»Naja, ist ja per se keine Krankheit«
Schlagworte:
Abhängigkeitsstrukturen, Medizin, Schwangerschaft, Mutterschaft, Diskriminierung, qualitative Methoden, InterviewsAbstract
Ausgangspunkt dieses Beitrags ist das Ungleichgewicht zwischen der Mehrheit von Frauen unter den Studierenden der Medizin und der Minderheit von Ärztinnen in leitenden Positionen. In der Literatur im Themenbereich wird als Hauptgrund hierfür die Unvereinbarkeit von ärztlichen Karrieren im engeren Sinne und Familie diskutiert, die nach wie vor Frauen stärker betrifft als Männer. Wir zeigen anhand qualitativer Interviews und einer psychoanalytisch orientierten Auswertung im Rahmen der KarMed-Studie, wie auch »selbstgewählte« Ausstiege Ergebnis von nachträglicher Umdeutung nach erfahrener Diskriminierung sein können. Über die Interviews mit Ärztinnen hinweg, die Karrierebrüche in Folge ihrer Mutterschaft berichten, entzünden sich bereits an der Schwangerschaft Konflikte mit den Vorgesetzten. In einer komparativen Fallstudie zeigen wir, wie sich tradierte Bilder von Weiblichkeit und Mutterschaft erst im Kontext von beruflichen Abhängigkeitsbeziehungen in Kliniken durchsetzen. Im Verlauf realisieren sich solche tradierten Muster schließlich in den (Re-) Aktionen der Beteiligten und den beruflichen Beziehungen sowie den Paarbeziehungen. Im Extremfall geht die Diskriminierung mit der (Re-) Internalisierung eines polarisierten Frauen-/Mutterbildes einher und mit der schrittweisen Legitimation und Naturalisierung von traditioneller Rollenverteilung. Was hier am »Extremfall« sichtbar wird, vermag aber ebenfalls Licht auf die anderen Karrierebrüche innerhalb der Abhängigkeitsstrukturen an den Universitätskliniken werfen. Der Karriereausstieg wird zum Weg aus einem Konfliktfeld innerhalb beruflicher Abhängigkeitsbeziehungen, indem er zum Ergebnis der eigenen Entscheidung und somit zum Symbol von Autonomie und Unabhängigkeit gegenüber der Abhängigenposition in der Klinik wird.Veröffentlicht
01.01.2013
Zitationsvorschlag
Rothe, Katharina, Kathleen Pöge, Carsten Wonneberger, und Dorothee Alfermann. 2013. „»Naja, Ist Ja Per Se Keine Krankheit«“. Journal für Psychologie 21 (2). https://journal-fuer-psychologie.de/article/view/274.
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