »Arbeit im gesellschaftlichen Sinne, kurz: gesellschaftliche Arbeit heißt eine Tätigkeit für andere, welche am 'allgemeinen', durch die Form der Gesellschaft bestimmten, Leistungsaustausch zwischen ihren Mitgliedern teilnimmt.« Nach dieser Definition, die sich an der modernen gesellschaftlichen Arbeitsteilung orientiert, ist Arbeit notwendigerweise stets eine Tätigkeit für andere und damit auch per se soziales Handeln. Mit der Tätigkeit für andere ist immer auch ein Produkt oder eine Dienstleistung gegeben, von daher bleibt der Gegenstandscharakter von Arbeitstätigkeiten gewahrt. Gegenständlichkeit geht aber nicht vollkommen im Arbeitsbegriff auf.

Weitere Kennzeichen der Arbeit wie etwa die Planung von Arbeitsschritten, ihre Zweckrationalität, ihre eventuell gegebene Fremdbestimmung, ihre Regulierung und Organisation, die damit verbundene Anstrengung oder auch Selbstverwirklichung etc. möchte ich im Anschluss an Kambartel als abgeleitete oder sekundäre Merkmale des Arbeitsbegriffs bezeichnen. Das heißt, dass sie mit Arbeit im gesellschaftlichen Sinn einhergehen können, aber nicht müssen. Die konkrete Form der Organisation des gesellschaftlichen Leistungsaustauschs ist in keiner Weise vorgegeben und kann im Rahmen unterschiedlicher wirtschaftlicher und politischer Modelle verwirklicht werden. Aus diesem Grund ist das hier in Anlehnung an Kambartel vorgeschlagene Verständnis von Arbeit als Tätigkeit für andere zwar mit dem Phänomen der Erwerbsarbeit vereinbar, es ist aber nicht zwangsläufig daran gekoppelt. Beispielsweise ist Ulrich Becks (1999) Konzeption der Bürgerarbeit, deren Probleme hier nicht diskutiert werden sollen, ebenfalls ein Fall von Tätigkeit für andere im Zuge des gesellschaftlichen Leistungsaustauschs, allerdings auf einer anderen Grundlage als bei der Erwerbsarbeit.

Von Arbeitstätigkeiten grenzt Kambartel alle privaten Tätigkeiten ab. Sie können wie gesellschaftliche Arbeit ebenfalls mühevoll oder zweckrational sein, müssen es aber nicht. Entscheidend für diese Tätigkeiten ist, dass sie die Individuen je für sich und für die Erreichung eigener Zwecke ergreifen. Alle Formen der Heimarbeit, Privatarbeit, Eigenarbeit, auch die so genannten autonomen Tätigkeiten nach Gorz (2000) sind demnach keine gesellschaftliche Arbeit. Etwas anders verhält es sich mit der Familienarbeit, die vor allem über Formen der geschlechtspezifischen Arbeitsteilung einen nicht unerheblichen Teil des gesellschaftlichen Leistungsaustauschs ausmacht. Tätigkeiten in und für Familien können aber auch den Charakter von privaten Tätigkeiten im Sinne Kambartels tragen, etwa dann, wenn das Handeln der Familienmitglieder nicht dazu beiträgt, dass einzelne unter ihnen in ihren Tätigkeiten für den gesellschaftlichen Leistungsaustausch entlastet werden. Damit wird deutlich, dass der von Kambartel vorgeschlagene Begriff von gesellschaftlicher Arbeit noch nichts über wünschenswerte Formen der Organisation von Arbeitsteilung aussagt. Offen bleiben auch die Formen der gesellschaftlichen Bewertung und Anerkennung von ausgetauschten Leistungen: die monetäre Entlohnung von Erwerbsarbeit stellt nur eine Möglichkeit dar.

Angelika Krebs (2002) hat den Faden dieser gesellschaftstheoretischen Konzeption von Arbeit aufgriffen und die Bestimmung von Arbeit als Tätigkeit für andere im Rahmen des gesellschaftlichen Leistungsaustausches als institutionellen Arbeitsbegriff bezeichnet. Damit soll nicht zum Ausdruck kommen, dass Arbeit an Institutionen wie Unternehmen oder Behörden gebunden ist, sondern dass Arbeit eine gesellschaftliche Institution (wie etwa auch die Familie) darstellt und nur als solche verstanden werden kann. Wer arbeitet, ist auf eine bestimmte Weise in Austauschprozesse der Gesellschaft eingebunden, unabhängig von den jeweils damit verbundenen konkreten Tätigkeiten. Damit stehen den Arbeitstätigkeiten (im Sinne von gesellschaftlicher Arbeit) sowohl Tätigkeiten der Selbstversorgung und der privaten Muße, aber auch Tätigkeiten für andere, die nicht im Kontext des gesellschaftlichen Leistungsaustausches stehen (etwa jede Form der Unterstützung im privaten Bereich) gegenüber (vgl. Tab. 1).

Tabelle 1: Der institutionelle Arbeitsbegriff (nach Krebs 2002, 38)

Tätigkeit für mich

für andere außerhalb jedes Leistungsaustausches Selbstversorgung (Eigenarbeit, z. B. Kochen) Selbstverwirklichung (z. B. Geigespielen als Hobby) Surplus-Leistung (z. B. Pflege der Rosen in Nachbars Garten) Gemeinsame Tätigkeiten Kooperation (z. B. gemeinsamer Abwasch), geteilte Praxis (z. B. Fußballspielen) innerhalb eines privaten Leistungsaustausches Private Arbeit (z. B. Ratschläge für eine Freundin) innerhalb des gesellschaftlichen Leistungsaustausches Gesellschaftliche ökonomische Arbeit

Die Reichweite der Bestimmung des Arbeitsbegriffs von Kambartel und Krebs wird vielleicht noch klarer, wenn man sie im Lichte handlungstheoretischer Überlegungen betrachtet. Aus dieser Konzeption kann nämlich gefolgert werden, dass eine Tätigkeit nicht aus sich selbst heraus als Arbeit gilt oder nicht, sondern nur »durch den Rahmen, innerhalb dessen sie ausgeübt wird. Dieser Rahmen ist durch die sozial geregelte Zufriedenstellung menschlicher Bedürfnisse gegeben« (Kwant 1968, 33). Ob eine Tätigkeit als Arbeit oder nicht zu werten ist, kann aus der Tätigkeit selbst nicht erschlossen werden. Kochen, aber auch Fußballspielen kann im Rahmen einer Erwerbs- und damit Arbeitstätigkeit, im Rahmen der privaten zweckrationalen Selbstsorge oder aber als Mußetätigkeit erfolgen. Das heißt: Die Tätigkeit allein stellt noch keine Arbeit dar. Erst ihre Einbettung in den gesamtgesellschaftlichen Kontext macht deutlich, um welche Form der Tätigkeit es sich handelt.[3]

Am Arbeitsbegriff wird damit deutlich, dass es Handlungsprädikatoren gibt, deren Bedeutung nicht über Tätigkeiten und entsprechende deiktische Definitionen (Zeigedefinitionen, vgl. Lorenzen & Schwemmer 1975) geklärt werden. Vielmehr existieren auch sogenannte sekundäre Handlungsprädikate oder Handlungsinterpretationskonstrukte (vgl. Lenk 1978), die ausschließlich über gesellschaftliche Diskurse, Vereinbarungen, implizite oder explizite Regelungen, Normen und Werte definiert werden. Das mithilfe solcher Handlungsprädikate ausgewiesene Tun lässt sich natürlich auch in primären Handlungstermini beschreiben, dies trifft aber noch nicht den Kern dieses Handelns. Konkret bedeutet dies: Wer von sich sagt, dass er oder sie arbeitet, sagt damit noch nicht, was er oder sie tut, sondern muss dies erst noch präzisieren (etwa dass er oder sie einen Projektantrag formuliert). Auf der anderen Seite ist mit der Beschreibung der Tätigkeit noch nicht gesagt, dass er oder sie tatsächlich arbeitet, dies wird erst aufgrund der gesellschaftlichen Interpretation dieser Tätigkeit entschieden.

Natürlich kann an dieser Stelle die Frage aufgeworfen werden, was letztlich damit gewonnen ist, wenn Arbeit ausdrücklich als Tätigsein für andere im Rahmen des gesellschaftlichen Leistungsaustausches definiert wird. Wie schon Gabriel (1972) im Rahmen wissenschaftstheoretischer Überlegungen gezeigt hat, sind Definitionen nichts weiter als Wortersetzungsregeln. Sie sind nicht wahr oder falsch, sondern mehr oder weniger zweckmäßig, und zwar abhängig von Ziel- und Zwecksetzungen, die den Begriffsbestimmungen vorausgeschaltet sind. Dies bedeutet, dass Definitionen gemäß bestimmter Erkenntnis- und Forschungsinteressen gebildet werden. Wenn wir also Arbeit als jene gesellschaftliche Institution bestimmen, welche sich durch den ökonomischen Leistungsaustausch zwischen verschiedenen Subsystemen der Gesellschaft konstituiert, dann ist mit dieser Ausrichtung das Interesse verbunden, genauer verstehen und analysieren zu können, in welcher Weise sich durch Arbeit diese Subsysteme und vor allem die Individuen in ihnen in die Gesellschaft integrieren. Arbeit im Kontext dieser Perspektive dient damit nicht nur der Auseinandersetzung zwischen Mensch und Natur, vielmehr erlangt der Mensch durch Arbeit einen zentralen Bestimmungsort in der modernen Gesellschaft. In diesem Kontext nimmt auch die Anerkennung von Arbeit und beruflicher Tätigkeit einen zentralen Stellenwert ein. Und darauf aufbauend ermöglicht Arbeit dem Einzelnen, ein seinen Arbeitstätigkeiten entsprechendes, berufliches Selbstverständnis aufzubauen. Dies vollzieht sich teils auch vor- oder unbewusst im Rahmen der beruflichen Sozialisation und führt zu einer mehr oder minder stark ausgeprägten Identität seiner berufsbezogenen Professionalität (berufliche Identität).[4]

Anerkennung von Arbeit

Wenn wir Arbeit als Tätigkeit für andere im gesellschaftlichen Leistungsaustausch bezeichnen, so stellt sich unmittelbar die Frage der ebenfalls gesellschaftlich vermittelten Bewertung dieser Tätigkeit. Eine allgemein anerkannte Grundlage der Bewertung einer solchen Arbeitstätigkeit stellt deren Beitrag zur Wertschöpfung dar. Dieser ursprünglich von Adam Smith eingeführte Begriff wird heute vor allem in den Wirtschaftswissenschaften verwendet und dort nach den ökonomischen Gesetzen der freien Marktwirtschaft verstanden, »dementsprechend handelt es sich um eine rein quantitative Größe, nämlich um eine monetär bewertete Nettowirtschaftsleistung, d. h. den mittels einer entgeltlichen Leistung am Markt erzielbaren Mehrwert (value added), der nach Abzug der ebenso marktbezogen bewerteten Vorleistungen einem Unternehmen, einer Branche oder auch einer ganzen Volkswirtschaft (im Austausch mit anderen Volkswirtschaften) effektiv verbleibt« (Ulrich 1998, 203). Doch wie der Wirtschaftsethiker Peter Ulrich hervorhebt, enthält der Begriff der Wertschöpfung als sein implizites normatives Fundament eine evaluative Komponente, die in den ökonomischen Berechnungen nicht aufgeht. Dabei geht es um die Frage nach dem Wert des Wirtschaftens mit Blick auf die Lebensqualität des Menschen. Demnach ist nicht Herstellung von quantifizierbaren Marktwerten, nicht der shareholder value, sondern die Lebensdienlichkeit des 'Wirtschaft' genannten gesellschaftlichen Leistungs- und Güteraustauschs das entscheidende Kriterium für den Beitrag einer Arbeitstätigkeit zur gesamtgesellschaftlichen Wertschöpfung.

Bevor vor diesem Hintergrund die Bedeutung der Idee der Anerkennung im Kontext von Arbeit und Beruf näher beleuchtet wird, sind einige allgemeine Überlegungen voranzustellen. Sie folgen dem seit nun schon mehreren Jahren geführten Diskurs um eine sozialphilosophisch begründete Theorie der Anerkennung. Ich werde im Zuge der im vorgegeben Rahmen naturgemäß verkürzten Rekonstruktion dieses Diskurses vor allem intersubjektivitätstheoretische Weiterentwicklungen der Psychoanalyse (mit Konzentration auf Jessica Benjamin) und der Theorie sozialer Anerkennung von Axel Honneth aufgreifen. Die dort gewonnenen Einsichten sind dann auf den Kontext von Arbeit und Beruf zu beziehen und weiterzuführen.

Mit dem Prinzip Anerkennung hat insbesondere der frühe Hegel die Struktur eines Bildungsprozesses einzufangen versucht, der verschiedene Interaktionsformen und soziale Beziehungen wie beispielsweise Liebe, Arbeit, Tausch, Recht, etc. auf jeweils besondere Art bestimmt (vgl. Siep 1979, 17f.). Verbunden ist damit eine These zur Entwicklung von modernen Gesellschaften. Danach vollzieht sich die Reproduktion des gesellschaftlichen Lebens nach dem Grundsatz der reziproken Anerkennung, »weil die Subjekte zu einem praktischen Selbstverhältnis nur gelangen können, wenn sie sich aus der normativen Perspektive ihrer Interaktionspartner als deren soziale Adressaten zu begreifen lernen« (Honneth 1992, 148). Diese bewusstseinsphilosophisch und idealistisch konzipierte Vorstellung Hegels von der Konstitution eines individuellen Selbst durch die Anerkennung eines anderen Subjekts wurde von der Sozialphilosophie in den letzten Jahren verstärkt aufgegriffen und weiterentwickelt. Sie hat aber auch auf neuere psychoanalytische Konzeptionen der psychischen Entwicklung nachhaltigen Einfluss ausgeübt.

So spielt Jessica Benjamin (1990) zufolge schon in der frühen Mutter-Kind-Interaktion der Prozess der gegenseitigen Anerkennung eine Schlüsselrolle für die weitere psychosoziale Entwicklung des Menschen. Im ersten Anerkennen des Kleinkinds durch die primäre Bezugsperson liegt das Eingeständnis, dass es sich bei dem neugeborenen Wesen um ein einmaliges Wesen mit eigenen Regungen und Wünschen handelt. Auch das Baby erkennt die Mutter als ihre primäre Bezugsperson an, was mit einem Verweis auf Studien zum frühen Erkennen der eigenen Mutter durch das Kleinkind belegt wird (vgl. Benjamin 1990, 221). Den Prozess der frühen gegenseitigen Anerkennung versteht Benjamin als eine Art von wechselseitiger Erkenntnis, bei der die Mutter das Neugeborene als ein Wesen erkennt, welches auch die Mutter anerkennt (Benjamin 1990, 18). Anerkennung ist nach Benjamin die ständige Begleitmusik zur wachsenden Selbstbehauptung des Kleinkinds im Zuge seiner Auseinandersetzung mit der Umwelt. »Das Subjekt erklärt: 'Ich bin, ich tue', und wartet dann auf die Reaktion: 'Du bist, du hast getan.' Anerkennung ist also reflexiv; sie umfaßt nicht nur die bestätigende Reaktion des Anderen, sondern auch die Art, wie wir diese Reaktion aufnehmen« (Benjamin 1990, 24). Dabei erkennen wir uns selbst im Anderen, aber auch in den unbelebten Dingen bedingt durch deren Rückwirkung auf das Erleben des Kleinkinds. Diese Reaktionen bestätigen dem Baby seine eigene Aktivität und Selbsttätigkeit. Es erkennt, dass es in der Umwelt etwas bewirken kann, und empfindet daran großes Vergnügen. Gleichzeitig möchte es dieses Erfolgserlebnis auch mit den primären Bezugspersonen teilen und den Lernerfolg bestätigt bekommen.

Veranschaulichen möchte ich dies mit einem Zitat, das in meinen Augen sehr schön verdeutlicht, wie früh in der psychischen Entwicklung des Menschen die Verschränkung der Selbstbestätigung durch erfolgreiches Manipulieren von Objekten, also dem gegenständlichen Aspekt menschlicher Tätigkeiten, mit Formen der Anerkennung, also dem sozialen Aspekt des Handelns, erfolgt. Jessica Benjamin (1990, 24) beschreibt das Vergnügen »des Babys an Dingen, die auf sein Tun reagieren, zum Beispiel das Mobile, das sich bewegt, wenn es an der Strippe zieht, die Glocke, die schellt, wenn es mit den Beinen strampelt. Kontingente Reaktionen bestätigen dem Baby seine eigene Aktivität und seine Selbsttätigkeit. Und das macht Spaß; das Baby interessiert sich nicht nur für den Anblick oder das Geräusch des betreffenden Gegenstandes, sondern es will eine Wirkung erzielen: sein Strampeln hat Folgen. Und bald resultiert das Vergnügen sowohl aus der Wirkung auf das Objekt als auch aus der Reaktion anderer Subjekte, die Beifall zollen. Schon das neun Monate alte Baby schaut dem Vater oder der Mutter gespannt ins Gesicht, um zu sehen, ob sie sein Entzücken über irgendein Geräusch teilen. Das zweijährige Kind sagt: 'Das habe ich getan!' und zeigt den Bolzen vor, den es eingehämmert hat, und wartet auf die Bestätigung, daß es etwas Neues gelernt hat, daß es seine Selbständigkeit bewiesen hat.«

Die Tätigkeit und der daraus bezogene Erfolg leistet damit nicht nur eine Verstärkung der Bindung des Einzelnen an die Realität, wie das Freud von der Arbeit sinngemäß an einer Stelle seiner kulturtheoretischen Schriften zum Ausdruck gebracht hat (vgl. Freud 1930, 438). Es sind nicht nur die Möglichkeiten, narzisstische, aggressive und erotische Komponenten des Trieblebens in gesellschaftlich anerkannte Bereiche hinein zu sublimieren, nicht nur jene Formen der Realitätserprobung, welche im Hinblick auf die Arbeit zu erwachsenengemäßen lustvollen Erfahrungen führen (vgl. Jahoda 1994, 292), sondern ebenso die Art und Weise, wie in Interaktionskontexten Erfolge in der Auseinandersetzung mit der Realität aufgenommen und bewertet werden. Für Freud stellt die Arbeit in erster Linie einen Katalysator dar, dessen sich das Individuum bedient, um seine Triebe in sozial verträglicher Weise auszuleben. Arbeit hat damit eine soziale Funktion oder sozialisatorische Bedeutung (vgl. Volmerg 1988, 82ff.), doch wird sie auch von Freud nicht als genuin soziales Geschehen konzipiert. Hingegen resultiert das wachsende Vergnügen an der Welt nach Benjamin (1990, 24) »sowohl aus der Wirkung auf das Objekt als auch aus der Reaktion anderer Subjekte, die Beifall zollen.« Dabei ist die Anerkennung durch die Eltern als tragende und unverzichtbare Stütze für die Eroberung der Objektwelt zu verstehen. Denn die Lust an wachsender Kompetenz und Selbstbehauptung erfährt eine empfindliche Beeinträchtigung, wenn das Beziehungsgefüge zwischen dem sich entwickelnden Subjekt und seinen Bezugspersonen gestört ist. Darum geht Benjamin davon aus, »daß solche Lust an der Behauptung des eigenen Selbst einen stützenden sozialen Kontext voraussetzt und mit ihm verbunden ist« (Benjamin 1990, 25).

Die Unterstreichung des Moments der Anerkennung durch Benjamin erfolgt vor dem Hintergrund einer intersubjektiven Theorie der frühen Mutter-Kind-Interaktion. Für die ursprüngliche, wechselseitige Verhaltenseinheit von Mutter oder primärer Bezugsperson und Neugeborenes hat sich in der Forschung der Begriff der primären Intersubjektivität eingebürgert (vgl. Trevarthen 1979). Dem intersubjektiven Standpunkt zufolge erfolgt die individuelle Entwicklung »in und durch Beziehungen zu anderen Subjekten. Wichtig dabei ist die Überlegung, daß der Andere, dem das Selbst begegnet, ebensolch ein Selbst ist – also ein eigenständiges Subjekt. Die intersubjektive Theorie besagt, daß wir sowohl die Fähigkeit als auch das Bedürfnis haben, das andere Subjekt als von uns verschieden und uns doch ähnlich anzuerkennen; daß es eine Person ist, die die Fähigkeit hat, psychische Erfahrung mit uns zu teilen« (Benjamin 1990, 23).

Der intersubjektive Standpunkt wird von Benjamin dem intrapsychischen Theorieansatz gegenübergestellt, welcher nach ihrer Ansicht von der Hauptströmung der amerikanischen Psychoanalyse vertreten wird. Problematisch an diesen Ich-psychologischen Theorien der Kindheitsentwicklung wie etwa der Ende der sechziger Jahre von Margaret Mahler formulierter Ansatz der psychischen Geburt des Menschen (vgl. Mahler, Pine & Bergman 1980), ist nach Benjamin die Vorstellung einer Herauslösung aus dem Einssein. »Denn implizit wird damit angenommen, daß wir aus Beziehungen herauswachsen, statt immer aktiver und selbständiger in ihnen zu werden; daß wir von einem Zustand doppelten Einsseins ausgehen und in einem Zustand vereinzelten Einsseins enden« (Benjamin 1990, 21). Im Licht der intrapsychischen Perspektive wird der Aspekt der Ablösung überbewertet. Dies wird von Benjamin als Konsequenz einer Betrachtungsweise gewertet, die das Individuum als geschlossenes System versteht. »In diesem geschlossenen System richtet das Ich sein Begehren auf die Objekte (es besetzt sie), und es verinnerlicht die Objekte, um autonom und von ihnen unabhängig zu werden« (Benjamin 1990, 51). Im Rahmen einer solchen Theorie ist aber kein Platz für die wechselseitige Auseinandersetzung des Einzelnen mit den Anderen.

Auch wenn Benjamin sich für den intersubjektiven Standpunkt stark macht, möchte sie ihn nicht gegen den intrapsychischen Theorienansatz gerichtet wissen (vgl. Benjamin 1990, 23). Beide Perspektiven stellen sich ergänzende Wege zum Verständnis der menschlichen Psyche und ihrer Entwicklung dar. In der intrapsychischen Welt der Wünsche, Phantasien, Ängste und Abwehrmechanismen, in welcher das Subjekt den Anderen inkorporiert und wieder ausstößt, sich mit ihm identifiziert und ihn ablehnt und ihn nicht als realen menschlichen Interaktionspartner, sondern als psychisches Objekt sieht, erscheint die Autonomie im Sinne einer Loslösung von den primären Bezugspersonen als das zentrale Entwicklungsziel. Zusätzlich und als Korrektiv bedarf es aber jenseits Blickes auf diese Verinnerlichungsprozesse noch einer psychosozialen Sichtweise, um die wechselseitige Anerkennung von Kind und Mutter als selbständige und gleichwertig koexistierende Personen als ebenso wichtiges Entwicklungsziel wie die Ablösung thematisieren zu können. Die Perspektive der primären Intersubjektivität eröffnet damit eine andere Sicht auf die psychische Entwicklung »als die Freudschen Begriffe der psychosexuellen Phasen. Denn hier steht die Spannung zwischen interagierenden Individuen im Vordergrund – und nicht die Spannung im Individuum« (Benjamin 1990, 31).

Die Idee der Spannung zwischen interagierenden Akteuren hat in ähnlicher Weise Axel Honneths (1992) Konzeption des Begriffs der Anerkennung mitgeprägt. Außerdem hat auch er versucht, die philosophischen Wurzeln des Anerkennungsthemas, die wir bei Hegel finden können, mit soziologischen und psychoanalytischen Perspektiven zu verbinden. Auf dieser Grundlage unterscheidet Honneth drei Grundmuster gesellschaftlicher Anerkennung. Anerkennung findet der Mensch in Primärbeziehungen (Liebe und Freundschaft), in Rechtsverhältnissen und in Wertgemeinschaften. In Primärbeziehungen erfolgt die Anerkennung über diverse Formen der persönlichen emotionalen Zuwendung, in Rechtsverhältnissen findet der Mensch auf der Grundlage der Menschenrechte als allgemeines Rechtssubjekt Anerkennung. In Wertgemeinschaften ist es die soziale Wertschätzung aufgrund von besonderen individuellen Leistungen, die als Anerkennung zählt. Aufgrund von Anerkennung in Primärbeziehungen entwickeln Menschen Selbstvertrauen. In Rechtsverhältnissen beinhaltet die Anerkennung der Bürger untereinander die wechselseitige Achtung als Rechtssubjekte. Beim Einzelnen führt dies zur Selbstachtung. In Wert- und Solidargemeinschaften schließlich bewirkt die Anerkennung der besonderen Fähigkeiten eines Individuums nach Honneth Selbstschätzung oder auch die Erfahrung der Selbstwirksamkeit oder Kompetenz, wie man unter Nutzung von psychologischer Terminologie ebenso sagen könnte.

Bezieht man diese Dimensionen der Anerkennung auf den Bereich der Wirtschaft und die Kontexte von Beruf und Arbeit in Organisationen, so ist es vor allem der dritte Bereich, der hier von Bedeutung ist. Als arbeitende Subjekte suchen Menschen Anerkennung vor allem aufgrund ihres individuellen Beitrags zum gesellschaftlichen Leistungsaustausch. In gewisser Weise erweist sich jedoch auch die Dimension der Primärbeziehungen als bedeutsam, denn teils finden Menschen über die Arbeit zu freundschaftlichen oder auch intimen Kontakten, die sie pflegen und über die sie auch starke emotionale Anerkennung finden. Wer schließlich menschenwürdige Arbeitsverhältnisse oder das Recht auf Arbeit einklagt, bezieht sich auf den Bereich der Rechtsverhältnisse. Dies bedeutet, dass die moderne Regelung von organisierten Arbeitsverhältnissen ohne jede rechtliche, durch die öffentliche Hand und das Staatswesen begründete Basis nicht wird auskommen können.

Von zentraler Bedeutung scheint mir jedoch der individuelle Beitrag des Arbeitenden zur volkswirtschaftlichen Wohlfahrt zu sein. Hier kommt erneut der hier entfaltete Grundgedanke zum Ausdruck, dass Arbeitende Werte für die Gesellschaft schaffen und so Sinn und Anerkennung in ihrem Tun finden. In neoliberalistischen Formen des Arbeitens und Wirtschaftens erfahren mehr oder weniger alle Formen der Anerkennung eine Zuspitzung auf den kurzfristigen ökonomischen Erfolg. Von einer Solidar- und Wertegemeinschaft im Sinne Honneths kann deshalb dem ersten Anschein nach eigentlich kaum die Rede sein. Und Honneth (1992, 143ff.) meinte auch, dass die moderne arbeitsteilige, fremdbestimmte Form der Arbeit die für diese Anerkennungssphäre nötige soziale Integrationsleistung gar nicht zu leisten vermag.

Demgegenüber soll eine in manchen Punkten abweichende Position eingenommen werden. Honneth (2010) hat übrigens selbst kürzlich in einem Beitrag zum Verhältnis von Arbeit und Anerkennung seine Einschätzung modifiziert. Ich werde darauf noch zurückkommen. Zunächst sollen jedoch für diese Diskussion zwei relevante allgemeine Überlegungen vorangestellt werden: Zum einen beruht jede Wirtschaftsform, auch die des neoliberalen Raubtierkapitalismus, auf bestimmten, allgemein geteilten Normen und kollektiven Verhaltensregeln, sonst würde Wirtschaften und Arbeiten in den hochkomplexen Formen unserer Zeit nicht funktionieren. Jeder Vertrag, jede Kundenbeziehung, jede Absprache zwischen Unternehmen bedarf gewisser Regeln des Wettbewerbs und damit auch minimaler verständigungsorientierter Kommunikationsformen. Ansonsten wäre unser Wirtschaftssystem in jedem seiner Aspekte von kriegerischen Auseinandersetzungen nicht zu unterscheiden. Natürlich werden Kriege immer wieder auch als Mittel zur Konjunkturbelebung genutzt. Sie sind Teil einer bestimmten Variante unseres modernen Weltwirtschaftssystems. Gleichwohl besteht ein klarer und prinzipieller Unterschied zwischen wirtschaftlicher Konkurrenz und gewalttätiger Auseinandersetzung. Dies bedeutet, dass auch die Arbeits- und Wirtschaftssphäre bis zu einem gewissen Grad soziale Integration leistet bzw. zu leisten vermag, wenn Konkurrenz und Koordination in einem weitgehend ausbalancierten Verhältnis stehen. Zum zweiten möchte ich die Bedeutung des Wettbewerbs für die Anerkennung von Leistungen nicht unterschätzt wissen. Es muss wohl keine weitere Sphäre gesellschaftlicher Anerkennung hinzugefügt werden: etwa die Anerkennung aufgrund von kompetitiven Handlungen wie etwa beim Sport. Doch die Form gesellschaftlicher Anerkennung aufgrund von erzielten Leistungen nimmt einen großen Stellenwert ein und besitzt neben dem kompetitiven Moment auch eine integrierende Dimension – etwa im Rahmen der Einwilligung und Akzeptanz von gemeinsamen Spielregeln. Möglicherweise verhält es sich im Bereich der Wirtschaft nicht viel anders als beim Sport. Natürlich wäre es naiv, die sich verschärfenden Probleme zu leugnen, die sich für die zunehmend global zu leistende gesellschaftliche Integration im Sinne einer Weltgesellschaft ergeben, wenn inzwischen nahezu jedes soziale Handeln nach ökonomischen Kriterien (etwa nach dem 'return on invest' (ROI)) gelesen und bewertet wird. Dies hat nämlich zur Folge, dass die drei von Honneth beschriebenen Formen der Anerkennung zugunsten der unterstellten kompetitiven Form an Bedeutung verlieren und daraus weltweite Integrationsprobleme resultieren. Wenn es aber gelingen sollte, die Bedeutung des von Honneth beschriebenen vielfältigen Musters sozialer Wertschätzung aufrechtzuerhalten, spräche nichts dagegen, dass Menschen auch über den fairen Wettbewerb in der Wirtschaft Anerkennung suchen und finden. Dies setzt allerdings voraus, dass andere Formen der solidarischen Anerkennung, etwa in Form von Arbeit, die sich am Gemeinwohl orientiert, oder der grundrechtlichen Anerkennung, etwa in der Form des Grundeinkommens, das prekäre Moment im modernen Arbeits- und Wirtschaftshandeln abzufangen helfen.

Ich möchte diesen Gedanken weiterverfolgen und konkretisieren: Wenn man die Dimension der Solidar- und Wertegemeinschaft nach Honneth mithilfe der Systemtheorie Luhmanns in mehrere Teilsysteme zerlegt, dann erkennt man, dass es sehr verschiedene Formen der Anerkennung aufgrund von geleisteter Arbeit (als soziales Handeln) gibt. Man muss hier nicht allen Kernannahmen der Systemtheorie Luhmanns folgen. Lediglich seine These der funktionalen Differenzierung moderner Gesellschaften in diverse soziale Teilsysteme mit jeweils spezifischer Codierung (vgl. Luhmann 1986, 1987) soll genutzt werden, um mehrere Formen der Anerkennung in Solidar- und Wertgemeinschaften ableiten zu können (vgl. Tab. 2).

Tabelle 2: Formen der Anerkennung in unterschiedlichen sozialen Teilsystemen Soziale Verhältnisse und Teilsysteme Codierung Persönlichkeitsdimension Selbstbeziehung Anerkennungsweise Primärbeziehungen privat – öffentlich Bedürfnisse, Emotionen Selbstvertrauen Anerkennung als Individuum (emotionale Zuwendung) Rechtsverhältnisse recht – unrecht Moralische Zurechnung Selbstachtung Anerkennung als Rechtssubjekt im Sinne der Menschenrechte Wertgemeinschaften: konform – nicht konform Fähigkeiten und Eigenschaften, Kompetenzen Formen der Selbstschätzung; Ausbildung von Professionalität und Berufsethos Anerkennung aufgrund von persönlichem Handeln; Anerkennung aufgrund … Wissenschaft wahr – unwahr … von wissenschaftlichen Leistungen Wirtschaft Zahlung – keine Zahlung … von wirtschaftlichem Erfolg Politik Macht und Einfluss legitim – illegitim … von Leistungen bei der Gestaltung von Rahmenbedingungen für das öffentliche und private Leben Soziale Versorgung Unterstützung – keine Unterstützung … von erteilter sozialer Unterstützung von Hilfebedürftigen Erziehung Lernfortschritt – kein Lernfortschritt … von Leistungen in der Erziehung und in Bildungsinstitutionen Medien (neue) Information – keine (neue) Information … von Leistungen zur Erfüllung des öffentlichen Informationsauftrags (Aufklärung über wichtige Ereignisse) Kunst schön – nicht schön … von Leistungen, die neue Formen der Welt- und Selbsterfahrung ermöglichen Religion sinnstiftend – nicht sinnstiftend … von religiös vermittelter Sinnstiftung Moral (Ethik) moralisch gut – moralisch verwerflich … einer gerechten, selbst gewählten Lebensweise (Ästhetik der Existenz, etc.) … …

In jedem der angeführten Bereiche können Personen aufgrund ihrer Fähigkeiten Leistungen für andere erzielen. Die jeweils zugestandene Anerkennung ist nur in einem Fall – nämlich für das Teilsystem der Wirtschaft – eine ökonomisch bezifferbare. In allen anderen Fällen wird Anerkennung aufgrund einer Leistung vor dem Hintergrund gesellschaftlich geteilter Werte ausgesprochen. Natürlich geht dies in vielen Fällen mit einer Entlohnung oder finanziellen Entschädigung einher – Lehrer und selbst Priester bekommen ein Gehalt. Doch wir finden in dieser Liste auch Tätigkeiten, die zwar Teil des gesellschaftlichen Leistungsaustauschs, aber nicht Teil des Wirtschaftssystems im engeren Sinn sind – beispielsweise die Erziehungsarbeit in Familien (im Unterschied zur Erziehungsarbeit in Schulen) oder die ehrenamtliche Arbeit von Frauen und Männer in sozialen Institutionen (glücklicherweise gibt es auch dort bezahlte Arbeit). Im Bereich der Kunst kann es sich so verhalten, dass eine Person um die Anerkennung ihres Werkes ringt. Dies wiederum kann verschiedenes bedeuten: zum einen kann es der Künstlerin darum gehen, endlich einmal ihre Werke in einer Galerie ausstellen zu können (dabei könnte die Frage des Honorars oder des Verkaufs von Bildern im Hintergrund stehen, hier geht es dann eher um die künstlerische Anerkennung) oder zum anderen kann es darum gehen, dass die Künstlerin schließlich von ihren Bildern auch leben möchte (und dabei würde der Leistungsaustausch innerhalb des ökonomischen Systems eine zunehmend wichtigere Rolle einnehmen).

Ausdifferenzierte Gesellschaften bieten ein vielfältiges, hochkomplexes Anerkennungspotential, das gefährdet oder sogar vergeben wird, wenn in den genannten Teilsystemen mehr und mehr die Codierung des Subsystems Wirtschaft Fuß fasst und diese Bereiche kolonialisiert. Anerkennung kann als Integrationsmodus für individuelles Handeln in funktional unterschiedlichen Teilsystemen sehr wohl fungieren, aber nach meiner Einschätzung nur dann, wenn die Pluralität und eine annähernde Gleichwertigkeit der sozialen Subsysteme gegeben sind. Anerkennung für seine oder ihre Arbeit kann der oder die Einzelne dann in unterschiedlichen Subsystemen sozialen Handelns finden, vor allem auch dann, wenn die ökonomische Seite nicht ausschließlich im Vordergrund steht. Gleichzeitig bilden sich aber auch Konfliktlinien heraus, etwa bei der Frage der Anerkennung von Erziehungsarbeit: Soll sie ausschließlich auf das Subsystem Erziehung beschränkt bleiben, oder sollen auch Codierungen aus anderen Systemen (beispielsweise Wirtschaft) zum Einsatz gebracht werden?

An dieser Stelle stellt sich die Frage, welche Funktion für das Bestehen moderner Industriegesellschaften und für das Zusammenwirken in ihnen die Arbeit und die damit verbundene soziale Anerkennung überhaupt besitzen. Wahrscheinlich ist dies eine der Schlüsselfragen für eine moderne, auch kritische Gesellschaftstheorie. An diesem Punkt hat Honneth (2010) kürzlich die Diskussion um das Verhältnis von Arbeit und Anerkennung wieder aufgenommen und dabei die Frage aufgeworfen, ob die Funktionsfähigkeit des kapitalistischen Organisation von Arbeit an ein Set von unverzichtbaren moralischen Normen gebunden ist, ähnlich wie bestimmte, oft kontrafaktisch angenommene Regeln der Verständigung das Funktionieren der Lebenswelt generell sicherstellen. Wenn es gelänge, einen solchen Katalog an moralischen Grundregeln zusammenzustellen, würde nicht nur die normative Basis der Arbeit in modernen Industriegesellschaften freigelegt werden, es ergäbe sich zusätzlich die Möglichkeit der immanenten Kritik, falls in der faktischen gesellschaftlichen Organisation von Arbeit Verstöße gegen dieses Fundament identifiziert werden.

In seinem Versuch streift Honneth unter Bezugnahme vor allem auf Hegel und Durkheim eine Reihe von solchen der marktwirtschaftlichen Ordnung zugrundeliegenden Normen, etwa dass der Eintritt in den Arbeitsmarkt oder das Ausführen von Tauschgeschäften, welche ohne die Akzeptanz damit verbundener Normen der gegenseitigen Achtung und Anerkennung als in verlässlicher Weise handelnder Akteure überhaupt nicht möglich wären. Dies im Einzelnen auszuführen, würde den hier vorgegebenen Rahmen sprengen. Honneths Beitrag ist auch noch zu sehr als Versuch zu werten, als dass daraus bereits zwingende Schlüsse im Hinblick auf konkrete materiale Normen gezogen werden können. Festzuhalten ist aber, dass Wirtschaft und Arbeit in unserer modernen Gesellschaft offenbar nur deshalb funktionieren, weil vor der sogenannten Systemintegration durch die Selbstregulation der ökonomischen Kräfte moralische Implikationen durch einen Prozess der Sozialintegration dieses System erst entstehen lassen. Dabei spielt die wechselseitige Anerkennung der Gesellschafts- und Systemmitglieder eine Schlüsselrolle: sie können auf dieser Basis eine besondere Form von Solidarität ausbilden, weil sie sich implizit oder explizit ihres Beitrags zum gesellschaftlichen Leistungsaustausch bewusst sind und sich in dieser Weise auch aufeinander bezogen wissen (vgl. Honneth 2010, 97). Dies stärkt zum einen den Zusammenhalt des wirtschaftlichen Systems insgesamt, es trägt aber auch maßgeblich zur Integration moderner Gesellschaften überhaupt dar.

Die psychologische Betrachtung des Verhältnisses von Arbeit und Anerkennung wird freilich neben der eben skizzierten gesellschaftstheoretischen Perspektive auch das konkrete Anerkennungshandeln in diversen Arbeits- und Berufskontexten in den Blick nehmen. Hier ist in den letzten Jahren eine Reihe von hilfreichen Unterscheidungen getroffen worden, die zum einen das komplexe Phänomen Anerkennung besser zu erfassen erlauben, die aber zum anderen ebenso für empirische Sozialforschung als Interpretationsfolie für die Auswertung von qualitativen Daten genutzt werden können. So differenziert etwa Frey (2009, 86ff.), zwischen Anerkennungsformen, Anerkennungsmodi, Anerkennungslogiken, Anerkennungsquellen und Anerkennungsmuster.

Anerkennungsformen sind Frey zufolge die materielle Anerkennung, die verbale Anerkennung, die symbolische Anerkennung (z. B. Anerkennung durch Formen, die von den Empfängerinnen und Empfängern durch die damit verbundene Symbolwirkung als Anerkennung erfahren werden) und die aufgabenbezogene Anerkennung (z. B. Übertragung einer inhaltlich interessanten Aufgabe). Anerkennungsmodi sind Würdigung (Anerkennung der alltäglich erbrachten Leistungen im Laufe einer Arbeitsbiographie, z. B. Dienstjubiläen) und Bewunderung (Anerkennung einer außergewöhnlichen Leistung). Anerkennungslogiken stehen mit bestimmten Kriterien im Zusammenhang, nach denen Anerkennung erteilt wird. So kann Anerkennung sich auf den Markterfolg beziehen (ökonomische Anerkennungslogik), auf den Gebrauchswert einer Leistung (fachliche Anerkennungslogik), auf die Professionalität eines vor allem innerhalb einer bestimmten Berufsgruppe bewerteten Leistung (beruflich-professionelle und statusbezogene Anerkennungslogik) und auf allgemeine gesellschaftliche Normen und Werte (soziale Anerkennung). Bei den Anerkennungsquellen wird zwischen innerer (Anerkennung durch die arbeitende Person selbst) und äußerer Anerkennung (Anerkennung durch andere, vor allem Vorgesetzte und Kunden) unterschieden.

Die Unterscheidung zwischen tayloristischen und posttayloristischen Anerkennungsmustern geht auf Voswinkel (2002) zurück. Im ersten Fall ist die Missachtung der Arbeitenden als Subjekte mit der Verobjektivierung der Arbeitsprozesse verbunden. Eine Würdigung der Arbeit ist vor allem an erkämpfte und verrechtlichte Formen der Anerkennung geknüpft. Es herrscht hier ein Pflichtethos im Verhältnis zur Arbeit vor. Im zweiten Fall steht die Anerkennung der Arbeitenden als Subjekte mit der zunehmenden Subjektivierung von Arbeit (vgl. Moldaschl & Voß 2002) in Verbindung. Anerkennung bezieht sich in erster Linie auf das Außergewöhnliche oder Besondere einer Arbeitsleistung. Sie beruht auf der Zurechenbarkeit einer Leistung zu einer Person und steht mit dem Selbstverwirklichungsethos von Arbeit im Zusammenhang.

Betrachtet man die Interaktionsformen, die mit Anerkennung einhergehen, näher, so ergibt sich die Möglichkeit einer weiteren Differenzierung (vgl. Tab. 3). Anerkennung kann sowohl in direkter Form – also durch das direkte Aussprechen von Anerkennung in der Interaktion – als auch in indirekter Form erfolgen – etwa durch Kundenreaktionen oder das Gehalt, das eine Person für ihre Arbeit bezieht und das nicht nur im Hinblick auf zu befriedigende Bedürfnisse der betreffenden Person, sondern auch im Hinblick auf die damit verbundene Wertschätzung durch den Arbeitgeber (»Werde ich angemessen bezahlt?«) wahrgenommen und beurteilt wird. In beiden Fällen ist die Anerkennung an konkrete Formen der Interaktion (etwa ein Lob durch den Vorgesetzten oder von Kollegen bzw. eine deutlich erhöhte Kundenbindung) im Kontext der Arbeit gebunden. Demgegenüber kann eine weitere Ebene unterschieden werden: nämlich Formen der Anerkennung im Bezug zu einem generalisierten Anderen. Hier spreche ich von Anerkennung im Medium generalisierter Interaktionen.

Tabelle 3: Ebenen und Interaktionsformen der Anerkennung (vgl. Sichler 2006, 295) Ebene der Anerkennung Interaktionsform Beispiele Konkrete Anerkennung direkt Lob des Vorgesetzten, konstruktive Kritik von KollegInnen und MitarbeiterInnen indirekt Bezahlung, Übertragung einer besonderen Aufgabe, Reaktion von KundInnen Generalisierte Anerkennung internalisiert berufliche Ehre, empfundener Stolz aufgrund einer professionellen Leistung

Diese generalisierte Form der Anerkennung ist nicht auf konkrete Formen der Interaktion angewiesen, sondern vollzieht sich im Zuge der Internalisierung zunehmend verallgemeinerter Interaktionspartner. Die Ausbildung dieser arbeitsbezogenen Anerkennungsform hängt eng mit der beruflichen Sozialisation und Identitätsbildung zusammen. Denn im Verlauf des Erwerbs von beruflichen Fertigkeiten und Fähigkeiten übernimmt die betreffende Person auch Standards, Normen und Werte, die für die jeweilige berufliche Professionalität stehen. Dabei dient das direkte Aussprechen von Anerkennung im Verlauf des beruflichen Sozialisationsprozesses (etwa durch Ausbildende oder Dozentinnen und Dozenten) der Internalisierung dieser Standards und Werte. Bei der Beurteilung eigener Arbeitsleistungen kann dann später wieder auf diesen Bezugsrahmen zurückgegriffen werden. Das heißt: Durch die Interaktion mit generalisierten Anderen, die das jeweilige Berufsverständnis und -ethos repräsentieren, ist die betreffende Person selbst in der Lage, sich Anerkennung auszusprechen, was im Medium internalisierter Interaktionen wiederum direkt (»Das hast du gut gemacht!«) oder indirekt (Gefühl des Stolzes aufgrund einer professionellen Leistung) erfolgen kann.

Ich möchte diesen Gedanken der gesellschaftlich institutionalisierten, verallgemeinerten Anerkennung am Beispiel eines Software-Entwicklers verdeutlichen: Ihrer in der Ausbildung erworbenen beruflichen Professionalität folgend wird die betreffende Person gewisse Qualitätsmaßstäbe an ihre Arbeit (Entwicklung von Software, Betreuung des jeweiligen Kunden, etc.) anlegen. Wird die Arbeit in diesem Sinne erfolgreich abgeschlossen, erfolgt die Anerkennung im Rahmen einer generalisierten Interaktion mit (teils fingierten, teils möglicherweise erinnerten realen) Interaktionspartnern, die eine entsprechende berufliche Professionalität repräsentieren. Dabei kann diese Form der Anerkennung in Konflikt mit konkreten Anerkennungshandlungen stehen. Der Vorgesetzte etwa kann die betreffende Person tadeln, weil die Entwicklung zu viel Zeit beansprucht oder zu viel Kosten verursacht hat. Oder aber der wirtschaftliche Erfolg bleibt trotz hoher Qualität des Produktes und der Serviceleistungen aus, weil das betreffende Unternehmen das Marketing vernachlässigt hat. Kurzum: Trotz versagter Anerkennung auf der konkreten Ebene kann sich die betreffende Person in ihrer beruflichen Leistung als anerkannt erleben, weil sie diese im Rahmen der beschriebenen generalisierten Interaktionsformen erfährt. Natürlich kann auch der umgekehrte Fall eintreten: Anerkennung im Rahmen der konkreten Interaktionen (Lob, wirtschaftlicher Erfolg), versagte Anerkennung vor generalisierten Interaktionspartnern aufgrund mangelnder Qualität. Im Übrigen ist mit der Unterscheidung nicht gesagt, dass beide Formen untereinander austauschbar wären. Konkrete Anerkennung ist wohl (auf lange Sicht) ebenso unverzichtbar wie generalisierte Anerkennung. Allerdings müssen die skizzierten Zusammenhänge, Wechselwirkungen und inneren sowie äußeren Konfliktlinien zwischen verschiedenen Formen der Anerkennung durch weitere sozialwissenschaftliche Forschung noch genauer untersucht werden.

Anerkennung und Arbeitsmotivation: Erste Forschungsergebnisse

2006 wurden an der Wirtschaftsuniversität Wien im Rahmen von studentischen Projekten im Bereich der Wirtschaftspsychologie Pilotstudien durchgeführt, welche die Bedeutung von Anerkennung für die Arbeit in Organisationen empirisch zu erfassen suchten. Dabei standen zunächst die erlebte oder erfahrene Anerkennung und ihr Zusammenhang mit der beruflichen Motivation und Arbeitszufriedenheit im Zentrum der Betrachtung. Auf der Basis der Frage, mit welchen Aspekten des Arbeitshandelns Anerkennung in Zusammenhang steht (vgl. Heinrich & Schmidt 2002, 251f. sowie Rettler & Göll in diesem Heft), richtete sich eine der Studien auf das Verhältnis von Anerkennung und Motivation im Kontext von Arbeit. Das Ziel dieser Untersuchung war, zu prüfen, ob eine dem Alltagsverständnis entsprechende Auswirkung von Anerkennung auf die Motivation von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern festgestellt werden kann. Dabei sollte nach wesentlichen Interaktionspartnern im Arbeitsleben (Vorgesetzte, Kolleginnen und Kollegen, Kundeninnen und Kunden), nach verschiedenen Motivationsbereichen und nach erfahrener und erwünschter Anerkennung differenziert werden. Mithilfe einer Fragenbogenstudie an 130 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern aus unterschiedlichen Branchen und Organisationen wurden Zusammenhänge zwischen Indikatoren von Anerkennung und Motivationsfaktoren in der Arbeit untersucht. Unter anderem wurde im Fragebogen durch Skalen erfasst, wie stark die intrinsische Motivation sowie das Leistungs-, das Macht- und das Affiliationsmotiv (das soziale Anschlussmotiv) in der Arbeit ausgeprägt sind. Die psychometrischen Eigenschaften der Skalen waren zufriedenstellend bis gut (vgl. Tab. 4).

Tabelle 4: Skalen zur Differenzierung der Motivation Motivationsfaktoren Anzahl der Items Reliabilität (Cronbachs Alpha) Beispielitems Intrinsische Motivation 8 Items α = 0.74 Die Arbeit selbst ist motivierend, macht Spaß, nimmt einen zentralen Stellenwert ein. Leistungsmotivation 5 Items α = 0.70 Ich möchte die eigene Leistung ständig verbessern, ich suche Zufriedenheit bei der Lösung schwieriger Aufgaben. Soziale Motivation 5 Items α = 0.69 Ich baue in der Arbeit enge Beziehungen zu anderen auf, arbeite gerne im Team. Machtmotivation 5 Items α = 0.62 Ich möchte in der Arbeit Geschehnisse kontrollieren, auf andere Einfluss ausüben.

Außerdem wurde erfragt, in welchem Ausmaß die Arbeit durch den Vorgesetzten oder die Vorgesetzte, durch Kolleginnen und Kollegen sowie durch Kundinnen und Kunden anerkannt wird. Zusätzlich wurde ermittelt, wie stark sich die betreffenden Personen Anerkennung durch diese Bezugsgruppen wünschen. Schließlich wurde erfragt, inwieweit sich die Personen selbst Anerkennung erteilen. Da es sich um Korrelationsstudien handelt, muss man mit Ursache-Wirkungs-Schlussfolgerungen zurückhaltend sein, konstatiert wird deshalb immer nur ein signifikanter bzw. nicht signifikanter Zusammenhang (vgl. Tab. 5).

Tabelle 5: Zusammenhänge zwischen Anerkennung und Motivationsformen Intrinsische Motivation Leistungsmotivation Machtmotivation Soziale Motivation Erfahrene Anerkennung durch mich selbst 0.23* 0.24* 0.06 0.04 Vorgesetzten 0.37** 0.16 -0.03 0.12 Kollegen 0.17 0.07 -0.03 0.17 Kunden 0.29** 0.25** 0.15 0.01 Erwünschte Anerkennung durch Vorgesetzten 0.15 0.48** 0.15 0.07 Kollegen 0.11 0.27** -0.02 0.17 Kunden 0.27** 0.41** 0.18 0.11 N > 100; * : p < 0.05; **: p < 0.01

Wie aus diesen ersten Ergebnissen abgelesen werden kann, sind es vor allem die intrinsische Motivation und die Leistungsmotivation, welche mit erfahrenen oder erwünschten Formen von Anerkennung im Kontext von Arbeit und Beruf im Zusammenhang stehen. So erfahren intrinsisch Motivierte Anerkennung durch den Vorgesetzten oder die Vorgesetzte, durch Kundinnen und Kunden sowie durch sich selbst. Die Anerkennung der Kolleginnen und Kollegen spielt eine untergeordnete Rolle. Anerkennung wünschen sich die Befragten in erster Linie von Kundinnen und Kunden, sie stellen auch jene Instanz dar, die mit am besten entscheiden kann, ob das erzielte Arbeitsergebnis, in das sehr viel Energie in erster Linie um der Arbeitsaufgaben selbst willen gesteckt wurde, zufriedenstellend ausgefallen ist oder nicht.

Leistungsmotivierte wünschen sich in einem gut erkennbaren Maß Anerkennung durch den Vorgesetzten oder die Vorgesetzte und durch die Kundinnen und Kunden, in einem gewissen Ausmaß auch von den Kolleginnen und Kollegen. Der oder die Vorgesetzte und die Kundinnen und Kunden sind aber offenbar die entscheidenden Instanzen, welche Rückmeldung über eine erreichte Leistung geben können. Interessanterweise besteht allenfalls ein sehr geringer Zusammenhang zwischen der tatsächlich erfahrenen Anerkennung durch den Vorgesetzten oder die Vorgesetzte und der Leistungsmotivation. Offenbar nehmen viele Vorgesetzte in der Wahrnehmung der Befragten ihre Rolle des Feedbackgebers zu erreichten Arbeitsergebnissen nicht ausreichend wahr. Dies drückt sich auch im Ergebnis zur erwünschten Anerkennung durch den Vorgesetzten oder die Vorgesetzte aus. Allerdings erhalten Leistungsmotivierte Anerkennung durch den Kunden oder die Kundin und durch sich selbst.

Von Interesse ist ferner, dass Personen mit hoher intrinsischer Motivation sich nicht in dem Umfang wie Beschäftigte mit hoher Leistungsmotivation Anerkennung wünschen. Dies entspricht in etwa dem Verständnis von intrinsisch motiviertem Handeln, welches um seiner selbst willen erfolgt, sich also nicht an externen Zielen oder Zwecken orientiert (vgl. Heckhausen 1989, 455ff.). Wer dagegen hohe Leistungsmotivation zeigt, erwartet sich demgegenüber ein beträchtliches Maß an Anerkennung. Offenbar stellt dies einen wesentlichen Teil des Alltagskonstruktes der Leistungsmotivation dar. Überraschend ist allerdings, dass intrinsisch Motivierte sich oft (insbesondere durch den Vorgesetzten oder die Vorgesetzte) anerkannter fühlen als Leistungsmotivierte. Möglicherweise deutet dies daraufhin, dass auch dort, wo eine Tätigkeit in erster Linie um ihrer selbst aufgenommen und verfolgt wird, der wertschätzende Blick des sozialen Umfelds eine nicht zu vernachlässigende Größe darstellt.

Die Machtmotivation und die soziale Motivation scheinen in keinerlei Zusammenhang sowohl mit tatsächlich erfahrener als auch erwünschter Anerkennung zu stehen. Dies ist auf den ersten Blick vielleicht überraschend, bestätigt aber die eingangs herausgestellte Wichtigkeit des Gegenstands der Anerkennung. Es geht um Arbeit, um zu erzielende Leistungen und den damit verbundenen Aufwand an Einsatz und Energie: genau dies wollen offenbar Arbeitnehmer anerkannt wissen, nicht ihre möglicherweise ebenso arbeits- und organisationsbezogenen Bedürfnisse nach Macht und sozialem Anschluss. Mit diesen Motiven wird möglicherweise eine andere Sphäre der Anerkennung betreten, es geht aber nicht mehr um die Anerkennung von Arbeit und beruflicher Leistung.

Es handelt sich, wie bereits erwähnt, um eine Pilotstudie auf deren Basis noch genauer die komplexen Zusammenhänge von Anerkennung mit arbeits- und organisationspsychologischen Faktoren wie Motivation, Zufriedenheit, Einstellungen zur Arbeit und zur Organisation, in der man tätig ist, moralische Urteilsfähigkeit und anderen mehr zu untersuchen sind. Dabei schätze ich die Aussagekraft qualitativer Studien als weitaus höher ein, insbesondere um den vielschichtigen und verzweigten Wechselwirkungen von direkter und indirekter sowie konkreter und verallgemeinerter Anerkennung auf die Spur zu kommen. Wer sich selbst anerkennt, tut dies stellvertretend für andere, doch ob dies jede Form von konkreter und direkter Anerkennung zu ersetzen vermag, darf bezweifelt werden. Auf der anderen Seite bleibt der- oder diejenige, der oder die ausschließlich aus nicht-generalisierten Formen Anerkennung bezieht, von der Urteils- und Kritikfähigkeit der Interaktionspartner abhängig. Eigene berufliche Professionalität und Identität kann nur der- oder diejenige aufbauen, der oder die sich im Zuge der verallgemeinerten Form auch selbst – von alter ego zu ego – anzuerkennen vermag.

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Zielke, Barbara (2007): Sozialer Konstruktionismus. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht.

Endnoten:

[1]

Der Text stellt eine mehrfach überarbeitete Version von Vorträgen dar, die der Autor am 15 Mai 2004 auf der 30. Jahrestagung des Arbeitskreises »Politische Psychologie« (DVPW) »Psychoanalyse und Ökonomie« am Sigmund-Freud-Institut in Frankfurt/Main, am 19. Juni 2007 am Institut für Psychologie der Technischen Universität Braunschweig und am 23. April 2008 am Institut für Psychologie der Universität Salzburg gehalten hat. Der Autor dankt Johann-August Schülein, Rolf Haubl, Werner Deutsch und Christian Allesch für wertvolle Hinweise und Anregungen zur Weiterbearbeitung des Textes.

[1]

Der Text stellt eine mehrfach überarbeitete Version von Vorträgen dar, die der Autor am 15 Mai 2004 auf der 30. Jahrestagung des Arbeitskreises »Politische Psychologie« (DVPW) »Psychoanalyse und Ökonomie« am Sigmund-Freud-Institut in Frankfurt/Main, am 19. Juni 2007 am Institut für Psychologie der Technischen Universität Braunschweig und am 23. April 2008 am Institut für Psychologie der Universität Salzburg gehalten hat. Der Autor dankt Johann-August Schülein, Rolf Haubl, Werner Deutsch und Christian Allesch für wertvolle Hinweise und Anregungen zur Weiterbearbeitung des Textes.

[2]

Vgl. aber Holtgrewe, Voswinkel und Wagner (2000), die schon vor längerer Zeit einen wichtigen Anfang zur Aufarbeitung des Themenfelds »Anerkennung und Arbeit« machten. Inzwischen sind weitere Arbeiten zu diesem Themenkomplex erschienen (vgl. z. B. Holtgrewe 2002, Voswinkel 2002, 2005).

[3]

Dies bedeutet auch, dass eine handlungsregulationstheoretische Betrachtung von Arbeitstätigkeiten allein nicht zu klären vermag, ob man sich mit gesellschaftlicher Arbeit oder privater Tätigkeit oder gar Muße befasst. Von den Tätigkeitsstrukturen, Handlungsplänen und Regulationserfordernissen etc. unterscheiden sich die für das Kochen erforderlichen Teiltätigkeiten ja nicht zwingend. Dies wiederum impliziert, dass die Handlungsregulationstheorie vor allem in ihrer methodischen, arbeitsanalytischen Zuspitzung Arbeit im gesellschaftlichen Sinne gar nicht thematisiert, sondern in erster Linie die damit verbundenen Tätigkeiten, Handlungen und Operationen sowie deren Regulation. Der anfangs genannten Definition von Hacker nach wäre es aber gerade für die Psychologie auch wichtig, Arbeit als gesellschaftliches Phänomen zu thematisieren.

[4]

Die bislang angestellten Überlegungen lassen sich auch dahingehend zusammenfassen, Arbeit als soziales Konstrukt zu verstehen. Dies bedeutet, dass kein ontologisches Kriterium existiert, um Arbeit a priori definieren zu können. Vielmehr ist in Anlehnung an Argumente des sozialen Konstruktionismus (social constructionism, vgl. z. B. Gergen 1999; Zielke 2007) davon auszugehen, dass unser Verständnis und unser Begriff von Arbeit nicht durch die so genannte soziale Wirklichkeit vorgegeben, sondern ein Produkt historischer, kultureller, sozialer und sprachlich-symbolischer Praxis ist. Was wir unter Arbeit verstehen und wie wir Arbeit begreifen, wird in gesellschaftlichen Diskursen verhandelt, die mit dieser Praxis eng verknüpft sind. Auch arbeits- und sozialwissenschaftliche Bestimmungen von Arbeit sind Teil dieser Diskurse. Dies wiederum bedeutet, dass jede Praxis und jede Begriffsbildung, die sich auf Arbeit beziehen, auf der Basis von Interessen und Wertvorstellungen, welche in öffentliche Diskurse eingebracht werden, veränderbar sind. Für die Gestaltung der damit verknüpften sozialen Realität ist im Rahmen so genannter transformativer Dialoge (vgl. Gergen 1999, 154ff.) die gemeinsame Reflexion der gesellschaftlichen Arbeits-Praxis, ihrer Interaktionsformen und der darin eingebundenen sprachlich-symbolischen Formen (Diskurse) von entscheidender Bedeutung.

Autorenhinweis

Ralph Sichler

Diplom-Psychologe, Leiter des Fachberekchs Managment-, Organisations- und Personalberatung an der Fachhochschule Wiener Neustadt, Professor für Sozialpsychologie und Angewandte Psychologie an der Sigmund Freud PrivatUniversität Wien. Arbeits- und Forschungsschwerpunkte: Arbeit und Autonomie, Arbeit und Anerkennung, Personalmanagement, Führung, Wirtschaftsethik, Kulturpsychologie, philosophische Grundlagen der Sozial- und Kulturwissenschaften.

Prof. Dr. Ralph Sichler Fachhochschule Wiener Neustadt Johannes Gutenberg-Straße 3a 2700 Wiener Neustadt Österreich

E-Mail: ralph.sichler@fhwn.ac.at