»Naja, ist ja per se keine Krankheit«

Autor/innen

  • Katharina Rothe
  • Kathleen Pöge
  • Carsten Wonneberger
  • Dorothee Alfermann

Schlagworte:

Abhängigkeitsstrukturen, Medizin, Schwangerschaft, Mutterschaft, Diskriminierung, qualitative Methoden, Interviews

Abstract

Ausgangspunkt dieses Beitrags ist das Ungleichgewicht zwischen der Mehrheit von Frauen unter den Studierenden der Medizin und der Minderheit von Ärztinnen in leitenden Positionen. In der Literatur im Themenbereich wird als Hauptgrund hierfür die Unvereinbarkeit von ärztlichen Karrieren im engeren Sinne und Familie diskutiert, die nach wie vor Frauen stärker betrifft als Männer. Wir zeigen anhand qualitativer Interviews und einer psychoanalytisch orientierten Auswertung im Rahmen der KarMed-Studie, wie auch »selbstgewählte« Ausstiege Ergebnis von nachträglicher Umdeutung nach erfahrener Diskriminierung sein können. Über die Interviews mit Ärztinnen hinweg, die Karrierebrüche in Folge ihrer Mutterschaft berichten, entzünden sich bereits an der Schwangerschaft Konflikte mit den Vorgesetzten. In einer komparativen Fallstudie zeigen wir, wie sich tradierte Bilder von Weiblichkeit und Mutterschaft erst im Kontext von beruflichen Abhängigkeitsbeziehungen in Kliniken durchsetzen. Im Verlauf realisieren sich solche tradierten Muster schließlich in den (Re-) Aktionen der Beteiligten und den beruflichen Beziehungen sowie den Paarbeziehungen. Im Extremfall geht die Diskriminierung mit der (Re-) Internalisierung eines polarisierten Frauen-/Mutterbildes einher und mit der schrittweisen Legitimation und Naturalisierung von traditioneller Rollenverteilung. Was hier am »Extremfall« sichtbar wird, vermag aber ebenfalls Licht auf die anderen Karrierebrüche innerhalb der Abhängigkeitsstrukturen an den Universitätskliniken werfen. Der Karriereausstieg wird zum Weg aus einem Konfliktfeld innerhalb beruflicher Abhängigkeitsbeziehungen, indem er zum Ergebnis der eigenen Entscheidung und somit zum Symbol von Autonomie und Unabhängigkeit gegenüber der Abhängigenposition in der Klinik wird.

Autor/innen-Biografien

Katharina Rothe

Katharina Rothe, Dr. phil., ist Psychologin und Sozialforscherin und zurzeit in psychoanalytischer Ausbildung am W.A. White Institute in New York. Zuletzt war sie wissenschaftliche Mitarbeiterin im Projekt »Karriereverläufe und Karrierebrüche bei Ärztinnen während der fachärztlichen Weiterbildung« (BMBF, ESF) an der Universität Leipzig. Sie arbeitet qualitativ und psychoanalytisch orientiert zu den Folgen des Nationalsozialismus, in der Rechtsextremismus-, Antisemitismus- und Genderforschung sowie zu Stigmatisierungen, aktuell im Bereich der Psychoseforschung.

Kathleen Pöge

Kathleen Pöge, M.A., promoviert im Fach Soziologie im Bereich Geschlechterforschung an der Universität Kassel und ist Hans-Böckler-Stipendiatin. Sie war wissenschaftlicher Mitarbeiter im Projekt »Karriereverläufe und Karrierebrüche bei Ärztinnen während der fachärztlichen Weiterbildung« (BMBF, ESF) an der Universität Leipzig. Weitere Forschungsschwerpunkte sind Migrationssoziologie, Rechtsextremismusforschung und Postkoloniale Studien.

Carsten Wonneberger

Carsten Wonneberger, Dipl.-Psych., war wissenschaftlicher Mitarbeiter im Projekt »Karriereverläufe und Karrierebrüche bei Ärztinnen während der fachärztlichen Weiterbildung« (BMBF, ESF) am Institut für Allgemeinmedizin des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf sowie an der Universität Leipzig.

Dorothee Alfermann

Dorothee Alfermann, Prof. Dr. phil., Dipl.-Psych., vertritt den Lehrstuhl für Sportpsychologie an der Universität Leipzig. Sie leitet die Leipziger Teilstudie des Verbundprojektes »Karriereverläufe und Karrierebrüche bei Ärztinnen während der fachärztlichen Weiterbildung« (BMBF, ESF). Ihre Forschungsschwerpunkte sind Geschlechterforschung sowie Karriereentwicklung im Sport und im Beruf.

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Veröffentlicht

01.01.2013

Zitationsvorschlag

Rothe, Katharina, Kathleen Pöge, Carsten Wonneberger, und Dorothee Alfermann. 2013. „»Naja, Ist Ja Per Se Keine Krankheit«“. Journal für Psychologie 21 (2). https://journal-fuer-psychologie.de/article/view/274.

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