Neoliberalismus (nicht nur) in Griechenland und seine Konsequenzen für die Psychologie: neue Arbeitsregime, neue PsychologInnen

Autor/innen

  • Athanasios Marvakis
  • Sofia Triliva
  • Christos Tourtouras

Schlagworte:

Neoliberalismus, Psychologie in Griechenland, NGOisierung der Arbeit, Arbeitsregime, Regime von Handlungsfähigkeit, Prekarität, Austerität, Liminalität

Abstract

»Neoliberalismus« zielt keinesfalls nur auf ökonomische Veränderungen in einem Land ab – auch wenn die neo-liberalen, drakonischen »Strukturanpassungen« Griechenlands eine keinesfalls zu leugnende Tatsache sind. Prekarität & Austerität – als »Superwaffen« des Neoliberalismus - sind dabei nicht nur »Folgen« solcher Strukturanpassungen, sondern auch eigenständige politische Mittel hin zu einer grundlegenden Rekonfiguration unserer Vorstellungen von Gesellschaftlichkeit, die alle Aspekte der gesellschaftlichen Organisation miteinbezieht: Institutionen, Staat, Arbeit, Individuen, Bedürfnisse, Beziehungen, Rechte etc. Wie Gesellschaft aussieht bzw. auszusehen hat, wird dabei, soll von neuem konfiguriert werden. Die neo-liberale Transformation auch der griechischen Gesellschaft bezog sich nicht nur auf die Arbeitsbedingungen (was ja mit Austerität & Prekarität gemeint sein mag); die NGOisierung der (psychologischen) Arbeit hat auch neue Arbeitsräume geschaffen, neue Arbeitsinhalte und auch neue Arbeitssubjekte. NGOisierung meint dabei nicht die Ersetzung von Öffentlichem durch Privates, sondern die Schaffung eines neuen Regimes von Beziehungen zwischen öffentlich und privat. NGOisierung charakterisiert mehr eine »Methodologie«, eine Technologie, die die Funktionen aller teilnehmenden Akteure und Konstituenten transformiert, d. h. die NGOs selbst, den Staat und die individuellen Subjekte und ihre Beziehungen etc. Die neuen umkämpften Praxen und neuen Arbeitsregime fordern und erschaffen ihrerseits neue Subjektivitäten und neue Praxisformen. Die Arbeit in einer NGO bedeutet für eine(n) jung(en) sozialwissenschaftliche(n) AbsolventIn nicht nur prekäre Arbeit; sie beinhaltet auch Veränderungen innerhalb des psychosozialen Rahmens der Arbeit, die bezüglich der Anforderungen und Möglichkeiten für die Subjekte Ähnlichkeiten mit high-tech Arbeitsplätzen aufweisen, z. B. Anwendung von ständig aktualisiertem Wissen, aber auch kontinuierliches Lernen für und während der Arbeit; Aspekte von Forschungstätigkeit und Wissensproduktion etc. Darüber hinaus werden zunehmend auch Tätigkeiten erwartet, die lediglich zur Reproduktion des Arbeitsplatzes beitragen, wie z. B. »manageriale« Aufgaben oder Akquirierung von funds. In einem weiteren Schritt werden wir einen historischen Sprung nach vorn machen um unsere bisherigen Reflexionen zu aktualisieren. Hierzu werden wir kurz und exemplarisch aus einer explorativen Studie mit jungen SchulpsychologInnen während der »Krise« berichten, in der die jungen KollegInnen über ihre Erfahrungen mit vielfältigen Feldern von Prekarität berichten. Hierbei kann deutlicher werden, dass und wie sich die NGOisierung der Arbeit mit ihrer kolonialen Logik auf die Gesellschaft ausbreitet.

Autor/innen-Biografien

Athanasios Marvakis

Athanasios Marvakis is Professor in Clinical Social Psychology at the School of Primary Education at Aristotle University of Thessaloniki/Greece. Since 1990 he has conducted research and taught in Germany, Latvia, Netherlands, Austria, Croatia, Greece, United Kingdom, Austria, Turkey, South Africa, Luxemburg, China, Canada, Denmark, Mexico, Brazil and Chile. His interests revolve around psychology and its relations with the various forms of social inequalities and social exclusion (e. g., racism, nationalism, ethnicism, multiculturalism). In the last years he is engaged in the critical psychology of learning, the ‘schooling-complex’ and the neoliberalisation of the psychological regime.

Sofia Triliva

Sofia Triliva is Associate Professor in Clinical Psychology in the Department of Psychology of the University of Crete. Her interests revolve around Community psychology, Identity, youth's lives and community transformation.

Christos Tourtouras

Christos D. Tourtouras serves as an Assistant Professor of Pedagogy in the School of Primary Education of the Aristotle University of Thessaloniki/Greece. The phenomena of «school failure” and «social and educational exclusion” (causes and factors) as well as the Intercultural and Anti-racist Education are the main fields of his scientific interests.

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Veröffentlicht

06.12.2016

Zitationsvorschlag

Marvakis, Athanasios, Sofia Triliva, und Christos Tourtouras. 2016. „Neoliberalismus (nicht Nur) in Griechenland Und Seine Konsequenzen für Die Psychologie: Neue Arbeitsregime, Neue PsychologInnen“. Journal für Psychologie 24 (2). https://journal-fuer-psychologie.de/article/view/410.