Berufliche Anerkennung in der intergenerationalen Zusammenarbeit

Hermann Mitterhofer, Stefanie Groppe & Maria Stippler

Zusammenfassung

Im folgenden Beitrag wird der Frage nachgegangen, welcher Zusammenhang zwischen beruflicher Anerkennung und Altersstereotypen in der intergenerationlen Zusammenarbeit besteht. Der Fokus richtet sich dabei zunächst auf den Umgang mit dem (Erfahrungs-)Wissen der älteren ArbeitnehmerInnen in der Interaktion mit ihren jüngeren KollegInnen. Dies erfolgt am Beispiel eines exemplarisch ausgewählten Unternehmens, in dem berufliche Anerkennung nicht sehr gepflegt wird. Im Anschluss daran werden die qualitativen Daten aus der Sicht der Stereotypenforschung analysiert, wobei die Analyse sich insbesondere auf die in den Aussagen enthaltene Metaphorik konzentriert. Durch diese Analyse wird es möglich, am Ende des Beitrags eine Hypothese zu formulieren, die die Eingangsfrage nach dem Zusammenhang von beruflicher Anerkennung und Altersstereotypen beantworten möchte.

Schüsselwörter: Berufliche Anerkennung, ältere ArbeitnehmerInnen, Altersstereotypen, Metaphern, symbolisches Kapital

Summary

This article deals with the exploration of how the occupational appreciation is connected to edge stereotypes in intergenerational collaboration. The focus of interest lies on how elder employees handle knowledge (in form of experience) in interaction with younger associates. We demonstrate our findings with the help of one company, where occupational appreciation is hardly cultivated in the organizational context and behavior. Subsequent to this description, we will analyze the empirical data from the perspective of the research field of stereotypes. In particular we will concentrate on the metaphors used by the interviewed employees. Based on this operation we will formulate a hypothesis, which fields the question, if there is coherence between occupational appreciation and edge stereotypes.

Keywords: Occupational appreciation, elder employees, edge stereotypes, metaphors, symbolic capital

Einleitung

Obwohl Wissen einen zentralen Produktionsfaktor darstellt und qualifizierte und motivierte MitarbeiterInnen die wertvollste Ressource in einem Unternehmen darstellen, waren Unternehmen bislang häufig froh, wenn »die Alten« das Unternehmen verließen. Selbst von Seiten des Staates wurde die Ausmusterung älterer ArbeitnehmerInnen gefördert. Das Potenzial von älteren ArbeitnehmerInnen, insbesondere deren Erfahrungswissen, wurde nicht erkannt und auch nicht anerkannt. Personalpolitik war und ist stark jugendzentriert (Berkowski & Dievernich 2008; Bender 2007). Dieser Beitrag, der sich auf ein Forschungsprojekt mit dem Titel »Diversity and Knowledge Management for Elderly Employees in Small and Medium Enterprises« stützt, geht folgender Frage nach: Welcher Zusammenhang besteht zwischen beruflicher Anerkennung und intergenerationaler Zusammenarbeit hinsichtlich des Umgangs mit (Erfahrungs-) Wissen der älteren Beschäftigten? Nach einem Blick auf den demografischen Hintergrund und einigen grundsätzlichen Überlegungen zur Thematik »ältere ArbeitnehmerInnen« werden anhand eines exemplarisch ausgewählten Unternehmens Ergebnisse bezogen auf die Forschungsfrage dargestellt. Anschließend werden qualitative Daten aus einer stereotypentheoretischen Sicht untersucht, wobei der Fokus auf die in den Daten aktualisierten metaphorischen Formulierungen gerichtet ist. Dies wird uns abschließend zu einer möglicherweise überraschenden neuen Hypothese führen. Wir haben uns für diesen Aufbau des Beitrags entschieden, da er den Forschungsprozess gut widerspiegelt, der zunächst von Grundannahmen und Hypothesen geleitet war, in den Datenauswertungen dann allerdings die eine oder andere überraschende Wende nahm.

Demografischer Wandel

Wir leben in einer »ergrauenden Welt« (Lehr 2003, 30). Die 10. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung des statistischen Bundesamts prognostiziert einen rapiden Geburtenrückgang in der Bundesrepublik Deutschland. Dieser Geburtenrückgang wird vor allem dadurch bedingt, dass aufgrund der heute schon sehr niedrigen Geburtenrate auch die Zahl der potenziellen Mütter in Zukunft abnehmen wird. Diese und weitere Entwicklungen lassen erwarten, dass die Gesamtbevölkerungszahl über die nächsten 50 Jahre stark zurückgehen wird (Pötzsch & Sommer 2003; Buck, Kistler & Mendius 2002).

Der demografische Wandel beschreibt aber nicht nur die Tatsache, dass die Bevölkerungszahl abnimmt, sondern vor allem, dass sich das Verhältnis zwischen den Generationen verändert. Es wird prognostiziert, dass im Jahr 2050 ein Drittel der deutschen Bevölkerung über 60 Jahre und 12 Prozent bereits über 80 Jahre alt sein werden. Bereits heute leben mehr Personen über 60 in Deutschland als unter 20jährige, dieses Verhältnis wird sich noch weiter verschieben (Pötzsch & Sommer 2003; Heinze & Naegele 2008). Ein ähnliches Bild zeigt sich in Österreich, auch dort verschiebt sich das Verhältnis zwischen den Generationen.

Diese Veränderungen wirken sich auch auf die Arbeitswelt aus und werden durch das Anheben des Renteneintrittsalters sowie den Abbau von Frühverrentungsmöglichkeiten verstärkt (Bender 2007). Ein deutlicher Anstieg des Durchschnittsalters der Erwerbstätigen zeichnet sich bereits ab (Buck et al. 2002; Höpflinger 2007). Die Unternehmenskultur ist allerdings immer noch stark vom Bild des »Norm(al)Arbeitnehmers« (Krell 1997, 58 zitiert nach Bender 2007) – männlich, mittleres Alter, nicht behindert, deutscher Herkunft – geprägt. MitarbeiterInnen, die diesem Bild nicht entsprechen (wie z.B. ältere ArbeitnehmerInnen, Frauen, MigrantInnen, Behinderte) werden häufig als »anders« bzw. »defizitär« gesehen: eine positive Anerkennung von Unterschieden findet meist nicht statt (Bender 2007).

Berufliche Anerkennung

»Anerkennung und Kritik sind wesentliche Hilfsmittel in der Hand des Vorgesetzten, die dazu führen können, die Zufriedenheit und die Leistungsbereitschaft des Mitarbeiters zu fördern« (von Rosenstiel 2003, 270). Anerkennung bedeutet aber nicht nur Lob, sondern auch das Zeigen von Interesse an der Arbeit einer Person, sie ernst zu nehmen, ihre Vorschläge anzuhören und der Arbeitsaufgabe entsprechende und angemessene Verantwortung zu übertragen (Semmer, Jacobshagen & Meier 2006).

Berufliche Anerkennung kann als besondere Form der sozialen Wertschätzung – des »sozialen Kapitals« wie wir später zeigen werden – verstanden werden. Anerkennung stellt eine Form der Bestätigung und der Evaluation des gesellschaftlichen Beitrags der eigenen Arbeit durch Andere dar. Gegenstand von Anerkennung und Wertschätzung im Sinne von Evaluation kann sowohl die Person als Individuum sein, aber auch die Annahme sozialer Identitäten, wie Berufsrollen, Mitgliedschaften und kulturelle Merkmale. Berufliche Anerkennung ist somit zu unterscheiden von der Anerkennung in Primärbeziehungen (Familie, Freunde) durch emotionale Zuwendung und der Anerkennung in Rechtsverhältnissen, die auf den Menschenrechten als Grundlage basiert. Berufliche Anerkennung ist eng verbunden mit Aspekten der Gerechtigkeit und Fairness, denn zentral ist, dass die Anerkennung und Wertschätzung dem eigenen Wert angemessen ist und dass man nicht als weniger wert als andere gilt (Semmer & Jacobshagen 2003; Sichler 2006). Wertschätzung bzw. Anerkennung wirken sich auf das Selbstwertgefühl aus, sie können motivieren und ein positives Selbstbild fördern (Harter 1993, zitiert nach Semmer & Jacobshagen 2003; von Rosenstiel 2003).

Als »mangelnde Wertschätzung« bezeichnen Semmer et al. (2006) Missachtung und Herabwürdigung durch andere. Mangelnde Wertschätzung kann sowohl direkt, beispielsweise durch respektloses Benehmen, den Bruch von Normen in Bezug auf Fairness, Höflichkeit und Respekt als auch indirekt, beispielsweise durch mangelhaftes Werkzeug oder illegitime Arbeitsaufgaben ausgedrückt werden. Sowohl direkte als auch indirekte mangelnde Wertschätzungen bzw. fehlende berufliche Anerkennung stellen einen Stressfaktor dar. Im Gegensatz dazu wirkt sich Wertschätzung positiv auf Zufriedenheit, Befinden und Motivation aus (Semmer et al. 2006; Semmer & Jacobshagen 2003).

Ältere ArbeitnehmerInnen – verkannt statt anerkannt?

Insbesondere ältere MitarbeiterInnen erleben häufig mangelnde Wertschätzung im Unternehmen. Nicht selten wird MitarbeiterInnen schon ab 50 Jahren ein starker Abfall der Leistungsfähigkeit zugeschrieben (Staudinger & Noack 2009). Ältere MitarbeiterInnen sehen sich im Unternehmen oft mit Vorurteilen konfrontiert, die auf einem negativen Altersbild beruhen und die älteren ArbeitnehmerInnen eine geringere Belastbarkeit, geringere Lernfähigkeit, geringeres Innovationspotenzial, geringere Kreativität, geringere Flexibilität, geringere Leistungsfähigkeit, geringe Dynamik und geringere Anpassungsfähigkeit unterstellen. Die geringe berufliche Anerkennung älterer MitarbeiterInnen wirkt sich auf viele Bereiche der betrieblichen Praxis aus, wie beispielsweise Einstellungen, Beförderungen und den Zugang zu Weiterbildungsmaßnahmen (Deller, Kern, Hausmann & Diederichs 2008; Laschalt & Möller 2005; Bender 2007; Rump 2008; Berkowski & Dievernich 2008; Heinze & Naegele 2008; Höpflinger 2007).

Zahlreiche Untersuchungen belegen jedoch, dass während des gesamten Berufslebens Entwicklungspotenziale vorhanden sind, eine Diskriminierung aufgrund des Alters also ungerechtfertigt ist (Laschalt & Möller 2005; Lehr 2003).

Ältere ArbeitnehmerInnen sind allerdings einem Gesundheits- und Dequalifikationsrisiko ausgesetzt. Das Gesundheitsrisiko ist abhängig von der Tätigkeit, insbesondere von der körperlichen Beanspruchung. Zur Dequalifizierung tragen eine einseitige Spezialisierung während der Berufslaufbahn und geringe Beteiligung an Weiterbildungsmaßnahmen bei. So kommt es beispielsweise zu einer »Lernentwöhnung« älterer ArbeitnehmerInnen, die mit der Zeit dazu beiträgt, dass es schwerer fällt, sich Neues anzueignen. Anforderungen, die mit dem Lernen neuer Aufgaben verbunden sind, können in Folge bei den betroffenen MitarbeiterInnen Angst vor Überforderung auslösen. Damit tragen Personalverantwortliche selbst zur häufig beklagten geringen Flexibilität und Anpassungsfähigkeit beispielsweise an neue Medien bei (Laschalt & Möller 2005; Deller et al. 2008; Buck et al. 2002; Rump 2008; Heinze & Naegele 2008). Auch hoher Zeitdruck in Verbindung mit einem geringen Tätigkeitsspielraum und geringe Weiterbildungsmöglichkeiten wirken sich ungünstig auf die Leistungsfähigkeit aus (Suckale 2009).

Es besteht also zweifelsfrei »Nachholbedarf in Unternehmen beim spezifischen Umgang mit älteren Mitarbeitern« (Suckale 2009, 194). Ein im Unternehmen vorherrschendes negatives Altersbild kann sich negativ auf die Anerkennung älterer ArbeitnehmerInnen und damit auf deren Motivation und Produktivität auswirken (Rump 2008; Staudinger & Noack 2009), während sich eine von Anerkennung und Wertschätzung geprägte Organisationskultur positiv auf die Leistung der MitarbeiterInnen auswirkt (Randall, Cropanzano, Borman & Birjulin 1999; Berkowski & Dievernich 2008). Negative Altersbilder können die immer noch weit verbreitete Frühverrentungsmentalität fördern, da mangelnde Wertschätzung im Sinne von Altersdiskriminierung häufig zu beruflicher Enttäuschung und Demotivation führt (Heinze & Naegele 2008).

Das Bild älterer ArbeitnehmerInnen ist allerdings nicht nur negativ besetzt. Den Gegensatz zum Defizitmodell bilden so genannte Wachstumstheorien, die das Zunehmen von Reife und Weisheit, von Erfahrung und Handlungskompetenz sowie Wissen im Alter beschreiben (Lehr 2003; Walter 2006; Heuft, Kruse & Radebold 2006). Daraus lässt sich ableiten, dass ältere Menschen im beruflichen Bereich durchaus über bereichsspezifische Expertise verfügen (Heuft et al. 2006). So wird älteren ArbeitnehmerInnen mehr Lebenserfahrung zugeschrieben, sie werden als beständiger und weniger impulsiv beschrieben (Laschalt & Möller 2005). Außerdem können ältere ArbeitnehmerInnen häufig durch die Erfahrungen, die sie in ihrer Berufstätigkeit gesammelt haben, Arbeitsabläufe und Entscheidungsprozesse verbessern als auch ihre eigenen Möglichkeiten und Grenzen besser einschätzen. Sie zeichnen sich meist durch hohe Zuverlässigkeit, ausgeprägtes Qualitätsbewusstsein und hohe Loyalität gegenüber dem Unternehmen aus (Suckale 2009; Bender 2007; Rump 2008; Priddat 2007). Dieses Erfahrungswissen Älterer wird jedoch oft nicht anerkannt und kaum genutzt (Deller et al. 2008).

Backes-Gellner (2009) weisen darauf hin, dass in Interviews erfasste Altersbilder von Personalverantwortlichen meist durchgängig ein positives Altersbild widerspiegeln, sich diese jedoch nicht unbedingt auch auf die personalpolitischen Entscheidungen auswirken. So werden kaum ältere ArbeitnehmerInnen eingestellt (Backes-Gellner 2009). Auch Heinze und Naegele (2008) sprechen von »beharrlicher Überlebenskraft« der negativen Altersbilder (Heinze & Naegele 2008, 15). In anderen Unternehmen finden sich hingegen spezielle Angebote für die »Generation 50plus«. Diese Programme, die der Stereotypenbildung entgegensteuern und eine gezielte Förderung älterer ArbeitnehmerInnen darstellen sollen, zeigen aber auch einen Negativeffekt, indem sie erst recht zur Stigmatisierung älterer ArbeitnehmerInnen beitragen (Laschalt & Möller 2005).

Forschungsfrage und Methode

Das Forschungsprojekt »Diversity and Knowledge Management for Elderly Employees in Small and Medium Enterprises«, das vom Jubiläumsfond der Österreichischen Nationalbank (ÖNB) gefördert wurde, hat den Zusammenhang von Age-Diversity, intergenerationalem Wissenstransfer und spezifischer Unternehmenskultur zum Gegenstand. In Klein- und Mittelbetrieben unterschiedlicher Branchen in Westösterreich wurden dazu halbstrukturierte Interviews mit MitarbeiterInnen aller Hierarchieebenen – vom Auszubildenden bis zur Unternehmensführung – geführt. Die Daten wurden mit verschiedenen qualitativen Methoden ausgewertet. Generell wurde eine induktive Verfahrensweise gewählt (sensu Grounded- Theory-Methodologie nach Strauss & Corbin 1996; Glaser & Strauss 2005), sie erlaubt eine unternehmensspezifische Herangehensweise ohne vorzeitiges Schließen über vorher festgesetzte Kategorien.

Den Hintergrund für dieses Projekt bildeten die Annahmen, dass der Wissenstransfer in Unternehmen kaum gefördert wird, dass die Personalpolitik stark jugendzentriert ist, dass es kein Bewusstsein für Age-Diversity gibt und ältere ArbeitnehmerInnen daher kaum Anerkennung erfahren. Ausgehend von diesen Thesen stellen wir im Folgenden exemplarisch die Ergebnisse der Untersuchung eines Betriebes dar. Im Anschluss daran wird der Frage nachgegangen, welcher Zusammenhang zwischen beruflicher Anerkennung und Altersbildern, insbesondere Altersstereotypen besteht und dies weiterhin am Beispiel des ausgewählten Betriebs verdeutlicht. Abschließend, nach einer Auseinandersetzung mit den in den Altersbildern und in den Aussagen zur Interaktion enthaltenen metaphorischen Formulierungen, werden wir noch eine gänzlich neue Hypothese zum Zusammenhang von beruflicher Anerkennung – Wissenstransfer – intergenerationaler Zusammenarbeit formulieren.

Der nächste Abschnitt ist eine Auseinandersetzung mit der Ausgangshypothese des Forschungsprojekts, der Frage nach dem Zusammenhang von beruflicher Anerkennung und älteren ArbeitnehmerInnen: Wie sind ältere ArbeitnehmerInnen im Betrieb positioniert und wie werden sie gesehen? Als Analysekriterien wurden dazu das kognitive sowie physische Können und die Leistungsbereitschaft gewählt. Wie sieht vor diesem Hintergrund der Zusammenhang zur beruflichen (Nicht-) Anerkennung aus? Kriterien dafür sind beispielsweise Lob oder Interesse an der Arbeit anderer. Missachtung oder respektloses Verhalten sowie eine unpassende Aufgabenverteilung können ebenso Anzeichen einer geringen Anerkennung sein.

Die empirische Analyse in diesem Text konzentriert sich auf einen kleinen Produktionsbetrieb in der Lebensmittelindustrie, den wir anonymisiert mit WestAG bezeichnen werden. Das gesamte Datenmaterial des Forschungsprojektes erstreckt sich auf mehrere Unternehmen sowohl im produzierenden als auch im Dienstleistenden Sektor. Die Konzentration auf die WestAG begründet sich darin, dass damit eine tiefer gehende Betrachtung möglich wird, anstelle eines Überblicks über mehrere Betriebe. Die WestAG ist ein Betrieb mit sehr polarisierten und extremen Ausprägungen beruflicher (Nicht-) Anerkennung. Obwohl andere Betriebe positive Ansätze zur beruflichen Anerkennung zeigen, ziehen wir diesen Betrieb als Beispiel heran, um dadurch ein schärferes Bild zeichnen zu können.

Die WestAG

Die WestAG ist ein kleiner, traditionsreicher Familienbetrieb. Zur Zeit der Datenerhebung fand ein Führungswechsel von der zweiten zur dritten Generation statt. Wir führten Gespräche mit neun MitarbeiterInnen unterschiedlicher Arbeitsbereiche und aus unterschiedlichen Hierarchiestufen. Im Produktions- und Lagerbereich arbeiten ausschließlich Männer, im kaufmännischen Bereich überwiegend Frauen. Insgesamt arbeiten 14 MitarbeiterInnen im Unternehmen. In Tabelle 1 werden Informationen zu den einzelnen InterviewpartnerInnen dargestellt.

Tabelle 1: Übersicht zu den InterviewpartnerInnen Personenbezogene Codierung Informationen zum / zur Interviewten P1 Weiblich, ca. 25 Jahre alt, teilzeitbeschäftigt, Bürokraft P2 Weiblich, ca. 25 Jahre alt, vollzeitbeschäftigt, zukünftige Unternehmensführung P3 Weiblich, ca. 60 Jahre alt, vollzeitbeschäftigt, derzeitige Unternehmensführung P4 Weiblich, ca. 55 Jahre alt, vollzeitbeschäftigt, Bürokraft P5 Männlich, ca. 17 Jahre alt, vollzeitbeschäftigt, Auszubildender im Produktionsbereich P6 Männlich, ca. 45 Jahre alt, vollzeitbeschäftigt, Produktionsbereich P7 Männlich, ca. 65 Jahre alt, Pensionist P8 Männlich, ca. 30 Jahre alt, vollzeitbeschäftigt, Produktionsbereich P9 Männlich, ca. 50 Jahre alt, vollzeitbeschäftigt, Leiter des Produktionsbereichs

Das Umfeld des Unternehmens wird von den InterviewpartnerInnen als stabil wahrgenommen. Eine treue Stammkundschaft sichert hierfür die nötige Grundlage. Die in anderen Unternehmen eingeforderte Flexibilität der MitarbeiterInnen, die Thematisierung der wirtschaftlichen Unsicherheit und die Schnelllebigkeit werden zwar beobachtet, spielen aber für diesen Betrieb keine allzu große Rolle. Das spiegelt sich auch in den Berufslaufbahnen der MitarbeiterInnen wieder: Junge Fachkräfte werden mit der Absicht auf ein langfristiges Arbeitsverhältnis eingestellt und tatsächlich verbleiben die ArbeitnehmerInnen lange im Unternehmen. Sie sind TrägerInnen der Unternehmensgeschichte und verfügen über viele unternehmenskulturelle sowie fachlich spezialisierte Erfahrungen. Wenn neue MitarbeiterInnen in den Betrieb eintreten, werden sie von den Älteren für spezielle Aufgaben angelernt – die WestAG ist jedoch nicht sehr innovativ, es werden kaum neue Bereiche und neue Arbeitsinhalte geschaffen. Die (intergenerationale) Zusammenarbeit zeigt sich auf zwei Ebenen: Zum einen in der gemeinsamen Leistungserstellung. Jeder im Unternehmen bearbeitet im tayloristischen Stil einzelne Arbeitsprozesse, wobei der Prozess mit seinen Vor- und Nachstufen sowie mit dem operativen Tagesgeschäft (beispielsweise die Menge des täglich zu Produzierenden) koordiniert werden muss. Zum anderen treffen jüngere und ältere ArbeitnehmerInnen bei gezielten Aneignungsprozessen zusammen: die Jüngere sollten etwas von den Älteren lernen.

Nun haben wir aus der Literatur gesehen, dass ältere ArbeitnehmerInnen aufgrund ihrer langen Betriebszugehörigkeit und ihres spezifischen Erfahrungswissens als bedeutsam und wertvoll für das Unternehmen anzusehen sind. Dies entspricht auch den Vorstellungen der InterviewpartnerInnen, die sich – egal ob alt oder jung – meist positiv zu diesem Bild äußern. Der »Wert« älterer Arbeitskräfte zeigt sich beispielsweise in der Einnahme verantwortungsvoller Positionen und in einer Vorgabe von Meinungen in Entscheidungssituationen. In dieser Position werden die Älteren von einem Interviewpartner auch als »Zugpferde« bezeichnet (P6). Sie kennen den Betrieb, sie beherrschen ihr Handwerk und wollen ihr Wissen an die jüngere Generation weitergeben. Nicht ganz eindeutig an dieser Stelle ist, ob diese Positionierung der Älteren auf einer tatsächlichen Anerkennung ihres Erfahrungswissens basiert oder ob sie durch bestehende Machtverhältnisse zustande kommt, die sich aus der langen Betriebszugehörigkeit erklären würde. Denn ein Auszubildender kritisiert in einem Interview die älteren KollegInnen, sie ließen sich nichts sagen, Handlungsabläufe würden ausschließlich von den Älteren vorgegeben (P5). So deutet eine jüngere Bürokraft Vormundschaft durch eine ältere Kollegin an: Sie sieht ihre Vorgesetzte als »ausgelernt« an, die alles schon weiß, »es ist einfach so und – nein – also gemeinsame Lernprozesse in dem Sinn hat es überhaupt nicht gegeben. Also nicht dass sie es nicht wissen wollte, sondern, sie hat es einfach schon gewusst« (P1). Die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit von Älteren wird zwar nicht hinterfragt, Lob existiert aber auch keines im Betrieb. Indem jeder seinen eigenen Tätigkeiten nachgeht, herrscht ein generelles Desinteresse an der Arbeit der anderen. Aktives Nachfragen zu speziellen Arbeitsweisen wird von den Jüngeren nicht sehr gepflegt, was wiederum die Älteren beklagen. Ein Auszubildender ist demgegenüber der Auffassung, dass die Älteren kaum Hilfestellung bieten und keine Offenheit für Verbesserungsvorschläge an den Tag legen – so meint er an einer Stelle des Interviews: »Und dann hat man mir das so gezeigt, ja und ich hab es auf eine andere Art gemacht und es kommt auf das Gleiche raus, aber da haben die mir große Schwierigkeiten gemacht und gesagt ich muss das so machen« (P5). Da er in den meisten älteren KollegInnen keine AnsprechpartnerInnen findet, ist auch seine Meinung über die Älteren eher abwertend: Sie würden nichts sagen und seien nicht offen für seine Einfälle. Im Gegensatz zu den jüngeren ArbeitskollegInnen erfahren Ältere von der Geschäftsführung eine gewisse Anerkennung: Die Kommunikationskultur in der WestAG zeichnet sich zwar nicht durch lobende Worte aus, die jahrelange Zusammenarbeit schafft aber eine gemeinsame Basis zur Unternehmensleitung. Die Seniorchefin vertraut ihren MitarbeiterInnen, sieht es aber nicht als ihre Aufgabe an, sich um die MitarbeiterInnen zu kümmern. Dieses Phänomen der nur rudimentären Personalfürsorge kann als typisch für kleine und mittlere Produktionsunternehmen gelten (Hamel 2006), ist aber dennoch ambivalent, da es auch eine indirekte Anerkennung in Form von Vertrauen und Verantwortungsübergabe darstellen kann.

Eine offene Kultur der Wertschätzung und beruflichen Anerkennung älterer Arbeitskräfte lässt sich in der WestAG kaum beobachten. Es wird nicht sehr respektvoll von den KollegInnen gesprochen, es scheint sich jeder selbst der nächste und das Klima wird als rau dargestellt. Ein Auszubildender meint, er mache es jetzt so, wie er meine und störe sich nicht weiter an den Kommentaren der Älteren, es handle sich nicht um konstruktive Kritik (P5). Auf einer anderen Ebene, wo es nicht um gemeinsame (Lern-) Prozesse geht, scheint den Jüngeren mehr Anerkennung entgegengebracht zu werden: Älteren MitarbeiterInnen im Unternehmen mangelt es häufig an Wissen über computergestützte Tätigkeiten, dies können die Jüngeren ausgleichen. Das funktioniert einerseits, weil die Jüngeren mit diesen Technologien aufgrund ihres Alters vertraut sind und andererseits aufgrund der Tatsache, dass es nicht um eine Vormachtstellung im Produktionsprozess geht, da dieser kaum durch Kommunikationstechnologie geprägt ist. Vor diesem Hintergrund können sich die älteren KollegInnen als »unerfahren« erleben. Hinsichtlich der Thematik Anerkennung bleibt auch dieser Ansatz »auf halbem Wege stecken«, da über diese Situationen nicht wirklich kommuniziert wird, ältere KollegInnen fragen nicht nach, Jüngere erklären nichts aktiv. Es überrascht nicht, dass in der WestAG kaum eine betriebliche Weiterbildung des älteren Personals stattfindet, einzig ein leitender Angestellter, der sich laufend weiterbildet, allerdings eigeninitiativ (P9). Diese Nicht-Investition mag älteren ArbeitnehmerInnen nicht als Manko und als »Abgeschriebenheit« auffallen, möglicherweise kommt ihnen diese Übergehung auch gelegen (Lernentwöhnung, Widerstand gegen Veränderungen). Andere Formen der Zusammenarbeit mit Älteren werden von einem Auszubildenden als »komisch« empfunden (P5) – auch hier wird der/die ältere ArbeitnehmerIn als »anders« dargestellt, denn »komisch« hat hier die Konnotation »unangenehm«, man will nicht mit Älteren zusammenarbeiten. Eine vermeintliche Pseudo-Anerkennung lässt sich darin erkennen, dass Pensionierte dem Betrieb auf Anfrage noch beratend zur Seite stehen. So im Fall eines gerade pensionierten Mitarbeiters, der, nach seinen eigenen Worten, »mit Rat, aber nicht mit Tat« dem Betrieb zur Seite steht (P7). Die Nachfrage nach aktiven Hilfestellungen könnte eine Wertschätzung der Fähigkeiten des Pensionisten darstellen – eine Wertschätzung, die wohl ein wenig spät kommt. Während seiner »aktiven Zeit« ist diese Wertschätzung nicht geäußert worden, was wiederum die nachträgliche Anerkennung in Frage stellt.

Zusammenfassend lässt sich sagen, die Motivation und Leistungsbereitschaft der Älteren (und Jüngeren!) zeigt sich im Datenmaterial nicht sonderlich ausgeprägt. Sie gehen ihren Tätigkeiten routiniert nach. Die Monotonie, die kaum vorhandene Innovationsbereitschaft des Betriebes und die fehlenden Weiterbildungsmöglichkeiten führen zu einem eigentümlichen Betriebsklima, das ein jüngerer Lehrling pointiert betitelt: Es handle sich um einen »Depri-Betrieb« (P5). Die kulturelle Prägung des Unternehmens, die herrschende Gleichgültigkeit und die nicht entgegengebrachten Wertschätzungen fördern insgesamt Spannungen im Betrieb. Das blockiert die Bedingungen für einen funktionierenden Wissenstransfer, unabhängig von welcher Seite dieser Transfer erfolgen sollte.

Wenden wir uns nun der Frage zu, weiterhin exemplarisch an diesem Betrieb, welche Möglichkeiten eine stereotypentheoretische Auseinandersetzung zur Erklärung dieser Phänomene bieten könnte. Diese Auseinandersetzung führen wir weiter durch eine sprachliche Analyse der in den Stereotypen aktualisierten metaphorischen Aussagen, um auf dieser Grundlage eine abschließende These zum schon erwähnten Zusammenhang von beruflicher Anerkennung – Wissenstransfer – intergenerationaler Zusammenarbeit zu formulieren.

(Alters-) Stereotypen

Die Stereotypenforschung steht in der Tradition der Sozialpsychologie und wird in der Regel mit den Arbeiten von Lippmann als Ausgangspunkt in den 1920er Jahren in Verbindung gebracht. Von ihm stammt die Charakterisierung der Stereotypen als »Bilder im Kopf« (Filipp & Mayer 1999, 55). Seither haben sich im Wesentlichen die folgenden Forschungsfelder herausgebildet: Was konstituiert Stereotype und Vorurteile? Worauf lässt sich die Entstehung von Stereotypen und Vorurteilen zurückführen? Welche Funktion kommt Stereotypen zu? Wie zeigen sich Stereotypen und Vorurteile im Verhalten, d.h. wie steuern sie Prozesse der Informationsverarbeitung im sozialen Kontext und das konkrete Interaktionsverhalten etwa im Umgang mit Mitgliedern einer stereotypisierten Gruppe?

Handelt es sich bei einem Vorurteil um eine klar negative Stellungnahme gegenüber einer sozialen Gruppe und ihren Mitgliedern – meist in Verbindung mit negativen Attributen und affektiven Reaktionen – so ist dies bei Stereotypen nicht so eindeutig. Im Unterschied zu Vorurteilen, die durch ihren affektiven Gehalt definiert sind, sind Stereotypen durch kognitive Bestandteile gekennzeichnet: Stereotypen sind mentale Repräsentationen – Bilder – sozialer Gruppen und zwar meist in Form von Vorstellungen über »typische« Eigenschaften einer Gruppe. In der Regel sind mit Stereotypen ebenfalls Wertungen verbunden, aber nicht ausschließlich negative wie im Falle von Vorurteilen. Schließlich ist ein Stereotyp dadurch charakterisiert, dass es nicht nur die subjektive Meinung über eine Gruppe abbildet (Vorurteil), sondern ein kollektives Bild darstellt, das in der Regel konsensuell geteilt wird (Filipp & Mayer 1999, 55f.).

Daher weisen Stereotypen eine gewisse Übereinstimmung mit so genannten belief systems, also Überzeugungen auf, die zuweilen in impliziten Persönlichkeitstheorien strukturiert sind. Diese Überzeugungssysteme enthalten beschreibende und bewertende Elemente, da in den Bildern von Menschen »einzelne Verhaltensmerkmale und Persönlichkeitseigenschaften in stabiler Weise verknüpft werden« (Filipp & Mayer 1999, 56f.). Altersstereotype sind zudem durch eine Besonderheit gekennzeichnet, da in ihnen eine »subjektive Entwicklungstheorie« zum Tragen kommt: Es werden bestimmte Eigenschaftsausprägungen mit einem bestimmten Lebensalter in eine relativ stabile Verbindung gebracht, wie beispielsweise im Stereotyp »jung und dynamisch« oder »alt und unflexibel« (zur gesellschaftstheoretischen Einführung in die Konstruktionen des Alters vgl. Saake 2006).

Hinsichtlich der Funktion von Stereotypen – und ihrer Änderungsresistenz – existieren eine Reihe von Erklärungsansätzen (Filipp & Mayer 1999, 59ff.): Der sozialpsychologische Ansatz betont die kulturelle Verankerung von Stereotypen und ihre Bedeutung für die Differenzierung von in- und outgroups und den damit verknüpften Themen von Identität und Differenz sowie individuellem wie kollektivem Selbstwertgefühl. Die motivationspsychologische Perspektive fokussiert hingegen stärker das einzelne Individuum, indem psychodynamische Konzepte einbezogen werden, wonach Stereotypen der Abwehr von eigener Angst, Unsicherheit und Unterlegenheit dienen sollen. Die kognitionspsychologische Annäherung an die Funktion von Stereotypen betont die Bedeutung von ökonomischen Informationsverarbeitungsprozessen: Da durch die Aktivierung eines Stereotyps gleichzeitig bzw. implizit alle Attribute des Stereotyps mit-aktiviert werden, kommt es zu einer schnellen top down-Informationsverarbeitung, wodurch Informationen nicht nur strukturiert werden, sondern auch eine Ordnungs- und Orientierungsfunktion durch das Stereotyp gewährleistet ist. Die konflikttheoretische Position schließlich geht davon aus, dass Differenzierungen von Gruppen nicht zuletzt durch die Konkurrenz um begrenzte Ressourcen entstehen und Stereotypen die Funktion haben, diese Differenzen aufrecht zu erhalten.

Werfen wir nun vor diesem Hintergrund einen Blick auf einige Daten aus dem von uns untersuchten Betrieb, wobei im Folgenden drei Interviewpartner ausgewählt werden: Es handelt es sich um einen gerade pensionierten Mitarbeiter (P7), einen Mitarbeiter mittleren Alters (P6), der seit rund 20 Jahren im Betrieb ist und um einen Lehrling (P5). Grundsätzlich ist die jeweilige Sicht auf die andere Generation wie wir schon im Abschnitt davor gezeigt haben, konfrontierend und gespalten, das heißt, ganz deutlich wird die jeweils andere Generationengruppe mit Bildern markiert, denen eindeutige, sie charakterisierende Eigenschaften im Sinne von Stereotypisierungen zugeschrieben werden.

Die Bilder des gerade pensionierten Mitarbeiters lassen sich so zusammenfassen: Grundsätzlich ist die intergenerationale Zusammenarbeit im Unternehmen dadurch geprägt, dass »das Verhältnis zwischen den Jüngeren und den Älteren nicht funktioniert.« Mit Blick auf die Betriebsführung und der im Unternehmen herrschenden Personalentscheidungen meint das: »Heute ist die Devise, dass man Junge einstellt und die Alten aus dem Betrieb gehören« (P7). Wie sieht das Verhältnis zwischen den beiden genannten Gruppen aus? »Die Jungen« zeichneten sich dadurch aus, dass sie eine »andere Einstellung« haben, nämlich »kein Interesse« und das führe dazu, dass sie »sich nichts beibringen [lassen]«. Die so charakterisierten jüngeren KollegInnen, als differentielle Gruppe konstruiert, hätten ihrerseits ein Bild der KollegInnen der älteren Generation: »Die Älteren werden abgestempelt – alter Pimpel – man muss zwar noch froh sein um deinen Rat, aber sonst bist du ein Alter« (P7). Diese sehr negativ wertende Annahme der Meinung der Jüngeren gipfelt in einer imaginierten Aussage, die »die Jüngeren« tätigen würden, wenn sie den Interviewten – trotz Pensionierung – auf dem Gelände des Betriebs sehen: »Was tut der alte Todl da, der soll zu Hause bleiben« (P7). Deutlich ist die für stereotype Altersbilder charakteristische »subjektive Entwicklungstheorie« zu erkennen, die in diesem Fall mit extrem starken Be- bzw. Entwertungen hinsichtlich der beruflichen Anerkennung verknüpft ist: Es wirkt geradezu wie die Bestätigung der konflikttheoretischen Annäherung an Stereotypen, wenn die gezeichneten Bilder sprachlich konstruierte Differenzen verfestigen. Handelt es sich um eine individuelle Konstruktion?

Der Mitarbeiter mittleren Alters: Auch hier aktualisiert sich die Dichotomie »die Jungen« und »die Alten« und dies obwohl er selbst keiner der »beiden Generation« angehört. Zunächst werden die älteren KollegInnen wie folgt charakterisiert: »Wir müssen auch froh sein, dass wir unsere langjährigen Mitarbeiter haben, weil ich denke, Hauptsache oder so zu siebzig bis achtzig Prozent, sind schon die älteren Mitarbeiter die Zugpferde, nicht« (P6). Und ein wenig später heißt es, »die Älteren sind schon eingefleischte WestAG’ler«. Zur Bedeutung von Metaphern wie Zugpferde werden wir weiter unten noch ausführen. Wie werden im Gegenzug die Jüngeren dargestellt? Es scheint sich zunächst eine Differenzierung abzuzeichnen, wenn es heißt: »Es gibt auch gute Junge«, aber selbst die »brauchen einen Schupfer« (=Anstoß) (P6). Nach diesem Hinweis manifestiert sich jedoch eine ähnliche Stereotypen-Position wie im vorherigen Fall: »Das Problem ist mit den jungen Leuten« und dieses »Problem« besteht darin, das es »kein Respektverhältnis« gibt, sondern wieder Desinteresse: « […] ich glaube kaum, dass ein Lehrling kommt, dass er fragt, könnte ich vielleicht noch das machen, oder wie schaut das aus oder wie geht das« (P6). Vielmehr würden sich die Jungen dadurch auszeichnen, dass sie ihr »Ding machen und durchs Loch pfeifen«, an anderer Stelle, »zack, fertig und ab« oder, sie »haben den Trend, ab patsch fertig«. Ihr Interesse bestehe im »nach Hause gehen« und »Freiheit haben«. Dadurch ist auch ein gemeinsames Kartenspielen nach der Arbeit, wie es die älteren MitarbeiterInnen pflegen, ausgeschlossen. Dass eine derartige Einladung an die Jüngeren nicht von Erfolg gekrönt wäre, wird im Originalzitat mit folgender Aussage wiedergegeben: «[…] weil es auf keinen fruchtigen Boden fallen« (P6) würde. Als grundsätzliche Charakterisierung folgt: »Die Jungen sind einfach flexibler, die sagen ich mag nicht mehr, morgen fang ich wo anders an, leck mich am Arsch« (P6). Ähnlich wie im vorherigen Beispiel zeigt sich eine Stereotypisierung, die zwei Gruppen konstruiert, die Gruppe der Älteren, die eindeutig positiv charakterisiert ist und die jüngere Generation, desinteressiert, respektlos und die Älteren nicht anerkennend.

Zeichnet sich beim Lehrling ein ähnliches Bild ab – jetzt mit umgekehrten Vorzeichen? Zunächst findet sich durchaus eine positive Bemerkung über einen älteren Kollegen, ein »g’scheidtes Männlein«, aber dann auch hier die dichotome Anordnung des Raums: »Man kommt mit einem Jüngeren schon besser aus, als mit einem Älteren« (P5). Die Selbstwahrnehmung wird als »du wirst einfach nicht gehört« beschrieben, als »man nimmt mich nicht ernst, wenn ich sage, ‚wie wäre es, wenn man es so macht' – ‚nee, nee, nee'« (P5). Zu diesem Thema ein längeres Zitat aus den Daten: »Aber am Anfang hab ich eigentlich ein bisschen gedacht, das ist klar, dass er eher nichts von mir annimmt, weil ich da gerade erst angefangen habe. Und wie ich schon länger da war und nachher haben sie das auch ignoriert und da hab ich mir gedacht, jetzt können sie mich einfach mal, ich sag ihnen gar nichts mehr und bin einfach wieder weggegangen. Ich sag jetzt gar nichts mehr« (P5). Das »Resümee« des Lehrlings: »Das ist eigentlich voll der Depri-Betrieb für mich. Weil du kriegst keinen Aufbau.« Auch hier das Bild zweier sich konflikthaft gegenüberstehender Gruppen, gekennzeichnet durch gegenseitige Stereotypisierungen, im letzten Beispiel die nicht gehörte Innovationskraft »der Jungen« versus die Ignoranz »der Alten«.

Eines zeigt sich schon an dieser Stelle deutlich: Ein Betrieb, der aus einer unternehmenskulturellen Perspektive gesehen durch starre, in zwei Lager gespaltene Gruppen charakterisiert ist, bietet wohl kaum den Hintergrund für berufliche Anerkennung der dort Beschäftigten. Die Auswirkungen derartiger Stereotypisierungen sind von der Forschung allgemein betrachtet, gut untersucht: Stereotypisierungen von Individuen oder Gruppen führen in der Regel zu einer Übernahme der Attribute durch die Betroffenen selbst – vom Heterostereotyp zum Autostereotyp (Rothermund 2009). Forschungsergebnisse bestätigen diese Internalisierungshypothese, wonach die Konfrontation beispielsweise von älteren Menschen mit positiven Altersstereotypen auch zu einem positiven Selbstbild beitrage, wie umgekehrt, die Konfrontation mit Begriffen wie »senil« oder »vergesslich« zu einem geringeren Selbstbewusstsein führe (Rothermund 2009). Wir haben im ersten Teil dieses Beitrags schon auf diesen Umstand hingewiesen (Rump 2008; Berkowski & Dievernich 2008).

Doch möchten wir hier nicht diese Problematik verfolgen, sondern auf der Ebene der sprachlich vorliegenden Daten bleiben und vielmehr eine Schicht tiefer gehen und die Semantik in den Stereotypisierungen einer genaueren Betrachtung unterziehen, konkret, die in den Aussagen inhärente Metaphorik. Mit anderen Worten, erschließt sich durch die Analyse der konkret aktualisierten semantischen Inhalte der Bilder noch anderes über diesen Betrieb und damit der dort nicht herrschenden Kultur beruflicher Anerkennung. Diesem »Anderen« möchten wir uns nun über die Kognitive Metapherntheorie nähern, die sich in der Variante von Lakoff und Johnson (1987, 2007) auf die kognitive Linguistik stützt und – nicht unähnlich und daher unsere Wahl des Analyseinstruments – von kognitiven Schemata ausgeht, die gewisse Parallelen zur Konzeption der Stereotypen als mentale Repräsentationen aufweist.

Kognitive Metapherntheorie

In der traditionellen Rhetorik wird die Metapher – vom griechischen metaphorá, Übertragung, einem Kompositum aus meta‚ »nach, hinten« und phérein »tragen, bringen« – als »uneigentliches Sprechen« im Sinne eines dekorativen Stilmittels begriffen (Jäkel 2003). Dem steht in der Konzeption von Lakoff und Johnson die These der Ubiquität der Metapher gegenüber, das meint, Metaphern sind nicht für den poetischen Diskurs als Ausdruck einer spontanen Kreativität reserviert, vielmehr sind Metaphern in der Sprache immer präsent. Diese These von der Ubiquität der Metapher bildet die Voraussetzung für die kognitive Metapherntheorie nach Lakoff und Johnson. Eine Metapher wird von ihnen wie folgt definiert: »Das Wesen der Metapher besteht darin, dass wir durch sie eine Sache oder einen Vorgang in Begriffen einer anderen Sache bzw. eines anderen Vorgangs verstehen und erfahren können« (Lakoff & Johnson 2007, 13). Das Spezielle des Ansatzes von Lakoff und Johnson besteht darin, dass die metaphorische Übertragung als kognitiv motiviert konzipiert wird und zwar als Ergebnis von mentalen Projektionen von vertrauten Ausgangsschemata auf ein weniger vertrautes Zielschema. Einen durch diese Übertragungsleistungen entstehenden Bereich nennen Lakoff und Johnson Konzept bzw. mit Blick auf die Metaphern, ein metaphorisches Konzept (Lakoff & Johnson 2007): Damit wird ein begrenztes (Schmitt 2000, 2001) Ensemble von semantisch in Verbindung stehenden Metaphern bezeichnet, die eine gemeinsame Struktur aufweisen und die eine systematische Verknüpfung zweier unterschiedlicher »konzeptueller Domänen«, definiert als Ziel- und Ursprungsbereich (Jäkel 2003), darstellen. So manifestieren sich beispielsweise im metaphorischen Konzept »Zeit ist Geld« die Metaphoriken »Zeit gewinnen«, »Zeit verlieren«, »Zeit sparen« usw. Ein anderes anschauliches Beispiel stellt das metaphorische Konzept »Argumentation ist Krieg« dar, das sich konkret in einer Reihe von Aussagen wie »Position beziehen«, »ein Argument niedermachen« oder im »Angreifen von Schwachpunkten« manifestiert. Wichtig ist zu betonen, dass es Lakoff und Johnson vor allem um so genannte »tote« Metaphern geht, damit sind Metaphern gemeint, die nicht mehr als solche erkennbar sind, wie beispielsweise »Stuhlbein« oder »Nasenrücken«.

Metaphorische Konzepte bilden sich generell durch derartige Rückgriffe auf andere Erfahrungsbereiche und bilden dadurch eine relative Konstanz aus, wodurch wiederum kohärente kognitive Modelle generiert werden, die einerseits komplexe Wissensformationen »alltagstauglich« vereinfachen und sich andererseits zu kulturellen Denkmustern verdichten, die das Weltbild einer Sozietät unbewusst bestimmen. Exakt hier sehen wir die Verbindung zum Stereotyp, dessen Bedeutung, wie gezeigt wurde, unter anderem in einer ähnlichen Ordnungsfunktion besteht, die geeignet ist, Identitäten und Differenzen auszubilden. Mehr noch, so die These, ein Stereotyp beinhaltet in gewisser Weise Metaphern bzw. metaphorische Konzepte, wie das einfache Beispiel »alt und unflexibel« zeigt, im Sinne der Bewegungsmetaphorik, die in »un-flexibel«, also »un-beweglich« und »un-beugbar« aktualisiert ist.

In Sinne Lakoff und Johnsons sind weniger die offenkundigen, lebendigen Metaphern in den Zitaten hier gemeint wie beispielsweise das »Zugpferd« oder »jemandem einen Schupfer (=Anstoß) geben« (P6). Ähnlich verhält es sich mit der nicht getätigten Einladung zum oben erwähnten Kartenspiel, die »auf keinen fruchtigen Boden« (P6) fallen würde.

Vielmehr geht es um die so genannten toten Metaphern, greifen wir einige exemplarisch heraus: »Abstempeln« bzw. »stempeln« (P7), seit dem Mittelalter als Ableitung von »Stempel« belegt, hat seit dem 18. Jahrhundert einen selbständigen bildlichen Gebrauch für »kennzeichnen« bekommen, der mittels Übertragung aus der Münzprägung und der Verwendung des Stempels als Siegelstock aber auch Brandeisen herrührt, letzteres noch ein wenig »lebendig« in der Wendung »jemandem den Stempel aufdrücken« (Grimm & Grimm o.J.). Ähnlich verhält es sich mit der toten Metapher des »Unterstützens« (der pensionierte Mitarbeiter), in seiner mittelalterlichen Bedeutung meinte das Wort tatsächlich auf einem Pflock oder einem stumpfen Pfahl aufliegend, ruhend (Grimm & Grimm o.J.)

Häufig ist in den Aussagen über die jeweils andere Generation – insbesondere hinsichtlich der jüngeren MitarbeiterInnen – von mangelndem »Interesse« die Rede (bei allen drei Interviewpartnern). »Interesse« als Bezeichnung für den Anteil, den wir an einer Sache nehmen oder den Reiz, den eine Sache auf uns ausübt, ist in dieser Verwendung erst seit dem 18. Jahrhundert gebräuchlich. Zuvor war »Interesse« mit einem deutlich ökonomischen Sachverhalt verbunden (dem Zins eines ausgeliehenen Kapitals), bei Lessing meint Interesse den »Nutzen«, den »Vorteil« generell (Grimm & Grimm o.J.).

Doch in welchem Zusammenhang stehen diese Semantiken des »Unterstützens«, des »mangelnden Interesses« oder des bereits »Abgestempelt seins« zum Thema der intergenerationalen Zusammenarbeit und beruflicher Anerkennung? Lässt sich ein Konzept im Sinne von Lakoff und Johnson generieren? Werfen wir einen Blick auf die Beschreibungen aller drei hier ausgewählten Akteure (P5, P6, P7), die sich auf die konkrete Interaktion im Austausch untereinander beziehen, die Rede ist von: etwas »beibringen«, »kein Interesse« am Angebot haben, zwar »froh sein um deinen Rat, aber sonst bist du ein Alter «, »sich etwas sagen lassen«, »aber ich glaube kaum, dass ein Lehrling kommt« (um etwas wissen zu wollen), »wenn du dir heute von einem Jungen was erklären lässt, das funktioniert nicht«, »man nimmt mich nicht ernst, wenn ich sage ‚wie wäre es, wenn man es so macht'«, »ich sage jetzt gar nichts mehr«, »weil du kriegst keinen Aufbau«, »du wirst einfach nicht gehört« und schließlich: »das ist klar, dass er eher nichts von mir annimmt«. Unsere These ist nun, dass sich in all diesen Zitaten als gemeinsames Konzept die Logik des »Gebens« und »Nehmens« (erste Vermutungen zu dieser These finden sich bei Jordan & Mitterhofer 2008) findet – und in diesem Fall ihr Nichtzustandekommen. Das heißt, das eigentliche Konzept im metapherntheoretischen Sinne, das sich in den Bildern innerhalb der Stereotypen abzeichnet, ist das des »Tauschs«, das der »Gabe«. Dieses Geben und Nehmen ist in diesem Betrieb aber grundsätzlich gestört, das heißt, in den manifesten Sprachbildern repräsentiert sich die latente Störung der Kommunikation auf eine deutliche Weise. Wenn unsere These der Gabe zutrifft, dann re-inszeniert sich im intergenerationalen Wissenstransfer unter den Bedingungen kapitalistischen Wirtschaftens die ökonomische Logik des Tauschgeschäfts. Nehmen wir für einen Moment des Begriff des »Transfers« selbst in den Blick: »Transfer« in seiner ursprünglichen Bedeutung meint, »ein Ding von einem Ort zu einem anderen tragen«, erst seit dem 17. Jahrhundert ist die generelle Bedeutung von »übersetzen«, »versetzen« und »übertragen« üblich, beide Bedeutungen spiegeln sich ein wenig im ökonomischen Vorgang des »Transferierens« von Geld wider (Grimm & Grimm o.J.). Die intergenerationale Kommunikation, der Transfer des Wissens zwischen den Generationen, dieses »Geschäft«, scheitert in diesem Betrieb, weil das »soziale Totalphänomen« wie es Marcel Mauss (1990, 17) in seiner berühmten Untersuchung zur »Gabe« genannt hat, nicht funktioniert. Dies hat viele Ursachen, die sämtlich in einem interdependenten Verhältnis zueinander stehen – einige davon haben wir in der Beschreibung des Betriebs genannt – fest steht jedenfalls, die Auswirkungen der Ursachen des Scheiterns der Kommunikation zeigen sich deutlich in der Sprache.

Die Gabe und das symbolische Kapital

Doch was hat es in diesem Zusammenhang mit der Gabe und der beruflichen Anerkennung im Kontext intergenerativen Zusammenarbeitens auf sich? Die »Gabe«, genauer, die Trias von Geben, Nehmen und Erwidern als soziales Phänomen ist nach Mauss sowohl historisch wie aktuell von eminenter Bedeutung. Diese Form der Sozialität ist aber nicht immer schon gegeben, sie kann auch scheitern. Denn das Charakteristische am Geben ist, dass es über die formale Äquivalenz der TauschpartnerInnen hinausgeht. Daher muss der Gabentausch immer wieder ritualisiert und sichtbar gemacht werden, er muss einen performativen Charakter bekommen. Dies kann in Form von Festen erfolgen, aber auch in ganz anderer Weise, im kollegialen Austausch, im Meeting, einer hochgradig ritualisierten Form des Transfers von Wissen in Organisationen. Dadurch werden Beziehungssysteme, wie wir glauben, beispielsweise zwischen Angehörigen unterschiedlicher Generationen, (re-) produziert, was von großer Bedeutung ist, weil sich in diesen Beziehungen sozialer Sinn objektiviert. Dies setzt das Wissen über oder besser, das Teilen von gemeinsamen Spielregeln voraus, Spielregeln, die Bourdieu, hier Mauss weiterdenkend, »Illusio« nennt (Bourdieu & Wacquant 2006, 147ff.). Die Trias der Gabe gehört zum Habitus (Bourdieu 1974), der einerseits beispielsweise mittels Lernprozessen eine Inkorporierung des Sozialen darstellt und andererseits ein System von Dispositionen, die als Denk-, Handlungs- und Wahrnehmungsmatrix fungieren. Innerhalb dieser Matrizes spielen, wie wir gesehen haben, Stereotypen ebenso eine bestimmte Rolle wie metaphorische Konzepte. Worum geht es beim Gabentausch aber wirklich – auch in der misslingenden Form des Verweigerns, »ich sage jetzt gar nichts mehr« (P5) und des Scheiterns, »dass [er] nichts von mir annimmt« (P5)? Für Bourdieu, auch hier Mauss weiterführend, geht es beim Gabentausch wesentlich um die »Akkumulation symbolischen Kapitals« und darunter ist neben Ehre und Prestige vor allem Anerkennung zu verstehen (Bourdieu 1987). Es handelt sich also letztlich um eine Ökonomie, um ein Geschäft mit den symbolischen Gütern Ehre, Prestige und Anerkennung. Mit anderen Worten, Marx paraphrasierend, wir sehen die »Verwandlung aller Dinge in Waren«. Das symbolische Kapital entsteht durch diesen Prozess der Zirkulation, durch den Transfer – Geben, Nehmen, Erwidern. Wenn dieses Kapital ein symbolisches ist wie die Anerkennung, dann hat die Gabe selbst, beispielsweise mein Wissen, sei es durch Erfahrung zustande gekommen oder in der Schule erlernt, einen symbolischen Gehalt. Damit wird die Gabe zu einer Botschaft, die mehr ist als ein materieller Gegenstand, weil im Sinne der Definition symbolischen Kapitals immer auch persönliche Eigenschaften der TauschpartnerInnen mit gegeben werden, was als Transferprozess nicht gelingen muss, wie wir an unserem Beispiel gesehen haben. Im Scheitern oder im Nichtzustandekommen dieser Ökonomie des Wissenstauschs zwischen den Generationen in unserem ausgewählten Unternehmen muss zwingend das symbolische Kapital der beteiligten AkteurInnen leiden, ihre berufliche Anerkennung.

Zusammenfassung

Ausgehend von der Frage, welcher Zusammenhang zwischen beruflicher Anerkennung, Wissenstransfer und intergenerationaler Zusammenarbeit besteht, setzen wir uns zunächst mit den Rahmenbedingungen unserer Forschungsfrage wie dem demographischen Wandel und beruflicher Anerkennung generell auseinander. Im Anschluss daran können wir anhand eines betrieblichen Beispiels zeigen, wie sich berufliche Nicht-Anerkennung exemplarisch organisiert. In diesem Zusammenhang wird deutlich, dass sehr viel an Nicht-Anerkennung, an mangelnder Kommunikation und damit scheiterndem Wissensaustausch zwischen den Generationen mit den »Bildern im Kopf«, den Stereotypen zu tun hat. Die in diesen Stereotypen sich aktualisierenden Metaphern schließlich führen uns zu der für uns selbst überraschenden Erkenntnis, dass die Metaphorik als Re-Inszenierung des ökonomischen Tauschs selbst zu lesen ist. Die Hypothese, die wir gegen Ende formulieren, nimmt diese Metaphorik auf und setzt sie in Bezug zu Mauss' Beschäftigung mit der »Gabe«. Die Trias Geben – Nehmen – Erwidern erfolgt immer ritualisiert, das heißt, unter Anwendung bestimmter Spielregeln und dem Teilen einer gemeinsamen Illusio innerhalb eines Feldes. In unmittelbarem Zusammenhang mit der Illusio steht der feldspezifische Habitus, erworben über Lernprozesse und zugleich ein System von Dispositionen. Beim Gabentausch – in unserem Feld der Ware »Wissen« – wird der materielle Vorgang symbolisch überdeterminiert, da es beim Gabentausch um die Akkumulation symbolischen Kapitals (Bourdieu) geht. Einen wesentlichen Inhalt symbolischen Kapitals stellt neben Ehre und Prestige exakt Anerkennung dar. Mit anderen Worten, der Erwerb beruflicher Anerkennung zwischen den Generationen im Kontext des Austauschs von Wissen kann als Prozess gelesen werden, in dessen Fortschreiten und unter der Voraussetzung seines Gelingens, es zur Akkumulation von symbolischem Kapital – und damit zur beruflichen Anerkennung – unter den beteiligten Akteuren kommt.

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Autorenhinweis

Hermann Mitterhofer

Studium der Politikwissenschaft, Supervisor; Forschungsschwerpunkte: Organisationsforschung, Wissensmanagement, Diskurs- und Metapherntheorien

Univ.-Ass. Dr. Hermann Mitterhofer Universität Innsbruck Institut für Psychosoziale Intervention und Kommunikationsforschung Fakultät für Bildungswissenschaften Schöpfstrasse 3 A-6020 Innsbruck Österreich

E-Mail: hermann.mitterhofer@uibk.ac.at

Stefanie Groppe

Studium der Betriebswirtschaftslehre; Forschungsschwerpunkte: Organisationales Lernen, Wissensmanagement, kleine und mittlere Organisationen

Mag.a Stefanie Groppe Universität Innsbruck Institut für Psychosoziale Intervention und Kommunikationsforschung Fakultät für Bildungswissenschaften Schöpfstrasse 3 A-6020 Innsbruck Österreich

E-Mail: steffi.groppe@hotmail.de

Maria Stippler

Studium der Betriebswirtschaft und der Psychologie; Psychotherapeutin in Ausbildung; Forschungsschwerpunkte: Aus- und Weiterbildungsforschung, Psychotherapieausbildungsforschung, Organisationsforschung

Univ.-Ass. MMag.a Maria Stippler Universität Innsbruck Institut für Psychosoziale Intervention und Kommunikationsforschung Fakultät für Bildungswissenschaften Schöpfstrasse 3 A-6020 Innsbruck Österreich

E-Mail: maria.stippler@uibk.ac.at